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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 338/04 
 
Urteil vom 20. Juli 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Traub 
 
Parteien 
K.________, 1954, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Evalotta Samuelsson, Seefeldstrasse 45, 8008 Zürich, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz 
 
(Entscheid vom 19. August 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1954 geborene K.________ war seit 1995 als Mitarbeiterin der Firma M.________ AG im Bereich der Fertigung von Schindeln erwerbstätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Berufsunfällen versichert. Am 27. Juni 2001 verunfallte sie bei der Arbeit an der Stanzmaschine und erlitt ein Quetschtrauma mit offener Trümmerfraktur der Grundphalanx des rechten Zeigefingers. Diese Läsionen machten eine Strahlamputation des betroffenen Fingers auf Höhe des Metakarpalgelenks notwendig. Die SUVA erbrachte Leistungen für Heilbehandlung und Taggelder. Mit durch Einspracheentscheid vom 26. Februar 2004 bestätigter Verfügung vom 9. Juli/4. August 2003 sprach sie der Versicherten eine auf drei Jahre befristete (Juli 2003 bis Juni 2006) Invalidenrente beruhend auf einem Erwerbsunfähigkeitsgrad von 14 % zu sowie eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Einbusse von 7,5 %. 
B. 
Die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz ab (Entscheid vom 19. August 2004). 
C. 
K.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, es sei ihr, unter Aufhebung von vorinstanzlichem und Einspracheentscheid, mit Wirkung ab dem 4. August 2003 ein Taggeld auf der Grundlage einer vollständigen "Erwerbsunfähigkeit", "allenfalls eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung auf der Basis des noch festzusetzenden Prozentgrades sowie Heilbehandlung" zuzusprechen; zudem sei die Sache zwecks Einholung eines psychiatrischen und neurologischen Gutachtens an die Verwaltung zurückzuweisen, die alsdann über die Invaliditätsleistungen neu zu verfügen habe. 
 
Die SUVA und das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die Grundsätze über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 UVG) vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und eingetretenem Schaden (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1) sowie über den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und in der Folge eintretender psychischer Störungen (BGE 115 V 133, 129 V 181 Erw. 3.2, 405 Erw. 2.2, 127 V 102 Erw. 5b, 125 V 461 Erw. 5a) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Gleiches gilt mit Bezug auf die vorinstanzlichen Erwägungen zum Beweiswert und zur Würdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a). Das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), welches mit Bezug auf den Zeitraum von seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2003 bis zum Erlass des Einspracheentscheids (BGE 121 V 366 Erw. 1b, 116 V 248 Erw. 1a) anwendbar ist (BGE 130 V 445 Erw. 1), hat zu keiner Änderung dieser Rechtslage geführt. 
2. 
Die Zusprechung der Invalidenrente erfolgte im Voraus für eine Dauer von drei Jahren. Während in der Invalidenversicherung eine antizipierte Invaliditätsschätzung grundsätzlich nicht zulässig ist (BGE 119 V 471 Erw. 2b, 97 V 58; AHI 1998 S. 174 Erw. 6a), betrachten Rechtsprechung und Lehre die Zusprechung abgestufter und/oder befristeter Renten für die Unfallversicherung bei Fingerverletzungen als zulässig (BGE 106 V 49 Erw. 1 mit Hinweisen). Die SUVA hat in zutreffender Ausnützung dieses Gestaltungsspielraums der Erfahrungstatsache Rechnung getragen, dass Fingerverstümmelungen geringeren Ausmasses trotz des bleibenden Defekts nach einer gewissen Phase der Anpassung und Angewöhnung keine oder nur noch eine minimale Verminderung der Erwerbsfähigkeit bewirken. Dieser Faktor ist bei der Festsetzung der Rente zu berücksichtigen und daher in solchen Fällen in der Regel eine zeitlich befristete Rente zuzusprechen (BGE 106 V 50 Erw. 2a). Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der prognostisch verfügten Abstufung oder Aufhebung kann die Richtigkeit der Prognose überprüft werden. Dies hat verfahrensmässig entweder durch die Einleitung eines Revisionsverfahrens von Amtes wegen oder durch Einreichung eines Revisionsgesuches durch den Versicherten zu geschehen (RKUV 2001 Nr. U 444 S. 552, 1993 Nr. U 173 S. 145). 
 
 
Nach ärztlicher Feststellung kann die Versicherte aufgrund der sehr gut erhaltenen Feinmotorik, bei allerdings verminderter Kraftentfaltung der rechten dominanten Hand, ganztägig eine leichte Arbeit ohne Belastungen über zehn Kilogramm ausüben, ohne dass dabei weitere Einschränkungen anfallen (Austrittsbericht der Klinik B.________ vom 5. März 2003, S. 3 unten). Vorliegend ist somit keine dauerhafte funktionelle Einschränkung gegeben, die der Angewöhnung nicht zugänglich wäre. Die Beschwerdeführerin rügt das Vorgehen des Unfallversicherers in diesem Punkt denn auch zu Recht nicht mehr. 
3. 
Die Versicherte macht indes geltend, in somatischer Hinsicht sei allfälligen neurologischen Implikationen aufgrund der beim Unfall eingetretenen Durchtrennung von Gefässnervenbündeln (vgl. den Operationsbericht der Klinik für Wiederherstellungschirurgie am Spital Y.________ vom 9. Juli 2001), so hinsichtlich von Phantomschmerzen im amputierten Zeigefinger, zu wenig Rechnung getragen worden. Eine Sichtung des medizinischen Dossiers zeigt indes, dass aus psychiatrischer Sicht eine Anpassungsstörung zu einer Ausweitung der Symptomatik geführt hat, welcher auch die geklagten Schmerzen zuzuschreiben sind. Eine originär neurologische Problematik konnte bei eingehenden Abklärungen in der Klinik B.________, an denen auch ein Spezialist für Plastische und Handchirurgie beteiligt war, nicht ausgemacht werden (vgl. den Austrittsbericht vom 5. März 2003). Soweit die Beeinträchtigungen psychischen Unfallfolgen zuzuschreiben sind, können sie, da nicht adäquat kausal, nicht berücksichtigt werden (vgl. Erw. 4 hienach). 
4. 
Strittig ist vor allem die Frage, ob die psychischen Unfallfolgen bei der Zusprechung der gesetzlichen Leistungen berücksichtigt werden mussten. Die Beschwerdeführerin leidet an einer Anpassungsstörung vorab im Sinne einer depressiven Reaktion; infolgedessen tritt bei ihr eine Somatisierungs- und Ausweitungstendenz auf, die ergotherapeutischer Feststellung zufolge immerhin nicht therapieresistent zu sein scheint (vgl. dazu den Austrittsbericht der Klinik B.________ vom 5. März 2003 mit psychosomatischem Konsilium vom 12. Dezember 2002 sowie die Berichte des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Kantons X.________ vom 2. Juni 2003, 27. November 2002 und 11. Januar 2002). Verwaltung und kantonales Gericht haben mit zutreffender Begründung festgehalten, dass sich die psychischen Folgen des Unfallereignisses nicht adäquat kausal zu diesem verhalten. Diesbezüglich kann vollumfänglich auf die Ausführungen beider Vorinstanzen verwiesen werden. Zu betonen ist insbesondere, dass dort, wo die Vorgaben der einschlägigen Kriterien erfüllt zu sein scheinen (Dauer der ärztlichen Behandlung, Dauerbeschwerden, Grad und Dauer der Arbeitsunfähigkeit), durchwegs die zunehmende psychische Überlagerung des Beschwerdezustandes als für die entsprechenden Befunde verantwortlich zeichnet. Als einziger der Faktoren bleibt die besondere Art der erlittenen Verletzung bedeutsam: Der Unfall hat immerhin dazu geführt, dass mit dem Zeigefinger der dominanten rechten Hand ein wesentlicher Bestandteil eines im Alltagsleben stark wahrgenommenen Körperteils entfernt werden musste. Dieses Defizit ist aber nicht derart augenfällig und (im weitesten, funktionellen und sozialen Sinn) behindernd, geschweige denn entstellend, dass es als in besonders ausgeprägter Weise gegeben erscheinen könnte. 
 
5. 
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin die Bemessung der Integritätsentschädigung als - unter Berücksichtigung der psychischen Störungen und Schmerzzustände - unangemessen. Da die Kriterien der Adäquanzbeurteilung bei psychischen Fehlentwicklungen ungeachtet der konkret in Betracht fallenden Leistungen (wie Heilbehandlung [Art. 10 UVG], Taggeld [Art. 16 UVG], Integritätsentschädigung [Art. 24 UVG] oder Invalidenrente [Art. 18 UVG]) massgebend sind (vgl. HAVE 2004 S. 119; BGE 127 V 102 ff. Erw. 5b-e), kann aus diesem Grund auch keine höhere Integritätsentschädigung zugesprochen werden (vgl. Erw. 4 hievor). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 20. Juli 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: