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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_807/2018  
 
 
Urteil vom 28. September 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Gerichtsschreiber Quinto. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.D.________, 
2. B.D.________, 
3. C.D.________, 
4. E.________, 
Beschwerdeführer, 
alle vier vertreten durch 
Rechtsanwalt Cédric-Olivier Jenoure, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch 
in Steuersachen SEI, 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe DBA (CH-FR), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, 
vom 30. August 2018 (A-846/2018). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 26. Mai 2017 stellte die französische Direction Générale des Finances Publiques ("DGFP") zwei Amtshilfegesuche an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) gestützt auf Art. 28 des Abkommens zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht (DBA CH-F; SR 0.672.934.91). Beide Gesuche betreffen die Besteuerung des Ehepaars A.D.________ und B.D.________ in Frankreich. Mit dem Amtshilfegesuch ID/SAD/2017/B38/110080/1 ("Gesuch Nr. 1") wurde für den Zeitraum 2010 - 2016 um Informationen zu einem Bankkonto mit einer bestimmten IBAN-Nr. bei der Banque F.________, welches auf das genannte Ehepaar laute, sowie um weitere Konten bei der Banque F.________ mit einem Bezug zu diesem Ehepaar (u. a. als Bevollmächtigte), ersucht. Mit dem (zweiten) Amtshilfegesuch ID/SAD/2017/B38/110080/2 ("Gesuch Nr. 2") wurde für den Zeitraum 2011 - 2016 um Informationen zum steuerrechtlichen Wohnsitz des genannten Ehepaares in der Schweiz ersucht. Die Sachverhaltsschilderungen beider Gesuche stimmen im Wesentlichen überein. Die DGFP geht aufgrund verschiedener Indizien davon aus, dass die Eheleute D.________ ihren steuerrechtlichen Wohnsitz nach wie vor in Frankreich haben.  
 
1.2. Die ESTV vereinigte beide Gesuche bzw. Verfahren, da es sich jeweils um dieselben betroffenen Personen handle und der Sachverhalt im Grundsatz übereinstimme, zu einem einzigen Amtshilfeverfahren. Mit Schlussverfügung vom 9. Januar 2018 gegenüber A.D.________ und B.D.________ (als betroffene Personen) sowie C.D.________ und E.________ als (weitere) beschwerdeberechtigte Personen gab die ESTV den Gesuchen im Wesentlichen statt und ordnete unter anderem die Übermittlung folgender Informationen an:  
 
- Gewisse Bankunterlagen zu einem Bankkonto bei der G.________ SA, welches von der ESTV der von der DGFP angegebenen IBAN-Nr. zugeordnet werden konnte. Dieses Konto lautet auf A.D.________, während B.D.________ diesbezüglich über eine Generalvollmacht verfügt; 
- Gewisse Bankunterlagen zu mehreren laufenden und bereits geschlossenen Bankkonten bei der Banque F.________, für welche A.D.________ über eine Zeichnungsberechtigung verfügt bzw. verfügte. Aus ersteren ergibt sich, dass diese Konten auf C.D.________ und/oder E.________ lauten bzw. lauteten; 
- Die Tatsache, dass das Ehepaar A.D.________ und B.D.________ den kantonalen Steuerbehörden bekannt ist und sie seit 2014 als Einwohner von U.________ mit entsprechendem Wohnsitz registriert sind, wobei weder A.D.________ noch B.D.________ im betroffenen Zeitraum als Eigentümer einer Liegenschaft in U.________ im Grundbuch eingetragen seien. Zudem wurden die Übermittlung gewisser Informationen zur Besteuerung des genannten Ehepaares in den Jahren 2014 und 2015 angeordnet. 
 
1.3. Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vom 9. Februar 2018 fochten sowohl A.D.________ und B.D.________ als auch C.D.________ und E.________ die Schlussverfügung der ESTV an und beantragten unter anderem deren Aufhebung sowie eventualiter die teilweise Verweigerung der Amtshilfe und die Verweigerung der Herausgabe sämtlicher Bankunterlagen. Das Bundesverwaltungsgericht hies die Beschwerde mit Urteil vom 30. August 2018 teilweise gut, indem es eine bestimmte Information zur Besteuerung des Ehepaars D.________ in der Schweiz untersagte. Grösstenteils wurde die Beschwerde jedoch abgewiesen und damit die Übermittlung insbesondere der Bankunterlagen bestätigt.  
 
1.4. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 17. September 2018 beantragen A.D.________ (Beschwerdeführer 1), B.D.________ (Beschwerdeführerin 2), C.D.________ (Beschwerdeführer 3) und E.________ (Beschwerdeführerin 4) die teilweise Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, Nichteintreten auf das Amtshilfegesuch der DGFP vom 26. Mai 2017 und eventualiter die teilweise Verweigerung der Amtshilfe, die Untersagung der Herausgabe der Bankunterlagen der Banque F.________ und der G.________ SA und die Trennung der Gesuche 1 und 2.  
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 109 Abs. 1 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, welche die Anforderungen von Art. 84a BGG nicht erfüllen. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonderen bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt (Art. 84a BGG). Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 oder 84a BGG vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu.  
Wie Art. 84 BGG bezweckt auch Art. 84a BGG die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuerangelegenheiten. Ein besonders bedeutender Fall ist daher mit Zurückhaltung anzunehmen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu. Gemäss Art. 84 Abs. 2 BGG liegt ein besonders bedeutender Fall insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 84 Abs. 2 BGG eine nicht abschliessende Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann, namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt. Dies kann zutreffen, wenn die Rechtsprechung in der massgebenden Lehre auf erhebliche Kritik gestossen ist. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung können sich ebenfalls nach dem Erlass neuer materiell- oder verfahrensrechtlicher Normen stellen. Das Gleiche gilt, wenn sich aufgrund der internationalen Entwicklungen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen (BGE 139 II 404 E. 1.3 S. 410; 139 II 340 E. 4 S. 342 mit weiteren Hinweisen). Die zu beurteilenden Rechtsfragen müssen schliesslich entscheidrelevant sein. Das Bundesgericht prüft nicht Fragen rein theoretischer Natur, die keine konkrete Auswirkung für die Parteien haben (BGE 142 II 161 E. 3 S. 173; Urteile 2C_275/2017 vom 20. März 2017 E. 2.7; 2C_20/2017 vom 25. Januar 2017 E. 2.1). 
 
2.2. Die Beschwerdeführer werfen zwei Fragen auf, welche ihrer Ansicht nach Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung darstellen:  
 
- Sie bringen vor, die Zusammenführung von zwei Gesuchen verhindere eine gezielte Behandlung, in deren Rahmen durchaus auch zulässige Informationen fliessen könnten, ohne dass die Beschwerdeführer Rechtsmittel ergreifen müssten. Ausserdem berge die Zusammenführung in Bezug auf einzelne Aspekte die Gefahr eines gewissen Rechtsverlusts in sich.  Vor diesem Hintergrund wird die Frage gestellt, ob es zulässig sei, zwei Gesuche zusammenzuführen bzw. die entsprechenden Verfahren zu vereinigen (Frage 1).  
- Sie führen weiter aus, mit dem Gesuch Nr. 1 seien  aufgrund der wirtschaftlichen Berechtigung der Beschwerdeführer 1 und 2 in Bezug auf gewisse Konten die Beschwerdeführer 3 und 4 in die Datenübermittlung involviert. Dabei handle es sich um Drittdaten, die nicht übermittelt werden dürften.  Sie stellen vor diesem Hintergrund die Frage, ob entsprechende Daten übermittelt werden dürfen (Frage 2).  
 
2.3. Das Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254; 133 III 350 E. 1.3 S. 351 f.). Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 ff.; Urteil 2C_116/2017 vom 3. Oktober 2017 E. 2.1). Eine Sachverhaltsrüge (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist substanziiert vorzubringen (Art. 106 Abs. 2 BGG); auf rein appellatorische Kritik geht das Gericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 ff.; 139 II 404 E. 10.1 S. 444 f.). Vorliegend haben die Beschwerdeführer den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt nicht infrage gestellt, weshalb von diesem auszugehen ist.  
 
3.  
 
3.1. Bezüglich der Frage 1 begründen die Beschwerdeführer das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung damit, dass durch das Zusammenführen der beiden Gesuche das Eintreten auf nur eines der beiden Gesuche verunmöglicht werde.  
Praxisgemäss wird jede von einem ersuchenden Staat verlangte Information von der ESTV einzeln geprüft und entsprechend im Dispositiv für jede Information verfügt, ob sie übermittelt werden darf oder nicht. Weshalb vor diesem Hintergrund bei einer Zusammenführung von Gesuchen bzw. Verfahrensvereinigung die gezielte Behandlung, welche die Übermittlung zulässiger Informationen erlaubt und damit den Beschwerdeführern das Einlegen von Rechsmitteln erspart, nicht möglich sein soll, legen die Beschwerdeführer nicht dar. Ebenso wenig wird begründet, weshalb und inwiefern die Zusammenführung bzw. Verfahrensvereinigung zu einem Rechtsverlust führen soll. Mangels Begründung handelt es sich bei Frage 1 um eine solche rein theoretischer Natur, welche vom Bundesgericht nicht zu beantworten ist. 
 
3.2. Gemäss vorinstanzlich festgestelltem Sachverhalt verfügt bzw. verfügte Beschwerdeführer 1 bezüglich der auf Beschwerdeführer 3 und/oder Beschwerdeführerin 4 lautenden Konten bei der Banque F.________  nicht über die wirtschaftliche Berechtigung, sondern ist bzw. war Zeichnungsberechtigter. Auch Beschwerdeführerin 2 verfügte zu keinem Zeitpunkt über die wirtschaftliche Berechtigung bezüglich der genannten Konten. Frage 2 geht deshalb von einem anderen als dem festgestellten Sachverhalt aus und erweist sich damit ebenfalls als Frage rein theoretischer Natur, welche vom Bundesgericht nicht zu klären ist.  
 
3.3. Folglich stellt sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung und es handelt sich auch nicht um einen aus anderen Gründen besonders bedeutenden Fall. Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten.  
 
4.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend haben die unterliegenden Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen (Art. 65, Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. Letztere tragen diese Kosten zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. September 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Quinto