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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.433/2006/bie 
 
Urteil vom 30. August 2006 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Pfäffli. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Bezirksgericht Affoltern, Einzelrichter in Strafsachen, Im Grund 15, 8910 Affoltern am Albis. 
 
Gegenstand 
Einstellungsverfügung, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Affoltern, Einzelrichter in Strafsachen, vom 19. Mai 2006. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 31. Januar 2005 erstattete X.________ Strafanzeige gegen seine Ex-Freundin Y.________. Er machte geltend, sie habe ihn am 17. und 18. Dezember 2004 sowie am 21. Januar 2005 wiederholt telefonisch belästigt. Das Statthalteramt des Bezirks Affoltern stellte mit Verfügung vom 8. März 2006 das Verfahren betreffend Missbrauchs einer Fernmeldeanlage ein. Gegen diese Einstellungsverfügung erhob X.________ am 18. März 2006 Rekurs, den der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirks Affoltern mit Verfügung vom 19. Mai 2006 abwies. Er kam zum Schluss, dass das Verfahren zu Recht eingestellt worden sei. Der Anzeigeerstatter gehe selbst davon aus, dass ihm durch die Anrufe keine Unannehmlichkeiten entstanden seien. Somit sei der behauptete Missbrauch einer Fernmeldeanlage schon in objektiver Hinsicht nicht erfüllt. 
 
X.________ reichte am 9. Juni 2006 ein Wiedererwägungsgesuch beim Bezirksgericht ein. Daraufhin teilte ihm das Bezirksgericht am 12. Juni 2006 mit, das Rekursverfahren sei mit Verfügung vom 19. Mai 2006 abgeschlossen worden und weitere Korrespondenz werde in dieser Angelegenheit nicht geführt. 
2. 
Am 28. Juni 2006 erhob X.________ kantonale Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Verfügung des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirks Affoltern vom 19. Mai 2006 und gegen die Verfügung vom 12. Juni 2006 betreffend Nichtanhandnahme des Wiedererwägungsgesuchs. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich teilte ihm mit Schreiben vom 3. Juli 2006 mit, dass es in dieser Sache nicht zuständig sei. Daraufhin reichte X.________ am 8. Juli 2006 eine staatsrechtliche Beschwerde beim Kassationsgericht ein. Am 12. Juli 2006 überwies das Kassationsgericht die Eingaben vom 28. Juni und 8. Juli 2006 dem Bundesgericht zur weiteren Behandlung. 
 
Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen. 
3. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist binnen 30 Tagen nach der Eröffnung der Verfügung dem Bundesgericht schriftlich einzureichen (Art. 89 Abs. 1 OG). Die Verfügung des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirks Affoltern vom 19. Mai 2006 ist dem Beschwerdeführer am 3. Juni 2006 zugestellt worden. Die Beschwerdefrist gegen diese Verfügung lief am 3. Juli 2006 ab. Die Eingabe vom 8. Juli 2006 ist daher verspätet, soweit sie sich gegen die Verfügung vom 19. Mai 2006 richtet. Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
4. 
Das Bezirksgericht Affoltern ist mit Verfügung vom 12. Juni 2006 auf das Wiedererwägungsgesuch nicht eingetreten. Ein solcher Entscheid kann grundsätzlich nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. Die Anfechtbarkeit ist ausnahmsweise gegeben, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, das kantonale Recht sehe eine erneute rechtliche Prüfung vor oder wenn unmittelbar aus der Bundesverfassung abgeleitete Grundsätze dies gebieten (vgl. BGE 127 I 133 E. 6 S. 137; 113 Ia 146 E. 3a S. 150). Solche Rügen bringt der Beschwerdeführer in seinen Eingaben nicht vor - jedenfalls nicht in einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise -, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist, soweit sie sich gegen die Verfügung vom 12. Juni 2006 richtet. 
5. 
Zu prüfen bleibt die Eingabe vom 28. Juni 2006, soweit sie sich gegen die Verfügung vom 19. Mai 2006 richtet. 
 
Nach der Praxis des Bundesgerichts ist der durch eine angeblich strafbare Handlung Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Nichteröffnung oder Einstellung eines Strafverfahrens staatsrechtliche Beschwerde zu erheben. Der Strafanspruch, um den es im Strafverfahren geht, steht ausschliesslich dem Staat zu, und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte als Privatstrafkläger auftritt oder die eingeklagte Handlung auf seinen Antrag hin verfolgt wird. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst ist der Geschädigte aber befugt, mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von Verfahrensrechten geltend zu machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 88 OG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund der Bundesverfassung zustehen (BGE 128 I 218 E. 1.1). Der in der Sache selbst nicht Legitimierte kann beispielsweise geltend machen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht angehört worden, habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder habe nicht Akteneinsicht nehmen können. Hingegen kann er weder die Würdigung der beantragten Beweise noch die Tatsache rügen, dass seine Anträge wegen Unerheblichkeit oder aufgrund antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt wurden. Die Beurteilung dieser Fragen kann von der Prüfung der materiellen Sache nicht getrennt werden. Auf eine solche hat der in der Sache selbst nicht Legitimierte jedoch keinen Anspruch (BGE 120 Ia 157 E. 2a/bb mit Hinweisen). 
5.1 Etwas anderes gilt für das Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG. Seine Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde ist insoweit auf materiellrechtliche Fragen erweitert. Gemäss Art. 2 Abs. 1 OHG ist Opfer, wer durch eine Straftat in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist, unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat. Nach der Rechtsprechung muss die Beeinträchtigung von einem gewissen Gewicht sein. Bagatelldelikte wie zum Beispiel Tätlichkeiten sind daher vom Anwendungsbereich des Opferhilfegesetzes ausgenommen. Gleiches gilt grundsätzlich auch für Ehrverletzungsdelikte (vgl. BGE 128 I 218 E. 1.2). Inwiefern der behauptete Missbrauch einer Fernmeldeanlage zu einer erheblichen Beeinträchtigung der körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität führen sollte, ist weder ersichtlich noch macht dies der Beschwerdeführer geltend. Somit kann dem Beschwerdeführer keine gegenüber der Praxis zu Art. 88 OG erweiterte Legitimation zuerkannt werden. 
5.2 Der Beschwerdeführer ist somit in der Sache nicht legitimiert. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten, soweit der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der kantonalen Behörden als willkürlich beanstandet. 
5.3 Hingegen ist der Beschwerdeführer berechtigt, die Verletzung jener Parteirechte zu rügen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Der Beschwerdeführer macht insoweit in einer den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise einzig geltend, dass vorliegend die Staatsanwaltschaft und nicht das Statthalteramt zur Verfahrenseinstellung zuständig gewesen wäre. 
 
Die kantonalen Behörden leiten die Zuständigkeit des Statthalteramts aus § 74 des kantonalen Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) ab. Nach dieser Bestimmung steht den Statthalterämtern die Untersuchung und Erledigung von Übertretungen zu, sofern das Gesetz nichts etwas anderes bestimmt (Absatz 1). Ist jemand neben einem Verbrechen oder Vergehen auch einer damit im Zusammenhang stehenden Übertretung beschuldigt, so sind die zur Untersuchung und Beurteilung des Verbrechens oder Vergehens zuständigen Behörden auch zur Untersuchung und Beurteilung der Übertretung zuständig (Absatz 2). 
 
Beim Straftatbestand des Missbrauchs einer Fernmeldeanlage handelt es sich um eine Übertretung. Der Beschwerdeführer bestreitet die Zuständigkeit des Statthalteramtes wegen dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft am 20. Januar 2005 eine Strafuntersuchung gegen seine Ex-Freundin wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs eröffnet hat. Diese Vergehen beziehen sich nach Angaben des Beschwerdeführers auf Vorfälle vom 23. Mai und 3. Juli 2004. Die vorliegend beanstandeten Telefonanrufe fanden indessen erst am 17. und 18. Dezember 2004 sowie am 21. Januar 2005 statt. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die kantonalen Behörden keinen Zusammenhang im Sinne von § 74 Abs. 2 GVG zwischen der Übertretung und den Vergehen annahmen und damit von der Zuständigkeit des Statthalteramtes ausgingen. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen. 
6. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Bezirksgericht Affoltern, Einzelrichter in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 30. August 2006 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: