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[AZA 0/2] 
6S.728/2001/otd 
 
KASSATIONSHOF 
************************* 
 
5. Februar 2002 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des 
Kassationshofes, Bundesrichter Wiprächtiger, Karlen und 
Gerichtsschreiberin Schild Trappe. 
 
--------- 
 
In Sachen 
A.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
Generalprokurator des Kantons Bern, 
betreffend 
 
Widerhandlung gegen die Luftfahrtgesetzgebung, hat sich ergeben: 
 
A.- Im Skigebiet Hasliberg fand am 27. Februar 2000 das Skihäslifest statt. In diesem Rahmen bot A.________ begleitete Gleitschirmflüge - sog. Tandemflüge - an. Um ca. 11.30 Uhr landete er zusammen mit einem Passagier auf dem Landeplatz, der in der Nähe des Restaurants Alpstübli im Skigebiet mit farbigen Kegeln ausgesteckt war. 
W.________ fuhr zu diesem Zeitpunkt mit seinen Skiern in der Hocke talwärts. Er erkannte den landenden Gleitschirm zu spät, verfing sich in dessen Leinen und stürzte. Dabei zog er sich Schürfwunden im Gesicht zu und verstauchte sich einen Finger. 
 
Das Untersuchungsrichteramt IV Berner Oberland verurteilte A.________ am 7. August 2001 wegen Widerhandlung gegen die Luftfahrtgesetzgebung und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 800.--. Dieser erhob dagegen Einspruch. 
Der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises XI Interlaken-Oberhasli sprach darauf A.________ am 28. März 2001 von der ihm vorgeworfenen fahrlässigen Gefährdung durch die Luftfahrt frei. Das von der Staatsanwaltschaft angerufene Obergericht des Kantons Bern bestätigte indessen dieses Urteil nicht, sondern erklärte A.________ am 18. Oktober 2001 der Widerhandlung gegen das Luftfahrtgesetz schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 500.--. 
 
 
B.- A.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, verzichtet auf Gegenbemerkungen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine unzutreffende Anwendung von Art. 90 des Bundesgesetzes über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 (LFG; SR 748. 0) vor. Für die festgestellte ungenügende Absperrung des Landeplatzes habe der Pistendienst, und nicht er, die Verantwortung zu tragen. Demzufolge hätte er nicht wegen Verletzung der genannten Bestimmung verurteilt werden dürfen. 
 
a) Nach Art. 90 LFG wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft, wer während eines Fluges als Kommandant des Luftfahrzeuges, als Mitglied oder als Passagier die gesetzlichen Vorschriften oder anerkannte Regeln des Verkehrs vorsätzlich missachtet und dadurch wissentlich Leib und Gut Dritter auf der Erdoberfläche in Gefahr bringt (Abs. 1). Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse bis zu 10'000 Franken (Abs. 2). 
 
Für den Verkehr und Betrieb von Hängegleitern enthält die Verordnung über Luftfahrzeuge besonderer Kategorien vom 24. November 1994 (VLK; SR 748. 941) nähere Vorschriften. Sie sind auch für Gleitschirme massgebend, die eine besondere Art von Hängegleitern darstellen (Art. 6 VLK). Nach Art. 8 VLK sind Starts und Landungen von Hängegleitern auf öffentlichen Strassen und Skipisten untersagt (Abs. 1). Ferner sind Menschenansammlungen im Freien, Gebäude, öffentliche Strassen, Skipisten, öffentliche Transportanlagen wie Bahnen, Luftseilbahnen und Skilifte sowie elektrische Freileitungen und andere Kabel in einem genügenden Abstand zu überfliegen oder zu umfliegen (Abs. 2). Auf Grund der Verweisung in Art. 8 Abs. 6 VLK gilt schliesslich der generelle Grundsatz, dass Hängegleiter nicht in unvorsichtiger oder nachlässiger Weise, die das Leben oder die Sachen Dritter gefährden könnte, geführt werden dürfen (Art. 6 der Verordnung über die Verkehrsregeln für Luftfahrzeuge vom 4. Mai 1981 [VVR; SR 748. 121.11]). 
 
Anerkannte Regeln des Verkehrs im Sinne von Art. 90 LFG finden sich in den Richtlinien für Anlage und Unterhalt von Skiabfahrten (SKUS). Es handelt sich dabei zwar nicht um Rechtsnormen, aber doch um Verhaltensempfehlungen, die als Massstab für die im Skisport üblicherweise zu beachtende Sorgfalt herangezogen werden können (BGE 117 IV 415 E. 5b S. 417). Gemäss Ziff. 35 SKUS (Ausgabe 1995) sind Start- und Landeplätze für Delta- und Gleitschirmflieger deutlich von den Skiabfahrten zu trennen. 
Im gleichen Sinne äussern sich auch die Richtlinien "Die Verkehrssicherungspflicht für Skiabfahrten" des Schweizerischen Verbands der Seilbahnunternehmungen (SVS-Richtlinien), wobei zusätzlich erwähnt wird, dass die Start- und Landeplätze mit dem Hinweissignal 21 zu kennzeichnen und vor Lawinen zu sichern sind und auf den Orientierungshilfen eingetragen werden können (Ziff. 96). 
 
b) Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, der vom Beschwerdeführer benutzte Landeplatz habe den genannten Vorschriften und anerkannten Regeln des Verkehrs nicht entsprochen. So sei er offensichtlich nicht genügend von der Skipiste abgesperrt und signalisiert gewesen. Die zur Abgrenzung verwendeten Kegel hätten leicht übersehen werden und überdies auch bloss auf ein Skiübungsgelände oder Fussgängerverkehr hinweisen können. Ferner habe auch die allgemeine Warntafel den Landeplatz nicht klar markiert. 
Die Vorinstanz bejaht ebenfalls den in Art. 90 LFG vorausgesetzten Gefährdungserfolg. Der Sturz von W.________ belege klar die vom Beschwerdeführer geschaffene Gefahr. 
Schliesslich qualifiziert die Vorinstanz das Handeln des Beschwerdeführers als fahrlässig. Er habe nicht nur die genannten Vorschriften missachtet, sondern hätte auch erkennen können, dass eine Landung auf Skiübungsgelände, das zur Piste gezählt, im fraglichen Zeitpunkt jedoch als Festgelände benutzt werde, die Gefahr von Kollisionen mit unachtsamen Menschen schaffe. 
 
c) Der Beschwerdeführer wendet sich einzig gegen den Vorwurf, er habe pflichtwidrig gehandelt. So habe die Vorinstanz unter Verweisung auf die Literatur (Hans-Kaspar Stiffler, Schweizerisches Skirecht, 2. Aufl. 1991, Rz. 590 f.) selber ausgeführt, die Abgrenzung eines Landeplatzes für Hängegleiter vom Skigebiet obliege dem Verkehrssicherungspflichtigen, d.h. dem Pistendienst, während die Organisationen der Delta- und Gleitschirmflieger für die technische Abklärung, ob sich ein Ort als Landeplatz eigne, zuständig seien. Für die ungenügende Absperrung habe deshalb im vorliegenden Fall allein der Pistendienst die Verantwortung zu tragen. 
 
d) Es trifft zu, dass die Argumentation der Vorinstanz im fraglichen Punkt nicht völlig klar ist. Der Begriff der Verkehrssicherungspflicht entstammt dem Zivilrecht und umschreibt die Vorsichts- und Schutzmassnahmen, welche die Seilbahn- und Skiliftunternehmer zu treffen haben (vgl. Stiffler, a.a.O., Rz. 407 ff.). 
Art. 90 LFG bezieht sich demgegenüber allein auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Kommandanten, Besatzungsmitglieder und Passagiere von Luftfahrzeugen. 
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers schliesst eine Verkehrssicherungspflicht des Pistendienstes eine Strafbarkeit der in Art. 90 LFG genannten Personengruppen nicht aus. Diese haben sich vielmehr selbständig um die Einhaltung der aufgeführten luftverkehrsrechtlichen Vorschriften und anerkannten Verkehrsregeln zu kümmern. Der Beschwerdeführer musste als Gleitschirmpilot die Normen über die zulässigen Landeplätze kennen und sie bei seinen Flügen einhalten. Er durfte sich dabei nicht einfach auf den Befund des Hilfspistenpatrouilleurs verlassen, der den von ihm benutzten Landeplatz tags zuvor inspiziert und von der Pistensicherheit her als in Ordnung befunden hatte. Es kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer den Landeplatz nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid selber eingerichtet hat. Dabei hätte er ohne weiteres erkennen können, dass am fraglichen Ort mit den getroffenen Vorrichtungen die luftverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht eingehalten waren. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und ist abzuweisen. 
 
2.- Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Generalprokurator und dem Obergericht des Kantons Bern, 
1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
______________ 
Lausanne, 5. Februar 2002 
 
Im Namen des Kassationshofes 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Die Gerichtsschreiberin: