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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 792/03 
 
Urteil vom 13. Juli 2004 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Fleischanderl 
 
Parteien 
F.________, 1960, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
(Entscheid vom 17. November 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1960 geborene, 1990 erstmals aus Portugal in die Schweiz eingereiste und seit 1. Dezember 2001 über die Niederlassungsbewilligung verfügende F.________ war seit 2. April 1997 als Hilfsgärtner bei der Firma E.________ angestellt. Am 7. Mai 2002 meldete er sich unter Hinweis auf ein seit Ende Oktober 2001 bestehendes Hüftleiden rechts bei der Invalidenversicherung zur Umschulung auf eine neue Tätigkeit an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau klärte die Verhältnisse in medizinischer sowie beruflich-erwerblicher Hinsicht ab, wobei sie insbesondere Berichte der Arbeitgeberin vom 15. Mai 2002 und des behandelnden Arztes Dr. med. S.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 6. Mai 2003 beizog. Gestützt darauf verneinte sie eine anspruchsbegründende Invalidität (Verfügung vom 16. Juni 2003), woran sie auf Einsprache hin festhielt (Einspracheentscheid vom 15. Juli 2003). 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 17. November 2003 ab. 
C. 
F.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt sinngemäss die Zusprechung beruflicher Eingliederungsmassnahmen. 
Während die Vorinstanz auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichten die IV-Stelle und das Bundesamt - erstere unter Verweis auf die Ausführungen im Einspracheentscheid und in ihren vorinstanzlichen Rechtsschriften sowie die Erwägungen im angefochtenen Entscheid - auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Nach dem Wortlaut der Verfügung vom 16. Juni 2003 und des Einspracheentscheides vom 15. Juli 2003 wurde einzig geprüft, ob dem Beschwerdeführer eine Umschulung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 IVG zuzusprechen sei. Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und damit auch des verwaltungsgerichtlichen Prozesses (BGE 125 V 414 Erw. 1a mit Hinweisen) bildet demnach einzig der Umschulungsanspruch, während über allfällige andere berufliche Massnahmen (noch) nicht verfügungsweise entschieden wurde. Sofern der Versicherte letztinstanzlich auch um Gewährung beruflicher Massnahmen in Form von Berufsberatung und Arbeitsvermittlung ersucht, kann darauf somit mangels Anfechtungsgegenstandes nicht eingetreten werden (BGE 125 V 415 Erw. 2a mit Hinweisen). Eine Ausdehnung des Verfahrens kommt bereits zufolge Fehlens einer entsprechenden Prozesserklärung seitens der Verwaltung nicht in Frage (vgl. dazu BGE 122 V 36 Erw. 2a in fine mit Hinweisen). 
2. 
2.1 Am 1. Januar 2003 sind das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) und die Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV) vom 11. September 2002 in Kraft getreten. Mit ihnen sind unter anderem auch im Invalidenversicherungsrecht verschiedene materiellrechtliche Bestimmungen geändert worden. In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben, und das Sozialversicherungsgericht stellt bei der Beurteilung eines Falles regelmässig auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (hier: 15. Juli 2003) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen). 
2.2 Der Eintritt gesundheitlich bedingter Umschulungsbedürftigkeit ist, entsprechend dem System des leistungsspezifischen Invaliditätseintritts (Art. 4 Abs. 2 IVG), ein besonderer Versicherungsfall (BGE 112 V 275). Ob die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, d.h. eine Invalidität im Sinne des Art. 17 IVG vorliegt (gesundheitsbedingt bleibende oder längere Zeit dauernde, etwa 20 % betragende Erwerbseinbusse im von der versicherten Person bisher ausgeübten und in den ihr ohne zusätzliche berufliche Ausbildung offen stehenden noch zumutbaren Erwerbstätigkeiten [BGE 124 V 110 f. Erw. 2b mit Hinweisen]), bestimmt sich im vorliegenden Fall nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen zur Zeit des Erlasses des Einspracheentscheides vom 15. Juli 2003, weshalb das ATSG und dessen Ausführungsverordnungen anwendbar sind. 
3. 
3.1 Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG), der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), zum Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen im Allgemeinen (Art. 8 Abs. 1 IVG; BGE 124 V 269 Erw. 4, 105 V 140 f. Erw. 1a) und auf Umschulung als beruflicher Vorkehr im Besonderen (Art. 8 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 IVG und Art. 6 IVV; AHI 2000 S. 61; ZAK 1984 S. 91; vgl. auch BGE 124 V 109 ff. Erw. 2 mit Hinweisen) sowie zu dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 125 V 150 Erw. 2c in fine mit Hinweisen, vgl. auch BGE 129 V 153 Erw. 2.1 mit Hinweisen) richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. 
3.2 Zu ergänzen ist, dass es sich nach dem noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Urteil A. vom 30. April 2004, I 626/03, bei den in Art. 3-13 ATSG enthaltenen Legaldefinitionen in aller Regel um eine formellgesetzliche Fassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den entsprechenden Begriffen vor In-Kraft-Treten des ATSG handelt und sich inhaltlich damit, namentlich in Bezug auf die Bestimmungen zur Arbeitsunfähigkeit (Art. 6), Erwerbsunfähigkeit (Art. 7) und Invalidität (Art. 8), keine Änderung ergibt. Die dazu entwickelte Rechtsprechung kann folglich übernommen und weitergeführt werden (vgl. Erw. 3.1, 3.2 und 3.3). Auch die Normierung des Art. 16 ATSG bewirkt, wie sodann in Erw. 3.4 des erwähnten Urteils dargelegt wird, keine Modifizierung der bisherigen Judikatur zur Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten, welche weiterhin nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs vorzunehmen ist (zu altArt. 28 Abs. 2 IVG: BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 f. Erw. 2a und b; vgl. auch BGE 125 V 261 Erw. 4: Aufgabe des Arztes und der Ärztin bei der Invaliditätsbemessung; BGE 126 V 75 ff.: Kürzung von Tabellenlöhnen). 
4. 
Die Vorinstanz hat - insbesondere gestützt auf den Bericht des Dr. med. S.________ vom 6. Mai 2003 - einlässlich und in allen Teilen zutreffend erwogen, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Hüftleidens die angestammte Tätigkeit als Hilfsgärtner seit dem 19. September 2002 nicht mehr verrichten kann, ihm hingegen eine körperlich leichte Arbeit auf ebenem Boden während acht Stunden täglich zumutbar ist. Dieser Beurteilung opponiert der Versicherte zu Recht nicht. 
5. 
Zu beurteilen bleiben die erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens im Hinblick auf den Umschulungsanspruch. 
5.1 Was das hypothetische Einkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen) betrifft, ist auf die Angaben im Bericht der letzten Arbeitgeberin vom 15. Mai 2002 abzustellen, wonach der Beschwerdeführer im Jahre 2001 - gesundheitlich noch weitgehend beschwerdefrei (vgl. Erw. 4 hievor) - während neun Monaten insgesamt Fr. 45'080.- (inkl. 13. Monatslohn und Gratifikation) verdient hat. Aufgerechnet auf ein ganzjähriges Anstellungsverhältnis - der Versicherte verfügt seit dem 1. Dezember 2001 anstelle der bisherigen Saisonier- über eine Niederlassungsbewilligung - ergibt sich daraus ein Einkommen von Fr. 57'407.67 (Fr. 45'080.- ./. Fr. 6397.- [13. Monatslohn] ./. Fr. 1700.- [Gratifikation] : 9 x 12 + Fr. 6397.- + Fr. 1700.-). In Berücksichtigung der massgeblichen Nominallohnentwicklung in den Jahren 2002 von 2,8 % (Bundesamt für Statistik, Lohnentwicklung 2002, S. 32, Tabelle T1.1.93, Nominallohnindex, Männer, 1997-2002, Gartenbau/Forstwirtschaft; vgl. BGE 129 V 408) und 2003 von 1,4 % (Die Volkswirtschaft, 6/2004, S. 91, Tabelle B10.2, Nominal Total [Veränderung für die ersten zwei Quartale 2003 gegenüber den ersten zwei Quartalen 2002]) beläuft sich das Valideneinkommen auf Fr. 59'841.30. 
5.2 
5.2.1 Zur Bestimmung des trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise noch realisierbaren Einkommens (Invalideneinkommen) ist, da der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung mehr nachgeht, mit der Vorinstanz die vom Bundesamt für Statistik herausgegebene Schweizerische Lohnstrukturerhebung (LSE) heranzuziehen (BGE 129 V 475 Erw. 4.2.1 mit Hinweisen). Dem Versicherten stehen verschiedene Hilfsarbeiterstellen offen, weshalb der Zentralwert und nicht eine branchenspezifische Zahl massgeblich ist. Gemäss Tabelle TA1 der LSE 2002 (S. 43) beträgt dieser für Männer, welche im privaten Sektor einfache und repetitive Tätigkeiten (Anforderungsniveau 4) verrichten, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden Fr. 4557.- monatlich oder Fr. 54'684.- jährlich. Angesichts einer Nominallohnerhöhung von 1,4 % 2002/2003 (Die Volkswirtschaft, a.a.O.) sowie einer betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,7 Stunden in den Jahren 2001 und 2002 (Die Volkswirtschaft, a.a.O., S. 90, Tabelle B9.2 [die Arbeitszeiterhebungen für 2003 sind noch nicht erhältlich, weshalb auf die Durchschnittsangaben der beiden Vorjahre abgestellt wird]) resultiert daraus ein Einkommen von Fr. 57‘806.18. 
5.2.2 Die Frage, ob und in welchem Ausmass davon ein Abzug zu machen ist, hängt rechtsprechungsgemäss von sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalles ab (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad; BGE 126 V 79 f. Erw. 5b/aa). Der Abzug ist unter Berücksichtigung aller jeweils in Betracht fallenden Merkmale auf insgesamt jedoch höchstens 25 % beschränkt (BGE 126 V 80 Erw. 5b/cc). Da vorliegend einzig das Kriterium der leidensbedingten Einschränkung zu Lohnnachteilen führen könnte, trägt eine - von der Verwaltung vorgenommene und vorinstanzlich bestätigte - Herabsetzung des Tabellenlohnes um 10 % den konkreten Verhältnissen angemessen Rechnung und ist im Rahmen der richterlichen Ermessenskontrolle nicht zu beanstanden (vgl. Art. 132 lit. a OG; BGE 123 V 152 Erw. 2). Es gilt jedoch zu beachten, dass der Beschwerdeführer auch eine leidensadaptierte Tätigkeit lediglich im Umfang von acht Stunden täglich auszuüben vermag (vgl. Erw. 4 hievor). Da das in Erw. 5.2.1 ermittelte Einkommen von Fr. 57‘806.18 jedoch auf der Basis einer Wochenarbeitszeit von 41,7 bzw. einer Tagesarbeitszeit von 8,34Stunden (41,7Stunden : 5) beruht, hat eine nochmalige Reduktion um 4,25% zu erfolgen. 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers rechtfertigt sich kein höherer leidensbedingter Abzug. Namentlich wirken sich die Faktoren Alter (in casu 43 Jahre) und Nationalität bzw. Aufenthaltskategorie (Niederlassungsbewilligung) gemäss den Tabellen TA9 und TA12 der LSE 2002 (S. 55 und 59) im Vergleich zum Total aller Schweizer und Ausländer sogar eher lohnerhöhend aus und auch das Kriterium der Teilzeitarbeit (rund 96 %) vermag, da immer noch unter Vollzeit subsumiert, keine mögliche Lohnminderung zu begründen (LSE 2002, S. 28, Tabelle T8*). Hinsichtlich der geltend gemachten mangelhaften Deutschkenntnisse kann der Versicherte ferner ebenfalls nichts zu seinen Gunsten herleiten, ist doch davon auszugehen, dass er auch im Falle von fehlenden Sprachkenntnissen - sofern in Anbetracht der seit 1990 regelmässigen Aufenthalte in der Schweiz überhaupt glaubhaft - in der Lage wäre, den Tabellenlohn für die Anforderungsstufe 4 zu erreichen. Die Bedeutung der Dienstjahre nimmt im privaten Sektor sodann ohnehin ab, je niedriger das Anforderungsprofil ist (BGE 126 V 79 Erw. 5a/cc mit Hinweisen). 
5.3 Die Gegenüberstellung von Validen- (Fr. 59'841.30) und Invalideneinkommen (Fr. 49'568.80) ergibt eine Erwerbseinbusse von rund 17 % (zur Rundung: vgl. BGE 130 V 121), welche unter der für den Umschulungsanspruch erforderlichen Erheblichkeitsschwelle eines invaliditätsbedingten Minderverdienstes liegt. Die IV-Stelle hat daher den Anspruch auf berufliche Massnahmen in Form von Umschulung zu Recht verneint. 
Als berufliche Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung kommen jedoch, falls die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, allenfalls Berufsberatung (Art. 15 IVG; BGE 114 V 29 Erw. 1a mit Hinweisen) oder Arbeitsvermittlung (Art. 18 Abs. 1 Satz 1 IVG; AHI 2000 S. 70 Erw. 1a mit Hinweis) in Frage. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 13. Juli 2004 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: