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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5C.268/2004 /bnm 
 
Urteil vom 23. Februar 2005 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Nordmann, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiberin Scholl. 
 
Parteien 
X.________ (Ehemann), 
Kläger und Berufungskläger, 
vertreten durch Advokat Dr. Stefan Grundmann, 
 
gegen 
 
Y.________ (Ehefrau), 
Beklagte und Berufungsbeklagte. 
 
Gegenstand 
Klage nach Art. 85a SchKG (güterrechtliche Auseinandersetzung; Zugewinn), 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, vom 16. November 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Ehe von X.________ (Ehemann) und Y.________ (Ehefrau) wurde mit Urteil des Amtsgerichts Lörrach DE vom 30. Juni 1999 bzw. Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe DE vom 20. Dezember 2000 geschieden. Gemäss Ziffer 2 des rechtskräftigen Urteils des Oberlandesgerichts hat X.________ zum Ausgleich des Zugewinns an Y.________ eine Summe von DM 346'142.-- nebst Zins zu bezahlen. 
B. 
Im gegen X.________ eingeleiteten Betreibungsverfahren Nr. 1 des Betreibungsamtes A.________ stellte Y.________ das Fortsetzungsbegehren für Fr. 268'260.-- nebst Zins. Mit Klage nach Art. 85a SchKG stellte X.________ daraufhin das Begehren, es sei festzustellen, dass die Forderung durch Verrechnung getilgt sei und die Betreibung sei einzustellen. 
 
Mit Urteil vom 30. April 2003 stellte das Bezirksgericht Rheinfelden in teilweiser Gutheissung der Klage fest, dass die Forderung in der Betreibung Nr. 1 in den Teilbeträgen von Fr. 3'500.--, Fr. 2'096.05 und Fr. 2'661.14 (jeweils nebst Zins) durch Verrechnung getilgt sei. In diesem Umfang stellte es die Betreibung ein. 
 
Gegen diesen Entscheid erhob X.________ Appellation beim Obergericht des Kantons Aargau. Dieses hiess am 16. November 2004 das Rechtsmittel teilweise gut, bestätigte die Verrechnung und Einstellung der Betreibung bezüglich der oben genannten Teilbeträge und sistierte darüber hinaus das Appellationsverfahren im Betrag von Fr. 50'481.90. In diesem Betrag stellte es zudem die Betreibung vorläufig ein. 
C. 
X.________ gelangt mit eidgenössischer Berufung an das Bundesgericht. Er beantragt im Wesentlichen, es sei festzustellen, dass die gesamte Forderung in der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes A.________ durch Verrechnung getilgt sei und die Betreibung sei vollumfänglich einzustellen. Zudem stellt er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege einschliesslich Verbeiständung. 
 
Es ist keine Berufungsantwort eingeholt worden. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 46 OG. Der erforderliche Streitwert für das Berufungsverfahren ist gegeben. Die Berufung ist rechtzeitig erhoben worden und richtet sich gegen einen Endentscheid eines oberen kantonalen Gerichts, der nicht mehr durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel angefochten werden kann (Art. 54 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 OG). 
2. 
Der Kläger macht sinngemäss geltend, im Scheidungsverfahren in Deutschland seien diverse Vermögensgegenstände güterrechtlich gar nicht aufgeteilt bzw. seine ihm dadurch zustehenden Ansprüche nicht berücksichtigt worden. Dies gelte namentlich für das Fahrzeug Mercedes 300 S und seinen Anteil am Hausrat. Die sich daraus ergebenden Forderungen habe er mit dem Zugewinnanspruch der Beklagten verrechnet. 
 
Das Obergericht ist davon ausgegangen, dass sich die Zulässigkeit der Verrechnung in Anwendung von Art. 148 Abs. 2 IPRG nach dem auf die Hauptforderung anwendbaren Recht, im vorliegenden Fall nach deutschem Recht, beurteile. Dies bestreitet der Kläger in seiner Berufungsschrift nicht und macht insbesondere keine Verletzung von Art. 148 IPRG geltend. 
 
Weiter hat das Obergericht erwogen, nach § 387 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) setze die Verrechnung bzw. Aufrechnung unter anderem die Fälligkeit der Verrechnungsforderung voraus. In der Folge hat es die Fälligkeit einer allfälligen Ausgleichsforderung für das Fahrzeug und den Hausrat im Zeitpunkt der Verrechnungserklärung verneint und daher die Verrechnung nicht zugelassen. Das Obergericht hat also auf den Sachverhalt deutsches Recht angewendet. Da es sich vorliegend um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt, kann das Bundesgericht im Berufungsverfahren die unzutreffende Anwendung des ausländischen Rechts nicht prüfen (Art. 43a Abs. 2 OG e contrario; BGE 119 II 177 E. 3e S. 182; 126 III 492 E. 3a S. 493; BGE 129 III 295 E. 2.2 S. 299). Auf die entsprechenden Rügen kann damit nicht eingetreten werden. 
3. 
Der Kläger verlangt weiter die Anrechnung einer Forderung in der Höhe von Fr. 96'750.--, da er in diesem Umfang eine Kontokorrentschuld der Beklagten gegenüber der Bank Z.________ abgelöst habe. 
3.1 Er bringt diesbezüglich zunächst vor, die Beklagte habe ihren Zugewinnanspruch im Umfang von Fr. 65'000.-- an die Bank Z.________ abgetreten. In diesem Umfang könne sie daher den Zugewinnanspruch nicht mehr geltend machen, sondern dazu wäre alleine die Bank befugt. 
 
Gegenüber den obergerichtlich beurteilten Tat- und Rechtsfragen ist der Einwand neu. Nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG sind das Vorbringen neuer Tatsachen, neue Einreden, Bestreitungen und Beweismittel unzulässig. Dieses Novenverbot schliesst indessen eine neue rechtliche Argumentation nicht aus, sofern sie auf Grund der verbindlichen Tatsachenfeststellungen beurteilt werden kann und nicht auf einer unzulässigen Ausweitung des vorinstanzlich festgestellten Sachverhalts beruht (BGE 116 II 695 E. 4 S. 699; 130 III 28 E. 4.4 S. 34). 
 
Aus dem angefochtenen Urteil lassen sich bezüglich einer Zession von Ansprüchen keine tatsächlichen Ausführungen entnehmen. Der Kläger macht zwar geltend, die obergerichtlichen Feststellungen seien insofern unvollständig, als die Zession vom Obergericht übersehen worden sei. Indes weist er in diesem Punkt nicht ein offensichtliches Versehen nach (Art. 63 Abs. 2 OG), sondern kritisiert die Beweiswürdigung des Obergerichts und bringt Ergänzungen zum Sachverhalt an. Damit kann insoweit auf die Berufung nicht eingetreten werden. 
3.2 Das Obergericht hat weiter erwogen, der Kläger habe als Drittpfandgeber die mit Faustpfand gesicherte Kontokorrentschuld der Beklagten übernommen. Damit habe er aber nicht die Schuld der Beklagten an den Gläubiger im Sinne von Art. 110 OR bezahlt. Vielmehr habe er die Schuld der Beklagten als seine eigene übernommen, indem Gläubigerin von Forderung und Pfandrecht nach wie vor die Bank Z.________ geblieben sei. Es handle sich dabei um eine externe privative Schuldübernahme im Sinne von Art. 176 OR. Der Kläger sei damit nicht in im Sinne von Art. 110 OR in die Gläubigerrechte eingetreten. 
 
Auch in diesem Punkt stützen sich die vom Kläger gegen diese rechtliche Würdigung vorgebrachten Rügen auf tatsächliche Vorbringen, welche den vom Obergericht festgestellten Sachverhalt in unzulässiger Weise ergänzen (Art. 63 Abs. 2 OG), so dass darauf nicht eingetreten werden kann. 
4. 
Damit kann auf die Berufung insgesamt nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Kläger kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Er schuldet der Beklagten allerdings keine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren, da keine Berufungsantwort eingeholt worden ist. 
5. 
Der Kläger hat für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt: Diese ist einer Partei zu bewilligen, die bedürftig und deren Sache nicht aussichtslos ist (Art. 152 Abs. 1 OG). Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135 f.). 
 
Im vorliegenden Fall haben sich die Vorbringen des Klägers als unzulässig erwiesen, so dass auf die Berufung überhaupt nicht eingetreten werden konnte. Die Verlustgefahren haben damit von vornherein überwogen, so dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Berufung wird nicht eingetreten. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Kläger auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. Februar 2005 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin: