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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6F_1/2023  
 
 
Urteil vom 8. Mai 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichter Muschietti, 
Gerichtsschreiberin Andres. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Gesuchstellerin, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8036 Zürich, 
Gesuchsgegnerin, 
 
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. August 2022 (6B_600/2022). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat sprach A.________ mit Strafbefehl vom 27. Mai 2020 der Beschimpfung und der Tätlichkeiten schuldig. A.________ erhob dagegen fristgerecht Einsprache. Die Staatsanwaltschaft lud A.________ mit Verfügung vom 15. April 2021 zur Einvernahme am 11. Mai 2021 vor. Am 21. April 2021 beantragte A.________ bei der Staatsanwaltschaft einen Widerruf der Vorladung vom 15. April 2021. Am 22. April 2021 teilte ihr die Staatsanwaltschaft mit, dass die Vorladung nicht widerrufen werde. Mit Schreiben vom 10. Mai 2021 beantragte A.________ die Verschiebung der Einvernahme vom 11. Mai 2021. Die Staatsanwaltschaft trat mit Verfügung vom 11. Mai 2021 auf die Einsprache von A.________ nicht ein und stellte fest, dass der Strafbefehl vom 27. Mai 2020 mit dem Rückzug der Einsprache in Rechtskraft erwachsen ist. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde am 4. März 2022 ab. Auch das Bundesgericht wies die von A.________ erhobene Beschwerde in Strafsachen mit Urteil vom 17. August 2022 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 6B_600/2022). 
 
B.  
Am 1. Dezember 2022 ersuchte A.________ beim Obergericht des Kantons Zürich um Revision des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 27. Mai 2020 und erhob "Beschwerde wegen Rechtsverzögerung". 
Das Obergericht trat am 22. Dezember 2022 sowohl auf das Revisionsgesuch als auch auf die Anträge von A.________ betreffend Anweisungen an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich nicht ein und auferlegte ihr die Gerichtsgebühr von Fr. 600.--. 
Hiergegen erhob A.________ am 20. Februar 2023 Beschwerde in Strafsachen (vgl. separates Verfahren 6B_258/2023). 
 
C.  
A.________ beantragt mit ihrem Revisionsgesuch vom 20. Januar 2023 und ihrer Eingabe vom 22. Februar 2023, das Urteil des Bundesgerichts 6B_600/2022 vom 17. August 2022 sei aufzuheben und die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner seien der obergerichtliche Beschluss vom 4. März 2022 und der Strafbefehl vom 27. Mai 2020 für nichtig zu erklären sowie aufzuheben und es sei festzustellen, dass der Strafbefehl nie in Rechtskraft erwachsen sei, eventualiter sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, das Strafverfahren einzustellen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Gesuchstellerin macht zusammengefasst sinngemäss geltend, der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 27. Mai 2020 sei ihr nie rechtsgültig zugestellt worden und damit nicht rechtskräftig. Sie argumentiert, da sie angesichts ihrer Schuldunfähigkeit nicht in der Lage gewesen sei, ihre Verfahrensinteressen ausreichend zu wahren, hätte sie notwendig verteidigt werden müssen, womit der Strafbefehl nicht ihr persönlich hätte zugestellt werden dürfen.  
 
1.2. Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Das Bundesgericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Allfällige Revisionsgründe sind in gedrängter Form darzulegen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 121-123 BGG). Die Begründungsanforderungen gelten auch für Laienbeschwerden (vgl. Urteil 6B_1046/2021 vom 2. August 2022 E. 2.2.1 in fine). Der Revisionsgrund muss sich auf den Gegenstand des zu revidierenden Urteils beziehen. Die Revision dient nicht der Korrektur einer angeblich unrichtigen rechtlichen Würdigung oder Rechtsauffassung des Bundesgerichts. Sie eröffnet dem Gesuchsteller insbesondere nicht die Möglichkeit, die Rechtslage erneut zu diskutieren und eine Wiedererwägung des bundesgerichtlichen Urteils zu verlangen, das er für unrichtig hält (vgl. Urteile 6F_28/2022 vom 30. November 2022 E. 2.1; 6F_29/2022 vom 24. Oktober 2022 E. 2).  
 
1.3. Die Eingaben der Gesuchstellerin genügen den gesetzlichen Formvorschriften von Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 121 ff. BGG nicht. Sie setzt sich mit dem zu revidierenden bundesgerichtlichen Urteil vom 17. August 2022 nicht auseinander. Sie macht weder einen der in Art. 121-123 BGG abschliessend aufgezählten Revisionsgründe geltend noch zeigt sie auf, dass oder inwieweit das Urteil Anlass für eine Revision gesetzt haben soll. Dies ist denn auch nicht ersichtlich. Soweit sie das Verhalten der Oberstaatsanwaltschaft nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 17. August 2022 kritisiert und das Bundesgericht bittet, die Oberstaatsanwaltschaft anzuweisen, auf ihre Schreiben zu reagieren bzw. den Inhalt ihrer Schreiben wiedergibt, betrifft dies nicht das zu revidierende Urteil und liegt damit ausserhalb des Verfahrensgegenstands. Gleiches gilt, soweit sie der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör vorwirft, ein anderes obergerichtliches Verfahren kritisiert oder dem damals zuständigen Staatsanwalt allenfalls strafrechtlich relevante Handlungen vorwirft. Für die Entgegennahme und Behandlung von (allfälligen) Strafanzeigen ist das Bundesgericht im Übrigen nicht zuständig.  
M it ihren Vorbringen, der Strafbefehl sei ihr nie rechtsgültig zugestellt worden und damit nicht in Rechtskraft erwachsen, macht sie weder eine Verletzung von Verfahrensvorschriften im bundesgerichtlichen Verfahren gemäss Art. 121 BGG noch eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention gemäss Art. 122 BGG geltend, wobei ein Revisionsgesuch im Sinne von Art. 121 lit. b-d BGG verspätet wäre (vgl. Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG). Ebenso wenig bringt die Gesuchstellerin vor, dass die Voraussetzungen von Art. 123 Abs. 1 BGG erfüllt sind. Bliebe also noch eine Revision gestützt auf Art. 123 Abs. 2 lit. b BGG, zumal die Gesuchstellerin auch andeutet, dass sie zum Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen sei. 
Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. b BGG kann die Revision in Strafsachen verlangt werden, wenn die Voraussetzungen von Art. 410 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 2 StPO erfüllt sind. Ein Revisionsgrund nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO liegt vor, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen. Nach der Rechtsprechung kommt die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts in Strafsachen wegen neuer Tatsachen und Beweismittel nur in Betracht, wenn das Bundesgericht im vorangegangenen Verfahren nicht nur das Urteil der Vorinstanz, sondern gestützt auf Art. 105 Abs. 2 BGG auch deren Sachverhaltsfeststellungen abgeändert bzw. eigene Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat. Vorbehalten bleiben erhebliche Tatsachen betreffend die Zulässigkeit der Beschwerde, die von Amtes wegen abzuklären sind. In den übrigen Fällen müssen neue Tatsachen oder Beweismittel mit einem Revisionsgesuch im Kanton geltend gemacht werden (BGE 134 IV 48 E. 1; Urteile 6F_3/2022 vom 16. Juni 2022 E. 1.1; 6F_30/2020 vom 28. Oktober 2020 E. 3.2; 6F_1/2019 vom 13. Mai 2019 E. 4; 6F_17/2012 vom 19. Dezember 2012 E. 2.2; je mit Hinweisen). 
Das Bundesgericht hatte im Urteil vom 17. August 2022 die Frage zu prüfen, ob die Einsprache der damaligen Beschwerdeführerin und heutigen Gesuchstellerin gestützt auf Art. 355 Abs. 2 StPO aufgrund deren unentschuldigten Fernbleibens von der Einvernahme als zurückgezogen gilt und der Strafbefehl vom 27. Mai 2020 folglich in Rechtskraft erwachsen ist, was es bejahte und die Beschwerde der Gesuchstellerin abwies (vgl. Urteil 6B_600/2022 vom 17. August 2022). Weder hat das Bundesgericht den Beschluss der Vorinstanz aufgehoben noch hat es deren Sachverhaltsfeststellungen abgeändert bzw. eigene Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Damit kann sich die Gesuchstellerin auch nicht auf den Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. b BGG berufen; vielmehr hat sie allfällige neue Tatsachen oder Beweismittel mit einem Revisionsgesuch im Kanton geltend zu machen, was sie im Übrigen auch gemacht hat (vgl. hierzu Urteil 6B_258/2023 vom 8. Mai 2023). 
 
1.4. Zusammenfassend macht die Gesuchstellerin weder Revisionsgründe im Sinne von Art. 121 ff. BGG geltend noch sind solche ersichtlich. Es erübrigt sich, auf ihre weiteren Vorbringen einzugehen. Insbesondere ist das Bundesgericht nicht zuständig, der Gesuchstellerin Einsicht in die kantonalen Akten zu gewähren. Auch kann der vorliegende Entscheid ohne vorgängige Einsicht in die kantonalen Akten ergehen. Die von ihr eingereichten Beilagen werden der Gesuchstellerin nach Abschluss des Verfahrens retourniert, womit der Antrag, die Strafregisterauszüge seien zu versiegeln, nicht beurteilt werden muss. Ihren sinngemässen Antrag auf Entschädigung ihrer Auslagen im Verfahren 6B_600/2022 begründet die Gesuchstellerin, wenn überhaupt, mit der beantragten Aufhebung des zu revidierenden Urteils.  
 
2.  
Auf das Revisionsgesuch ist nicht einzutreten. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten der Gesuchstellerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). In Berücksichtigung des relativ geringen Aufwands ist eine reduzierte Entscheidgebühr angemessen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Mai 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Andres