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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.201/2002 /kra 
 
Urteil vom 19. September 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Bundesrichter Müller, 
Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Merkli, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
T.Z.________, 
R.Z.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Herren Peter Riedweg und/oder Markus Weidmann, Rechtsanwälte, c/o Homburger Rechtsanwälte, Weinbergstrasse 56/58, 8006 Zürich, 
 
gegen 
 
Kantonales Steueramt Zürich, Abteilung Direkte Bundessteuer, Waltersbachstrasse 5, 8090 Zürich, 
Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich, Talacker 41, 8090 Zürich. 
 
Direkte Bundessteuer 1997/98, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 22. Februar 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 5. Februar 1994 vereinbarte Rechtsanwalt Dr. T.Z.________ mit Dr. G.________, Alleinaktionär der J.________ Holding AG, dieser Unternehmensgruppe im Bedarfsfall Finanzierungen zu vermitteln und gewisse davon auch zu verbürgen, wofür er als Gegenleistung ein Kaufsrecht an 5 Prozent der Holdingaktien zugesprochen erhielt. Er übte sein Optionsrecht am 29. Dezember 1995 aus. 
 
In ihrer Steuererklärung für die direkte Bundessteuer 1997/98 deklarierten T.Z.________ und R.Z.________ u.a. ein durchschnittliches Reineinkommen von Fr. 918'446.-- und im Wertschriftenverzeichnis einen Vermögenszuwachs von Fr. 7'603'213.-- mit dem Vermerk "Option 200 N.-Aktien J.________ Holding ausgeübt". Mit formeller Veranlagungsverfügung vom 25. August 2000 lehnte der zuständige Steuerkommissär ab, den aus der Optionsausübung resultierenden Kapitalgewinn als einkommenssteuerfreien Wertschriftenmehrwert aus privater Vermögensverwaltung einzustufen. Stattdessen rechnete er ihn im Betrag von Fr. 9'051'443.-- beim steuerbaren Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit auf, unter Abzug einer Wertberichtigung von Fr. 1'448'231.-- wegen einer bis Ende 1999 auf den erstandenen Aktien lastenden Verkaufssperre. Daraus ergab sich ein durchschnittliches steuerbares Jahreseinkommen von Fr. 4'726'452.--. 
 
Nach erfolgloser Einsprache erhoben die Eheleute Z.________ am 15. Dezember 2000 Beschwerde an die Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich, die mit Entscheid vom 22. Februar 2002 die Beschwerde abwies und gegenüber der Veranlagungsbehörde noch eine Höherbewertung vornahm: Zum steuerbaren Einkommen laut Steuererklärung rechnete sie namentlich folgende Einkünfte aus selbstständiger Nebenerwerbstätigkeit hinzu: einerseits einen Aktienkapital-Mehrwert von Fr. 7'603'213.--, andererseits eine Nettobarleistung in der Höhe von Fr. 3'305'480.--. Dies führte zu einem durchschnittlichen steuerbaren Jahreseinkommen von Fr. 6'379'192.--. 
B. 
Hiergegen gelangen T.Z.________ und R.Z.________ mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 27. April 2002 an das Bundesgericht. Sie beantragen, für die direkte Bundessteuer 1997/98 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 924'800.-- eingeschätzt zu werden; eventualiter sei die Sache an die Bundessteuer-Rekurskommission zurückzuweisen zur Neuuntersuchung und -feststellung der Berechnungsgrundlagen. 
Das kantonale Steueramt, die Bundessteuer-Rekurskommission und die Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide betreffend die direkte Bundessteuer ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG; SR 172.021] sowie Art. 98 lit. g OG und Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]). Als betroffene Steuerpflichtige sind die Beschwerdeführer gemäss Art. 103 lit. a OG beschwerdebefugt. 
1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellung gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
Vorliegend ist strittig, ob der in der Steuererklärung 1997/98 deklarierte Vermögenszuwachs als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit gemäss Art. 18 Abs. 1 DBG oder als steuerfreier Kapitalgewinn aus Veräusserung von Privatvermögen laut Art. 16 Abs. 3 DBG zu qualifizieren ist. 
2.1 Art. 18 Abs. 1 DBG bestimmt, dass alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit steuerbar sind. Zu den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit gehören nach Art. 18 Abs. 2 DBG auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen. Steuerfrei sind nach Art. 16 Abs. 3 DBG die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen. 
 
Der Terminus "selbstständige Erwerbstätigkeit" ist ein steuerrechtlicher Begriff, der weder im Gesetz noch in einer Verordnung näher festgelegt wird. Allgemein wird darunter jede Tätigkeit verstanden, bei der ein Unternehmer auf eigenes Risiko, unter Einsatz von Arbeit und Kapital, in einer frei gewählten Organisation und mit der Absicht der Gewinnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Eine selbstständige Erwerbstätigkeit kann haupt- oder nebenberuflich, dauernd oder temporär ausgeübt werden. 
 
Der Steuerpflichtige erzielt insbesondere dann steuerbares Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit, wenn sie An- und Verkäufe von Vermögensgegenständen in einer Art tätigt, die über die schlichte Verwaltung von Privatvermögen (Art. 16 Abs. 3 DBG) hinausgeht. Erforderlich hiezu ist, dass sie eine Tätigkeit entfaltet, die in ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtet ist bzw. dass sie solche Geschäfte systematisch mit der Absicht der Gewinnerzielung betreibt. Nicht verlangt für eine selbstständige Erwerbstätigkeit wird nach der Praxis, dass die steuerpflichtige Person nach aussen sichtbar am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt oder die Tätigkeit in einem eigentlichen, organisierten Unternehmen ausübt. Ob einfache Vermögensverwaltung oder selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, ist immer nach der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Als Indizien für eine selbstständige Erwerbstätigkeit können nach der Praxis etwa in Betracht kommen: 
 
- Die (systematische oder planmässige) Art und Weise des Vorgehens, namentlich dass die steuerpflichtige Person aktiv wertvermehrend tätig wird oder sich systematisch bemüht, die Entwicklung eines Marktes zur Gewinnerzielung auszunützen. 
- Die Häufigkeit der fraglichen Geschäfte und eine kurze Besitzesdauer. 
- Der enge Zusammenhang der Geschäfte mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person, der Einsatz spezieller Fachkenntnisse, das Zusammenwirken mit anderen im fraglichen Bereich tätigen Personen bzw. die Realisierung im Rahmen einer Personengesellschaft und der Beizug von Fachleuten. Ob die steuerpflichtige Person Wertschriftengeschäfte selber oder über einen bevollmächtigten Dritten abwickelt, ist nicht von entscheidender Bedeutung, da das Wertschriftengeschäft in der Regel ohnehin den Beizug fachkundiger Personen (Bankfachleute, Treuhänder usw.) erfordert, deren Verhalten - als Hilfspersonen - der pflichtigen Person zugerechnet wird. 
- Der Einsatz erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte. 
- Die Verwendung der erzielten Gewinne bzw. deren Wiederanlage in gleichartige Vermögensgegenstände. 
Jedes dieser Indizien kann zusammen mit anderen, im Einzelfalle jedoch unter Umständen auch bereits allein zur Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 18 DBG ausreichen. Dass einzelne typische Elemente einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Einzelfall nicht erfüllt sind (z.B. die grosse Zahl von Transaktionen), kann durch andere Elemente kompensiert werden, die mit besonderer Intensität vorliegen (z.B. durch besondere wertvermehrende Tätigkeiten). Entscheidend ist, dass die Tätigkeit in ihrem gesamten Erscheinungsbild bzw. in ihrer Gesamtheit auf Erwerb ausgerichtet ist (vgl. zum Ganzen BGE 125 II 113 E. 3 S. 117 ff., 122 II 446 E. 3 S. 448 ff., ASA 69 788 E. 2, je mit zahlreichen weiter gehenden Hinweisen; siehe auch Danielle Yersin, Les gains en capital considérés comme le revenu d'une activité lucrative, in: ASA 59 S. 137 ff., und die dort umfassend dargestellte Praxis). 
2.2 Vorliegend stützen alle wesentlichen Beurteilungselemente - einzeln oder gesamthaft betrachtet - die Einschätzung der kantonalen Behörden: Einerseits sprengen die vom Beschwerdeführer getätigten Geschäfte - quantitativ und qualitativ - deutlich den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung, andererseits stehen sie in mehrfachem direktem Bezug zu seiner hauptberuflichen Erwerbstätigkeit als selbstständiger Rechtsanwalt. 
Unbekümmert um das mögliche Bestehen privater Kontakte ist hier allein massgeblich, dass die Finanzierungs- und Optionsvereinbarung nur vor dem Hintergrund der intensiven geschäftlichen Beziehungen zwischen den beiden Vertragspartnern verstanden werden kann. Der Beschwerdeführer war in verschiedenen Tochtergesellschaften der Holding Verwaltungsrat; zudem beschaffte ihm die Unternehmensgruppe seit einiger Zeit ein namhaftes Mandats- und Honorarvolumen (1994: Fr. 342'451.--; 1995: Fr. 608'834.--; 1996: Fr. 558'149.-- und zusätzlich Fr. 800'000.-- gegenüber der Käufergesellschaft der Gruppe). Zur genannten Vereinbarung kam es, als die Unternehmensgruppe in eine schwere Liquiditätskrise geriet und mit schon ausgewiesener Unterbilanz akut vom Konkurs bedroht war, da ihr Alleinaktionär keine weitergehenden Sicherheiten mehr leisten und somit keine zusätzlichen Bankkredite mehr erlangen konnte. In dieser Situation lag es nahe, sich an den Beschwerdeführer zu wenden, der auf Grund seiner Mandate die aktuellen Bedürfnisse und die zukünftigen Perspektiven der Unternehmensgruppe kannte; ausserdem hatte er im Rahmen seiner anwaltlichen Haupttätigkeit gerade im Bereich der Unternehmensfinanzierung und des Risikokapital-Managements einschlägige Spezialkenntnisse und Erfahrungen gesammelt. Darüber hinaus verfügte er über wertvolle geschäftliche Beziehungen zu zahlreichen möglichen Investoren im In- und Ausland. 
 
Der Beschwerdeführer hatte seinerseits ein offenkundiges geschäftliches Eigeninteresse an der Weiterexistenz der Unternehmensgruppe, namentlich zur Erhaltung seiner Verdienstbasis. Ebenfalls gegen ein Handeln aus blosser Gefälligkeit spricht, dass er die von ihm übernommenen Pflichten vertraglich genau festzulegen wusste. Auf ein geschäftliches Engagement deuteten weiter die Höhe der geleisteten Bürgschaft (bis zu Fr. 1 Mio.) sowie der Umstand hin, dass der Beschwerdeführer auf die schriftliche Zustimmung seiner Ehefrau verzichtete. Anders als bei reinen Freundschaftsdiensten üblich war er überdies nicht bereit, ohne Entgelt tätig zu werden; vielmehr liess er sich seinen Einsatz mit beträchtlichen persönlichen Gewinnperspektiven entlöhnen: Dank seiner umfassenden Kenntnisse über die Unternehmensgruppe konnte er deren Entwicklungs- bzw. Verkaufschancen nach überstandener Liquiditätskrise realistisch einschätzen und seine Handlungsoptionen entsprechend festlegen. 
 
Insgesamt handelt es sich bei dem aus der Ausübung des Kaufsrechts resultierenden Vermögenszuwachs also um das Erfolgshonorar eines selbstständig getätigten sowie mit eigenem Risiko und Gewinnstreben verfolgten Einsatzes von Arbeit und Kapital, m.a.W. um eine durch planmässiges und gezieltes Wirken erarbeitete Einkommenssteigerung, die mit der üblichen Verwaltung privaten Vermögens nichts mehr gemeinsam hat, aber die wesentlichen Züge einer selbstständigen Erwerbstätigkeit aufweist. 
2.3 Was die Beschwerdeführer dagegen einwenden lassen, bezieht sich zum grossen Teil auf rechtsunerhebliche Nebenpunkte oder vermag aus anderen Gründen nicht zu überzeugen. 
 
Unmassgeblich ist unter anderem, dass nicht der Holding-Alleinaktionär Geschäftspartner des Beschwerdeführers gewesen sei, sondern die verschiedenen Gesellschaften seiner Unternehmensgruppe. Genauso wenig ist von Belang, ob vorher oder danach vergleichbare Vereinbarungen eingegangen worden sind. Nicht stichhaltiger ist angesichts der gesamten Umstände das Argument, ein Privatgeschäft sei schon deshalb anzunehmen, weil der Beschwerdeführer es in seinem eigenen Namen abgeschlossen, ohne jegliches Fremdkapital auf seinem Privatvermögen verbürgt und auch nicht in der Geschäftsbuchhaltung der Anwaltskanzlei ausgewiesen habe. Aus den gleichen Gründen ist auch nicht anzunehmen, dass es sich um eine freundschaftsbedingte Gefälligkeitsbürgschaft ohne Erwerbsabsicht oder geschäftlichen Hintergrund gehandelt habe. 
 
In all diesen Punkten ist weder die Sachverhaltsfeststellung noch die Rechtsanwendung der Bundessteuer-Rekurskommission bundesrechtswidrig. Die tatsächlichen Festlegungen der Vorinstanz sind für das Bundesgericht namentlich insofern verbindlich (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG), als diese zum Ergebnis gelangt ist, dass der Beschwerdeführer nicht nur eine Bürgschaft übernommen, sondern auch schon die durch sie zu sichernde Drittfinanzierung vermittelt hat. Bezüglich der Berechnungsgrundlagen gelingt es den Beschwerdeführern ebenfalls nicht, eine qualifiziert unzulängliche Tatsachenerhebung darzutun, welche eine Zurückweisung zwecks Neuuntersuchung und -feststellung rechtfertigen würde. Schliesslich ist weder eine Gehörsverweigerung noch eine sonstige Verletzung wesentlicher Verfahrensgrundsätze ersichtlich. 
3. 
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die unterliegenden Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG i.V.m. Art. 153 und 153a OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 20'000.-- wird den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Kantonalen Steueramt Zürich, Abteilung direkte Bundessteuer, der Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 19. September 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: