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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_865/2008/sst 
 
Urteil vom 5. Dezember 2008 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Mathys, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, 4502 Solothurn, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Rechtsverweigerung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, vom 5. September 2008. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Der Beschwerdeführer reichte am 30. Mai 2008 beim Obergericht des Kantons Solothurn zwei Beschwerden ein. Das kantonale Gericht forderte ihn mit Verfügung vom 6. Juni 2008 auf, bis zum 16. Juni 2008 die jeweiligen Verfahrensnummern anzugeben, andernfalls werde auf die Beschwerde(n) nicht eingetreten. Beim Versuch, die als Gerichtsurkunde versandte Verfügung zuzustellen, konnte der Beschwerdeführer zu Hause nicht angetroffen werden, weshalb der Zustellbeamte eine Abholungseinladung ebenfalls mit Frist bis zum 16. Juni 2008 hinterliess. Am letzten Tag dieser Frist holte der Beschwerdeführer die fragliche Gerichtsurkunde bei der Post ab. Er verfasste die von ihm verlangte Beschwerdeerläuterung sofort, d.h. noch am 16. Juni 2008, und übergab diese ohne Verzug der Schweizerischen Post (Poststempel: 17. Juni 2008). Das Obergericht trat am 5. September 2008 auf die Beschwerde(n) mangels Fristeinhaltung und mangels Stellung eines Fristerstreckungsgesuchs nicht ein. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer am 17. Oktober 2008 mit Beschwerde an das Bundesgericht. Er rügt dabei sinngemäss, der angefochtene Beschluss des Obergerichts sei überspitzt formalistisch. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn hat am 24. November 2008 auf eine Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet. Das Obergericht verweist in seiner Vernehmlassung vom 21. November 2008 im Wesentlichen auf den angefochtenen Beschluss. 
Überspitzter Formalismus als besondere Form der Rechtsverweigerung liegt vor, wenn für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, ohne dass die Strenge sachlich gerechtfertigt ist, oder wenn die Behörde formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt und damit dem Bürger den Rechtsweg in unzulässiger Weise verweigert (BGE 132 I 249 E. 5; 130 V 177 E. 5.4.1). 
Die Beschwerde erweist sich als begründet. Zwar trifft zu, dass der Beschwerdeführer die ihm mit Verfügung vom 6. Juni 2008 angesetzte Frist bis zum 16. Juni 2008 nicht eingehalten hat. Insoweit ist der obergerichtliche Entscheid nicht zu beanstanden. Insbesondere mit Blick darauf, dass vorliegend sowohl die Frist zur Beschwerdeerläuterung als auch die postalische Abholungsfrist am gleichen Tag endeten, erscheint es jedoch als stossend und exzessiv formstreng, dass das Obergericht die Eingabe des Beschwerdeführers vom 16. Juni 2008 nicht als Gesuch um Fristerstreckung bzw. um Aufhebung der Säumnisfolgen (§ 27 StPO/SO) entgegengenommen und behandelt hat, zumal der Beschwerdeführer in seiner Eingabe ausdrücklich darauf hinwies, dass er die Verfügung erst am Abend des 16. Juni habe entgegennehmen können und deshalb nicht in der Lage gewesen war, die Rechtshandlung innert der angesetzten Frist vorzunehmen. In seiner Stellungnahme zur Beschwerde vom 21. November 2008 räumt das Obergericht denn auch selber ein, dass es dem Beschwerdeführer angesichts der kurzen Frist "möglicherweise verunmöglicht war", rechtzeitig am Postschalter eine Eingabe aufzugeben. Dass er die am 16. Juni 2008 verfasste Eingabe am gleichen Tag bis 24.00 Uhr (unter Beizug eines Zeugen) in einen Briefkasten hätte werfen können, kann dem anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer nicht ernsthaft entgegengehalten werden. 
 
2. 
Die Beschwerde ist damit im Verfahren nach Art. 109 BGG gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist das Ausstandsbegehren gegenstandslos geworden. Da der Beschwerdeführer obsiegt, sind ihm für das bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten aufzuerlegen. Er ist vor Bundes-gericht nicht anwaltlich vertreten, und besondere persönliche Aufwen-dungen, die er gehabt haben könnte, macht er nicht geltend. Gemäss der Praxis ist ihm deshalb keine Entschädigung zuzusprechen (BGE 133 III 439 E. 4; 115 Ia 12 E. 5). Bei diesem Ausgang ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos geworden. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 5. September 2008 aufgehoben. 
 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 5. Dezember 2008 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Schneider Arquint Hill