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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_237/2020  
 
 
Urteil vom 19. Juni 2020  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Gerichtsschreiber Businger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
wohnhaft im Kosovo, 
Beschwerdeführer, 
handelnd durch B.________, und dieser vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Zollinger, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Familiennachzug, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 5. Februar 2020 (VB.2019.00831). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. B.________ (geb. 1971) ist kosovarischer Staatsangehöriger. Er heiratete am 24. Januar 2008 eine in der Schweiz niedergelassene Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina und erhielt am 22. Mai 2009 eine Aufenthaltsbewilligung. Die Ehe wurde am 16. Juli 2013 geschieden. Am 21. September 2015 heiratete er die Landsfrau C.________ (geb. 1981), mit der er nach eigenen Angaben bereits früher traditionell verheiratet war und den gemeinsamen Sohn A.________ (geb. 2003) hat.  
 
1.2. Am 20. Oktober 2017 stellte B.________ ein Nachzugsgesuch für seine Ehefrau und seinen Sohn A.________. Das Migrationsamt des Kantons Zürich bewilligte am 3. September 2019 den Nachzug der Ehefrau; sie reiste am 5. Oktober 2019 in die Schweiz ein. Dagegen verweigerte es am 30. August 2019 den Nachzug von A.________. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich am 18. November 2019 und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 5. Februar 2020 ab. Während des Rekursverfahrens - am 25. Oktober 2019 - erhielt B.________ die Niederlassungsbewilligung.  
 
1.3. Mit Beschwerde vom 16. März 2020 beantragt A.________ dem Bundesgericht, es sei ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.  
 
2.   
Der Vater des Beschwerdeführers ist Inhaber der Niederlassungsbewilligung. Ein Anspruch auf Familiennachzug wird in vertretbarer Weise vorgebracht (Art. 43 Abs. 1 AIG [SR 142.20]). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Abs. 2 und Art. 90 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Personen mit Niederlassungsbewilligung haben unter den in Art. 43 Abs. 1-3 AIG genannten Voraussetzungen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Kinder unter zwölf Jahren haben Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung (Art. 43 Abs. 6 AIG). Der Anspruch auf Familiennachzug muss innerhalb von fünf Jahren geltend gemacht werden. Kinder über zwölf Jahre müssen innerhalb von zwölf Monaten nachgezogen werden (Art. 47 Abs. 1 AIG). Die Fristen beginnen mit der Erteilung der Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung oder der Entstehung des Familienverhältnisses (Art. 47 Abs. 3 lit. b AIG).  
 
3.2. Die Vorinstanz hat zutreffend festgehalten, dass das Familienverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater von Geburt an besteht, die Nachzugsfrist mit der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an den Vater am 22. Mai 2009 zu laufen begonnen und am 21. Mai 2014 geendet hat. Die Erteilung der Niederlassungsbewilligung an den Vater am 25. Oktober 2019 löste keine neue Nachzugsfrist aus, weil der Vater nachweislich erstmals am 20. Oktober 2017 und damit nach Fristablauf ein Nachzugsgesuch gestellt hatte und die Rechtsprechung zum Statuswechsel (BGE 137 II 393 E. 3.3 S. 395 ff.) deshalb nicht anwendbar ist (vgl. E. 2.1.1 des angefochtenen Urteils). Diese Ausführungen werden in der Beschwerde nicht substanziiert bestritten.  
 
3.3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat auch der Nachzug seiner Mutter keine neue Frist ausgelöst.  
 
3.3.1. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung laufen die Nachzugsfristen für die Kinder nicht wieder neu, wenn der zunächst allein in der Schweiz lebende Vater die Fristen ungenutzt hat verstreichen lassen und er danach die mit ihm (bereits) verheiratete Kindesmutter nachzieht und sie beabsichtigen, in der Schweiz zusammenzuleben. Denn die Eheleute sind insoweit als Einheit zu betrachten, weshalb sich auch die Mutter die vom Vater verpassten Fristen entgegenhalten lassen muss (Urteil 2C_1/2017 vom 22. Mai 2017 E. 4.1.4). Andernfalls würden die Fristbestimmungen ausgehöhlt, die zur baldigen Einschulung in der Schweiz und damit zur besseren Integration einen frühest möglichen Nachzug fordern (Urteil 2C_205/2011 vom 3. Oktober 2011 E. 4.5).  
 
3.3.2. Es gibt keinen Grund, im vorliegenden Fall von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Der Vater hatte nach dem Erhalt der Aufenthaltsbewilligung am 22. Mai 2009 fünf Jahre lang die Möglichkeit, die Voraussetzungen für den Nachzug seines Sohnes zu schaffen und ein entsprechendes Gesuch zu stellen. Auch nach der Heirat mit der Kindesmutter im September 2015 hat er über zwei Jahre lang mit dem Nachzugsgesuch zugewartet, obwohl sein Sohn damals bereits über zwölf Jahre alt gewesen ist, sodass die Frist selbst dann versäumt worden wäre, wenn sie erst im Zeitpunkt der Hochzeit zu laufen begonnen hätte. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt es sich nicht, dass der Nachzug der Kindesmutter eine neue Frist auslöst, um den im Gesuchszeitpunkt bereits über 14 Jahre alten Sohn nachzuziehen. Bei diesem Ergebnis muss auf die Praxis des Verwaltungsgerichts, wonach in bestimmten, hier nicht vorliegenden Konstellationen vom Grundsatz der Einheit der Eltern abzuweichen sei (vgl. E. 2.1.2 des angefochtenen Urteils), nicht weiter eingegangen werden.  
 
3.4. Der Beschwerdeführer beruft sich weiter auf den Vertrauensschutz. Diese Ausführungen sind unzulässig, nachdem sie im vorinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht worden sind (Art. 99 Abs. 1 BGG). Zudem war die vermeintliche Auskunft des Migrationsamts, wonach der Familiennachzug an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist, nicht falsch und hat der Vater des Beschwerdeführers sie gemäss eigenen Angaben erst "nach der Heirat" und damit nach Ablauf der fünfjährigen Nachzugsfrist erhalten, weshalb er von vornherein nichts zu seinen Gunsten daraus ableiten kann.  
 
3.5. Zusammenfassend erweist sich das Nachzugsgesuch vom 20. Oktober 2017 als offensichtlich verspätet.  
 
4.  
Ein nachträglicher Familiennachzug wird nur bewilligt, wenn wichtige familiäre Gründe geltend gemacht werden (Art. 47 Abs. 4 Satz 1 AIG). Solche liegen entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht alleine deshalb vor, weil es dem nachzugsberechtigten Elternteil nicht gelungen ist, rechtzeitig die Voraussetzungen für den Familiennachzug zu schaffen (Urteil 2C_948/2019 vom 27. April 2020 E. 3.4.1). Nachdem vor Bundesgericht nicht mehr geltend gemacht wird, die Betreuung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat sei nicht mehr gewährleistet, ist darauf nicht näher einzugehen. Vor diesem Hintergrund liegt keine Verletzung des Anspruchs auf Achtung des Familienlebens (Art. 13 Abs. 1 BV bzw. Art. 8 Ziff. 1 EMRK) vor. Mit Art. 47 AIG wird einem unter dem Aspekt dieses Grundrechts legitimen öffentlichen Interesse Ausdruck verliehen und er dient als gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in dieses (Art. 36 BV bzw. Art. 8 Ziff. 2 EMRK; Urteil 2C_214/2019 vom 5. April 2019 E. 3.2 mit Hinweisen). 
 
5.   
Der Beschwerdeführer dringt mit seinen Rügen nicht durch. Die Beschwerde ist als offensichtlich unbegründet im vereinfachten Verfahren abzuweisen (Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG). 
 
6.   
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Juni 2020 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Businger