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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_91/2024  
 
 
Urteil vom 15. Februar 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiberin Dambeck. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Sindy Pajarola, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Polen; Auslieferungsentscheid, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 25. Januar 2024 (RR.2023.165). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Gestützt auf eine von den polnischen Behörden veranlasste Ausschreibung im Schengener Informationssystem wurde A.________ am 14. Juli 2023 am Flughafen Zürich festgenommen und in Auslieferungshaft versetzt. Das polnische Justizministerium ersuchte am 29. Juli 2023 um Auslieferung von A.________ zwecks Vollzugs einer Restfreiheitsstrafe von zwei Jahren, sechs Monaten und 15 Tagen wegen verschiedener Wirtschaftsverbrechen und Urkundenfälschungen. Das Bundesamt für Justiz (BJ) bewilligte die Auslieferung von A.________ mit Entscheid vom 12. Oktober 2023. 
Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde von A.________ wies das Bundesstrafgericht mit Entscheid vom 25. Januar 2024 ab. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hiess es gut. 
 
B.  
Mit Beschwerde an das Bundesgericht vom 5. Februar 2024 beantragt A.________, die jeweilige Ziffer 1 des Entscheids des Bundesstrafgerichts und des Entscheids des BJ sei aufzuheben und seine Auslieferung sei nicht zu bewilligen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an das BJ oder an das Bundesstrafgericht zurückzuweisen. Subeventualiter sei seine Auslieferung nicht zu bewilligen und ihm der Strafvollzug in der Schweiz zu gewähren. 
Das Bundesgericht hat die Akten eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig.  
Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung, womit die Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. 
Weiter ist gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt. Ein solcher liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG). Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). Auch bei einer Auslieferung kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4). 
 
1.2. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Satz 1). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall im Sinne von Art. 84 BGG vorliegt, ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Satz 2).  
 
1.3. Gemäss Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).  
 
2.  
Nach der Praxis des Bundesgerichts kann auch die Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze im schweizerischen Rechtshilfeverfahren (und nicht nur im ausländischen Verfahren) einen besonders bedeutenden Fall begründen (BGE 145 IV 99 E. 1.3). Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Bundesstrafgericht und das BJ rügt, weil er weder befragt noch medizinisch begutachtet worden sei, vermag er indes keinen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 BGG darzutun. Das Bundesstrafgericht hat diese Beweisanträge im angefochtenen Entscheid behandelt und sie abgelehnt, worauf der Beschwerdeführer keinen Bezug nimmt. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht zudem die Verletzung von Verfahrensrechten in Polen geltend. Während der Untersuchungshaft sei er von der Justiz in menschenrechtsverletzender Art und Weise behandelt worden und das dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegende Urteil sei unter Missachtung von grundlegenden Verfahrensrechten zustande gekommen. Das Bundesstrafgericht hat sich mit diesen Vorbringen im angefochtenen Entscheid auseinandergesetzt, auf das völkerrechtliche Vertrauensprinzip verwiesen und namentlich den Bericht des Antifolterkomitees des Europarats vom 28. Oktober 2020 herangezogen. Es erwog, die darin erwähnten körperlichen Misshandlungen durch die Polizei seien gemäss Bericht vor allem im Zusammenhang mit Festnahmen geltend gemacht worden. Der Beschwerdeführer solle zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgeliefert werden, zu der er rechtskräftig verurteilt worden sei. Es gäbe keine Hinweise auf eine spezifische, gerade den Beschwerdeführer treffende ernsthafte heutige Gefährdung in Polen. Der Beschwerdeführer geht darauf nicht ein, sondern beschränkt sich auf allgemeine Vorbringen, womit er nicht das Gegenteil aufzuzeigen vermag. Das Bundesstrafgericht verneinte im Weiteren das Vorliegen von Hinweisen, dass die Delikte, für die der Beschwerdeführer verurteilt wurde, politisch motiviert und daher konstruiert seien. Auch daran vermag der Beschwerdeführer mit seinen pauschal gehaltenen Ausführungen, wonach er der sozialdemokratischen Partei angehört habe, die ihm vorgeworfenen Sachverhalte einen Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit gehabt hätten und er erst zehn Jahre nach der angeblichen Tatbegehung verurteilt worden sei, als diese Partei nicht mehr an der Macht gewesen sei, nichts zu ändern.  
 
3.2. Soweit der Beschwerdeführer weiter seine gesundheitliche Situation anführt, kann ebenfalls auf die Erwägungen des Bundesstrafgerichts im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Demnach sehe weder das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) noch das IRSG (SR 351.1) die Möglichkeit vor, eine Auslieferung aus gesundheitlichen Gründen zu verweigern. Nach ständiger Rechtsprechung könne daher ein Auslieferungsersuchen grundsätzlich nicht wegen des schlechten Gesundheitszustands der auszuliefernden Person abgelehnt werden (vgl. Urteile 1C_737/2021, 1C_767/2021 vom 22. Dezember 2021 E. 2.3; 1C_433/2019 vom 2. September 2019 E. 2.1; je mit Hinweisen). Ausserdem sei dem Beschwerdeführer im Rahmen der Abklärung der Hafterstehungsfähigkeit ein guter Allgemeinzustand attestiert worden und bestünden keine ernstlichen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer im ersuchenden Staat ohne genügende medizinische Versorgung in einer sein Leben oder seine Gesundheit schwer gefährdenden Weise inhaftiert werde.  
 
3.3. Mit den Erwägungen des Bundesstrafgerichts zum Fehlen aussergewöhnlicher familiärer Verhältnisse setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Stattdessen macht er gestützt auf einen Führungsbericht vom 1. Februar 2024 eine sehr positive und enge Beziehung zu seiner in der Schweiz wohnhaften Lebenspartnerin, Tochter und Enkeltochter geltend. Dabei handelt es sich um ein im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässiges Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. Urteil 1C_110/2021 vom 22. März 2021 E. 3.6 mit Hinweis).  
 
3.4. Ein besonders bedeutender Fall im Sinne von Art. 84 BGG (vgl. oben E. 1.1) liegt somit nicht vor. Es kann auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG; vgl. oben E. 1.3).  
 
4.  
Auf die Beschwerde ist demnach nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Unter den gegebenen Umständen erscheint es indessen gerechtfertigt, dem Beschwerdeführer keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Februar 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck