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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.207/2003 /lma 
 
Urteil vom 20. Februar 2004 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch. 
Gerichtsschreiberin Schoder. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt 
Roger Lippuner, 
 
gegen 
 
B.________, 
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Knus, 
Präsidentin der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Art. 5 Abs. 3, Art. 8 und 9 BV (Willkürliche Beweiswürdigung im Zivilprozess; Gegenbeweis), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid der Präsidentin der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen vom 18. August 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________ (Beschwerdeführer) vertrieb unter der Bezeichnung "X.________®" glaceähnliche Produkte. Er verfügte über einen Verkaufswagen und eine transportable Verkaufsstation. Am 27. Juli 2000 verkaufte er B.________ (Beschwerdegegner) seinen Betrieb einschliesslich der "Rechte am Namen und der dazugehörenden Marke sowie der Logos" für insgesamt Fr. 110'000.--. Davon waren Fr. 30'000.-- nach Vertragsschluss zahlbar, der Restbetrag in drei jährlichen Raten à Fr. 26'666.--. 
 
Die erste Rate wurde ordnungsgemäss bezahlt, die zweite lediglich bis zum Betrag von Fr. 8'913.--, welchen der Beschwerdeführer in Betreibung setzte. Die Gerichtspräsidentin von Werdenberg erteilte ihm dafür am 25. Februar 2002 provisorische Rechtsöffnung. Dagegen erhob der Beschwerdegegner Klage auf Aberkennung. Am 26. November 2002 stellte jedoch die Gerichtspräsidentin von Werdenberg fest, dass die vom Beschwerdeführer in Betreibung gesetzte Forderung von Fr. 8'913.-- nebst Zins und Kosten nicht besteht und aberkannt wird. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, welche die Präsidentin der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen am 18. August 2003 abwies. 
B. 
Der Beschwerdeführer hat den Entscheid der Präsidentin der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde als auch mit Berufung beim Bundesgericht angefochten. Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt er die Aufhebung des angefochtenen sowie des Entscheids des Bezirksgerichtspräsidiums Werdenberg vom 26. November 2002. 
 
Der Beschwerdegegner schliesst auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. 
 
Die Präsidentin der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Nach § 238 lit. a ZPG/SG ist die Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.-- ausgeschlossen. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich deshalb um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid im Sinne von Art. 86 Abs. 1 OG. Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher grundsätzlich zulässig. 
2. 
Nach Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht mit einem anderen Rechtsmittel gerügt werden kann. Diese Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde gilt insbesondere auch im Verhältnis zur Berufung (BGE 120 II 384 E. 4a S. 385). Die Rüge falscher Anwendung von Bundesrecht ist in berufungsfähigen Streitsachen mit Berufung vorzubringen (Art. 43 Abs. 1 OG), so dass die staatsrechtliche Beschwerde insoweit verschlossen bleibt. 
 
Vorliegend steht eine vermögensrechtliche Streitigkeit zur Beurteilung, deren Streitwert über Fr. 8'000.-- liegt. Berufungsfähigkeit ist somit gegeben (Art. 46 OG). Der Beschwerdeführer hat denn parallel zu seiner staatsrechtlichen Beschwerde auch Berufung eingereicht. Soweit die Beschwerdevorbringen auf Kritik an der Auslegung und Anwendung von Bundesrecht hinauslaufen, ist deshalb darauf nicht einzutreten. Somit bleiben seine Rügen unbeachtet, wonach die festgestellten Tatsachen für die Annahme, dass der Irrtum objektiv und subjektiv wesentlich gewesen sei, nicht ausreichten, die Präsidentin der III. Zivilkammer zu Unrecht treuwidriges Verhalten des Beschwerdegegners verneint und auf Unverbindlichkeit des gesamten Vertrages erkannt habe. 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Verbots willkürlicher Beweiswürdigung. Willkür (Art. 9 BV) liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere als die vom kantonalen Gericht gewählte Lösung ebenfalls vertretbar oder gar vorzuziehen wäre. Willkürlich ist ein Entscheid vielmehr erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, insbesondere mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 128 I 177 E. 2.1 S. 182, je mit Hinweisen). Geht es um Beweiswürdigung, ist überdies zu beachten, dass dem Sachgericht darin nach ständiger Rechtsprechung ein weiter Ermessensspielraum zukommt. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht hat, namentlich zu völlig unhaltbaren Schlüssen gelangt ist oder erhebliche Beweise übersehen oder willkürlich nicht berücksichtigt hat (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40; 118 Ia 28 E. 1b S. 30). Dabei rechtfertigt sich die Aufhebung eines Entscheides nur, wenn er nicht nur in einzelnen Punkten der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 129 I 49 E. 4 S. 58; 127 I 54 E. 2b S. 56). Inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen im dargelegten Sinne missbraucht haben soll, ist in der staatsrechtlichen Beschwerde klar und detailliert darzulegen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Namentlich genügt es nicht, einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob dem Bundesgericht freie Prüfung aller Tat- und Rechtsfragen zukäme (BGE 129 I 185 E. 1.6 S. 189). 
4. 
Der Beschwerdegegner hat den Vertrag im kantonalen Verfahren wegen Grundlagenirrtums angefochten. Er berief sich auf den Umstand, dass "X.________®" nicht als Marke registriert ist, obwohl das Logo ein auf eine Registrierung hindeutendes Zeichen trägt. Der Beschwerdeführer stellte das Vorliegen eines Irrtums in Abrede mit der Behauptung, der Beschwerdegegner habe bei Abschluss des Vertrages um den fehlenden Registereintrag gewusst. Diese Behauptung blieb jedoch nach Einschätzung der kantonalen Gerichte unbewiesen. Die Präsidentin der III. Zivilkammer schloss sich diesbezüglich der Würdigung der Aussagen der Zeugen C.________, D.________ und E.________ durch das erstinstanzliche Gericht an. 
4.1 
4.1.1 Die Bezirksgerichtspräsidentin erwog, die Aussage von C.________ vermöge die Behauptung des Beschwerdeführers nicht zu beweisen, dass dieser dem Beschwerdegegner Unterlagen für die Registrierung übergeben habe, denn als Zeuge habe er sich konkret an gar nichts mehr erinnern können, ausser an diesen Vorgang. Er habe denn auch selbst relativiert, dass er zwar eine Übergabe beobachtet habe und sich mit Sicherheit daran erinnere, dass ein Mäppli übergeben worden sei; er könne aber nicht bestätigen, dass es eine Registrierung gewesen sei. Zudem sei C.________ im Hinblick auf den Aberkennungsprozess vom Beschwerdeführer angefragt worden, ob er die Übergabe der Diskette, des Mäppli und der Registrierung gesehen habe und bezeugen würde. 
4.1.2 Der Beschwerdeführer rügt, die Präsidentin der III. Zivilkammer habe mit Bezug auf die Aussagen des Zeugen C.________ die Erwägungen des erstinstanzlichen Gerichts uneingeschränkt übernommen, obwohl er in der kantonalen Berufung geltend gemacht hatte, dass eine wesentliche Aussage des Zeugen falsch wiedergegeben und eine andere übersehen worden sei. Der Zeuge C.________ habe ausgesagt: 
"Ich kann nicht mit 100 %-iger Sicherheit sagen, dass dies eine Registrierung gewesen ist. Aber es war etwas Wichtiges, nehme ich an." 
Im erstinstanzlichen Urteil sei diese Aussage unrichtig wiedergegeben worden, mit den Worten, er "könne ehrlich gesagt aber nicht bestätigen, dass es eine Registrierung gewesen sei." Auch sei im erstinstanzlichen Urteil unberücksichtigt geblieben, dass der Zeuge auf die Frage, woher er wisse, dass die Registratur auf der dem Kläger ausgehändigten Diskette gewesen sei, geantwortet habe: 
 
"Aus dem Gespräch von A.________ und B.________ heraus." 
4.1.3 Die Vorbringen des Beschwerdeführers ändern nichts daran, dass der Zeuge weder von einer mitangehörten Diskussion unter den Parteien über die Markenregistrierung berichtet hat, noch bestätigen konnte, dass die Unterlagen, deren Übergabe er beobachtet haben will, die Registrierung der Marke betrafen. Willkür bei der Beweiswürdigung ist nicht auszumachen. 
4.2 
4.2.1 Nach dem erstinstanzlichen Urteil hat auch E.________ als Zeuge ausgesagt, es sei immer klar gewesen, dass der Beschwerdeführer eine Marke habe verkaufen wollen. Nachdem dieser damit im Frühling/Sommer 2000 schon längere Zeit auf dem Markt tätig gewesen sei, habe kein Zweifel daran bestanden, dass die Marke registriert sei. Die Registrierung sei daher auch nie Verhandlungsgegenstand gewesen. Das erstinstanzliche Gericht hielt diese Darstellung für glaubwürdig, da sie mit den vorhandenen Akten und der Aussage von D.________ übereinstimmt. 
4.2.2 Der Beschwerdeführer gibt auch diese Würdigung als willkürlich aus. Er bringt dazu vor, der Zeuge D.________ habe verschiedentlich nicht die Wahrheit gesagt und bezeichnet die Stellen seiner kantonalen Berufung zum Beweis dafür, dass er entsprechende Rügen vor Kantonsgericht erhoben hat. Der Beschwerdeführer unterliegt jedoch einem Irrtum, denn er hat an den angeführten Orten die Glaubwürdigkeit des Zeugen D.________ nicht in Frage gestellt. Es ist daher unter dem Gesichtswinkel der Willkür nicht zu beanstanden, dass das erstinstanzliche Gericht die Glaubwürdigkeit der Aussagen E.________s aus der Übereinstimmung mit jenen D.________s ableitete. Der Willkürvorwurf ist insoweit unbegründet. 
5. 
5.1 Für den Nachweis der Rechtzeitigkeit der erstmals am 4. Juni 2002 erfolgten Vertragsanfechtung (Jahresfrist gemäss Art. 31 Abs. 1 OR) stellte die Präsidentin der III. Zivilkammer vornehmlich auf die Angaben des Zeugen D.________ ab, denen sie wie das erstinstanzliche Gericht entnahm, dass der Beschwerdegegner zumindest bis zum März 2001 seinen Irrtum über die fehlende Eintragung nicht erkannte. Die Zivilkammerpräsidentin erwog, der Zeuge sei bis zum Herbst 2001 Geschäftspartner des Beschwerdegegners gewesen, habe sich aber im Zeitpunkt der Einvernahme nicht mehr im Einflussbereich der Parteien befunden. Seine Angaben seien daher überzeugend. Der Zeuge habe erklärt, dass er wegen des ®-Zeichens stets davon ausgegangen sei, die Bezeichnung "X.________®" sei registriert, und dass bis im Herbst 2001 auch im Umfeld des Zeugen niemand auf die Idee gekommen sei, "X.________®" existiere nicht als Marke. Daraus schloss die Präsidentin der III. Zivilkammer, dass auch der Kläger bis zum Herbst 2001 seinen Irrtum nicht erkannt hat. 
5.2 Der Beschwerdeführer hält diesen Schluss für qualifiziert falsch. Zur Begründung weist er einzig darauf hin, der Zeuge sei an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt gewesen. Damit zeigt er indes nicht auf, und es ist nicht ersichtlich, weshalb es angesichts des vom Beschwerdeführer erweckten Anscheins der Registrierung unhaltbar sein soll, anzunehmen, auch der Beschwerdegegner habe bis dahin darauf vertraut, die Bezeichnung "X.________®" sei als Marke registriert, zumal der Nachweis, dass die Parteien die Registrierung thematisiert haben, gescheitert ist. Auch insoweit ist die Beschwerde unbegründet. 
6. 
6.1 Im kantonalen Berufungsverfahren hat der Beschwerdeführer beantragt, zusätzlich F.________, G.________ und H.________ als Zeugen zu befragen. Die Präsidentin der III. Zivilkammer hat das Begehren willkürfrei abgelehnt mit Bezug auf die beiden erstgenannten Personen, weil sie zu einem nicht erheblichen Umstand angerufen worden waren, mit Bezug auf die letztgenannte Person, weil der Beschwerdeführer nicht behauptet hatte, welche Tatsache durch die Zeugenaussage bewiesen werden sollte. 
6.2 In der staatsrechtlichen Beschwerde wird zwar die unterbliebene Anhörung weiterer Zeugen als willkürlich gerügt, jedoch ohne Auseinandersetzung mit den Erwägungen im angefochtenen Urteil. Auf derartige allgemein gehaltene Kritik ist nicht einzutreten (E. 3 hiervor). 
7. 
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und der Präsidentin der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 20. Februar 2004 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: