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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_388/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 13. November 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Frey, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Ablehnung der Einstellung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 4. August 2017 (UH170147-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich (im Folgenden: Staatsanwaltschaft) führt ein Strafverfahren gegen den jamaikanischen Staatsangehörigen A.________. Sie wirft ihm vor, am 5. Januar 1997 in einer Wohnung in Zürich zusammen mit einem Mitbeschuldigten, der ebenfalls eine Schusswaffe eingesetzt habe, auf ein Opfer geschossen zu haben. Ein Schuss sei in den Schädel des Opfers eingedrungen und habe dessen sofortigen Tod bewirkt. 
Mit Verfügung vom 29. September 2016 sistierte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren. Sie legte dar, da die Aussagen von A.________ von jenen anderer Personen abwichen, sei es dringend erforderlich, den Mitbeschuldigten und eine weitere Person zu befragen. Diese beiden Letzteren seien zur Verhaftung ausgeschrieben. Bis sie befragt werden könnten oder sich andere wesentliche neue Tatsachen ergäben, welche eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens rechtfertigten, sei dieses zu sistieren. Die Staatsanwaltschaft stellte fest, die Verjährung der Strafverfolgung trete am 5. Januar 2027 ein. 
 
B.  
Am 17. Februar 2017 beantragte A.________ der Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Sistierung und den Erlass einer Einstellungsverfügung zufolge Verjährung. Letztere sei am 11. Mai 2008 eingetreten. 
Am 8. Mai 2017 lehnte die Staatsanwaltschaft den Antrag ab. Gegen A.________ bestehe nach wie vor der dringende Verdacht des Mordes (Art. 112 StGB). Damit trete die Verjährung am 5. Januar 2027 ein. 
Die von A.________ hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich (III. Strafkammer) am 4. August 2017 ab. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Strafverfahren sei zufolge Verjährung einzustellen. Für die unrechtmässig erstandene Haft sei ihm eine angemessene Entschädigung zuzusprechen. 
 
D.  
Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
Die Staatsanwaltschaft hat sich vernehmen lassen. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde. 
A.________ hat auf eine Stellungnahme dazu verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Mit dem angefochtenen Beschluss bleibt das Strafverfahren - wenn auch sistiert - aufrechterhalten. Er schliesst dieses nicht ab und stellt damit einen Zwischenentscheid dar. Dieser betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand. Es handelt sich um einen "anderen Zwischenentscheid" nach Art. 93 BGG. Dagegen ist die Beschwerde gemäss Absatz 1 dieser Bestimmung zulässig, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).  
Der Beschwerdeführer muss, wenn das nicht offensichtlich ist, darlegen, weshalb die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG gegeben sind. Andernfalls genügt er seiner Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht und kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 142 III 798 E. 2.2 S. 801; 141 III 395 E. 2.5 S. 399 f.; je mit Hinweisen). 
 
1.2. Der Beschwerdeführer äussert sich nicht dazu, weshalb die Beschwerde gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig sein soll. Auf diese könnte demnach nur eingetreten werden, wenn das offensichtlich wäre.  
 
1.3. Beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss es sich im Bereich der Beschwerde in Strafsachen um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil liegt vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren End- oder anderen Entscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 141 IV 289 E. 1.2 S. 291 mit Hinweisen). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 140 II 315 E. 1.3.1 S. 318 mit Hinweisen).  
Nach der Rechtsprechung stellt der Umstand, dass sich jemand einem Strafverfahren mit den damit verbundenen Unannehmlichkeiten unterziehen muss, keinen Nachteil rechtlicher Natur dar (BGE 133 IV 288 E. 3.1 S. 291; 139 E. 4 S. 141; Urteil 1B_478/2016 vom 18. August 2017 E. 1.2.2; je mit Hinweisen). 
Mit dem angefochtenen Beschluss bleibt es beim Strafverfahren und muss sich der Beschwerdeführer Letzterem unterziehen. Dies stellt nach dem Gesagten keinen Nachteil rechtlicher Natur dar. Die Eintretensvoraussetzung nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist damit nicht offensichtlich erfüllt. Vielmehr trifft das Gegenteil zu. 
 
1.4. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist auf das Zivilrecht zugeschnitten. Nach der Rechtsprechung ist diese Bestimmung im Strafrecht besonders restriktiv anzuwenden (BGE 133 IV 288 E. 3.2 S. 292 mit Hinweisen).  
Zwar würde die Gutheissung der vorliegenden Beschwerde die Einstellung des Strafverfahrens und damit einen Endentscheid herbeiführen. Es ist jedoch nicht ohne Weiteres ersichtlich, inwiefern damit ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Wie sich aus der Sistierungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 29. September 2016 ergibt, hat diese zahlreiche Personen zum Vorfall vom 5. Januar 1997 befragt. Zudem hat das Forensische Institut hierzu ein Gutachten erstattet. Dass noch weitere Sachbeweise erhoben werden müssten (oder so lange nach der Tat überhaupt noch könnten), ist nicht auszumachen. Nach der Sistierungsverfügung geht es noch darum, den Mitbeschuldigten und eine weitere Person, die derzeit unbekannten Aufenthalts sind, zu befragen. Dies führt zu keinem weitläufigen, mit einem bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten verbundenen Beweisverfahren. 
 
1.5. Legt der Beschwerdeführer demnach nicht dar, inwiefern die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sein sollen und ist dies auch nicht offensichtlich, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.  
 
2.  
Auf den Antrag, dem Beschwerdeführer sei für unrechtmässig erstandene Haft eine Entschädigung zuzusprechen, kann schon deshalb nicht eingetreten werden, weil ihn der Beschwerdeführer nicht begründet, wozu er gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG verpflichtet gewesen wäre. 
 
3.  
Da die Beschwerde aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 64 BGG nicht bewilligt werden. Der Beschwerdeführer trägt damit die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. November 2017 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Härri