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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 1/2} 
5P.208/2002 /mks 
 
Urteil vom 7. August 2002 
II. Zivilabteilung 
 
Bundesrichter Bianchi, Präsident, 
Bundesrichter Raselli, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Blue Angel Fur Company Ltd., Units 902-6, Nan Fung Commercial Centre 19, Lam Lok Street Kowloon Bay, 
HK-Hongkong, Beschwerdeführerin, vertreten durch Trans Jet SA, Via General Dufour 4, 6830 Chiasso, und Cesare Ciolini, Cesar Srl, Via G. Verga, int. 3, IT-51100 Pistoia, vertreten durch Advokat Dr. Claudius Alder, St. Alban-Vorstadt 21, 4052 Basel, 
 
gegen 
 
Schenker Schweiz AG, Grüssenhölzli 3, 4133 Pratteln, 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokat Dr. Alexander von Ziegler, Löwenstrasse 19, 8023 Zürich, 
Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, Fünferkammer, Bahnhofplatz 16, 4410 Liestal. 
 
Art. 9 BV (Herausgabe, Eigentum, Besitz) 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil der Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, Fünferkammer, vom 26. März 2002 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Blue Angel Fur Company Ltd. erwirbt nach eigenen Angaben über so genannte Broker an den regelmässig in Kopenhagen und Helsinki erfolgenden Versteigerungen Nerzfelle, die sie in China konfektionieren lässt und anschliessend an Zwischenhändler in Europa und Amerika verkauft. Gemäss Airwaybill (BB 5) habe sie am 28. Oktober 1999 eine Sendung Pelz- und Lederwaren an die Trans Jet SA in Chiasso aufgegeben. Es handle sich dabei um diejenigen Waren, die sie gemäss Rechnung vom 30. Oktober 1999 (BB 7) für US $ 599'773.-- an die Fur Supply & Trading Ltd. in Dover Kent, USA, verkauft habe. Wie aus dem Geleitschein (BB 6) ersichtlich, sei die Ware am 4. November 1999 bei der Schenker Schweiz AG eingetroffen. 
 
Am 24. November 1999 liess die Zollkreisdirektion Basel bei der Schenker Schweiz AG verschiedene Sendungen Felle, Fellabfälle und Pelzbekleidung beschlagnahmen. Auf Beschwerde der Trans Jet SA, der Furtrans SA und der Blue Angel Fur Company Ltd. hin hob die Eidgenössische Oberzolldirektion die Beschlagnahmung auf. Im Anschluss daran verlangte die Blue Angel Fur Company Ltd. bzw. die Trans Jet SA von der Schenker Schweiz AG die Herausgabe der freigegebenen Pelzwaren. Als die Schenker Schweiz AG dieser Aufforderung mit der Begründung, sie stehe einzig mit der Georg Fischer Speditionslogistik AG in einem Vertragsverhältnis und sei dieser gegenüber verpflichtet, nicht nachkam, ersuchte die Trans Jet SA in eigenem Namen sowie in demjenigen der Furtrans SA und der Blue Angel Fur Company Ltd. um Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung. Mit Entscheid vom 10. Mai 2000 trat das Bezirksgericht Liestal auf das Gesuch der Blue Angel Fur Company Ltd. mangels genügender Vollmacht nicht ein und wies die Gesuche der Trans Jet SA sowie der Furtrans SA ab. 
B. 
In der Folge stellte die Blue Angel Fur Company Ltd. mit Klage vom 2. August 2000 beim Bezirksgericht Liestal die Begehren, die Schenker Schweiz AG habe ihr die gemäss Waybill Nr. 160-56834816 vom 28. Oktober 1999 der Trans Jet SA übergebenen und von dieser bei der Beklagten am 4. November 1999 deponierten Pelze (Behälter Nr. A 1-35) herauszugeben, eventualiter sei sie zu US $ 599'773.-- zu verurteilen. Mit Urteil vom 21. Juni 2001 wies das Bezirksgericht Liestal, Fünferkammer, die Klage ab. Mit Urteil vom 26. März 2002 wies das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, Fünferkammer, die Klage ebenfalls ab. 
C. 
Gegen dieses Urteil hat die Blue Angel Fur Company Ltd. sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Mit Letzterer verlangt sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Wird in der gleichen Sache sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden und die Entscheidung über die Berufung auszusetzen (Art. 57 Abs. 5 OG). Es besteht kein Anlass, anders zu verfahren. 
1.2 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde sind neue tatsächliche und rechtliche Vorbringen grundsätzlich unzulässig (BGE 114 Ia 204 E. 1a S. 205; 118 Ia 20 E. 5a S. 26) und es können auch keine neuen Beweismittel eingereicht werden (BGE 108 II 69 E. 1 S. 71). Soweit sich die Beschwerdeführerin nicht an diese Grundsätze hält, ist auf ihre Beschwerde nicht einzutreten. 
 
Im Übrigen prüft das Bundesgericht bei der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar und detailliert erhobene Rügen (Rügeprinzip), die soweit möglich zu belegen sind. Demgegenüber tritt es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht ein (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 127 III 279 E. 1c S. 282). 
2. 
Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft hat im Wesentlichen erwogen, die Beschwerdeführerin behaupte Eigentum an den sich bei der Beschwerdegegnerin befindlichen Pelzwaren und stütze sich bei ihrem Vindikationsanspruch auf die Rechtsvermutung von Art. 930 Abs. 2 ZGB mit der Begründung, als Absenderin der Ware in Hong Kong sei sie in jenem Zeitpunkt deren Besitzerin gewesen. Bei der ins Recht gelegten Airwaybill handle es sich um ein Frachtpapier, das den Abschluss eines Transportvertrages zwischen der Beschwerdeführerin als Absenderin, der ASG (HK) Ltd. als Frachtführerin und der Trans Jet SA als Empfängerin belege. Die Ware sei auf der Airwaybill wie folgt umschrieben: "No. of Pieces RCP, 42, Gross Weight 1477.0, Marks: B.A. C/No. 1-35, B.A.2 C/No. 1-7, Fur Garments, Leather Garments, DIM: 105X 57X 41CM/ 42, V. = 10.31 CBM". Auf dem Geleitschein Nr. 7757 vom 4. November 1999 werde unter der Rubrik "Zeichen, Nr., Anzahl, Verpack" angegeben: "IND 1/52-52", und als genaue Warenbezeichnung: "cartoni Pelli conciate e confezionate di visone, di coniglio e ritaglia". Das Gewicht betrage brutto 1998 kg. Demgegenüber seien gemäss Airwaybill 42 Kisten Fell- und Lederkleider mit einem Gewicht von 1477 kg verschickt worden. Die Beschwerdeführerin könne deshalb den Beweis nicht erbringen, dass eben diese Ware von der Trans Jet SA bei der Beschwerdegegnerin am 4. November 1999 angeliefert worden sei. 
3. 
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt in erster Linie, das Obergericht habe das ihr gemäss § 135 ZPO BL obliegende pflichtgemässe Ermessen bei der Beweiswürdigung überschritten und insbesondere § 106 Abs. 4 ZPO BL verletzt, der wie folgt laute: "Tatsachen, welche nicht ausdrücklich bestritten werden oder deren Bestreitung nicht aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht, gelten als zugestanden." Die Beschwerdegegnerin habe zu keinem Zeitpunkt bestritten und insbesondere weder in der Klageantwort noch in der Appellationsantwort je behauptet, bei den von ihr in die Schweiz versandten und von der Trans Jet SA mit Kisten Nrn. 1-35 gelieferten Pelzwaren handle es sich nicht um dieselben, deren Herausgabe sie jetzt verlange. Die Identität der Ware gelte damit als zugestanden und das Obergericht habe in willkürlicher Weise gegen § 106 Abs. 4 ZPO BL verstossen, indem es von ihr (der Beschwerdeführerin) einen entsprechenden Identitätsnachweis verlangt habe. 
3.2 Die Beschwerdeführerin übersieht, dass die Beschwerdegegnerin bereits in der Klageantwort vom 6. Februar 2001 auf Seite 12 oben die Identität zwischen der in Hong Kong aufgegebenen und der nunmehr herausverlangten Pelzware wie folgt bestritten hat: "Die Anlieferung dieser 52 Kisten Pelze wurden von der Beklagten sodann zusammen mit dem Empfang weiterer 26 Kisten Felle und Fellabschnitte im Ankunftsmeldungsformular vom 5. 11. 1999 erfasst und mit der Referenznummer 3LA01/44 dem Zollauftrag der Georg Fischer Speditionslogistik AG zugeordnet. Es ist dabei ausdrücklich festzuhalten, dass dieses Dokument allein die Ankunft von insgesamt 78 Kisten Felle und Fellabschnitte und deren faktische Inbesitznahme durch die Beklagte bestätigt. Es ist indessen kein rechtsgenügender Nachweis dafür, dass gerade die hier in Frage stehende klägerische Ware bei der Beklagten vorübergehend "deponiert" wurde." 
 
Noch deutlicher hat die Beschwerdegegnerin die Identität der Pelzwaren in ihrer Appellationsantwort vom 17. Dezember 2001 bestritten, wo sie auf S. 13 festhält: "Nichts anderes gilt hinsichtlich des Geleitscheins Nr. 7757 vom 4. November 1999. Der Geleitschein, welcher für nicht weiter spezifizierte 52 Kartons Pelze ausgestellt wurde, nimmt keinerlei Bezug auf die Klägerin. Aus dem Geleitschein ist nicht ersichtlich, dass die in der Air Way Bill Nr. 160-5634816 bezeichneten Waren versendet und der Beklagten angeliefert wurden." 
3.3 Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Beschwerdegegnerin habe die Identität zwischen der gemäss Airwaybill in Hong Kong aufgegebenen und der klageweise herausverlangten Ware gar nie bestritten, ist aktenwidrig und das Obergericht durfte nicht davon ausgehen, die Identität sei durch die Beschwerdegegnerin zugestanden. Entsprechend stösst die Rüge ins Leere, das Obergericht habe § 106 Abs. 4 ZPO BL willkürlich angewandt und das ihr gemäss § 135 ZPO BL obliegende pflichtgemässe Ermessen überschritten, indem sie einen Identitätsnachweis verlangt hat. 
 
Die Beschwerdeführerin beschränkt sich darauf, die willkürliche Anwendung von § 106 Abs. 4 ZPO BL und in diesem Zusammenhang die Verletzung von § 135 ZPO BL zu rügen. Mangels entsprechender Rügen ist demgegenüber nicht zu prüfen, ob in Anbetracht der aktenkundigen Dokumente allenfalls die Annahme der Vorinstanz, der Nachweis der Identität sei nicht erbracht, als solche willkürlich wäre. 
4. 
Die Beschwerdeführerin behauptet ferner, wer Ware versende, sei zwingend ihr Besitzer. Indem das Obergericht auf die erstinstanzlichen Erwägungen verwiesen habe, wonach der Warenbesitz nicht hinreichend bewiesen sei, habe es angesichts des nachweislich erfolgten Versandes der Ware in Hong Kong Art. 930 Abs. 2 ZGB willkürlich ausgelegt. 
 
Die Rüge beschlägt die Anwendung von Bundesrecht. Diese ist Berufungsthema (Art. 43 Abs. 1 OG) und der Berufungsstreitwert ist offensichtlich erreicht (Art. 46 OG), weshalb auf die zum Bundesrechtsmittel der Berufung absolut subsidiäre staatsrechtliche Beschwerde in diesem Punkt nicht einzutreten ist (Art. 84 Abs. 2 OG; BGE 120 II 384 E. 4a S. 385). 
5. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang ist die Gerichtsgebühr der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist und der Beschwerdegegnerin folglich keine Kosten entstanden sind, erübrigt sich eine Parteientschädigung. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 10'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, Fünferkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 7. August 2002 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: