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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_760/2011 
 
Urteil vom 2. Dezember 2011 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiber Nussbaumer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
W.________, 
vertreten durch Fürsprecherin Lucie Hüsler, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Pensionskasse der Bürgergemeinde und des Bürgerspitals Solothurn, 
Schöngrünstrasse 38, 4500 Solothurn, vertreten durch Rechtsanwalt Urs P. Keller, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 30. August 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
W.________ war vom 22. Oktober 1960 bis 11. Januar 1979 mit A.________ verheiratet. Mit Scheidungsurteil vom 11. Januar 1979 wurde ihr eine lebenslange Rente zugesprochen, welche im Jahre 1991 infolge Aufgabe der Berufstätigkeit ihres geschiedenen Ehemannes betraglich angepasst wurde. A.________ war bei der Pensionskasse der Bürgergemeinde und des Bürgerspitals Solothurn versichert und verstarb am 1. April 2009. 
 
B. 
Mit Klage vom 22. Dezember 2010 stellte W.________ den Antrag, die Pensionskasse der Bürgergemeinde und des Bürgerspitals Solothurn habe ihr eine Witwenrente aus der beruflichen Vorsorge im gesetzlichen Umfang und nach Massgabe der relevanten Reglementsbestimmungen auszurichten. Mit Replik vom 10. Mai 2011 präzisierte sie ihre Rechtsbegehren dahingehend, dass die Beklagte ihr ab 1. April 2009 eine Rente für geschiedene Ehegatten nach Massgabe der Bestimmungen der Kantonalen Pensionskasse Solothurn auszurichten habe. Eventuell habe sie eine Rente aus der vorobligatorischen Vorsorge und der beruflichen Vorsorge nach BVG des geschiedenen Ehemannes im gesetzlichen Umfang und nach Massgabe der relevanten Reglementsbestimmungen auszurichten. Die Nachzahlung sei unter Berücksichtigung der geleisteten Beiträge von jährlich Fr. 1'191.30 zum gesetzlichen Verzugszins von 5 % zu verzinsen. 
Mit Entscheid vom 30. August 2011 wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn die Klage ab. 
 
C. 
W.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr ab 1. April 2009 eine Rente für geschiedene Ehegatten nach Massgabe von § 28 und 29 der Kantonalen Pensionskasse Solothurn, eventuell nach Massgabe weiterer gesetzlicher und reglementarischer Bestimmungen auszurichten. Ferner sei die Nachzahlung unter Berücksichtigung der geleisteten Beträge von jährlich Fr. 1'191.30 zum gesetzlichen Verzugszins von 5 % zu verzinsen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Gemäss Art. 112 Abs. 1 BGG müssen Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, unter anderem die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art enthalten, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen (lit. b). Das Bundesgericht kann nach Art. 112 Abs. 3 BGG einen Entscheid, der den Anforderungen von Absatz 1 nicht genügt, an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben. 
Aus Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG folgt, dass Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, klar den massgeblichen Sachverhalt und die rechtlichen Schlüsse, die daraus gezogen werden, angeben müssen. Dies ist von Bedeutung im Hinblick auf die unterschiedliche Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Sachverhalts- und Rechtsfragen (Art. 95 und 97 BGG). Genügt der angefochtene Entscheid diesen Anforderungen nicht und ist deshalb das Bundesgericht nicht in der Lage, über die Sache zu befinden, ist er nach Art. 112 Abs. 3 BGG aufzuheben und die Angelegenheit an die kantonale Behörde zurückzuweisen, damit diese einen Entscheid treffe, der Art. 112 Abs. 1 BGG entspricht (Urteile 9C_683/2009 vom 16. September 2009; 1B_61/2008 vom 3. April 2008; 4A_252/2007 vom 15. November 2007 E. 3.2; 9C_423/2007 vom 29. August 2007; 9C_306/2007 vom 22. Juni 2007). 
 
2. 
In der vorinstanzlichen Replik vom 10. Mai 2011 liess die Beschwerdeführerin ihr Rechtsbegehren dahingehend präzisieren, dass die Vorsorgeeinrichtung ihres geschiedenen Ehemannes ihr ab 1. April 2009 eine Rente für geschiedene Ehegatten nach Massgabe der Bestimmungen der Kantonalen Pensionskasse Solothurn auszurichten habe. Zur Begründung führte sie an, nach dem Regierungsratsbeschluss vom 18. Dezember 1984 betreffend Vollzug des BVG in der kantonalen Verwaltung und in den solothurnischen Spitälern (Gesetzessammlung [GS] 126.582.521) habe gemäss dessen Ziffer 6 "das Bürgerspital Solothurn die für die Einführung des BVG in den Spitälern getroffenen Regelungen im Rahmen der Statuten der Pensionskasse der Bürgergemeinde der Stadt Solothurn und des Bürgerspitals Solothurn analog anzuwenden". Nach § 29 der Statuten der Pensionskasse Solothurn (GS 126.582) sei der geschiedene Ehegatte dem überlebenden Ehegatten gleichgestellt und habe somit einen Rentenanspruch gemäss § 28 der Statuten. Die später eingeführte reglementarische Beschränkung auf das BVG-Minimum gemäss Ziffer 5.4.13 des Reglements vom 1. Januar 1990 widerspreche insbesondere im Rahmen des Übergangsrechts und somit in Bezug auf die vorobligatorisch Versicherten dem zitierten Regierungsratsbeschluss vom 18. Dezember 1984. 
Auf diese Argumentation geht das kantonale Gericht mit keinem Wort ein. Es führt einzig an, dass die Beschwerdeführerin in der Replik vom 10. Mai 2011 ihr Rechtsbegehren präzisiert habe und eine Rente für geschiedene Ehegatten nach Massgabe der Bestimmungen der Kantonalen Pensionskasse Solothurn verlange. In den Erwägungen befasst es sich aber weder mit dem präzisierten Rechtsbegehren noch mit dessen Begründung. Es hält einzig fest, der Rentenanspruch richte sich nach dem Reglement der eingeklagten Pensionskasse mit Stand per 1. Januar 2007. Der angefochtene Entscheid enthält damit zu massgeblichen Fragen keine Begründung, insbesondere nicht zur entscheidenden Frage, ob gestützt auf den Regierungsratsbeschluss vom 18. Dezember 1984 Anspruch auf eine Witwenrente analog § 28 und 29 der Statuten der Kantonalen Pensionskasse Solothurn bestehe. Im Lichte der angeführten Rechtsprechung ist der angefochtene Entscheid deshalb in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG aufzuheben. Das kantonale Gericht wird in einem neuen Entscheid zu den in der Replik vom 10. Mai 2011 und in der letztinstanzlichen Beschwerde namhaft gemachten Fragen und Anwendbarkeit des Regierungsratsbeschlusses vom 18. Dezember 1984 und § 28 und 29 der kantonalen Pensionskassenstatuten Stellung zu nehmen haben. 
 
3. 
Die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids nach Art. 112 Abs. 3 BGG ist mit einem Nichteintretensentscheid vergleichbar; daher wird das Verfahren ohne Schriftenwechsel durchgeführt (erwähnte Urteile 9C_423/2007 und 9C_683/2009). 
 
4. 
Dieser Ausgang des Verfahrens bedeutet für keine der Parteien ein Obsiegen oder Unterliegen (erwähnte Urteile 9C_683/2009 und 1B_61/2008). Dem Kanton werden keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dagegen rechtfertigt es sich, gemäss Art. 68 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 66 Abs. 3 BGG den Kanton Solothurn zur Zahlung einer Entschädigung an die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu verpflichten. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 30. August 2011 wird aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3. 
Der Kanton Solothurn hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'800.- zu bezahlen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 2. Dezember 2011 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Meyer 
 
Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer