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[AZA 0] 
6P.209/1999/bue 
6S.799/1999 
 
KASSATIONSHOF 
************************* 
 
6. April 2000 
(Staatsrechtliche Beschwerde) 
 
Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth, Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Escher und Gerichtsschreiber Monn. 
 
Sitzung vom 6. April 2000 
(Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde) 
 
Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth, Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Kolly, Bundesrichterin Escher und 
Gerichtsschreiber Monn. 
 
--------- 
 
In Sachen 
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Robert Baumann, Brühlgasse 39, St. Gallen, 
 
gegen 
1. A.________, 2. B.________, 
Beschwerdegegnerinnen, beide vertreten durch Rechtsanwältin Christina Ammann, Bahnhofstrasse 12, Uster, 
 
StaatsanwaltschaftdesKantons St. G a l l e n, 
Kantonsgericht St. G a l l e n, Strafkammer, 
 
betreffend 
Art. 4 BV, Art. 6 EMRK (Strafverfahren, willkürliche 
Beweiswürdigung, rechtliches Gehör); fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung, hat sich ergeben: 
 
A.- Frau C.________ fuhr mit einer Beifahrerin am 20. April 1997, um ca. 00.20 Uhr, am Steuer eines Personenwagens Seat Ibiza auf der Normalspur der Autobahn von Gossau in Richtung Wil. Bei Oberbühren näherte sich von hinten der alkoholisierte D.________ mit seinem Personenwagen Volvo. Er kollidierte mit dem Auto von C.________, welches ins Schleudern geriet, mit der Mittelseilanlage zusammenstiess, umkippte, sich um 270 Grad drehte, mit dem Boden in Richtung auf die herannahenden Fahrzeuge auf der Fahrerseite liegen blieb und dabei mindestens zwei Meter in die Überholspur ragte. 
 
Die beiden Frauen befreiten sich aus dem Fahrzeug und hielten sich kurze Zeit unmittelbar hinter diesem (in der Fahrtrichtung gesehen) auf, als X.________, der soeben E.________ überholt hatte, mit seinem Personenwagen Mercedes und einer Geschwindigkeit von 130 km/h auf der Überholspur herannahte und mit dem liegenden Unfallfahrzeug zusammenstiess. Durch die Wucht des Aufpralls begann sich dieses zu drehen. Dabei wurden C.________ und ihre Beifahrerin erfasst und auf die Überholspur der Gegenfahrbahn geschleudert. C.________ zog sich einen Genickbruch zu, was zum sofortigen Tod führte. Die Beifahrerin erlitt Brüche an Oberarm, Schulterblatt, Rippen und an einem Finger. Auch X.________ wurde schwer verletzt. 
 
B.- Die Gerichtskommission Wil verurteilte X.________ am 24. März 1998 wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung sowie wegen einer SVG-ÜbertretungzueinerbedingtenGefängnisstrafevoneinerWoche(ProbezeitzweiJahre)undzueinerBussevonFr. 1'000. --. Die von der Beifahrerin geltend gemachte Zivilforderung wurde dem Grundsatze nach "anerkannt", mangels Liquidität aber auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen. Der Mutter der getöteten C.________ wurde eine Genugtuung von Fr. 15'000. -- zugesprochen. 
 
Gegen dieses Urteil erhob X.________ Berufung. Die Mutter von C.________ beantragte mittels Anschlussberufung eine Erhöhung der Genugtuung auf Fr. 30'000. --. 
 
Mit Urteil vom 30. August 1999 sprach das Kantonsgericht St. Gallen X.________ frei vom Vorwurf der SVG-Übertretung und bestätigte im Übrigen das erstinstanzliche Urteil in Bezug auf Schuld und Strafe. Es erhöhte die der Mutter der Getöteten zu bezahlende Genugtuung auf Fr. 20'000. --. 
 
C.- X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde und beantragt, der Entscheid des Kantonsgerichtes St. Gallen sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Zudem führt X.________ eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, der Entscheid des Kantonsgerichtes St. Gallen sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung sowie der fahrlässigen Körperverletzung freizusprechen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
I.- Staatsrechtliche Beschwerde 
 
1.- Gemäss Art. 190 Abs. 1 des St. Galler Gesetzes über die Strafrechtspflege ist die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde unter anderem zulässig gegen nicht berufungsfähige Urteile der Gerichtskommission und gegen Urteile des Kantonsgerichts als erster Instanz. Im vorliegenden Fall war die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde nicht gegeben, weshalb auf die staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist (vgl. Art. 86 f. OG). 
 
2.- a) Der Beschwerdeführer rügt, das Kantonsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und damit Art. 4 BV (alte Fassung) verletzt (Beschwerde S. 5 Ziff. 2a). Zudem habe es die Beweise willkürlich gewürdigt und damit die Art. 4 BV und 6 Ziff. 2 EMRK verletzt (Beschwerde S. 6 Ziff. 3). 
 
Dass dem von ihm angeführten Grundsatz "in dubio pro reo" vorliegend keine selbstständige Bedeutung zukommt, ergibt sich aus der Beschwerde selber (vgl. Beschwerde S. 13 mit Hinweis auf BGE 120 Ia 31). 
 
b) Das Kantonsgericht kommt zunächst zum Schluss, der Beschwerdeführer sei mit rund 130 km/h unterwegs gewesen (angefochtener Entscheid S. 5). Insoweit wird die Beweiswürdigung nicht angefochten und auch sonst keine Rüge erhoben. 
 
Damit hatte der Beschwerdeführer nach Auffassung des Kantonsgerichts die Geschwindigkeit nicht den Umständen und insbesondere den Sichtverhältnissen angepasst. Der Lichtkegel bei Abblendlicht (welches der Beschwerdeführer wegen des von ihm unmittelbar zuvor vorgenommenen Überholmanövers eingeschaltet gehabt hatte) leuchte etwa 50 Meter aus; als Berufschauffeur habe ihm klar sein müssen, dass er bei der gefahrenen Geschwindigkeit von 130 km/h nicht mehr in der Lage gewesen sei, innerhalb der überblickbaren, d.h. ausgeleuchteten Strecke anzuhalten (vgl. angefochtener Entscheid S. 4/5). 
 
Der Beschwerdeführer hatte im kantonalen Verfahren geltend gemacht, er hätte den Unfall selbst dann nicht vermeiden können, wenn er pflichtgemäss mit einer Geschwindigkeit von 87 km/h gefahren wäre; es sei davon auszugehen, dass er den Wagen von C.________ höchstens aus einer Entfernung von 30 bis 35 Metern erkannt habe (angefochtener Entscheid S. 6). 
 
Auch die kantonalen Richter stellen fest, der dunkle Unterboden des liegenden Seat Ibiza habe keine hohe Leuchtdichte aufgewiesen und nicht stark mit der umliegenden dunklen Umgebung kontrastiert (angefochtener Entscheid S. 6). Das Kantonsgericht führt aber noch Folgendes aus (angefochtener Entscheid S. 6/7): 
 
"Auf der anderen Seite handelte es sich um 
einen grossen Gegenstand, welcher immerhin rund 
zwei Meter in die Überholspur hineinragte. Im 
Weiteren bestimmte die Polizei den Ort der 
Kollision zwischen dem Volvo von D.________ und 
dem Seat Ibiza unter anderem anhand aufgefundener 
Glasscherben (act. 34 Foto Nr. 4, Legende 
Pos. 4). Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätten 
diese Kollisionsspuren auch dem Angeklagten 
auffallen und ihn zu erhöhter Vorsicht mahnen 
müssen. Gemäss Unfallskizze betrug die Distanz 
zwischen den beiden Kollisionspunkten (Volvo - 
Seat Ibiza bzw. Mercedes - Seat Ibiza) 83 m 
(act. 34). Diese Strecke hätte bei angemessener 
Geschwindigkeit ausgereicht, um den Mercedes 
abzubremsen und eine Kollision mit dem Seat 
Ibiza zu verhindern. ... Unter diesen Umständen 
ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass 
der Seat Ibiza für den Angeklagten bei der 
gebotenen Aufmerksamkeit auf eine Distanz von 
50 m sichtbar gewesen wäre. Die von der Verteidigung 
beantragte Unfallrekonstruktion würde 
bei der gegebenen Sach- und Beweislage zu keinem 
anderen Ergebnis führen, so dass der 
Beweisantrag abzuweisen ist. " 
 
c) aa) Der Beschwerdeführer macht geltend, das Kantonsgericht habe bei der Feststellung, er hätte den Seat Ibiza bei gebotener Aufmerksamkeit auf eine Distanz von 50 Metern erkennen können, sein Argument weder geprüft noch berücksichtigt, sein Mitfahrer, F.________, habe ebenfalls nur auf eine kurze Distanz von maximal 20 bis 30 Metern den Seat Ibiza erkennen können (vgl. Beschwerde S. 6 - 8). 
 
Der Einwand geht an der Sache vorbei. F.________ hat gemäss der in der Beschwerde angeführten Aktenstelle unter anderem wörtlich ausgeführt: "Vor uns hatte es keine weiteren Fahrzeuge ... Plötzlich befand sich ein Fahrzeug quer vor uns. Es stand quer auf der Überholspur ... Als X.________ das Fahrzeug sah, leitete er sofort eine Vollbremsung ein, konnte jedoch eine Kollision mit dem ... Fahrzeug nicht mehr verhindern ... Die Distanz, als ich das Fahrzeug zum ersten Mal sah, dürfte ca. 20 - 30 m betragen haben" (KA act. 28 S. 1/2). 
 
Aus dieser Aussage folgt nur, dass der Mitfahrer des Beschwerdeführers und dieser selbst den Seat Ibiza tatsächlich erst zu spät bemerkt haben. Für die entscheidende Frage, ob der Beschwerdeführer unaufmerksam und zu schnell gefahren ist, lässt sich aus der Aussage des Mitfahrers nichts herleiten. 
 
Dasselbe gilt für den Umstand, dass auch der vom Beschwerdeführer überholte E.________ den Seat Ibiza nicht gesehen hat (vgl. Beschwerde S. 14/15). Auch daraus lässt sich für die Frage, ob der Beschwerdeführer unaufmerksam und zu schnell gefahren ist, nichts herleiten. 
 
bb) Weiter rügt der Beschwerdeführer, das Kantonsgericht habe seinem Antrag nicht stattgegeben, es sei eine Unfallrekonstruktion unter Beizug eines Sachverständigen bezüglich Sichtbarkeit des Seat Ibiza vorzunehmen bzw. gutachterlich festzustellen, auf welche Distanz es für den Beschwerdeführer möglich gewesen sei, den Seat Ibiza zu erkennen (vgl. Beschwerde S. 9 - 12). 
 
Auch dieser Antrag geht an der Sache vorbei. Das Kantonsgericht hat festgestellt, der dunkle Unterboden des liegenden Seat Ibiza habe keine hohe Leuchtdichte aufgewiesen und nicht stark mit der umliegenden dunklen Umgebung kontrastiert; das Gericht hat somit nicht verkannt, dass der Seat Ibiza schlecht sichtbar war. Da das vom Beschwerdeführer eingeschaltete Abblendlicht jedoch 50 Meter ausleuchtete, wäre es ihm bei der gebotenen Aufmerksamkeit möglich gewesen, die grossen Umrisse des unbeleuchteten Seat Ibiza zu erkennen, als dieser 50 Meter entfernt in den Lichtkegel geriet. Um dies festzustellen, bedurfte es weder eines Gutachtens noch einer Unfallrekonstruktion. 
 
cc) Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, im Gegensatz zur Annahme des Kantonsgerichts seien für ihn die Spuren der ersten Kollision teilweise nicht erkennbar und im Übrigen nicht aussergewöhnlich gewesen (vgl. Beschwerde S. 17). 
 
Diese Frage muss nicht weiter geprüft werden. Wie sich aus dem Urteil zur Nichtigkeitsbeschwerde ergibt, ist der angefochtene Entscheid bundesrechtlich nicht zu beanstanden, unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer die Kollisionsspuren gesehen hat oder nicht. 
 
d) Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist deshalb abzuweisen. 
 
II.- Nichtigkeitsbeschwerde 
 
3.- Die Nichtigkeitsbeschwerde ist kassatorischer Natur und führt im Falle einer Gutheissung nur zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids und zur Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz (Art. 277ter Abs. 1 BStP). Soweit der Beschwerdeführer verlangt, er sei freizusprechen, ist darauf nicht einzutreten. 
 
4.- a) aa) Art. 117 bzw. 125 StGB stellen die fahrlässige Tötung und die fahrlässige Körperverletzung unter Strafe. Nebst dem Eintritt des Erfolgs müssen für eine Verurteilung zwei Bedingungen erfüllt sein. Der Täter muss fahrlässig gehandelt haben, und es muss zwischen der Fahrlässigkeit und dem eingetretenen Erfolg ein Kausalzusammenhang bestehen. Gemäss Art. 18 Abs. 3 StGB handelt fahrlässig, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat; pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. Bei der Bestimmung des im Einzelfall zugrunde zu legenden Massstabes des sorgfaltsgemässen Verhaltens kann auf Bestimmungen zurückgegriffen werden, die - wie die Strassenverkehrsregeln - der Unfallverhütung und der Sicherheit dienen (BGE 122 IV 225 S. 227). 
 
bb) Die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs ist stets den Umständen und insbesondere den Sichtverhältnissen anzupassen (Art. 32 Abs. 1 SVG). Der Fahrzeuglenker darf nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überblickbaren Strecke anhalten kann (Art. 4 Abs. 1 VRV). 
 
Dies gilt auch auf Autobahnen (vgl. Art. 43 Abs. 3 Satz 3 SVG i.V. mit Art. 36 VRV), insbesondere nachts beim Fahren mit Abblendlicht (BGE 93 IV 115). An diesem Grundsatz ist festzuhalten und seine Bedeutung mit Nachdruck in Erinnerung zu rufen. 
 
cc) Das Bundesgericht hat bereits in BGE 93 IV 115 festgehalten, es sei nicht zu sehen, wie der in Art. 32 Abs. 1 SVG aufgestellte Grundsatz verwirklicht werden könnte, wenn nicht auch nachts und auf Autobahnen auf die Sichtweite abgestellt würde. In diesem Präjudiz ging es um einen Automobilisten, der mit Abblendlicht fuhr und einem Stuhl, der auf der Fahrbahn lag, ausweichen wollte, dabei aber ins Schleudern geriet und verunfallte. Das Bundesgericht führte dazu aus, auch auf Autobahnen sei die Gefahr des Zusammentreffens mit unbeleuchteten Hindernissen nicht so selten, dass ihre Möglichkeit unberücksichtigt bleiben dürfe; insbesondere gäben immer wieder Motorfahrzeuge, die nach einem Unfall die Fahrbahn versperrten und nicht oder nur schlecht beleuchtet seien, Anlass zu Kollisionen; es wäre unverantwortlich, trotz der Möglichkeit solcher Hindernisse um der Erreichung hoher Geschwindigkeiten willen auf das Gebot des Fahrens auf Sicht ganz oder teilweise zu verzichten, denn die Sicherheit des Verkehrs und insbesondere der Schutz von Menschenleben gehe dem Streben nach Zeitgewinn vor (vgl. BGE 93 IV 115 S. 117/118). Einige Jahre später bestätigte das Bundesgericht ausdrücklich, nachts sei die Geschwindigkeit eines mit Abblendlicht auf der Autobahn fahrenden Fahrzeugs nur dann den Verhältnissen angepasst, wenn der Lenker in der Lage sei, innert der kürzesten beleuchteten Strecke, "d.h. auf der linken Fahrbahnseite innert 50 m", anzuhalten (BGE 100 IV 279, worin zudem festgehalten wird, ein Lenker, der ein Hindernis, welches er auf 50 m hätte sehen können, erst auf 20 m wahrnehme, sei unaufmerksam). 
 
An dieser Rechtsprechung hat das Bundesgericht in seiner neuesten Rechtsprechung festgehalten (vgl. nicht amtlich publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 4. Juli 1997, veröffentlicht in SJ 1997 S. 668 und JdT 1997 I Nr. 43), in einem Fall, wo der Lenker mit Abblendlicht und 120 km/h auf der Autobahn fuhr und mit einem rechtwinklig zur Fahrbahn stehenden Auto, dessen Scheinwerfer nicht funktionierten und dessen Rücklichter für ihn nicht sichtbar waren, zusammenstiess. In Bestätigung der Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung des ausgestiegenen Beifahrers führte es erneut aus, ein Fahrzeuglenker müsse auf der Autobahn immer damit rechnen, nachts auf unbeleuchtete Hindernisse und insbesondere auf unbeleuchtete und stehende Fahrzeuge zu stossen, und habe seine Fahrweise und Aufmerksamkeit dieser möglichen Gefahr anzupassen. 
 
Gegen diese Rechtsprechung wird gelegentlich der Vorwurf erhoben, sie trage der üblichen Fahrweise und den tatsächlichen Verhältnissen auf den Autobahnen keine Rechnung und sei überdies nicht praktikabel. Dem Einwand steht jedoch die klare und eindeutige gesetzliche Regelung entgegen, die, wie gesagt, der Verkehrssicherheit und dem Schutz von Menschenleben dient. Gerade der hier zu beurteilende Unfall mit seinen schwerwiegenden Folgen - im Übrigen kein Einzelfall - zeigt, wie berechtigt die gesetzliche Regelung ist. 
 
dd) Entsprechende Vorschriften bestehen in Frankreich und Deutschland. Wenn die Sichtweite weniger als 50 m beträgt, reduziert sich in Frankreich auf dem ganzen Strassennetz, also auch auf Autobahnen, die höchste zulässige Geschwindigkeit auf 50 km/h (Couvrat/Massé, Code de la route, Codes Dalloz, Paris 1996, S. 74). 
 
Auch in Deutschland darf ein Fahrzeuglenker nur so schnell fahren, dass er innerhalb der übersehbaren Strecke halten kann (§ 3 der deutschen Strassenverkehrsordnung StVO). Für das Fahren auf Autobahnen wird dieser Grundsatz wie folgt konkretisiert (§ 18 Abs. 6 StVO): Wer auf Autobahnen mit Abblendlicht fährt, braucht seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, wenn (1) die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird, oder (2) der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind. Nach der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) zu den Pflichten der Verkehrsteilnehmer auf Autobahnen bei Dunkelheit ist es selbstverständlich, dass sie auf Sicht fahren müssen; es mache bezüglich des Verschuldens keinen Unterschied, ob es infolge Unachtsamkeit oder wegen zu schnellen Fahrens im Hinblick auf die überschaubare Strecke zu einem Auffahren selbst eines unbeleuchteten, gegebenenfalls auch haltenden bzw. stehenden Hindernisses komme; anders liege es unter ganz besonderen Umständen nur, wenn plötzlich von der Seite her ein Hindernis in den Fahrbereich gelange oder wenn wegen ihrer besonderen Beschaffenheit Hindernisse - etwa wegen fehlenden Kontrastes zur Fahrbahn oder wegen hoher Lichtabsorption - ungewöhnlich schwer zu erkennen seien; dies könne der Fall sein, wenn ein Baumstamm weit nach hinten aus einem unbeleuchteten Anhänger herausrage, wenn eine Absperrstange eines Weidenzaunes spitzwinklig in den Verkehrsbereich hineinrage sowie wenn ein Gegenstand von der Grösse etwa eines halben Lastwagenreifens auf der Fahrbahn liege; zu den aussergewöhnlich schwer erkennbaren Gegenständen gehörten jedoch Fahrzeuge nicht, und zwar auch dann nicht, wenn sie unbeleuchtet seien (vgl. BGH in Neue juristische Wochenschrift NJW 1984 S. 2412; bestätigt in Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht NZV 1996 S. 235, 2000 S. 49; vgl. dazu auch Joachim Bohnert, Sichtgeschwindigkeit auf Autobahnen, Deutsches Autorecht DAR 1986 S. 11 ff.). 
 
b) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz fuhr der Beschwerdeführer mit 130 km/h, obwohl das Abblendlicht, das er wegen des vorangehenden Überholmanövers eingeschaltet hatte, die vor ihm liegende Strecke nur 50 Meter weit ausleuchtete. Er fuhr also viel zu schnell. 
 
Obwohl er den unbeleuchteten Seat Ibiza nach den Feststellungen der Vorinstanz spätestens dann hätte erkennen können, als dieser 50 Meter weiter vorn in den Lichtkegel des Abblendlichtes geriet, hat er ihn nach seinen eigenen Angaben erst aus einer Entfernung von 30 bis 35 Metern wahrgenommen. Er widmete der Fahrbahn folglich offensichtlich nicht genügend Aufmerksamkeit. 
 
Wäre er, wie es Art. 4 Abs. 1 VRV ausdrücklich vorschreibt, nur so schnell gefahren, dass er innerhalb der überblickbaren Strecke hätte anhalten können, und hätte er der vor ihm liegenden Fahrbahn genügend Aufmerksamkeit gewidmet, so dass er den Seat Ibiza sofort wahrgenommen hätte, als dieser in den Lichtkegel des Autos geriet, dann wäre der Unfall vermieden worden. Die vom Beschwerdeführer im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde hauptsächlich aufgeworfene Frage, ob er den Unfall bzw. den Erfolg hätte vermeiden können (Beschwerde S. 6), ist zu bejahen. 
 
c) Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
III. - Kosten 
 
Der Beschwerdeführer unterliegt in beiden Verfahren. 
Er hat folglich die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG, 278 Abs. 1 BStP). Die Gerichtsgebühr ist auf zweimal Fr. 2'000. --, mithin auf insgesamt Fr. 4'000. --, festzusetzen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- a) Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen. 
 
b) Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000. -- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
2.- a) Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
b) Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000. -- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen sowie dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
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Lausanne, 6. April 2000 
 
Im Namen des Kassationshofes 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: