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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.225/2004 /ast 
 
Urteil vom 11. Januar 2005 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
Beklagte und Berufungskläger, 
 
gegen 
 
X.________ AG, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Rohrer. 
 
Gegenstand 
Mietvertrag; Täuschung, 
 
Berufung gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 4. Mai 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________, B.________ und C.________ (Beklagte) schlossen am 22. Februar 1993 mit der X.________ AG (Klägerin) als Vermieterin einen Mietvertrag über einen Restaurationsbetrieb ab. Im Mai 1993 trafen die Parteien zusätzliche Vereinbarungen über den Kauf von Kleininventar und Warenvorräten sowie die mietweise Überlassung des Grossinventars mit käuflicher Übernahme per 1. Juni 1994. 
B. 
Am 17. Mai 1996 fochten die Beklagten die getroffenen Vereinbarungen wegen Täuschung beziehungsweise wegen Irrtums an. Zur Schadensminderung wurde das Mietobjekt daraufhin untervermietet. Im Januar 1997 kam es zur Rückgabe des Mietobjektes samt Inventar und Warenvorräten an die Klägerin. 
C. 
Die Klägerin anerkannte die Vertragsanfechtung der Beklagten nicht und erhob beim Mietgericht des Bezirkes Bülach Klage. Die Beklagten erhoben Widerklage. Nachdem das Obergericht des Kantons Zürich die Angelegenheit an das Mietgericht zur Ergänzung des Sachverhaltes zurückgewiesen hatte, verpflichtete dieses schliesslich die Beklagten zur Zahlung von Fr. 25'297.90 nebst Zins und wies im Übrigen sowohl die Klage als auch die Widerklage ab. Die von den Beklagten gegen diesen Entscheid erhobene Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich blieb erfolglos. 
D. 
Gegen das Urteil des Obergerichts haben die Beklagten sowohl Berufung beim Bundesgericht als auch Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons Zürich eingereicht. Das Kassationsgericht wies die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. In der Berufung beantragen die Beklagten im Wesentlichen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Angelegenheit an das Obergericht zur neuen Beurteilung zurückzuweisen. Die Klägerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten ist. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Vor Abschluss des Mietvertrages liess die Klägerin den Beklagten einen "Vergleich der Gewinn- und Verlustrechnungen" des Restaurationsbetriebs für die Jahre 1990 und 1991 zukommen. Obwohl der Geschäftsabschluss und damit die genauen Zahlen für das Jahr 1992 nach den Angaben der Klägerin in diesem Zeitpunkt noch nicht vorlagen, war bereits absehbar, dass die Umsatzzahlen der Jahre 1990 (Fr. 1'538'069.45) und 1991 (Fr. 1'605'322.40) im Jahr 1992 nicht erreicht würden (der Abschluss ergab einen Umsatz von Fr. 1'373'789.90). Über den Umsatzrückgang wurden die Beklagten bei Vertragsschluss nicht informiert. Daher fochten sie die geschlossenen Vereinbarungen wegen Täuschung an. Das Obergericht erkannte, die Beklagten hätten nicht nachweisen können, dass ihnen versichert worden sei, der Umsatz im Jahre 1992 bewege sich im Rahmen des Vorjahres und sei eher noch höher. Nach Ansicht des Obergerichts war der Umsatzrückgang auch nicht derart dramatisch, dass die Klägerin die Beklagten von sich aus darüber hätte informieren müssen, zumal die Beklagten den Restaurationsbetrieb ohnehin anders als bisher hätten führen wollen (360 Betriebstage statt wie bisher 240). Zudem erachtete die Vorinstanz den Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen der Kenntnis des Umsatzrückgangs und dem Vertragsschluss für gescheitert. Daher hielt das Obergericht die Täuschungsanfechtung für unzulässig und schützte die Forderung der Klägerin gemäss den getroffenen Vereinbarungen im Umfang von Fr. 151'854.20 (Fr. 60'000.-- Mietzinse, Fr. 1'281.25 Nebenkosten, Fr. 12'755.95 Mängelbehebung, Fr. 14'818.75 Getränkelieferung, Fr. 1'141.60 Telekom Rechnung, Fr. 539.-- Betreibungskosten sowie Fr. 61'317.65 Entschädigung für die Benutzung des Grossinventars) abzüglich der von den Beklagten zur Verrechnung gestellten Forderungen für den Rückkaufpreis des Kleininventars (Fr. 107'195.40) und der Warenvorräte (Fr. 19'360.90). 
1.2 Die Beklagten machen mit der Berufung geltend, die Anfechtung der Vereinbarung wegen Täuschung nach Art. 28 OR sei berechtigt. Die Täuschung liege bereits im Überlassen der Jahresabschlüsse ohne Hinweis auf den Umsatzeinbruch. Zudem sei erstellt, dass die Beklagten eine falsche Information betreffend den Umsatz für das Jahr 1992 erhalten hätten. Dies habe das Obergericht in Verletzung von Art. 8 ZGB verkannt. Schliesslich rügen die Beklagten noch eine Verletzung von Art. 120 OR, da das Obergericht dem Anspruch der Beklagten verrechnungsweise die Forderung für Getränkelieferung entgegengesetzt hat, welche der Klägerin nicht gegenüber den Beklagten, sondern gegenüber der Untermieterin der Beklagten zustehe. 
2. 
Die Berufungsschrift enthält keinen materiellen Antrag, wie er nach Art. 55 Abs. 1 lit. b OG erforderlich ist. Der blosse Rückweisungsantrag wäre nur ausreichend, wenn das Bundesgericht, sollte es die Rechtsauffassung der Beklagten für begründet erachten, kein Sachurteil fällen könnte, sondern die Streitsache zur weiteren Abklärung des Sachverhaltes an die Vorinstanz zurückweisen müsste (BGE 125 III 412 E. 1b S. 414). Die Beklagten rügen zwar formell eine Verletzung von Art. 8 ZGB und damit ihres Anspruchs auf Beweisführung. Sie legen aber nicht dar, inwiefern eine Ergänzung des Sachverhaltes durch die kantonalen Instanzen notwendig wäre. Vielmehr sind sie offenbar der Ansicht, das Obergericht hätte bereits gestützt auf die abgenommenen Beweise ihre Behauptungen für erstellt erachten sollen. Die Ansprüche der Beklagten werden im angefochtenen Urteil beziffert und die Berufung enthält diesbezüglich keinerlei substanziierte Beanstandungen. Damit ist zweifelhaft, ob der blosse Rückweisungsantrag genügt. Die Frage kann indessen offen bleiben. Selbst wenn man auf die Berufung eintritt, dringen die Beklagten mit ihren Rügen nicht durch. 
3. 
3.1 Im Berufungsverfahren ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden, sofern die Vorinstanz nicht bundesrechtliche Beweisvorschriften verletzt hat, ihr ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (Art. 63 Abs. 2 OG) oder der von ihr ermittelte Sachverhalt im Hinblick auf die Anwendung des Bundesrechts der Ergänzung bedarf (Art. 64 OG). Die Partei, die den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt wissen will, hat darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG; BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106; 127 III 248 E. 2c S. 252, je mit Hinweisen). Blosse Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung ist im Berufungsverfahren unzulässig (BGE 128 III 163 E. 3b S. 167; 127 III 73 E. 6a S. 81; 126 III 10 E. 2b S. 13; 120 II 97 E. 2b S. 99; 119 II 84 E. 3 S. 85, je mit Hinweisen). 
3.2 Tatbestandsmerkmal der absichtlichen Täuschung im Sinne von Art. 28 OR ist unter anderem der Täuschungserfolg. Die Täuschung muss für den Vertragsabschluss das kausale Motiv sein, der Gegner muss den Getäuschten verleitet haben. Daran gebricht es, wenn der Getäuschte den Vertrag auch ohne Täuschung geschlossen hätte (BGE 129 III 320 E. 6.3 S. 326 f. mit Hinweisen). 
3.3 Das Obergericht ist aufgrund von Beweiswürdigung in Anbetracht der Relation des Umsatzdurchschnittes der Jahre 1990-1992 zum geschuldeten Mietzins und des abweichenden Betriebskonzepts der Beklagten mit mehr Betriebstagen zum Schluss gekommen, die Umsatzzahlen seien für den Abschluss der Vereinbarungen nicht kausal gewesen. Dabei hat es auch den Wunsch der Beklagten, den Betrieb von der Klägerin zu übernehmen, berücksichtigt. Kritik an dieser Beweiswürdigung ist im Rahmen der Berufung nicht zu hören. Hat aber die behauptete Täuschung den Kaufsentschluss nicht beeinflusst, liegt keine Täuschung im Sinne von Art. 28 OR vor. Das Vorbringen der Beklagten, bereits in der Überlassung der Umsatzergebnisse ohne Hinweis auf den Umsatzrückgang liege eine Täuschung, vermag an der fehlenden Kausalität der behaupteten Täuschung für den Vertragsschluss nichts zu ändern. Für Gegebenheiten, welche den Kaufsentschluss nicht wesentlich beeinflussen, kann die Gegenpartei keine Aufklärungspflicht treffen. Auch eine Anfechtung wegen Grundlagenirrtums (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR) käme nur in Betracht, wenn die Annahme, der Umsatz bewege sich im Jahre 1992 etwa in gleicher Höhe wie im Vorjahr, eine notwendige Voraussetzung für den Entschluss, die Vereinbarungen abzuschliessen, gebildet hätte. Nach den Feststellungen des Obergerichts war dies nicht der Fall. 
3.4 War der Umsatz im Jahr 1992 nicht kausal für die Entscheidung der Beklagten, ist sogar unerheblich, ob den Beklagten diesbezüglich falsche Angaben gemacht wurden. Ihre Rüge einer Verletzung von Art. 8 ZGB stösst deshalb ins Leere. Zudem legen die Beklagten nicht dar, welche korrekt angebotenen Beweise das Obergericht nicht abgenommen haben soll. Sie stützen sich im Gegenteil auf das Beweisergebnis und ziehen daraus vom angefochtenen Entscheid abweichende Schlussfolgerungen, ohne darzutun, inwiefern gegebenenfalls ein offensichtliches Versehen vorliegen sollte. Damit üben sie wiederum Kritik an der Beweiswürdigung, die im Rahmen der Berufung nicht zulässig ist. 
4. 
Soweit die Beklagten schliesslich geltend machen, der Betrag von Fr. 14'818.75 für Getränkelieferungen stehe der Klägerin nur gegenüber der Untermieterschaft zu und nicht gegen die Beklagten selbst, hält der angefochtene Entscheid fest, dieser Anspruch sei vor Obergericht unbestritten geblieben. Diese Feststellung lassen die Beklagten unangefochten. War der Betrag aber unbestritten, konnte ihn das Obergericht ohne Verletzung von Bundesrecht der Klägerin zusprechen. 
5. 
Damit erweist sich die Berufung insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen, soweit angesichts der unzulänglichen Rechtsbegehren und der unzulässigen Kritik an der Beweiswürdigung und den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz überhaupt darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr den Beklagten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG), die zudem die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen haben (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beklagten unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
3. 
Die Beklagten haben die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. Januar 2005 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: