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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_603/2022  
 
 
Urteil vom 22. Februar 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Kölz, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Junker, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, 
Büro A-1, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8036 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich, Zwangsmassnahmengericht, Einzelrichter, 
vom 25. Oktober 2022 (GT220105-L/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen des Verdachts auf Urkundenfälschung. A.________ wird vorgeworfen, von Oktober bis Dezember 2021 gegen Entgelt mindestens 14 Personen an die in der Arztpraxis von Dr. med. B.________ als medizinische Praxisassistentin tätige C.________ vermittelt zu haben, wo diese Personen falsche Covid-19-Impfzertifikate gekauft hätten. Im Rahmen der Strafuntersuchung wurde am 27. September 2022 das Mobiltelefon von A.________ sichergestellt. A.________ verlangte gleichentags dessen Siegelung. 
 
B.  
Die Staatsanwaltschaft stellte am 5. Oktober 2022 ein Gesuch um Entsiegelung des Mobiltelefons. Mit Verfügung vom 25. Oktober 2022 hiess das Bezirksgericht Zürich als zuständiges Zwangsmassnahmen-gericht (ZMG) das Entsiegelungsgesuch gut und gab das Mobiltelefon zur Durchsuchung und weiteren Verwendung in der laufenden Strafuntersuchung frei. 
 
C.  
Gegen die Verfügung des ZMG vom 25. Oktober 2022 gelangt A.________ mit Beschwerde in Strafsachen vom 25. November 2022 an das Bundesgericht. Sie beantragt, unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das ZMG hat sich ohne Verfahrensantrag vernehmen lassen. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Beschwerdeführerin hat repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entsiegelungs-entscheid eines Zwangsmassnahmengerichts (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 3 lit. a StPO). Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen. Die Beschwerdeführerin ist als beschuldigte Person zudem zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG).  
 
1.2. Der angefochtene Entscheid schliesst das gegen die Beschwerdeführerin geführte Strafverfahren nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Es handelt sich somit um einen anderen selbstständig eröffneten Vor- und Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Als solcher ist er im Entsiegelungsverfahren dann unmittelbar mit der Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbar, wenn er gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (vgl. BGE 144 IV 127 E. 1.3; Urteil 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 3.2).  
 
1.3.  
 
1.3.1. Beim drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss es sich im Bereich der Beschwerde in Strafsachen um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 147 IV 188 E. 1.3.2; 141 IV 289 E. 1.2). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 144 IV 321 E. 2.3; 142 III 798 E. 2.2). Wird im Entsiegelungsverfahren geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann (BGE 143 IV 462 E. 1; Urteile 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 4.1; 1B_40/2022 vom 1. Dezember 2022 E. 2.1). Diese Sachurteilsvoraussetzungen sind in der Beschwerdeschrift ausreichend zu substanziieren, soweit sie nicht offensichtlich erfüllt erscheinen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 141 IV 284 E. 2.3; 289 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
 
1.3.2. Die Beschwerdeführerin macht vor Bundesgericht dem Sinn nach geltend, der Entsiegelung ihres Mobiltelefons stünden rechtlich geschützte Privat- und Geschäftsgeheimnisse entgegen. Im Einzelnen bringt sie in der materiellen Begründung der Beschwerde jedoch lediglich vor, dass sie im vorinstanzlichen Verfahren ausdrücklich private Korrespondenz sowie Bilder und persönliche Informationen der Kundinnen ihres Kosmetikstudios als Entsiegelungshindernisse genannt habe. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei sie damit ihrer Substanziierungspflicht im Entsiegelungsverfahren hinreichend nachgekommen. Eine weitergehende Pflicht zur Präzisierung ihrer privaten und geschäftlichen Daten verstosse gegen das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung.  
 
1.3.3. Rechtsprechungsgemäss begründen derart allgemeine und vage Hinweise auf private Korrespondenz oder Fotos keine schutzwürdigen Geheimnisinteressen im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO (Urteile 1B_40/2022 vom 1. Dezember 2022 E. 2.2; 1B_427/2021 vom 21. Januar 2022 E. 6.5; 1B_2/2019 vom 11. Juli 2019 E. 2.2 ff.; 1B_78/2021 vom 11. November 2021 E. 3). Damit fehlt es insoweit an einem drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Das Gesagte gilt auch bezüglich der bloss pauschal erwähnten und nicht weiter präzisierten angeblich betroffenen Geschäftsgeheimnisse (vgl. Urteil 1B_498/2019 vom 28. September 2020 E. 2.7 mit Hinweisen).  
Keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zu begründen vermag auch der Einwand der Beschwerdeführerin, die Mitwirkungs- und Substanziierungsobliegenheiten der beschuldigten Person im Rahmen des Entsiegelungsverfahrens verstiessen gegen das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht dargetan, inwiefern sie sich durch den Beschrieb von allfälligen schützenswerten Geheimnisrechten selber belasten würde. Vielmehr dienen diese Angaben ja gerade dem Ziel, dass solche Daten im Rahmen des Entsiegelungsverfahrens aus den Akten ausgesondert werden, damit die Strafverfolgungsbehörden keine Kenntnis vom Inhalt erlangen können (vgl. Urteil 1B_369/2022 vom 10. Oktober 2022 E. 4.4). Nichts zu ihren Gunsten ableiten kann die Beschwerdeführerin schliesslich aus ihrem Vorbringen, auf dem sichergestellten Mobiltelefon befänden sich nicht nur ihre eigenen, sondern auch Informationen der Kundinnen ihres Kosmetikstudios. Die Beschwerdeführerin ist nicht legitimiert, im eigenen Namen die privaten Interessen von angeblich mitbetroffenen nicht beschuldigten Drittpersonen zu wahren (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG; Urteile 1B_70/2021 vom 9. November 2021 E. 1.5; 1B_553/2021 vom 14. Januar 2022 E. 1.3; 1B_243/2020 vom 26. Februar 2021 E. 2.4). 
 
1.4. Zusammengefasst kann mangels der ausreichend substanziierten Anrufung rechtlich geschützter Geheimnisinteressen kein nicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG angenommen und damit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.  
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat und dem Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Februar 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Müller 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn