Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_141/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 2. Mai 2016  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jörg Frei, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, 
Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Bosnien und Herzegowina, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 16. März 2016 des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Strafverfolgungsbehörden der Föderation von Bosnien und Herzegowina führen eine Strafuntersuchung gegen den bosnischen Staatsangehörigen A.________, dessen Ehefrau und weitere Personen wegen des Verdachts von Drogendelikten (arbeitsteilig organisierter Anbau von und Handel mit illegalen Cannabisprodukten). Mit Note vom 1. April 2015 übermittelte die Botschaft von Bosnien-Herzegowina in Bern dem Bundesamt für Justiz (BJ) ein Auslieferungsgesuch vom 17. März 2015 des bosnischen Justizministeriums. Darin wird die Schweiz um Auslieferung des Beschuldigten ersucht. 
 
B.   
Mit Entscheid vom 6. Oktober 2015 bewilligte das BJ die Auslieferung des Verfolgten an Bosnien-Herzegowina für die dem Auslieferungsersuchen und seinen Ergänzungen zugrunde gelegten Straftaten. Eine vom Verfolgten dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, mit Entscheid vom 16. März 2016 ab. 
 
C.   
Gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichtes gelangte der Verfolgte mit Beschwerde vom 29. März 2016 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. 
Das BJ beantragt mit Stellungnahme vom 5. April 2016, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, während das Bundesstrafgericht mit Schreiben vom 4. April 2016 mitteilt, dass es am angefochtenen Entscheid festhalte. Der Beschwerdeführer replizierte am 22. April (Posteingang: 25. April) 2016. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2). Wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt, umschreibt Art. 84 Abs. 2 BGG die Voraussetzungen des besonders bedeutenden Falles nicht abschliessend. Ein solcher Fall kann auch angenommen werden, wenn sich eine rechtliche Grundsatzfrage stellt (BGE 136 IV 20 E. 1.2 S. 22 mit Hinweisen). 
 
2.   
Zwar geht es im vorliegenden Fall um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich wäre. Zu prüfen ist jedoch zusätzlich, ob es sich hier um einen besonders bedeutenden Fall handelt. 
 
2.1. Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160 mit Hinweis; vgl. auch BGE 133 IV 125 E. 1.4 S. 128 f.; 129 E. 1 S. 130; 131 E. 2-3 S. 131 f.; 132 E. 1 S. 133 f.; 215 E. 1.2 S. 217 f.; 271 E. 2.2.2 S. 274). Auch bei Auslieferungsentscheiden kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich namentlich keine wichtigen bzw. erstmals zu beurteilenden Rechtsfragen, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedürften (BGE 136 IV 20 E. 1.2 S. 22; 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161; zur einschlägigen Praxis s.a. Heinz Aemisegger/Marc Forster, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl., Basel 2011, Art. 84 N. 29-32a). An einem besonders bedeutenden Fall bzw. an einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Tragweite fehlt es insbesondere, wenn sich der Vorwurf, die Vorinstanz sei von der Praxis des Bundesgerichtes abgewichen, in appellatorischer Kritik an den materiellen Erwägungen des angefochtenen Entscheides erschöpft (Urteile 1C_639/2015 vom 16. Dezember 2015 E. 3.1; 1C_368/2012 vom 6. September 2012 E. 2.1; 1C_358/2012 vom 24. August 2012 E. 2.2; 1C_219/2010 vom 25. Mai 2010 E. 4).  
 
2.2. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG vorliegt, so ist in der Beschwerdeschrift auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG). Nach Art. 109 Abs. 1 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über das Nichteintreten auf eine Beschwerde, wenn kein besonders bedeutender Fall vorliegt.  
 
3.   
Der Beschwerdeführer begründet das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falles mit den Vorbringen, die Vorinstanzen hätten elementare Verfahrensgrundsätze verletzt, und es stelle sich hier eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. 
 
3.1. Eine Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze sieht der Beschwerdeführer darin, dass die Vorinstanzen nicht erkannt hätten, dass ihm objektiv und ernsthaft eine schwerwiegende Verletzung seiner Menschenrechte drohe. Ausserdem hätten sie "falsche Abklärungen der Tat- und Schuldfrage" vorgenommen, die Auslieferungsvoraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit zu Unrecht bejaht und sein rechtliches Gehör verletzt.  
 
3.1.1. Seine Vorbringen zur Menschenrechtslage in Bosnien-Herzegowina, zu Tat- und Schuldfragen sowie zur beidseitigen Strafbarkeit decken sich mit den materiellen Rügen des Beschwerdeführers zu den Auslieferungsvoraussetzungen. Der blosse Umstand, dass das Bundesstrafgericht diesen materiellen Einwendungen nicht gefolgt ist, begründet nach der oben dargelegten Gesetzgebung und Rechtsprechung keinen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 BGG. Die betreffenden Erwägungen der Vorinstanz stehen im Einklang mit den anwendbaren Rechtsgrundlagen und der einschlägigen Gerichtspraxis. Es besteht für das Bundesgericht kein Anlass, materiell darauf einzutreten.  
 
3.1.2. Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht ersichtlich:  
 
3.1.2.1. Der Verfolgte rügt, das Bundesamt für Justiz habe "die eingeholte Präzisierung zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgelegt", ohne ihm "vorgängig das rechtliche Gehör zu gewähren".  
 
3.1.2.2. Die Vorinstanz hat in diesem Zusammenhang Folgendes erwogen: Mit Schreiben vom 8. April, 12. Juni und 8. Juli 2015 habe das BJ das bosnische Justizministerium um Ergänzungen des Auslieferungsgesuchs bzw. um Abgabe verschiedener Garantien ersucht. Diese seien mit Schreiben des Justizministeriums vom 1. Juni, 25. Juni und 14. Juli 2015 erfolgt. Am 20. Juli 2015 habe das BJ die Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell-Ausserrhoden gebeten, den (dort wohnhaften) Beschwerdeführer zum Auslieferungsersuchen zu befragen. Anlässlich der am 11. August 2015 durchgeführten Befragung habe der Beschwerdeführer (der von seinem Anwalt begleitet gewesen sei) erklärt, mit einer vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden zu sein. Anschliessend habe das BJ ihn eingeladen, innert einer Frist von 14 Tagen schriftlich zum Ersuchen Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe innert Frist keine Stellungnahme eingereicht, worauf das BJ am 6. Oktober 2015 den Auslieferungsentscheid gefällt habe (vgl. angefochtener Entscheid, S. 2 E. B).  
 
3.1.2.3. Dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau werde vorgeworfen, sie hätten sich (zusammen mit weiteren Personen) in einer kriminellen Gruppe organisiert, um illegal Betäubungsmittel herzustellen und zu verkaufen. Er habe mittels Drittpersonen in Bosnien-Herzegowina ein Wochenendhaus gemietet und dieses labortechnisch eingerichtet bzw. für die Herstellung von Drogen ausgestattet. Sie hätten "Cannabis sativa L" (mit dem psychotropen Wirkstoff THC) angebaut, gezüchtet, geerntet und getrocknet, die Produkte anschliessend verpackt und damit Handel betrieben. Mit Schreiben vom 8. April 2015 habe das BJ das bosnische Justizministerium um folgende Ergänzung des Auslieferungsersuchens gebeten: "Genauere Umschreibung der Strafhandlungen, welche dem Verfolgten zur Last gelegt werden (Angabe der Menge der hergestellten und verkauften Betäubungsmittel, Angabe der Rollenverteilung zwischen den verschiedenen verdächtigen Personen) " (angefochtener Entscheid, S. 6 f. E. 4.4).  
 
3.1.2.4. Weiter erwägt das Bundesstrafgericht, schon die Informationen im Auslieferungsersuchen und in dessen Beilagen seien hinreichend deutlich gewesen, um das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten - namentlich die angebliche Installation eines Labors zur Herstellung von Rauschgift - als Widerhandlung im Sinne von Art. 19 Abs. 1 BetmG (im Lichte der Auslieferungsvoraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit) anzusehen. Weitere Präzisierungen, wie sie das BJ am 8. April 2015 bei der ersuchenden Behörde erbeten habe, seien "dazu eigentlich gar nicht nötig gewesen". Was der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesstrafgericht vorgebracht habe, erschöpfe sich weitgehend in anderslautenden eigenen Darstellungen des Sachverhalts, mit welchen er im Auslieferungsverfahren nicht zu hören sei. Dies betreffe besonders seine Ausführungen, wonach er keinen Drogenhanf angebaut habe, sondern lediglich (für die Drogenherstellung angeblich untauglichen) "Industrie- und Nutzhanf" mit tiefem THC-Gehalt als Rohstoff "für den Pharmabereich". Er übergehe dabei insbesondere die Tatsache, dass er gemäss der Sachdarstellung des Ersuchens eine spezialisierte, labortechnisch ausgerüstete Anlage eingerichtet habe, welche der Entwicklung und Herstellung von Drogenhanf gedient habe (vgl. angefochtener Entscheid, S. 7 E. 4.6).  
 
3.1.3. In diesem Zusammenhang ist die gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs weder substanziiert dargetan, noch sonstwie ersichtlich. Insbesondere macht der Beschwerdeführer nicht geltend, er hätte Akteneinsichtsgesuche gestellt, die vom BJ oder vom Bundesstrafgericht zu Unrecht abgelehnt worden wären.  
 
3.2. Schliesslich bringt der Beschwerdeführer noch vor, es sei hier eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu prüfen.  
 
3.2.1. Er sei seit 8. November 2010 mit einer Schweizerin verheiratet. Sie hätten einen gemeinsamen fünfjährigen Sohn. Der Beschwerdeführer sei nicht vorbestraft. Er sei integriert, gefährde die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht und erfülle die Voraussetzungen für eine erleichterte Einbürgerung. Zwar habe er sich bis anhin nicht um das Schweizer Bürgerrecht bemüht, weil er von der irrigen Meinung ausgegangen sei, er unterliege den Voraussetzungen einer ordentlichen Einbürgerung. Nachdem dieser Irrtum unterdessen aber beseitigt worden sei, werde er "in den nächsten Tagen" ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen. Ein Schweizer Bürger dürfe nur mit dessen schriftlicher Einwilligung an einen anderen Staat ausgeliefert werden.  
 
3.2.2. Die Erwägungen der Vorinstanz, wonach das Recht auf Familienleben nur in besonderen Ausnahmefällen ein Auslieferungshindernis - im Rahmen des hier anwendbaren Europäischen Auslieferungsübereinkommens - darstellen könnte und dass eine solche Ausnahme hier nicht vorliege (vgl. angefochtener Entscheid, S. 10 f. E. 6), entsprechen der Bundesgerichtspraxis. Dass der verfolgte bosnische Staatsangehörige in seiner Beschwerde an das Bundesgericht in Aussicht stellt, er werde bei den schweizerischen Behörden ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung einreichen, bildet ebenfalls kein Auslieferungshindernis. In diesem Zusammenhang stellen sich keinerlei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung.  
 
4.   
Auf die Beschwerde ist mangels besonders bedeutenden Falles nicht einzutreten. 
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Mai 2016 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster