Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_218/2008/don 
 
Urteil vom 3. Juli 2008 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gysi, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Herren Rechtsanwälte Dr. Adrian von Segesser und Dr. Thomas Rebsamen. 
 
Gegenstand 
Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, 2. Rekurskammer, vom 18. Februar 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Das Landgericht Z.________ verpflichtete Y.________ mit Urteil vom 19. Januar 2005 und mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 4. und 20. Februar 2005, der Firma X.________ die Beträge von € 1'784'687.-- sowie € 41'276.-- und € 19'394.80 zu zahlen. 
 
Der Einzelrichter des Bezirkes A.________ hat diese Entscheide mit Verfügung vom 28. März 2006 anerkannt und für vollstreckbar erklärt. 
 
Darauf leitete die Gläubigerin für einen Betrag von umgerechnet Fr. 2'886'139.60 nebst Zins die Betreibung Nr. 2060182 des Betreibungsamtes B.________ ein. Der Schuldner erhob Rechtsvorschlag, zahlte aber am 24. April 2007 einen Betrag von Fr. 3'822'846.80 an das Betreibungsamt, worauf der Einzelrichter des Bezirkes A.________ das zwischenzeitlich eingeleitete Rechtsöffnungsverfahren abschrieb. 
 
B. 
Am 13. Juli 2007 leitete die Gläubigerin für den Betrag von Fr. 245'771.-- nebst Zins von 4% seit 25. April 2007 die Betreibung Nr. 207216 des Betreibungsamtes B.________ ein. 
 
Am 21. September 2007 wies der Einzelrichter des Bezirkes A.________ das Rechtsöffnungsgesuch ab, soweit er darauf eintrat, im Wesentlichen mit der Begründung, die Gläubigerin habe nicht geltend gemacht, dass der Fremdwährungskurs zwischen Fälligkeit der Forderung und effektiver Bezahlung gesunken sei. 
 
Den hiergegen erhobenen Rekurs wies das Kantonsgericht Schwyz am 18. Februar 2008 ab. 
 
C. 
Gegen diesen Entscheid hat die Gläubigerin am 7. April 2008 Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und um Erteilung der definitiven Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. 207216 des Betreibungsamtes B.________ für Fr. 239'773.50 nebst Zins, ferner um Aufrechterhaltung der Arreste Nrn. 2007/85 (Arrestrichter Basel-Stadt) und 2007/0006 (Arrestrichter Schwyz). 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der angefochtene Rechtsöffnungsentscheid ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert, gegen den grundsätzlich die Beschwerde in Zivilsachen ergriffen werden kann (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
 
Rechtsöffnungen sind keine vorsorglichen Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG, weshalb alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig sind und das Bundesgericht behauptete Rechtsverletzungen mit freier Kognition prüft (BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400). 
 
2. 
Das Kantonsgericht hat erwogen, die Umrechnung in der Betreibung habe keine materiell-rechtliche Wirkung, weshalb es dem Gläubiger frei stehe, bei nicht vollständiger Befriedigung den Schuldner erneut zu betreiben. Die Frage, ob die Gläubigerin im Rahmen der ersten Betreibung vollständig befriedigt worden sei, beurteile sich indes nach deutschem Recht, und sie zeige nicht auf, inwiefern ihr für die zweite Betreibung ein Erfüllungsanspruch direkt aus dem deutschen Urteil im Sinn eines liquiden Vollstreckungstitels zustehe. Allein durch Rückumrechnung des Wechselkurses lasse sich die Frage jedenfalls nicht beantworten, und der Rechtsöffnungsrichter dürfe nur beurteilen, ob Bestand, Höhe und Fälligkeit der Forderung durch einen Rechtsöffnungstitel ausgewiesen seien. Im Übrigen nenne die Gläubigerin zwar die Umrechnungskurse für den 24. April und den 12. Juli 2007, nicht aber für den relevanten Zeitpunkt vom 13. Juli 2007 (zweite Betreibungseinleitung), weshalb auch die Umrechnung nicht liquid sei. 
 
3. 
Die Gläubigerin macht geltend, dem Schuldner dürfe dadurch, dass er nicht in Euro geleistet habe, kein Vorteil erwachsen. Am 24. April 2007 seien beim Betreibungsamt Fr. 3'822'846.80 eingegangen. Ziehe man davon die Betreibungskosten von Fr. 2'628.-- ab, ergebe sich bei Umrechnung zum Devisen-Briefkurs ein Betrag von € 2'317'812.65. Davon habe sie abgezogen die Beträge gemäss den Kostenfestsetzungsbeschlüssen von € 41'276.-- nebst € 6'168.-- Zins sowie € 19'394.80 nebst € 1'801.16 Zins und sodann die Zinsen aus dem Leistungsurteil von € 593'705.95. Der verbleibende Betrag von € 1'622'473.95 sei an die Grundforderung von € 1'784'687.-- anzurechnen. Sie sei berechtigt, den Fehlbetrag von € 162'213.05 nebst Zins durch erneute Betreibung in Schweizer Franken gegen den Schuldner durchzusetzen. Die hiermit zusammenhängenden Fragen seien im Übrigen nicht nach deutschem, sondern nach schweizerischem Recht zu beantworten, da es sich ausschliesslich um ein vollstreckungsrechtliches Problem handle. 
 
4. 
Eine Forderung ist grundsätzlich auch dann nach dem SchKG zu vollstrecken, wenn sie auf eine fremde Währung lautet (BGE 134 III 151 E. 2.3 S. 155). Diesfalls ist sie aber gemäss Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG in Schweizer Franken umzurechnen; diese Norm hat historische und Praktikabilitätsgründe (vgl. Giacometti, Währungsprobleme im Zivilprozessrecht und in der Zwangsvollstreckung, Diss. Zürich 1977, S. 93 ff.). Insbesondere beabsichtigte der Gesetzgeber damit weder eine Novation der Forderung noch eine Abänderung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien; geschuldet ist vielmehr weiterhin die vertraglich vereinbarte Fremdwährung, weshalb bei Änderung der Fremdwährungsverhältnisse nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung bzw. während des Betreibungsverfahrens entweder der Gläubiger für die Differenz eine neue Betreibung einleiten oder der Schuldner Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG anheben kann (BGE 134 III 151 E. 2.3 S. 155 m.w.H.; Kofmel Ehrenzeller, Basler Kommentar, N. 40 zu Art. 67 SchKG). 
 
Vorliegend ist zu beachten, dass sich die materielle Rechtslage entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nach dem Schuldstatut - das unbestrittenermassen deutsches Recht ist - richtet, weil aus schweizerischer Sicht die Vollstreckung bzw. die hierfür vorgenommene Umrechnung keine Novation zur Folge hat und sich im Übrigen auch die Folgen aus dem Zahlungsverzug nach dem massgeblichen Statut bestimmen (vgl. BGE 125 III 443 E. 3a-c S. 446 f.). 
 
Nach deutschem Recht beurteilen sich mithin verschiedene Elemente, die je für das Schicksal der vorliegenden Rechtsöffnung ausschlaggebend sein können, so insbesondere die Fragen nach der novierenden Wirkung der Umrechnung, nach dem Zeitpunkt der Anrechnung (Datum der Fälligkeit, der effektiven Zahlung oder weiteres Datum wie Vertragsbruch, Leistungsurteil, etc.; vgl. dazu Kleiner, Internationales Devisen-Schuldrecht, Zürich 1985, S. 165) und nach der Art der Forderung (eigenständige Schadenersatzforderung für Kursverlust oder verbleibender Teil der Grundforderung, vgl. etwa Rüetschi/Stauber, Die Durchsetzung von Fremdwährungsforderungen in der Praxis, S. 53 f.): Hätte die Umrechnung nach deutschem Recht die Novation zur Folge, wäre die Forderung mit der Zahlung im Umfang der Betreibung konsumiert; wäre das Fälligkeitsdatum massgebend (wie im schweizerischen Recht, vgl. BGE 60 II 337 E. 2 S. 340), dürfte tendenziell sogar dem Schuldner ein Rückforderungsanspruch zustehen, weil seinerzeit der Eurokurs notorisch tief war; würde das deutsche Recht Währungsverluste nicht als Verzugsschaden analog zu Art. 103 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 OR (vgl. BGE 76 II 371 E. 4 S. 375; 109 II 436), sondern als eigenständigen "Entwertungsschaden" ansehen, der einen davon unabhängigen Schadenersatzanspruch begründet, bestünde hierfür mit dem Urteil des Landesgerichts Z.________ kein Rechtsöffnungstitel. 
 
All diese Fragen wurden im kantonalen Verfahren nicht thematisiert und sie werden es auch in der vorliegenden Beschwerde nicht. Das Kantonsgericht hat demnach mit der Begründung, ein verbleibender und sich auf das vorgelegte Urteil stützender Erfüllungsanspruch sei nicht liquid, kein Recht im Sinn von Art. 95 f. BGG verletzt. Die Alternativbegründung (mangelnde Substanziierung des relevanten Umrechnungskurses) und die sich darauf beziehenden Rügen der Beschwerdeführerin werden als Folge gegenstandslos. 
 
5. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind folglich der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, 2. Rekurskammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 3. Juli 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Raselli Möckli