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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_398/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 14. November 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiber R. Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Linus Bruhin, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 12. April 2017 (I 2016 87). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1967 geborene A.________, verheiratet und Mutter zweier schulpflichtiger Kinder, ist aufgrund einer Schwerhörigkeit seit 2001 auf eine Hörgeräte-Versorgung angewiesen. Nebst der Führung des Haushalts verrichtet sie eine Teilerwerbstätigkeit von drei bis sechs Stunden in der Woche. Im Jahr 2005 erhielt die Versicherte Kostengutsprache für zwei Hörgeräte der Indikationsstufe 3 im Betrag von Fr. 5'525.25, zuzüglich Batteriepauschale. Anfang 2008 erlitt A.________ einen Hörsturz links, der zu einer wesentlichen Gehörverschlechterung führte. Im Hinblick auf eine bessere Hörgeräte-Versorgung wurde eine weitere Hörgeräte-Expertise durchgeführt, worauf die IV-Stelle Schwyz der Versicherten Kostengutsprache für die Abgabe von zwei HdO-Hörgeräten Phonak Modell extra 311 AZ gemäss Indikationsstufe 3 im Betrag von Fr. 4'675.20 erteilte. 
Am 11. September 2015 ersuchte die Hörberatung B.________ um eine neue Hörgeräte-Versorgung für A.________, weil die bisherige Versorgung den Anforderungen nicht mehr entspreche. Dr. med. C.________ erstattete am 15. Oktober 2015 eine ärztliche Erstexpertise. Am 21. Oktober 2015 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit, sie habe Anspruch auf eine Pauschale für eine beidseitige Hörgeräte-Versorgung mit zwei in der Schweiz zugelassenen Hörgeräten im Betrag von Fr. 1'650.-. Am 29. Oktober 2015 gelangte die Hörberatung B.________ an die IV-Stelle mit dem Ersuchen um Anwendung der Härtefallregelung, da mit der Pauschale von Fr. 1'650.- kein annähernd geeignetes Hörsystem erworben werden könne. Am 30. November 2015 ergänzte A.________ ihren Antrag. Am 22. März 2016 führte die IV-Stelle bei der Versicherten eine Haushaltabklärung durch. Mit Verfügung vom 22. Juli 2016 lehnte die IV-Stelle das Härtefallgesuch ab. Hilfsmittel für die Tätigkeit im Aufgabenbereich könnten nur abgegeben werden, wenn die Arbeitsfähigkeit um 10 % gesteigert werden kann. Im vorliegenden Fall bestünden keine Hinweise auf eine erhebliche Minderleistung bei der Führung der Haushalts. 
 
B.   
A.________ liess Beschwerde führen mit den Rechtsbegehren, unter Aufhebung der Verfügung der IV-Stelle seien ihr die Mehrkosten für die Hörgeräte-Versorgung zuzusprechen. Eventuell sei die Sache zu weiteren Abklärungen und neuer Entscheidung an die Verwaltung zurückzuweisen. Mit Entscheid vom 12. April 2017 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz die Beschwerde ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ den vorinstanzlich gestellten Hauptantrag erneuern. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz oder zu ergänzenden Abklärungen und neuer Verfügung an die IV-Stelle zurück zu weisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Grundlagen betreffend den Anspruch auf ein Hörgerät zu Lasten der Invalidenversicherung (Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG; Art. 2 Abs. 1 und 2 HVI; Ziff. 5.07 und 5.07.2* HVI-Anhang) sowie die Rechtsprechung zum Begriff der Erwerbstätigkeit im Rahmen der Hilfsmittelversorgung (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 223/02 vom 14. Juni 2004 E. 3.2; Urteil 9C_767/2009 vom 10. Februar 2010 E. 4 ff.) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. Richtig dargelegt hat sie auch, dass laut Ziff. 5.07.2* HVI-Anhang das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) festlegt, in welchen Fällen über der Pauschale nach Ziff. 5.07 liegende Beiträge an monaurale und binaurale Versorgungen ausgerichtet werden können sowie Rz. 1018 des vom BSV gestützt auf Ziff. 5.07.2* erlassene Kreisschreiben über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI, Fassung gültig ab 1. Januar 2017), die im Wesentlichen mit Art. 2 Abs. 2 HVI übereinstimmt, wonach Hilfsmittel, die in der Hilfsmittelliste mit einem Stern bezeichnet sind, nur abgegeben werden, wenn sie notwendig sind für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die Tätigkeit im Aufgabenbereich oder für die Schulung/ Ausbildung. Rz. 1021 KHMI hält ferner fest, dass Hilfsmittel für die Tätigkeit im Aufgabenbereich nur abgegeben werden können, wenn die Arbeitsfähigkeit in der Regel um mindestens 10 % gemäss Haushaltabklärung gesteigert werden kann (BGE 129 V 67). 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat festgestellt, die von der Abklärungsstelle der Invalidenversicherung ermittelte Einschränkung der Versicherten bei den Haushaltsarbeiten (2,4 %) erscheine plausibel. Dem Bericht sei voller Beweiswert zuzuerkennen. Auch eine Erhöhung der Einschränkung bei den Erziehungsaufgaben von 10 % auf 30 % würde am Ergebnis nichts ändern, weil ein Gesamtinvaliditätsgrad von 10 % nicht erreicht würde. Sodann erkannte die Vorinstanz, dass die Beschwerdeführerin das erforderliche Mindesteinkommen mit ihrer Nebenerwerbstätigkeit klar verfehle. Da die Arbeitsfähigkeit durch ein stärkeres Hörgerät nicht um 10 % gesteigert werden könnte, habe die Beschwerdeführerin keinen Anspruch aufgrund der Härtefallregelung.  
 
3.2. Die Versicherte rügt den Entscheid der Vorinstanz, weil darin auf ihre einlässlichen Einwendungen nicht eingegangen worden sei, sowie den Abklärungsbericht Haushalt und dessen Gewichtung. Insbesondere ihrem Aufwand in Zusammenhang mit den Kindern für schulische Belange, der Wahrnehmung von Arztterminen und Freizeitaktivitäten, wo sich die Hörbehinderung überall auswirkt, sei nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Die Kommunikationsschwierigkeiten seien nur ungenügend berücksichtigt worden, weil die Vorinstanz den Sachverhalt willkürlich festgestellt habe. Schliesslich sei entgegen Rz. 1010 f. und 2053 f. KHMI sowie des Schreibens der IV-Stelle vom 3. Dezember 2015 eine audiologische Abklärung in einer HNO-Klinik unterblieben. Schliesslich wendet die Versicherte ein, als teilerwerbstätige Hausfrau mit einem Jahreseinkommen aus Erwerbstätigkeit in der Höhe von Fr. 4'090.- werde sie im Vergleich zu Vollerwerbstätigen benachteiligt. Wenn sie nicht als Teilerwerbstätige, sondern als Nichterwerbstätige behandelt würde, müsste ihre Arbeit bei D.________ in der Haushaltabklärung unter dem Aspekt "Verschiedenes" aufgenommen werden. Gleiches gelte für die unentgeltlich verrichtete Arbeit im bäuerlichen Haushalt ihres Bruders.  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin übt über weite Strecken appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz und damit verbunden am Abklärungsbericht Haushalt. Darauf kann das Bundesgericht im Rahmen der ihm gesetzlich eingeräumten Überpüfungsbefugnis nicht eingehen (E. 1 hievor). Dies gilt namentlich auch insoweit, als die Beschwerdeführerin die Gewichtung der einzelnen Tätigkeiten im Haushalt rügt, ist doch damit in wesentlichem Ausmass Ermessen verbunden, dessen Ausübung bundesgerichtlicher Überprüfung nur bei rechtsfehlerhafter Handhabung (Überschreitung, Missbrauch oder Unterschreitung) zugänglich ist (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Davon kann hier nicht gesprochen werden. Von willkürlicher Sachverhaltsfeststellung und Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts kann entgegen der Behauptung der Versicherten nicht die Rede sein. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin verschiedene Punkte der Haushaltabklärung anders als die Vorinstanz würdigt und die Gewichtung im Abklärungsbericht für verfehlt hält, begründet keine Willkür des Gerichts. Die Abklärungsperson der IV-Stelle hat die Tätigkeitsbereiche aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin gewichtet. Bei den Erziehungsaufgaben hat sie mit Rücksicht auf die Verständigungsprobleme eine Einschränkung von 10 % angenommen. Wenn die Vorinstanz darauf abgestellt hat, ist dies nicht willkürlich. Auch hier liegt bloss eine vom angefochtenen Entscheid abweichende Auffassung der Beschwerdeführerin vor.  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin macht des Weiteren geltend, entgegen Rz. 1010 f. und 2053 f., KHMI habe es das kantonale Gericht unterlassen, eine audiologische Abklärung in einer HNO-Klinik zu veranlassen. Es trifft zu, dass Härtefallanträge laut Ziff. 2053* KHMI durch eine der dort angeführten Fachkliniken geprüft werden. Ob das BSV damit davon ausgeht, es müsse jeder Härtefallantrag durch eine dieser spezialisierten ORL-Kliniken geprüft werden, ist aufgrund der gewählten Formulierung unklar, jedoch nicht entscheidend. Denn es würde sich am Ergebnis nichts ändern, wenn gemäss Kreisschreiben des BSV eine Prüfung aller Härtefallanträge in einer der genannten Fachkliniken als erforderlich zu gelten hätte. Denn Verwaltungsweisungen, welche eine einheitliche Anwendung der gesetzlichen Vorschriften durch die Verwaltung zu gewährleisten haben, sind für das Gericht nicht verbindlich (BGE 141 III 401 E. 4.2.2 S. 404 f., 133 V 346 E. 5.4.2 S. 352, 131 V 42 E. 2.3 S. 45 f. 129 V 200 E. 3.2 S. 204 f.). Auch wenn die Vorinstanz entgegen Ziff. 2053* KHMI eine Prüfung des Härtefallantrags in einer der Fachkliniken gerade angesichts des klaren Resultats der Haushaltabklärung, die eine Einschränkung von weit unter 10 % ergab, nicht für notwendig gehalten und die Sache deswegen nicht an die IV-Stelle zurückgewiesen hat, hat sie sich keine Verletzung von Bundesrecht vorwerfen zu lassen, weil Verwaltungsweisungen nicht objektives Recht sind.  
 
4.3. Unbegründet ist schliesslich der Einwand, die Vorinstanz sei auf die Rügen betreffend Teilzeitarbeit nicht eingegangen und habe willkürliche Schlussfolgerungen gezogen. Das Verwaltungsgericht hat sich mit der von der Versicherten ausgeübten Teilerwerbstätigkeit befasst und festgestellt, dass das Mindesteinkommen, dessen Erzielung zur Annahme von Erwerbstätigkeit führt, klar verpasst werde. Die Kritik in der Beschwerde betrifft die geltende Regelung mit der Unterscheidung zwischen erwerbstätigen und nichterwerbstätigen Versicherten, vermag aber keine Bundesrechtsverletzung darzutun. Es mag zutreffen, dass der Status als Nichterwerbstätige die Beschwerdeführerin im Vergleich zu erwerbstätigen Versicherten, welche das Mindesteinkommen in der erforderlichen Höhe von Fr. 4'667.- gemäss Art. 10 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Anhang 1 KHMI erzielen, benachteiligt. Die Anwendung des Grenzwerts ist im vorliegenden Fall jedoch korrekt erfolgt. Der Rechtsumstand, dass Erwerbs, Teil- und Nichterwerbstätige IV-rechtlich ungleich behandelt werden, ist auf eine für das Bundesgericht verbindliche (Art. 190 BV) Verfassungs- und Gesetzesgrundentscheidung zurückzuführen, die sich auch im Hilfsmittelbereich auswirkt und richterlich hinzunehmen ist. Auch die übrigen beschwerdeweise vorgetragenen Einwendungen tatsächlicher Natur (gelegentliche Mitarbeit im Haushalt des Bruders) sind nicht geeignet, den angefochtenen Entscheid als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen.  
 
5.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. November 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer