Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
[AZA 7] 
C 360/01 Go 
 
II. Kammer 
 
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und nebenamtlicher 
Richter Maeschi; Gerichtsschreiber Attinger 
 
Urteil vom 27. Mai 2002 
 
in Sachen 
Staatssekretariat für Wirtschaft, Abteilung Arbeitsmarkt, und Arbeitslosenversicherung, Bundesgasse 8, 3003 Bern, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
X.________, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Kantonale Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt, Basel 
 
A.- Die in Y.________ wohnhafte X.________ ist als Fagottspielerin und -lehrerin vorab im Ausland tätig und als Arbeitnehmerin nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber der Ausgleichskasse Basel-Stadt angeschlossen. Am 23. Mai 2000 meldete sie sich bei der Öffentlichen Arbeitslosenkasse Basel-Stadt zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an, wobei sie geltend machte, ein für Juli 2000 vorgesehener Meisterkurs, an welchem sie als Barockfagottlehrerin tätig gewesen wäre, sei kurzfristig abgesagt worden. Die Arbeitslosenkasse überwies die Sache der Kantonalen Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt zum Entscheid, welche mit Verfügung vom 12. Juli 2000 die Vermittlungsfähigkeit für die Zeit vom 9. Juni bis 
16. August 2000 unter der Voraussetzung genügender Arbeitsbemühungen bejahte. Die Arbeitslosenkasse richtete in der Folge Taggelder aus, gegen deren Festsetzung sich die Versicherte bei der Kantonalen Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt beschwerte. Mit Entscheid vom 14. Dezember 2000 wies die Schiedskommission die Sache an die Verwaltung zurück, damit sie die Vermittlungsfähigkeit neu prüfe und der Versicherten darlege, wie sie den versicherten Verdienst berechnet habe. Mit Verfügung vom 12. April 2001 bestätigte die Kantonale Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung die Vermittlungsfähigkeit für die Zeit vom 9. Juni bis 16. August 2000. 
 
B.- Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) reichte bei der Schiedskommission Beschwerde ein und beantragte, in Aufhebung der angefochtenen Verfügung sei festzustellen, dass die Versicherte vermittlungsunfähig sei; eventuell sei die Verfügung aufzuheben und die Sache an die kantonale Amtsstelle zurückzuweisen, damit sie ergänzende Abklärungen vornehme und neu verfüge. 
Mit Entscheid vom 25. Oktober 2001 wies die Schiedskommission die Beschwerde ab. 
 
C.- Das seco führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids und der Verfügung vom 12. April 2001 sei festzustellen, dass die Versicherte nicht als vermittlungsfähig im Sinne des Gesetzes gelte. 
 
X.________ äussert sich zum Sachverhalt, ohne einen bestimmten Antrag zu stellen. Die Kantonale Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung verzichtet auf Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Nach Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG setzt der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung u.a. voraus, dass der Versicherte vermittlungsfähig ist. Gemäss Art. 15 Abs. 1 AVIG ist der Arbeitslose vermittlungsfähig, wenn er bereit, berechtigt und in der Lage ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen. 
Zur Vermittlungsfähigkeit gehört demnach nicht nur die Arbeitsfähigkeit im objektiven Sinn, sondern auch die Bereitschaft, die Arbeitskraft entsprechend den persönlichen Verhältnissen während der üblichen Arbeitszeit einzusetzen. 
Vermittlungsunfähigkeit liegt u.a. vor, wenn eine versicherte Person aus persönlichen oder familiären Gründen ihre Arbeitskraft nicht so einsetzen kann oder will, wie es ein Arbeitgeber normalerweise verlangt (BGE 125 V 58 Erw. 6a, 120 V 388 Erw. 3a mit Hinweisen). 
 
b) Praxisgemäss kann eine versicherte Person, die auf einen bestimmten Termin anderweitig disponiert hat und deshalb für eine neue Beschäftigung nur noch während relativ kurzer Zeit zur Verfügung steht, in der Regel nicht als vermittlungsfähig gelten. In einem solchen Fall sind nämlich die Aussichten, zwischen dem Verlust der alten und dem Antritt der neuen Stelle von einem Arbeitgeber angestellt zu werden, verhältnismässig gering. Entscheidend für die Beurteilung des Einzelfalles ist dabei, ob mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass ein Arbeitgeber die versicherte Person für die konkret zur Verfügung stehende Zeit noch anstellen würde (BGE 126 V 522 Erw. 3a mit Hinweisen). Zu prüfen sind daher jeweils die konkreten Aussichten auf eine Anstellung auf dem für die Stellensuchenden in Betracht fallenden allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der herrschenden konjunkturellen Verhältnisse sowie aller anderen Umstände. Abgesehen von den keine berufliche Ausbildung und Erfahrung erfordernden Tätigkeitsgebieten dürfte ein Arbeitgeber in der Regel kaum bereit sein, bei einer neu zu besetzenden Dauerstelle eine zum Vornherein nur für kürzere Zeit zur Verfügung stehende Arbeitskraft zu berücksichtigen. Sind die Anstellungschancen unter den gegebenen Umständen als gering zu bezeichnen, so muss die Vermittlungsfähigkeit im Sinne von Art. 15 Abs. 1 AVIG verneint werden (ARV 1992 Nr. 11 S. 127 Erw. 1, 1991 Nr. 3 S. 24 Erw. 2b mit Hinweis). 
 
2.- a) Nach der Rechtsprechung gelten Versicherte, die auf Grund berufs- und arbeitsmarktspezifischer Umstände nicht in der Lage sind, eine Dauerstelle anzunehmen, nicht mehr grundsätzlich als vermittlungsunfähig. Es betrifft dies namentlich Berufe mit häufig wechselnden oder befristeten Anstellungen, wie beispielsweise Musiker, Schauspieler und Artisten (Art. 8 AVIV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 AVIG). Dem bei dieser Kategorie von Versicherten bestehenden erhöhten Risiko von Beschäftigungslücken wird durch die Nichtanrechnung des Arbeitsausfalles während einer bestimmten Wartezeit Rechnung getragen (Art. 6 AVIV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 AVIG). Das Eidgenössische Versicherungsgericht stellte jedoch schon unter der Herrschaft des bis Ende 1983 gültig gewesenen Rechts klar, dass die Vermittlungsfähigkeit dann zu verneinen ist, wenn die versicherte Person die Möglichkeit hätte, ein Arbeitsverhältnis von voraussichtlich längerer Dauer einzugehen, sie dies aber nicht wollte (BGE 120 V 390 Erw. 4c/bb, ARV 2000 Nr. 29 S. 152 Erw. 1c, je mit Hinweisen). 
 
b) Die Beschwerdegegnerin erhob Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, nachdem ein für Juli 2000 vorgesehenes Engagement für einen Meisterkurs von 11 bis 12 Tagen vom Arbeitgeber kurzfristig abgesagt wurde. Im Hinblick darauf, dass sie bis zum 8. Juni 2000 gearbeitet und auf den 
16. August 2000 ein neues Engagement hatte, stand sie der Arbeitsvermittlung für rund neun Wochen zur Verfügung. Entgegen der Auffassung des seco schliesst dies eine Vermittlungsfähigkeit nicht von vornherein aus. Zwar ist kaum anzunehmen, dass sie als Musikerin oder Musiklehrerin kurzfristig eine andere lückenfüllende Anstellung gefunden hätte, wie die Beschwerdegegnerin selbst feststellt. Sie war jedoch von Anfang bereit, auch andere Beschäftigungen anzunehmen, und hat sich um Stellen in den bereits früher ausgeübten Tätigkeiten als Englischlehrerin, als Übersetzerin sowie als kaufmännische Angestellte in verschiedenen Bereichen beworben. Insbesondere mit Bezug auf eine kaufmännische Tätigkeit kann aber nicht gesagt werden, dass die Chancen für eine auf rund neun Wochen begrenzte Anstellung dermassen gering waren, dass die Vermittlungsfähigkeit zu verneinen wäre. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich diesbezüglich von dem im nicht publizierten Urteil U. 
vom 16. Januar 1995, C 182/94, beurteilten Fall einer Harfenistin, welche dem Arbeitsmarkt jeweils nur während einzelner Wochen im Jahr zur Verfügung stand und zudem ausschliesslich Stellen als Harfenistin oder Harfenlehrerin suchte. Wesentliche Unterschiede bestehen auch gegenüber dem in ARV 2000 Nr. 29 S. 150 ff. veröffentlichten Urteil I. vom 3. Januar 2000, C 24/98, wo es um die Vermittlungsfähigkeit eines Barpianisten ging, welcher seine Arbeitsbemühungen stets auf (befristete) Stellen im angestammten Beruf beschränkt hatte und es am Willen fehlen liess, während der Beschäftigungslücke (von zwei Monaten) eine andere Stelle (allenfalls ausserhalb dieses Berufes) anzunehmen. 
Gegen die Annahme der Vermittlungsfähigkeit spricht auch der Umstand nicht, dass die von der Beschwerdegegnerin ausgeübte Tätigkeit als Orchestermusikerin und Musiklehrerin in Form einzelner Engagements (Projekte) erfolgt und üblicherweise mit kürzeren Beschäftigungslücken verbunden ist. Anders als im bereits erwähnten Urteil C 24/98 (ARV 2000 Nr. 29 S. 150) hat die Beschwerdegegnerin nicht aus freien Stücken lediglich kurzfristige Arbeitseinsätze geleistet, sondern war ihren glaubhaften und unbestrittenen Angaben zufolge praktisch vollberuflich beschäftigt. Zudem bestanden trotz Anstellung in Form einzelner Engagements weitgehend stabile Arbeitsverhältnisse, indem die Beschwerdegegnerin seit Jahren für die gleichen Arbeitgeber tätig ist. Von einer bloss sporadischen Erwerbstätigkeit kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein. Auch kann die Beschäftigungslosigkeit von mehr als zwei Monaten in der Zeit vom 9. Juni bis 15. August 2000 nicht als normale Fortsetzung der berufsüblichen Folge von Arbeitseinsätzen und Beschäftigungslücken von jeweils unterschiedlicher Dauer betrachtet werden. Vielmehr kam es auf Grund des offenbar kurzfristig abgesagten Meisterkurses zu einer ausserordentlichen Beschäftigungslücke, welche grundsätzlich einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung zu begründen vermag. Mit der Vorinstanz ist daher festzustellen, dass die streitige Verfügung der kantonalen Amtsstelle vom 12. April 2001, mit welcher die Vermittlungsfähigkeit für die Zeit vom 9. Juni bis 16. August 2000 unter der Voraussetzung genügender Arbeitsbemühungen bejaht wurde, zu Recht besteht. 
 
 
3.- Nicht einzutreten ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit damit das Vorliegen eines Arbeits- bzw. 
Verdienstausfalls und die Versicherteneigenschaft in Frage gestellt werden. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Verfügung vom 12. April 2001, mit welcher die kantonale Amtsstelle die Vermittlungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin für die Zeit vom 9. Juni bis 16. August 2000 bejaht hat. Zu einer Ausdehnung des Verfahrens auf die vom seco genannten Punkte besteht kein Anlass (BGE 122 V 36 Erw. 2a). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, 
soweit darauf einzutreten ist. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten zu erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Kantonalen Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt und der Öffentlichen 
 
 
Arbeitslosenkasse Basel-Stadt zugestellt. 
Luzern, 27. Mai 2002 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: