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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_757/2010 
 
Urteil vom 24. November 2010 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Borella, Seiler, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
H.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Brusa, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. Juni 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die 1973 geborene H.________, gelernte Augenoptikerin, leidet an einer erstmals im Januar 2001 als Verdachtsdiagnose geäusserten hereditären spastischen Parese mit Gangstörung. Im April 2002 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung an und beantragte Hilfsmittel und eine Rente. Mit Verfügung vom 6. Dezember 2002 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Rentenanspruch. Vom 27. Oktober bis 24. November 2004 wurde H.________ in der Rehaklinik X.________ stationär behandelt. Mit Verfügung vom 30. Mai 2005 übernahm die IV-Stelle die Kosten für die leihweise Abgabe eines Rollstuhls und mit einer weiteren Verfügung vom 12. Dezember 2005 die Kosten für die Umschulung zum "Bürofachdiplom" im Zentrum Y.________ vom ... 2005 bis ... 2006. Nach Abschluss der Ausbildung war H.________ vom 18. Oktober 2006 bis Ende Juni 2007 und vom 1. September bis 30. November 2007 an zwei verschiedenen Stellen im Bereich Sekretariat/Empfang tätig. Am ... November 2007 erlitt sie einen Verkehrsunfall, welcher eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte und Taggelder der Unfallversicherung auslöste. Ab 7. Januar 2008 arbeitete sie teilzeitlich (Beschäftigungsgrad von 60 % oder 24,5 Stunden in der Woche) als Telefonistin/Receptionistin in der Firma O.________ AG. 
 
Ende September 2007 hatte sich H.________ erneut bei der Invalidenversicherung zum Bezug einer Rente angemeldet. Nach Abklärung der gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse und nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 11. September 2008 auf Grund eines Invaliditätsgrades von 41 % eine Viertelsrente ab 1. Juli 2008 zu. Die Verfügung wurde der Versicherten, nicht aber ihrem Rechtsvertreter zugestellt. Die IV-Stelle berechnete in der Folge den Invaliditätsgrad neu, was 37 % ergab. Mit Verfügung vom 8. Oktober 2008 verneinte sie daher den Anspruch von H.________ auf eine Invalidenrente. 
 
B. 
Die Beschwerde der H.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 30. Juni 2010 ab. 
 
C. 
H.________ lässt "Verwaltungsgerichtsbeschwerde" (recte: Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) führen mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 30. Juni 2010 sei aufzuheben, das kantonale Sozialversicherungsgericht oder die IV-Stelle anzuweisen, den relevanten Sachverhalt ausreichend abzuklären und ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen bzw. eine Invalidenrente zu gewähren. 
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Der Rechtsvertreter von H.________ hat sich in einer weiteren Eingabe zur Sache geäussert. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe trotz entsprechenden eindeutigen und unmissverständlichen Anträgen in ihren Rechtsschriften keine öffentliche Verhandlung durchgeführt, was Art. 30 BV und Art. 6 EMRK verletze. 
 
1.1 Die kantonalen Versicherungsgerichte haben grundsätzlich (zu den Ausnahmen SVR 2006 IV Nr. 1 S. 1, I 573/03 E. 3.4-6) eine öffentliche Verhandlung anzuordnen, wenn in einem Streit um Leistungen der Sozialversicherung eine solche ausdrücklich oder zumindest konkludent verlangt worden ist (Art. 6 Ziff. 1 EMRK; BGE 122 V 47 E. 3b S. 55 mit Hinweisen; vgl. zur Tragweite von Art. 30 Abs. 3 BV BGE 128 I 288). Der Antrag auf öffentliche Verhandlung muss klar und unmissverständlich sein, was bei blossen Beweisanträgen etwa auf eine persönliche Anhörung oder Befragung oder eine Zeugeneinvernahme nicht der Fall ist (BGE 125 V 37 E. 2 S. 38). 
 
1.2 Die Vorinstanz hat einen hinreichend klaren und unmissverständlichen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verneint. In der Beschwerde und in der Replik sei eine persönliche Befragung der Versicherten und der Personalchefin des heutigen Arbeitgebers sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt worden ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Rechtsnorm. Im Weitern sei aus der Begründung des Antrags ebenso wie aus der Anfrage des Rechtsvertreters, ob ein Beweisverfahren auch mit der beantragten Zeugenbefragung durchgeführt werde, zu schliessen, dass es der Beschwerdeführerin um die Art der Beweisabnahme gegangen sei. In diesem Zusammenhang hat die Vorinstanz auf das Urteil 9C_ 559/2007 vom 17. Dezember 2007 verwiesen. 
 
1.3 In Ziff. 1.6 der vorinstanzlichen Beschwerde wurde eine "Mündliche Verhandlung" und in Ziff. 1.6 der Replik eine "Mündliche Verhandlung/Öffentliche Urteilsberatung" verlangt. In Ziff. 1.5 beider Rechtsschriften wurden sodann Beweisanträge gestellt. Anders als in dem von der Vorinstanz erwähnten Präjudiz, wo eine "öffentliche Parteiverhandlung nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK mit Partei- und Zeugenbefragung" beantragt worden war, was die damalige Vorinstanz als Begehren auf eine bestimmte Beweisabnahme betrachtet hatte, wurden vorliegend die Beweisanträge und der Antrag auf Durchführung einer Verhandlung klar voneinander getrennt und zudem in der rechtslogisch richtigen Reihenfolge gestellt (vgl. BGE 122 V 47 E. 3a in fine S. 55). Ob aufgrund der von der Vorinstanz weiter angeführten Gründe ein rechtsgenüglicher Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verneint werden könnte, erscheint fraglich (vgl. BGE 136 I 279). Dieser Punkt kann indessen offenbleiben. Die Beschwerdeführerin hat nicht die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung beantragt. Ebenfalls legt sie nicht dar, inwiefern ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung der gerügten Konventionsverletzung besteht. 
 
2. 
Die Beschwerdeführerin rügt, die IV-Stelle habe ihr mit Verfügung vom 11. September 2008 eine Viertelsrente zugesprochen, diesen Verwaltungsakt aber fast einen Monat nach Zustellung mit Verfügung vom 8. Oktober 2008 aufgehoben. Das stelle ein rechtsmissbräuchliches und gegen Art. 8, 9 und 29 BV verstossendes Verhalten dar. Die Verfügung vom 8. Oktober 2008 sei überdies mehr als 30 Tage nach der Zustellung des Beschlusses an die (für die Berechnung und Auszahlung der Rente zuständige) Ausgleichskasse ergangen und somit verspätet. 
 
2.1 Die IV-Stelle kann eine Verfügung, gegen die Beschwerde erhoben wurde, solange wiedererwägen, bis sie gegenüber dem kantonalen Versicherungsgericht Stellung nimmt (Art. 53 Abs. 3 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1 IVG; vgl. BGE 127 V 228 E. 2b/bb S. 232 und Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 653/03 vom 24. April 2004 E. 1). Dies gilt umso mehr, wenn noch keine Beschwerde erhoben worden ist. Die Vorinstanz hat festgestellt, die Verfügung vom 8. Oktober 2008 sei dem Rechtsvertreter der Versicherten am 9. Oktober 2008 zugegangen und daraus geschlossen, sie sei somit rechtzeitig innerhalb der 30-tägigen Frist zur Anfechtung der Verfügung vom 11. September 2008 (Art. 60 Abs. 1 ATSG) eröffnet worden, was unbestritten geblieben ist. 
 
2.2 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin stellte die Mitteilung des Beschlusses vom 15. Juli 2008 an die Ausgleichskasse mit den Angaben zur Invalidität und dem Gesuch, die Geldleistung zu berechnen und die Verfügung zu erstellen, keine Verfügung im Sinne von Art. 49 Abs. 1 ATSG dar und konnte demzufolge auch nicht die Rechtsmittelfrist nach Art. 60 Abs. 1 ATSG auslösen. Dass die offenbar bereits ausgerichteten Rentenbetreffnisse für die Monate Juli, August, September und Oktober 2008 vor dem 11. September 2008 ausbezahlt wurden, ist nicht anzunehmen und wird auch nicht geltend gemacht, weshalb sich die Frage einer vor diesem Zeitpunkt erlassenen (faktischen) Verfügung nicht stellt. 
 
3. 
Die Vorinstanz hat die für die Entstehung des Rentenanspruchs massgebende einjährige Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG (bis 31. Dezember 2007: Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG) als im Juli 2008 abgelaufen betrachtet. Bezogen auf diesen Zeitpunkt hat sie durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28 IVG; BGE 128 V 29 E. 1 S. 30) einen Invaliditätsgrad von 38 % ermittelt, was für den Anspruch auf eine Rente nicht ausreicht (Art. 28 Abs. 2 IVG; zum Runden BGE 130 V 121). Das Valideneinkommen (Fr. 69'576.-) entspricht dem 2004 als Augenoptikerin erzielten Verdienst, angepasst an die Nominallohnentwicklung für Frauen bis 2008, das Invalideneinkommen (Fr. 42'900.-) dem in diesem Jahr erhaltenen Lohn als Telefonistin/ Receptionistin in der Firma O.________ AG. 
 
4. 
Die Beschwerdeführerin bestreitet die vorinstanzliche Berechnung der Wartefrist (recte: Wartezeit; E. 4.1) sowie das Validen- und Invalideneinkommen (E. 4.2 und 4.3). In diesem Zusammenhang rügt sie die Verweigerung der Abklärung relevanter Tatsachen durch das kantonale Sozialversicherungsgericht und damit eine Verletzung von Art. 61 lit. c ATSG
 
4.1 Der Anspruch auf eine Rente setzt u.a. voraus, dass die versicherte Person während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen ist (Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG; bis 31. Dezember 2007: Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG). Unter Arbeitsunfähigkeit ist (bei Erwerbstätigen) die Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf zu verstehen (BGE 130 V 97 E. 3.2 S. 99; SVR 2007 IV Nr. 38 S. 130, I 943/06 E. 5.1.3). Für die Eröffnung der einjährigen Wartezeit genügt eine Arbeitsunfähigkeit von 20 % (SVR 2008 BVG Nr. 31 S. 126, 9C_182/2007 E. 4.3.2; AHI 1998 S. 119, I 411/96 E. 3c). 
4.1.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, auf Grund der Akten habe eine erhebliche Arbeitsunfähigkeit (erst) ab Juli 2007 bestanden. Seit September 2007 sei die Beschwerdeführerin abgesehen von der unfallbedingten Erhöhung der Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit vom ... November 2007 bis ca. Januar/Februar 2008 zu 60 % arbeitsfähig gewesen. Die Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG sei somit im Juli 2008 abgelaufen gewesen. Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, es habe bereits vor Juli 2007 eine Leistungsbehinderung von mindestens 20 % bestanden, welche sich kontinuierlich entwickelt habe, und der Unfall vom ... November 2007 habe eine mehrere Monate dauernde Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt, weshalb die einjährige Wartezeit vor Juli 2007 eröffnet worden sei. 
4.1.2 Die Vorinstanz hat den Zeitpunkt der Eröffnung und des Ablaufs der Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG resp. alt Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG bezogen auf den neuen Tätigkeitsbereich nach dem Erwerb des Bürofachdiploms im Juli 2006 bestimmt. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin war nach der Umschulung in einer leidensangepassten, den erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten im kaufmännischen Bereich entsprechenden Tätigkeit voll arbeitsfähig und insoweit hinreichend eingegliedert. Unter diesen Umständen konnte die Wartezeit frühestens im Juli 2007 eröffnet werden und ein Jahr später ablaufen, wie die Vorinstanz nicht offensichtlich unrichtig festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Daran vermögen die Vorbringen der Beschwerdeführerin, welche anscheinend die Wartezeit bezogen auf die bis Ende 2005 ausgeübte Tätigkeit als Augenoptikerin festgelegt haben will, nichts zu ändern. 
 
4.2 Für die Ermittlung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdient hätte. Dabei wird in der Regel am zuletzt vor Eintritt der Gesundheitsschädigung im angestammten Bereich erzielten, allenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Lohn angeknüpft (BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325; SVR 2009 IV Nr. 28 S. 79, 8C_576/2008 E. 6.2). Ein beruflicher Aufstieg im Gesundheitsfall beispielsweise aufgrund einer Weiterbildung und ein entsprechend höheres Einkommen ist zu berücksichtigen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen. Blosse Absichtserklärungen der versicherten Person genügen nicht. Es müssen bereits bei Eintritt des Gesundheitsschadens entsprechende konkrete Schritte wie Kursbesuche, Aufnahme eines Studiums, Ablegung von Prüfungen usw. kundgetan worden sein. Dies gilt grundsätzlich auch bei jungen Versicherten (SVR 2010 UV Nr. 13 S. 51, 8C_550/2009 E. 4.1 und 4.2; Urteil I 831/06 vom 10. Oktober 2007 E. 2.3.1-2). 
4.2.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beschwerdeführerin habe die Ausbildung zur Augenoptikerin bereits im Jahre 1994 abgeschlossen, sodass bis zum Eintritt eines behindernden Gesundheitsschadens genügend Zeit vorhanden gewesen wäre, damit ein hypothetischer beruflicher Aufstieg als glaubhaft erscheinen könnte. Die Versicherte räume selber ein, dass die sich mehrenden gesundheitlichen Probleme die Konkretisierung geplanter berufsbegleitender Fortbildung verhindert hätten. Für die Bestimmung des Valideneinkommens sei somit von dem vor Eintritt des Gesundheitsschadens 2004 erzielten Verdienst (Fr. 65'689.-) auszugehen. 
4.2.2 Die Beschwerdeführerin bringt vor, statistisch gesehen sei auf Grund faktischer wirtschaftlicher Notwendigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer Fort- und Weiterbildung nach dem Lehrabschluss auszugehen, typischerweise erst nach einigen Jahren praktischer Tätigkeit auf dem Beruf. Die vorinstanzliche Würdigung der "Sammlung einiger Jahre beruflicher Erfahrung im erlernten Beruf" als Indiz gegen Weiterbildungsabsichten sei rechtswidrig. Sie habe ihre Weiterbildungspläne bei sämtlichen Anstellungsgesprächen kund und zum Gegenstand der Vertragsbedingungen gemacht, diese aber wegen gesundheitlicher Probleme (vermeintlich und vorerst) hinausgeschoben. 
4.2.2.1 Es wird nicht verkannt, dass die berufliche Aus- und Weiterbildung nach Abschluss der Lehre in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Dabei ist aber zu differenzieren zwischen Weiterbildungen, welche die Ausübung des konkreten Berufs betreffen wie etwa die Anwendung neuer technologischer Entwicklungen, und solchen, die zusätzliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf einen erweiterten oder anderen Aufgabenbereich vermitteln wollen. Dass praktisch jede erwerbstätige Person früher oder später eine derartige, hier interessierende Weiterbildung absolviert bzw. ohne gesundheitliche Beeinträchtigung absolviert hätte, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, kann nicht gesagt werden und lässt sich auch nicht aus ihren diesbezüglichen Unterlagen herauslesen. Jedenfalls bieten ihre Vorbringen keinen Anlass, vom Erfordernis für die Berücksichtigung eines hypothetischen beruflichen Aufstiegs oder einer einkommensrelevanten beruflichen Neuorientierung, dass bereits bei Eintritt des Gesundheitsschadens konkrete Schritte wie Kursbesuche, Aufnahme eines Studiums, Ablegung von Prüfungen usw. unternommen worden waren, abzusehen. 
4.2.2.2 In zeitlicher Hinsicht steht fest, dass die Beschwerdeführerin 1994 ihre Lehre als Augenoptikerin abgeschlossen und danach bis Ende Juni 2005 in verschiedenen Anstellungen auf diesem Beruf gearbeitet hatte. Die (Verdachts-)Diagnose einer hereditären spastischen Parese war erstmals im Januar 2001 gestellt, eine Arbeitsunfähigkeit von 20 % erstmals im November 2004 durch die Rehaklinik X.________ attestiert worden. Es mag sein, dass die Absicht der Weiterbildung bei sämtlichen Anstellungsgesprächen Gegenstand gewesen und das Thema jeweils während der Anstellung aktuell geblieben und mit den jeweiligen Vorgesetzten besprochen worden war, wie die Beschwerdeführerin vorbringt. Allerdings findet sich dazu nichts in den Akten. Tatsächlich unternahm sie jedoch während mehr als zehn Jahren nach Lehrabschluss nichts in diese Richtung. Die sich zunehmend in Form von Gangstörungen bemerkbar machende spastische Parese kann nicht als Erklärung dafür angeführt werden. Der sich verschlechternde Gesundheitszustand konnte ebenso oder sogar zusätzlich Grund für eine der Behinderung Rechnung tragende Weiterbildung sein. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, sie hätte diesbezügliche Möglichkeiten abgeklärt oder wenigstens in Betracht gezogen. 
4.2.2.3 Schliesslich macht die Beschwerdeführerin zum Beweis, dass sie sich nicht mit einer beruflichen Erstausbildung begnügen wollte, geltend, wenn sie "nur" Gelegenheit zur geeigneten Ausbildung gehabt hätte, könnte sie qualifizierte Tätigkeiten im kaufmännischen Bereich und im Handelsbereich ausüben. Dieses Vorbringen bezieht sich offenbar auf die im Zeitraum von ... 2005 bis ... 2006 absolvierte Umschulung mit Erwerb des Bürofachdiploms. Gemäss dem Verlaufsprotokoll Berufsberatung vom 12. Dezember 2005 hatte sich die Beschwerdeführerin anlässlich des Erstgesprächs vom 13. September 2005 dahingehend geäussert, ihr Ziel sei, im Sommer 2006 die Ausbildung zur Technischen Kauffrau zu beginnen. Dazu kam es indessen nicht. Laut dem Verlaufsprotokoll Berufsberatung vom 20. Oktober 2006 hatte sie noch während der Umschulung eine Stelle im Bürobereich gesucht. Am 19. Oktober 2006 teilte sie mit, sie habe die Bestätigung für eine neue Stelle erhalten, werde 100 % arbeiten und einen normalen Lohn verdienen können. Daraus lässt sich nichts zu ihren Gunsten zur Frage eines beim Valideneinkommen zu berücksichtigenden hypothetischen beruflichen Aufstiegs ableiten. Ob die Beschwerdeführerin hinreichend eingegliedert ist, ist im Übrigen nicht Gegenstand dieses Verfahrens. 
 
Die vorinstanzliche Ermittlung des Valideneinkommens anknüpfend an den zuletzt erzielten, (lediglich) an die Nominallohnentwicklung angepassten Verdienst als Augenoptikerin verletzt somit Bundesrecht nicht. Allerdings ist nicht vom Lohn für 2004 auszugehen. Die Versicherte arbeitete bis Ende Juni 2005 als Augenoptikerin, wobei der auf ein Jahr hochgerechnete Verdienst Fr. 67'265.25 (13 x Fr. 5'174.25) betrug (Fragebogen für den Arbeitgeber vom 7. Juni 2005). Angepasst an den Nominallohnindex 2006-2008 Frauen (104,7; Lohnentwicklung 2008 S. 20) ergibt sich ein Valideneinkommen von Fr. 70'426.70. 
 
4.3 Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung eine Erwerbstätigkeit aus, gilt grundsätzlich der damit erzielte Verdienst als Invalideneinkommen, wenn besonders stabile Arbeitsverhältnisse gegeben sind, weiter anzunehmen ist, dass sie die ihr verbliebene Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und wenn das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht als Soziallohn erscheint (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301 mit Hinweisen; Urteil 9C_118/2010 vom 22. April 2010 E. 4.1). An den Nachweis von Soziallohn sind praxisgemäss strenge Anforderungen zu stellen (BGE 117 V 8 E. 2c/aa S. 18; Urteile 9C_26/2008 vom 26. Mai 2008 E. 5.2 und 2A.236/2006 vom 28. September 2006 E. 5.4). 
4.3.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beschwerdeführerin erziele seit Januar 2008 einen Monatslohn von Fr. 3'300.-. Sie habe sich gemäss Auskunft ihrer neuen Arbeitgeberin sehr gut integriert und sei zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung vom 8. Oktober 2008 weiterhin bei dieser tätig gewesen. Der geltend gemachte Soziallohn von 15-25 % der Entlöhnung könne nicht als nachgewiesen gelten. Zum einen habe sich die Arbeitgeberin dem Rechtsvertreter der Versicherten gegenüber dahingehend geäussert, mit der Leistung und dem Einsatzwillen sehr zufrieden zu sein. Zum andern würde eine tatsächlich vorhandene Minderleistung von rund 20 % in der Bandbreite liegen, innerhalb welcher die Arbeitsleistung auch gesundheitlich nicht eingeschränkter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmässig von der Norm abweiche. Im Übrigen lägen weder eine verwandtschaftliche Beziehung noch ein langjähriges Arbeitsverhältnis als rechtsprechungsgemäss anerkannte Indizien für Soziallohn vor. 
4.3.2 
4.3.2.1 Die Vorinstanz hat an anderer Stelle festgehalten, erfahrungsgemäss stellten ausbezahlte Löhne normalerweise das Äquivalent einer entsprechend erbrachten Leistung dar. Dabei besteht in der Regel eine Bandbreite, innerhalb welcher die Arbeitsleistung schwankt und sowohl über, als auch unter dem Soll-Wert liegen kann. Inwiefern sich daraus etwas für die Annahme, der ausbezahlte Lohn enthalte keine Sozialkomponente, ableiten lässt, ist nicht ersichtlich. Ein Arbeitgeber würde jedenfalls nicht trotz regelmässiger Minderleistung auf Dauer den vereinbarten vollen Lohn bezahlen, es sei denn aus sozialen Gründen. Die Tatsache sodann, dass im Zeitpunkt der Verfügung vom 8. Oktober 2008 das Arbeitsverhältnis erst neun Monate gedauert hatte, schliesst einen Soziallohn nicht zwingend aus. Vorliegend hatte die Arbeitgeberin im "Fragebogen für Arbeitgebende: Berufliche Integration/Rente" vom 2. Juli 2008 angegeben: "Wir haben Frau H.________ engagiert mit dem klaren Informationsstand betreffend ihrer Krankheit und den Tätigkeitsbereich entsprechend abgeklärt. Dass der Lohn eine Sozialkomponente enthalte, ist gewollt." Gemäss einer im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Aktennotiz vom 10. November 2008 hatte sie sich gegenüber dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin in dem Sinne geäussert, seine Klientin leiste grundsätzlich ein halbes Pensum; es bestehe ein Soziallohnanteil von 15 % bis 25 %. 
4.3.2.2 Unter den dargelegten Umständen durfte die Vorinstanz nicht ohne weiteres Soziallohn verneinen und das Invalideneinkommen dem ausbezahlten Lohn von Fr. 42'900.- (13 x Fr. 3'300.-) gleichsetzen, wie die Beschwerdeführerin zu Recht rügt. Von diesbezüglichen Abklärungen kann indessen abgesehen werden. Aufgrund der Äusserungen der Arbeitgeberin ist davon auszugehen, dass der vereinbarte und ausbezahlte Lohn eine Sozialkomponente enthält. Bei einem Anteil Soziallohn von 20 % ergibt sich ein Invalideneinkommen von Fr. 34'320.- (0,8 x Fr. 42'900.-). Daraus resultiert bei einem Valideneinkommen von Fr. 70'426.70 (vorne E. 4.2.2.3) ein Invaliditätsgrad von 51 %. Zum selben Ergebnis führt, wenn das Invalideneinkommen auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2008 des Bundesamtes für Statistik (LSE 08) bestimmt wird: Auszugehen ist vom monatlichen Bruttolohn von Frauen in Tätigkeiten des privaten Sektors, bei welchen Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt werden (Anforderungsniveau des Arbeitsplatzes 3) von Fr. 5'095.- (S. 26). Bei einer betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,6 Stunden (Die Volkswirtschaft 10-2010 S. 94) und einer Arbeitsfähigkeit von 60 % ergeben sich Fr. 38'151.40. Die Beschwerdeführerin leidet an Gangstörungen, es bestehen Inkontinenzprobleme und sie benötigt Gehstöcke sowie einen Rollstuhl (Berichte Dr. med. B.________ vom 24. September und 27. Oktober 2007), weshalb sie gegenüber gesunden Erwerbstätigen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt ist. Es ist daher ein Abzug vom Tabellenlohn im Sinne von BGE 126 V 75 vorzunehmen, wobei 10 % angemessen erscheinen. Dies ergibt ein Invalideneinkommen von Fr. 34'336.20. Dem Valideneinkommen von Fr. 70'426.70 gegenübergestellt, ergibt sich ein Invaliditätsgrad von 51 %. Somit besteht Anspruch auf eine halbe Rente (Art. 28 Abs. 2 IVG) ab 1. Juli 2008 (vorne E. 4.1.2). 
 
5. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die IV-Stelle die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 IVG) und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. Juni 2010 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 8. Oktober 2008 werden aufgehoben, und es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine halbe Rente der Invalidenversicherung ab 1. Juli 2008 hat. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der IV-Stelle des Kantons Zürich auferlegt. 
 
3. 
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hat die Gerichtskosten und die Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren neu festzusetzen. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse Promea, Schlieren, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 24. November 2010 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Meyer Fessler