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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_247/2023  
 
 
Urteil vom 6. Juni 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Kölz, 
Gerichtsschreiber Schurtenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Simone Gasser, 
 
gegen  
 
Bewährungs- und Vollzugsdienste des Kantons Bern, 
vertreten durch Fürsprecher Markus D'Angelo, Gerechtigkeitsgasse 36, Postfach, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Anordnung Sicherheitshaft, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 6. April 2023 (BK 23 124). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wurde wegen mehrfach begangener sexueller Handlungen mit Kindern, teilweise in Tateinheit mit sexueller Nötigung und/oder versuchter Vergewaltigung, zum Nachteil von sechs Kindern im Alter von 4 bis 16 Jahren in drei Strafurteilen schuldig gesprochen und jeweils zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Diese wurden allesamt zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme nach Art. 59 StGB aufgeschoben, die A.________ am 28. Juli 2008 antrat. Diese stationäre Massnahme wurde mehrfach verlängert, letztmals vom Obergericht des Kantons Bern mit Beschluss vom 26. August 2020 bis zum 5. März 2023. A.________ befand sich zuletzt im Massnahmezentrum Bitzi (MZB) im offenen Vollzug. Mit Verfügung vom 25. Januar 2023 widerriefen die Bewährungs- und Vollzugsdienste des Kantons Bern (BVD) den offenen Vollzug sowie die begleiteten Vollzugslockerungen und ordneten die Rückversetzung von A.________ in den geschlossenen Vollzug sowie seine Verlegung in ein Regionalgefängnis an. Mit Verfügung vom 10. Februar 2023 hoben die BVD sodann die stationäre Massnahme wegen Aussichtslosigkeit auf und kündigten A.________ die Einleitung eines selbständigen gerichtlichen Nachverfahrens im Hinblick auf seine Verwahrung an. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 3. März 2023 veranlassten die BVD die Festnahme von A.________ und beantragten die Anordnung von Sicherheitshaft, die vom kantonalen Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 15. März 2023 für die Dauer von drei Monaten bewilligt wurde. Die dagegen eingereichte Beschwerde von A.________ wies das Obergericht des Kantons Bern mit Beschluss vom 6. April 2023 ab. 
 
C.  
Dagegen erhob A.________ mit Eingabe vom 8. Mai 2023 beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und er sei unter Anordnung geeigneter Ersatzmassnahmen umgehend aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Weiter beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren. 
Die Vorinstanz und die BVD haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Anordnung von Sicherheitshaft im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren betreffend die Verlängerung der stationären Massnahme respektive die Anordnung der Verwahrung (Art. 364b Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 222 ff. StPO und Art. 59 Abs. 4 und Art. 64 StGB). Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer nahm vor der Vorinstanz am Verfahren teil und befindet sich, soweit aus den Akten ersichtlich, nach wie vor in Haft. Er ist deshalb gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in Strafsachen einzutreten.  
 
1.2. Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 Abs. 2 BV) erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung der StPO frei. Art. 98 BGG gelangt hier nicht zur Anwendung (BGE 143 IV 330 E. 2.1 mit Hinweisen). Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 330 E. 2.1 mit Hinweis).  
 
1.3. Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht zwar grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Nach der Rechtsprechung muss sich die Beschwerde aber wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen; rein appellatorische Kritik ist nicht zulässig (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4; Urteil 1B_639/2023 vom 13. Januar 2023 E. 3.1 mit Hinweis).  
 
2.  
Nach Art. 364a Abs. 1 StPO kann die Behörde, die für die Einleitung des Verfahrens auf Erlass eines selbstständigen nachträglichen Entscheids des Gerichts zuständig ist, die verurteilte Person festnehmen lassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass gegen die Person der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion angeordnet wird (lit. a) und die Person sich deren Vollzug entzieht (lit. b Ziff. 1) oder erneut ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen begeht (lit. b Ziff. 2). An Stelle der Haft sind Ersatzmassnahmen anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c und Art. 237 ff. StPO i.V.m. Art. 364b Abs. 2 StPO). 
Die Vorinstanz hat sowohl die ernsthafte Befürchtung der Anordnung einer freiheitsentziehenden Sanktion als auch das Bestehen von Wiederholungsgefahr bejaht. Ob darüber hinaus auch Fluchtgefahr vorliegt, hat sie nicht geprüft. Der Beschwerdeführer bestreitet seinerseits nicht, dass die Anordnung einer freiheitsentziehenden Sanktion ernsthaft droht. Vielmehr wendet er sich ausdrücklich einzig gegen die vorinstanzliche Annahme von Wiederholungsgefahr und rügt darüber hinaus die fehlende Verhältnismässigkeit der Haftanordnung. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer erachtet zunächst die vorinstanzliche Annahme von Wiederholungsgefahr für bundesrechtswidrig. 
 
3.1. Im gerichtlichen Nachverfahren mit bereits rechtskräftig beurteilten Straftaten ist aufgrund einer Rückfallprognose zu prüfen, ob weitere sicherheitsrelevante Verbrechen oder schwere Vergehen ernsthaft zu erwarten sind (Art. 364a Abs. 1 lit. b Ziff. 2 StPO). Ausschlaggebend ist damit die Frage der potentiellen Gefährlichkeit der im Nachverfahren inhaftierten oder zu inhaftierenden Person (Urteil 1B_96/2021 vom 25. März 2021 E. 4.2 mit zahlreichen Hinweisen).  
Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr ist restriktiv zu handhaben. In der Regel erscheint die Gefährdung der Sicherheit anderer umso höher, je schwerer die drohende Tat wiegt. Betreffend die Anforderungen an die Rückfallgefahr gilt hingegen eine umgekehrte Proportionalität. Je schwerer die drohenden Taten sind und je höher die Gefährdung der Sicherheit anderer ist, desto geringere Anforderungen sind an die Rückfallgefahr zu stellen. Liegen die Tatschwere und die Sicherheitsrelevanz am oberen Ende der Skala, so ist die Messlatte zur Annahme einer rechtserheblichen Rückfallgefahr tiefer anzusetzen. Eine negative, d.h. eine ungünstige Rückfallprognose ist zur Annahme von Wiederholungsgefahr notwendig, grundsätzlich aber auch ausreichend (BGE 143 IV 9 E. 2.8-2.10; Urteil 1B_96/2021 vom 25. März 2021 E. 4.2; je mit Hinweisen). 
 
3.2. Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, im Obergutachten vom 5. Mai 2020 sei ausgeführt, dass "aufgrund der Vorlaufzeit mit Beziehungsaufnahme zu potentiellen Opfern bei derzeit fehlender Kenntnis potentieller Beziehungen von einem geringen kurzfristigen, d.h. sich auf Wochen bzw. wenige Monate beziehende[n] Rückfallrisiko" auszugehen sei. Mittel- bis langfristig, d.h. im Verlauf eines bzw. mehrerer Jahre, sei jedoch aufgrund der beschriebenen persönlichkeitsimmanenten Defizite und der bestehenden sexuellen Präferenzstörung von einer ungünstigen Legalprognose hinsichtlich erneuter sexueller Handlungen mit Kindern auszugehen, wenn die therapeutischen Interventionen beim Beschwerdeführer nicht weitergeführt würden und es zu Überforderungssituationen komme. Diese Ausführungen im Obergutachten hätten mangels wesentlicher Änderungen nach wie vor Bestand, weshalb ein erhöhtes Risiko für einschlägige, erhebliche sicherheitsrelevante Delinquenz (Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern) vorliege. Der Umstand, dass die Rückfallgefahr kurzfristig gesehen gering sei, ändere an der Annahme von Wiederholungsgefahr nichts, zumal nicht damit gerechnet werden könne, dass das selbständige gerichtlichen Nachverfahren innert der nächsten Wochen oder innert weniger Monate abgeschlossen sei.  
 
3.3. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz in erster Linie eine unzutreffende Würdigung des Obergutachtens vor, auf welches er sich gleichsam mit der Vorinstanz beruft. Die diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers sind unbegründet und vermögen keine Willkür aufzuzeigen, sofern sie sich nicht ohnehin bloss in unzulässiger appellatorischer Kritik erschöpfen:  
 
3.3.1. Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, gemäss dem Obergutachten sei gerade nicht von einer hohen Rückfallgefahr auszugehen. Vielmehr werde seine Rückfallgefahr auch mittel- bis langfristig als durchschnittlich eingestuft; er falle gemäss Obergutachten nicht in die Gruppe von sexuellen Hochrisikostraftätern. Dies zeige sich auch darin, dass er einen PCL-R-Summenwert von 19 Punkten, d.h. weit unterhalb des Trennwerts von 30 Punkten aufweise. Die von ihm ausgehende Gefahr müsse daher aktuell eher als hypothetisch, im Bereich von Restrisiken liegend, bezeichnet werden.  
Der Beschwerdeführer beschönigt die Ergebnisse des Obergutachtens insoweit stark, als er sich primär auf die für ihn (verhältnismässig) vorteilhafteren Ergebnisse des standardisierten Prognoseinstruments PCL-R beruft. Im Obergutachten wurden auch die Prognoseinstrumente Stable-2007 sowie STATIC-99 verwendet, deren kombinierte Auswertung eine "moderat hohe Dringlichkeit von Betreuung und Kontrolle" ergab. Ohnehin aber vermögen nach bundesgerichtlicher Praxis standardisierte Prognoseinstrumente, die auf verallgemeinerten statistisch-empirischen Befunden beruhen, einzig Anhaltspunkte über das strukturelle Grundrisiko zu geben, stellen für sich allein aber keine fundierte individuelle Gefährlichkeitsprognose dar. Hierfür bedarf es einer weitergehenden, differenzierten Einzelfallanalyse durch die sachverständige Person (Urteil 1B_289/2022 vom 1. Juli 2022 E. 5.3 mit Hinweisen). 
Im Obergutachten wurde unbestrittenermassen eine solche Einzelfallanalyse, unter eingehender Berücksichtigung der verwendeten standardisierten Prognoseinstrumente, vorgenommen. Dabei wird im Obergutachten betreffend den Beschwerdeführer abschliessend festgehalten, aktuell könne "nicht davon ausgegangen werden, dass Störungsmerkmale und die resultierenden Konfliktfelder ausserhalb eines strukturierten Settings für ihn schon ausreichend kontrollier- bzw. bewältigbar sind". Daher bestehe mittel- bis langfristig eine "ungünstige Legalprognose hinsichtlich erneuter sexueller Handlungen mit Kindern", wenn die therapeutischen Interventionen nicht weitergeführt würden und es zu Überforderungssituationen komme. 
 
3.3.2. Der Beschwerdeführer bemängelt sodann, die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, die Einschätzungen des Obergutachters hätten "mangels wesentlicher Änderungen" weiterhin Bestand. Vielmehr liege eine wesentliche Änderung vor, die darin bestehe, dass ihm im Nachgang zu diesem Obergutachten zügig voranschreitende Vollzugslockerungen gewährt worden seien, in deren Rahmen er sich tadellos bewährt habe. Die Vorinstanz habe sich im Übrigen zu Recht nicht auf den Verlaufsbericht des MZB vom 20. Mai 2022 berufen, welcher kein gutes Haar an ihm lasse und ausschliesslich seine Schwächen hervorheben würde.  
Diese Ausführungen des Beschwerdeführers sind offensichtlich unzutreffend. Die Vorinstanz hält ausdrücklich fest, mit der Verlegung des Beschwerdeführers in das MZB sei die Erprobung der in der JVA Pöschwies erreichten therapeutischen Inhalte im offenen Massnahmevollzug beabsichtigt worden. Der weitere Verlauf der Massnahme werde im Bericht der MZB jedoch als ausserordentlich ernüchternd beurteilt und die bisherigen Bemühungen als aussichtlos gewertet. Gemäss dem Bericht könne aus forensisch-therapeutischer Sicht deshalb nicht erwartet werden, dass innert nützlicher Frist, das heisst vor Ablauf der Massnahme am 5. März 2023, ein erfolgreicher Therapieverlauf vorliege. Die Vorinstanz folgert, mit Blick auf diesen Bericht schienen keine Hinweise dafür zu bestehen, dass sich die Legalprognose zugunsten des Beschwerdeführers verändert habe. Vielmehr bestünden Anzeichen dafür, dass eine mangelnde Kooperations- und Therapiebereitschaft vorliege, welche nicht einseitig den Vollzugsbehörden und Therapeuten angelastet werden könne. Das im Bericht beschriebene Szenario erscheine sodann nicht völlig unerwartet, sondern passe zu den Ausführungen im Obergutachten. Es sei jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Einschätzungen des MZB offensichtlich unhaltbar und einseitig seien oder dem bisherigen Vollzugsverlauf widersprechen würden. Die Vorinstanz hat diese Ausführungen zwar im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage getätigt, ob die ernsthafte Erwartung bestehe, dass der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion angeordnet werde. Ihre diesbezüglichen Erwägungen zur Legalprognose des Beschwerdeführers sind aber offensichtlich auch für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr von Bedeutung. 
Mit diesen Überlegungen der Vorinstanz setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Auf seine bloss appellatorische und damit unzulässige Kritik am Verlaufsbericht des MZB braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden. Vielmehr ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass die im Verlaufsbericht genannte negative Entwicklung, wonach der Beschwerdeführer erneut die Therapie aktiv verweigere und sich verschliesse, im Obergutachten als realistisches Szenario erachtet wurde. 
 
3.4. In rechtlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer ferner insofern eine falsche Anwendung von Art. 364a Abs. 1 lit. b Ziff. 2 StPO, als eine - vorliegend nicht gegebene - "besondere künftige Gefährlichkeit" für die Annahme von Wiederholungsgefahr vorausgesetzt werde. Zu Unrecht: Die vorinstanzliche Annahme von Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 364a Abs. 1 lit. b Ziff. 2 StPO aufgrund der willkürfrei festgestellten ungünstigen Legalprognose betreffend erheblich sicherheitsrelevante Delinquenz (Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern) beruht auf der vorstehend dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu den Anforderungen hinsichtlich der Annahme von Wiederholungsgefahr (siehe E. 3.1 hiervor) und gibt keinen Anlass zu Kritik.  
 
4.  
Der Beschwerdeführer bringt schliesslich vor, die Anordnung von Sicherheitshaft erweise sich in doppelter Hinsicht als unverhältnismässig. Einerseits rügt er sinngemäss eine Verletzung von Art. 212 Abs. 3 StPO (drohende Überhaft), andererseits eine Verletzung von Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO (Vorrang von Ersatzmassnahmen). 
 
4.1. Im Hinblick auf die Dauer der Haft und deren Verhältnismässigkeit hat die Vorinstanz zunächst festgehalten, es könne im Rahmen einer summarischen Prüfung mit einer genügend erheblichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Anordnung einer freiheitsentziehenden Sanktion drohe, deren Vollzug voraussichtlich deutlich länger dauern werde als die bisherige Haft von drei Monaten. Die Anordnung der Haft erweise sich somit diesbezüglich als verhältnismässig.  
Der Beschwerdeführer bestreitet zwar (unsubstanziiert), dass erneut eine Massnahme von fünf Jahren drohe. Er scheint aber selbst von der Prämisse auszugehen, wonach zu gegebener Zeit das Gericht eine Verlängerung der Massnahme gemäss Art. 59 StGB während einer beschränkten Dauer anordnen werde. Mit Blick auf die bisherige Dauer der Haft von lediglich drei Monaten erweist sich die Haft in zeitlicher Hinsicht daher ohne weiteres als verhältnismässig (siehe dazu Urteil 1B_207/2022 vom 18. Mai 2022 E. 6.1 mit Hinweisen). 
Auf die weitere, bloss appellatorische Kritik des Beschwerdeführers, die Anordnung der Haft erweise sich nicht nur als unverhältnismässig sondern auch als unmenschlich, ist nicht einzugehen (siehe E. 1.3 hiervor). 
 
4.2. Hinsichtlich der Anordnung von Ersatzmassnahmen (Art. 212 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 237 StPO) erwog die Vorinstanz schliesslich unter Verweisung auf den Beschluss vom 26. August 2020, mit welchem die Massnahme zuletzt verlängert worden war, eine ambulante Massnahme sei nicht geeignet, die vom Beschwerdeführer ausgehende Wiederholungsgefahr hinreichend zu bannen. Hierfür müsste insbesondere sichergestellt sein, dass der Beschwerdeführer offen und transparent kommuniziere, was anscheinend bisher nicht der Fall gewesen sei.  
Der Beschwerdeführer begnügt sich im Wesentlichen damit, erneut vorzubringen, dass sich seine Situation seit dem Zeitpunkt der letzten Verlängerung der stationären Massnahme (und damit der Erstellung des Obergutachtens) verbessert habe. Dieses Argument verfängt auch im vorliegenden Zusammenhang nicht (vgl. E. 3.3.2 hiervor). 
Der Beschwerdeführer legt nicht dar und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die von ihm vorgeschlagenen Ersatzmassnahmen, namentlich die Anordnung einer engmaschigen ambulanten Therapie oder die Anordnung eines Kontaktverbots gegenüber Kindern, geeignet sein sollten, den gleichen Zweck wie die Haft (Art. 237 Abs. 1 StPO) zu erfüllen. Angesichts der von der Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellten mangelnden Kooperations- und Therapiebereitschaft des Beschwerdeführers ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Anordnung von Ersatzmassnahmen bis auf Weiteres für ungeeignet erachtet. Dies gilt umso mehr, als im Obergutachten ausdrücklich davor gewarnt wird, dass voreilige, überstürzte Lockerungsschritte den Beschwerdeführer überfordern und damit die Wahrscheinlichkeit für weitere Delikte erhöhen würden. Nachdem offenbar bereits die Verlegung des Beschwerdeführers in das MZB zu grösseren Komplikationen im weiteren Therapieverlauf geführt hat, ist davon auszugehen, dass die unvermittelte und unvorbereitete Freilassung des Beschwerdeführers erst recht zu einer Überforderungssituation und damit einer weiteren Verschlechterung der Situation führen würde. 
 
5.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten grundsätzlich dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 66 und 68 BGG). 
Indessen stellt der Beschwerdeführer ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Verfahren vor Bundesgericht. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Art. 64 BGG), ist diesem stattzugeben. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwältin Simone Gasser als unentgeltliche Rechtsbeiständin beigegeben. 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Rechtsanwältin Simone Gasser wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- ausgerichtet.  
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, den Bewährungs- und Vollzugsdienste des Kantons Bern und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Juni 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger