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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_95/2022  
 
 
Urteil vom 5. Dezember 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, 
nebenamtliche Bundesrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch MLaw Artur Terekhov, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, 
Neumühlequai 10, 8001 Zürich, vertreten durch die Baudirektion des Kantons Zürich, Generalsekretariat, Abteilung Stab / Sektion Recht, 
Walcheplatz 2 / Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Änderung des kantonalen Energiegesetzes (EnerG/ZH) vom 25. Oktober 2021, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsrats des Kantons Zürich vom 25. Oktober 2021. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Kantonsrat des Kantons Zürich beschloss am 25. Oktober 2021 u.a. folgende Änderung des Energiegesetzes des Kantons Zürich vom 19. Juni 1983 (EnerG/ZH; LS 730.1) : 
 
" § 3a 
1 Der Regierungsrat legt dem Kantonsrat alle vier Jahre die Energiestrategie des Kantons zur Genehmigung vor. Diese enthält die Grundsätze der Energieplanung und die Ziele der mittel- und langfristigen Entwicklung der Energieversorgung. 
2 Genehmigt der Kantonsrat die Energiestrategie nicht, unterbreitet ihm der Regierungsrat innert Jahresfrist eine überarbeitete Strategie. 
§ 4 
1 Die Energieplanung des Kantons ist Sache des Regierungsrates. Er erstattet dem Kantonsrat darüber zusammen mit der Energiestrategie Bericht. Der Kantonsrat nimmt diesen zur Kenntnis." 
Gegen diese Gesetzesänderung wurde kein Referendum ergriffen. Der Ablauf der Referendumsfrist wurde am 7. Januar 2022 im Amtsblatt des Kantons Zürich publiziert. 
 
B.  
Gegen die Änderung des EnerG/ZH vom 25. Oktober 2021 erhebt A.________ mit Eingabe vom 31. Januar 2022 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, § 3a Abs. 1 EnerG/ZH sei aufzuheben. Zudem sei § 3a Abs. 2 EnerG/ZH teilweise aufzuheben, indem der Wortlaut "zur Genehmigung" aus der Bestimmung gestrichen werde. 
Der Kantonsrat hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Regierungsrat, vertreten durch die Baudirektion, schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Beschwerdeführer hält mit Replik vom 5. April 2022 an seinen Anträgen fest. 
 
C.  
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 22. Februar 2022 wies der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts ein Gesuch des Beschwerdeführers um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Nach Art. 82 lit. b BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen kantonale Erlasse. Die Beschwerde ist gemäss Art. 87 Abs. 1 BGG unmittelbar an das Bundesgericht zulässig, sofern kein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt (vgl. § 19 Abs. 1 lit. d und § 41 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegesetzes [des Kantons Zürich] vom 24. Mai 1959 [VRG/ZH; LS 175.2]). Wird im Normenkontrollverfahren eine Bestimmung des kantonalen oder kommunalen Rechts "abstrakt" (hauptfrageweise) angefochten, beschränkt sich der Streitgegenstand auf die Vereinbarkeit der strittigen Norm mit dem übergeordneten kantonalen oder eidgenössischen Recht (Art. 82 lit. b BGG; BGE 146 I 83 E. 1.1; Urteil 1C_357/2021 vom 19. Mai 2022 E. 1.1).  
 
1.2. Im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle ist nach Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG vom angefochtenen Erlass besonders berührt, wen die angefochtene Bestimmung unmittelbar oder zumindest virtuell betrifft. Virtuelle Betroffenheit setzt voraus, dass die beschwerdeführende Person von der angefochtenen Regelung mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit früher oder später einmal unmittelbar betroffen sein wird. Das schutzwürdige Interesse nach Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein (zum Ganzen: BGE 147 I 308 E. 2.2, 142 V 395 E. 2, 138 I 435 E. 1.6; je mit Hinweisen).  
 
1.3. Hinsichtlich seiner Beschwerdelegitimation bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei politisch aktiv und im Kanton Zürich stimmberechtigt. Folglich sei nicht ausgeschlossen, dass er dereinst als Kantons- oder Regierungsrat gewählt werde und damit durch die angefochtene Bestimmung von § 3a EnerG/ZH, welche die Zuständigkeiten bzw. Kompetenzen zwischen dem Kantons- und Regierungsrat im Zusammenhang mit der kantonalen Energiestrategie regle, direkt betroffen sein werde. Zur Beschwerdeführung berechtigt sei er weiter auch aufgrund der Tatsache, dass die Energiestrategie die planerische Grundlage für kantonale oder kommunale Umsetzungsentscheide im Bereich des Energie- und Umweltrechts bilde, die regelmässig auch in die Rechte von Privatpersonen eingriffen.  
 
1.4. Der revidierte § 3a EnerG/ZH regelt die Kompetenzverteilung zwischen dem Kantons- und dem Regierungsrat im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der kantonalen Energiestrategie. Diese enthält nach § 6 Abs. 1 EnerG/ZH eine Beurteilung des künftigen Bedarfs und Angebots an Energie im Kanton und legt die Ziele der mittel- und langfristigen Entwicklung der Energieversorgung und -nutzung fest. Die Umsetzung der im Rahmen der Energiestrategie definierten Ziele erfolgt mittels der Energieplanung, welche die hierfür notwendigen kantonalen Mittel und Massnahmen bezeichnet (vgl. § 6 Abs. 2 EnerG/ZH). Die Energieplanung ist im Bereich der Energieversorgung und -nutzung sodann die Entscheidgrundlage für Massnahmen der Raumplanung, Projektierung von Anlagen und Fördermassnahmen (§ 4 Abs. 2 EnerG/ZH). Zudem dient sie den Gemeinden als Grundlage für die kommunale Energieplanung (§ 4 Abs. 3 EnerG/ZH).  
Die Energiestrategie betrifft nach dieser gesetzlichen Konzeption, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, Privatpersonen nicht unmittelbar, sondern legt lediglich die für die Behörden verbindlichen Ziele fest. Direkt in ihren Rechten und Pflichten betroffen können Privatpersonen möglicherweise durch Massnahmen sein, die gestützt auf die Vorgaben der kantonalen oder kommunalen Energieplanung ergehen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 EnerG/ZH). Die Situation ist mithin gewissermassen vergleichbar mit jener im Zusammenhang mit der Anfechtung von Richtplänen. Auch diese sind nur für die Behörden, nicht aber für Privatpersonen verbindlich, weswegen nur Erstere einen Richtplan gestützt auf Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG direkt oder unter Umständen auch akzessorisch anfechten können (vgl. BGE 146 I 36 E. 1.4; Urteil 1C_357/2021 vom 19. Mai 2022 E. 2.3). 
 
1.5. Vorliegend richtet sich die Beschwerde einzig gegen § 3a EnerG/ZH, mithin also diejenige Bestimmung des revidierten EnerG/ZH, die das Verfahren zum Erlass der kantonalen Energiestrategie zum Gegenstand hat. Werden Privatpersonen nach dem Ausgeführten bereits durch die Energiestrategie nicht direkt in ihren Rechten und Pflichten tangiert, sind sie noch viel weniger unmittelbar betroffen von den gesetzlichen Vorgaben, die deren Erlass regeln. Der Beschwerdeführer ist daher mangels unmittelbarer Betroffenheit nicht zur Anfechtung von § 3a Abs. 1 und Abs. 2 EnerG/ZH legitimiert.  
 
2.  
Die Beschwerde erweist sich aus den genannten Gründen als unzulässig, weshalb auf sie nicht einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat des Kantons Zürich und dem Kantonsrat des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Dezember 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn