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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 178/03 
 
Urteil vom 18. März 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Meyer; Gerichtsschreiber Ackermann 
 
Parteien 
P.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Edwin Ruesch, Schifflände 5, 4800 Zofingen, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 11. Juni 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
P.________, geboren 1949, arbeitete seit Oktober 1997 als Monteur für die Firma B.________ AG und war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unfallversichert. Am 18. Februar 1999 erlitt er anlässlich eines Arbeitsunfalls eine mehrfragmentäre Impressionsfraktur des Kalkaneus rechts, welche zuerst konservativ und anschliessend mit zwei Operationen (am 14. November 2000 und am 1. Juni 2001) behandelt wurde. Auf Ende Dezember 2000 endete das Arbeitsverhältnis mit der Firma B.________ AG, jedoch konnte P.________ auf Mitte Oktober 2001 eine Stelle als Gleismonteur/Sicherheitswärter bei der Firma V.________ AG antreten. Mit Verfügung vom 3. Juli 2002 sprach die SUVA P.________ eine Integritätsentschädigung für eine Integritätseinbusse von 15% zu, verneinte jedoch den Anspruch auf eine Invalidenrente, da die Restfolgen des Unfalles die Erwerbsfähigkeit nicht erheblich beeinträchtigten. Dies wurde durch Einspracheentscheid vom 28. August 2002 bestätigt. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 11. Juni 2003 ab. 
C. 
P.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides sei ihm ab dem 1. Januar 2002 eine Rente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 10.16% zuzusprechen. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Kranken- und Unfallversicherung (ab dem 1. Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit), auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Wie das kantonale Gericht zu Recht festgehalten hat, ist das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 nicht anwendbar, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (August 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (RKUV 2001 Nr. U 419 S. 101 Erw. 2). Die Vorinstanz hat im Weiteren die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 UVG), den Begriff der Invalidität (Art. 18 Abs. 2 Satz 1 UVG) und die Ermittlung des Invaliditätsgrads nach der Methode des Einkommensvergleichs (Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2. 
Streitig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung und in diesem Zusammenhang allein die Frage des für die Invaliditätsbemessung zu berücksichtigenden Einkommens ohne Invalidität (Valideneinkommen); zu Recht nicht bestritten ist dagegen die Höhe des Einkommens nach Eintritt des Gesundheitsschadens (Invalideneinkommmen). Die in der Verfügung vom 3. Juli 2002 zugesprochene Integritätsentschädigung war schon im Einspracheverfahren nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. 
2.1 Die Vorinstanz hat das Valideneinkommen anhand des zuletzt erzielten Verdienstes festgesetzt, ohne jedoch die vom Versicherten geltend gemachten Überstunden zu berücksichtigen, da diese von Jahr zu Jahr erheblich geschwankt oder gar einen negativen Saldo aufgewiesen hätten; demzufolge sei es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ein entsprechender Lohn auch in Zukunft erzielt worden wäre. Unter Berücksichtigung des aktuell erzielten Verdienstes als Einkommen nach Eintritt des Gesundheitsschadens resultiere damit ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von unter 10%. Der Beschwerdeführer bringt demgegenüber vor, er hätte seit Mitte der neunziger Jahre für diverse Arbeitgeber jeweils eine konstant hohe Anzahl Überstunden geleistet, so dass diese bei der Festsetzung des Valideneinkommens zu berücksichtigen seien. 
2.2 Bei der Ermittlung des Einkommens ohne Gesundheitsschaden ist entscheidend, was der Versicherte im massgebenden Zeitpunkt nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunder tatsächlich verdienen würde. Die Einkommensermittlung hat so konkret wie möglich zu erfolgen; daher ist in der Regel vom letzten Lohn, den der Versicherte vor Eintritt der Gesundheitsschädigung erzielt hat, auszugehen (RKUV 1993 Nr. U 168 S. 100 f. Erw. 3b; Urteil H. vom 4. April 2002, I 446/01). Damit hat sich das Valideneinkommen grundsätzlich am zuletzt verdienten Monatslohn als Monteur in Höhe von Fr. 5'600.-- zu orientieren, was denn auch nicht bestritten ist. Es können für die Bemessung des Einkommens ohne Invalidität allerdings auch Zusatzeinkommen wie die hier streitigen Überstundenentschädigungen berücksichtigt werden, wenn es sich um Entgelt mit Lohncharakter und nicht um Spesenentschädigungen handelt (RKUV 1989 Nr. U 69 S. 180; vgl. auch RKUV 2000 Nr. U 400 S. 381 sowie - für die Invalidenversicherung - AHI 2002 S. 155). Da aber die Invaliditätsschätzung der dauernd oder für längere Zeit bestehenden Erwerbsunfähigkeit entsprechen muss, bildet Voraussetzung für die Berücksichtigung eines derartigen Zusatzeinkommens, dass der Versicherte aller Voraussicht nach damit hätte rechnen können. Massgebend ist nach dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b), ob der Versicherte aufgrund seiner konkreten erwerblichen Situation und seines tatsächlichen Arbeitseinsatzes vor dem Unfall wahrscheinlich weiterhin ein Zusatzeinkommen zufolge Überstundenarbeit hätte erzielen können; die blosse Möglichkeit dazu genügt nicht (RKUV 1989 Nr. U 69 S. 180 f.). 
2.3 Gemäss den vorliegenden Akten hat der Versicherte seit (mindestens) 1995 bei verschiedenen Arbeitgebern der gleichen Branche (Schwimmbadbau) gearbeitet und dabei von Februar bis Dezember 1995 363.75 Überstunden sowie von Januar bis Dezember 1996 236.25 Überstunden geleistet. Nachdem der Beschwerdeführer in den Monaten Januar bis März 1997 teilarbeitslos gewesen und Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezogen hatte, leistete er von Ende Februar bis Ende September 1997 wiederum 67.25 Überstunden. Ab Oktober 1997 arbeitete er neu für die Firma B.________ AG, wobei er bis Ende des Jahres einen Minussaldo von sieben Stunden aufwies, was angesichts der Branche (Schwimmbadbau) und der Jahreszeit (Winter) allerdings nicht weiter erstaunt. Im Jahr 1998 leistete der Versicherte 173.5 Überstunden und 1999 deren 38. 1999 erlitt der Versicherte jedoch am 18. Februar den Unfall und war erst ab dem 31. Mai wieder zu 50% sowie ab dem 28. Oktober 1999 zu 75% arbeitsfähig, was die geringe Anzahl Überstunden erklärt. Im Jahr 2000 wurden dem Beschwerdeführer 192 Überstunden angerechnet, wobei zu berücksichtigen ist, dass er bis zur Operation am 14. November 2000 nur 75% arbeitsfähig und anschliessend vollständig arbeitsunfähig gewesen ist; Ende dieses Jahres verlor er schliesslich seine letzte Stelle in der Branche Schwimmbadbau. 
 
Der Beschwerdeführer hat somit an seinen bisherigen - in der gleichen Branche liegenden - Arbeitsplätzen während mindestens fünf Jahren regelmässig Überstunden geleistet. Angesichts dieser langen Zeitspanne ist es überwiegend wahrscheinlich, dass der Versicherte auch in Zukunft in seinem angestammten Beruf ein Zusatzeinkommen zufolge Überstundenarbeit hätte erzielen können. Somit ist hier das Entgelt für geleistete Überstunden für die Festsetzung des Valideneinkommens zu berücksichtigen. Da der SUVA hiefür ein gewisses Ermessen zukommt (vgl. BGE 126 V 292 Erw. 2b) und sie in dieser Hinsicht zudem weitere, ihr notwendig erscheinende Abklärungen vornehmen kann, wird die Sache an die SUVA zurückgewiesen, damit sie das Einkommen ohne Gesundheitsschaden im Sinne der Erwägungen festlege und anschliessend neu verfüge. 
2.4 Weil hier das Invalideneinkommen unbestrittenermassen anhand des effektiv erzielten Verdienstes festzusetzen (vgl. BGE 126 V 76 Erw. 3b/aa mit Hinweisen) und das Valideneinkommen gestützt auf das zuletzt erzielte Einkommen zu bestimmen ist (vgl. Erw. 2.2 hievor), sind diese Zahlen für den Einkommensvergleich herbeizuziehen. Entgegen der von der SUVA in der vorinstanzlichen Beschwerdeantwort letztlich vertretenen Ansicht hat keine Umrechnung auf Stundenlöhne zu erfolgen. 
3. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Ausgang des letztinstanzlichen Verfahrens entsprechend steht dem obsiegenden Versicherten eine Parteientschädigung zu (Art. 135 OG in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 11. Juni 2003 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 28. August 2002 aufgehoben werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und über den Anspruch auf Invalidenrente neu verfüge. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die SUVA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt. 
Luzern, 18. März 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: