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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 19/05 
 
Urteil vom 25. April 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger; Gerichtsschreiber Signorell 
 
Parteien 
Winterthur Versicherungen, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
M.________, 1971, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Christine Fleisch, Langstrasse 4, 8004 Zürich 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 24. November 2004) 
 
Sachverhalt: 
Die 1971 geborene M.________ erlitt am 25. November 1998 einen Verkehrsunfall, welchen sie bei der Winterthur Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend Winterthur), dem Unfallversicherer ihres Arbeitgebers, anmelden liess. Nachdem ein Akteneinsichtsgesuch der Versicherten vom 9. April 2003, auch nach zahlreichen Abmahnungen unbeantwortet blieb, reichte sie am 16. November 2004 beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich eine Rechtsverweigerungsbeschwerde ein mit den Anträgen, die Winterthur sei zu verpflichten, ihr Akteneinsicht in sämtliche Akten, namentlich in jene des mit Überwachung beauftragten Detektivbüros, zu gewähren und innert kurzer Frist eine anfechtbare Verfügung über die Ansprüche auf Taggelder und/oder Rente sowie Integritätsentschädigung zu erlassen, unter Entschädigungsfolge zu Lasten der Winterthur. 
Nachdem die Winterthur mit Verfügung vom 18. November 2004 einen Sachentscheid gefällt hatte, schrieb das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde mit Entscheid vom 24. November 2004 hinsichtlich des Leistungsbegehrens zufolge Gegenstandslosigkeit ab und trat auf den Punkt der Akteneinsicht mangels Rechtsschutzinteresses nicht ein; es verpflichtete die Winterthur zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 900.-. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Winterthur, den kantonalen Entscheid bezüglich der Parteientschädigung aufzuheben. 
M.________, das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf Vernehmlassungen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Nach Art. 61 lit. g Satz 1 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 UVG besteht ein Anspruch der obsiegenden Beschwerde führenden Person auf Ersatz der Parteikosten. 
 
§ 34 Abs. 1 des Zürcher Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 (GSVGer; GS 212.81) sieht vor, dass einer Partei auf Antrag hin eine Parteientschädigung nach Massgabe ihres Obsiegens zuzusprechen ist. Materiellrechtlich genügt die kantonale Regelung den bundesrechtlichen Anforderungen des Art. 61 lit. g Satz 1 ATSG. Der angefochtene Entscheid vom 20. Januar 2004 beruht damit, soweit den hier strittigen Anspruch auf Parteientschädigung betreffend, auf öffentlichem Recht des Bundes, weshalb auf die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde unmittelbar gestützt auf Art. 128 und 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG einzutreten ist. 
2. 
Der angefochtene Entscheid hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
3. 
In ständiger Rechtsprechung (SVR 2004 AlV Nr. 8 S. 21 Erw. 3.1 mit Hinweisen) hat das Eidgenössische Versicherungsgericht auch bei Gegenstandslosigkeit des kantonalen Beschwerdeverfahrens einen bundesrechtlichen Entschädigungsanspruch der Beschwerde führenden Partei bejaht, wenn es die Prozessaussichten rechtfertigen, wie sie sich vor Eintritt der Gegenstandslosigkeit darboten, und diesbezüglich auch das Verursacherprinzip anerkannt, wonach unnötige Kosten zu bezahlen hat, wer sie verursacht hat. Dementsprechend kann keine Parteientschädigung beanspruchen, wer zwar im Prozess obsiegt, sich aber den Vorwurf gefallen lassen muss, er habe es wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht selber zu verantworten, dass ein unnötiger Prozess geführt worden sei. Diese Einschränkung des Entschädigungsanspruchs gilt analog auch bei Gegenstandslosigkeit einer erstinstanzlich eingereichten Beschwerde. 
Die im Rahmen von Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG sowie Art. 108 Abs. 1 lit. g UVG entwickelten Grundsätze zum Anspruch auf Parteientschädigung bei Gegenstandslosigkeit des kantonalen Verfahrens haben unter der Herrschaft des ATSG weiterhin Geltung und sind demnach für die Auslegung von Art. 61 lit. g Satz 1 ATSG massgebend. 
4. 
4.1 Hinsichtlich der für die Beurteilung des Entschädigungsanspruchs der Beschwerdegegnerin massgebenden Prozessaussichten ist der Sachverhalt zu berücksichtigen, wie er sich bis unmittelbar vor Eintritt der Gegenstandslosigkeit verwirklicht hat. Diese trat ein, als die Beschwerdeführerin am 18. November 2004 einen Sachentscheid fällte. Hätte das kantonale Gericht unmittelbar zuvor über die Rechtsverweigerungsbeschwerde materiell zu entscheiden gehabt, wäre diese gutzuheissen gewesen: Der Vertreter der Beschwerdegegnerin hat die Winterthur am 9. April 2003 erstmals um Einsicht in sämtliche Akten gebeten. Da sich keine gütliche Einigung abzeichnete, gelangte die Versicherte am 15. April 2003 mit Aufsichtsbeschwerde an das Bundesamt für Sozialversicherung. In der Vernehmlassung vom 20. Mai 2003 wies die Winterthur darauf hin, dass die umstrittenen Aktenstücke bisher noch zu keiner materiellen Entscheidung geführt hätten. Sollte gestützt darauf eine Verfügung erlassen werden, stünde der Versicherten die Möglichkeit offen, eine allfällige Verletzung des Akteneinsichtsrechts im Einsprache- bzw. in einem Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren geltend zu machen. Das BSV nahm die Anzeige in der Folge nicht an Hand, sondern verwies auf die Möglichkeit der Rechtsverzögerungsbeschwerde an das ordentliche Gericht (Schreiben vom 4. November 2003). Am 30. Januar 2004 ersuchte die Versicherte die Winterthur, ihr "nun volle Einsicht in die Beschattungsakten zu gewähren". Nachdem die Versicherte am 1. Juli 2004 erneut die Zustellung der gesamten Akten moniert hatte, erhielt sie diese am 6. Juli 2004 auszugsweise zur Einsichtnahme. Nachdem sie gleichentags auf der Einsichtnahme in die gesamten Akten beharrte, vertrat die Winterthur am 13. Juli 2004 den Standpunkt, die Berichte des Privatdetektivs seien nicht relevant. Sie könne diese jetzt nicht senden, würde die diesbezügliche Frage aber noch ausführlich prüfen und klären. Aus verschiedenen Gründen könne die Antwort jedoch erst ab dem 9. August 2004 mitgeteilt werden. Am 10. August 2004 hielt sie dann fest, dass eine Einsicht in die Detektivberichte im jetzigen Zeitpunkt aus überwiegendem, sachlichem Eigeninteresse nicht möglich sei. Sie hätten nicht zur Entscheidfindung gedient, sondern der Wahrheitsfindung und der Beurteilung der Glaubwürdigkeit über ihr erteilte Auskünfte. Am 6. September 2004 bestand die Versicherte auf ihrem Recht, Einsicht in sämtliche Akten zu haben. Nachdem auf diese Abmahnung keine Antwort erfolgte, verlangte die Versicherte am 22. Oktober 2004 den Erlass einer anfechtbaren Verfügung bis spätestens 8. November 2004, widrigenfalls eine Rechtsverzögerungs- und/ bzw. -verweigerungsbeschwerde eingereicht werden müsste. Am 3. November 2004 liess die Winterthur die Versicherte wissen, dass die Akten der Detektivberichte nicht gesandt werden könnten. Am 16. November 2004, mithin 19 Monate nach dem ersten Begehren, hat die Versicherte bei der Vorinstanz Beschwerde geführt. Der Winterthur wäre es in dieser Zeit zuzumuten gewesen, dem Gesuch zu entsprechen oder die Gründe für die Verweigerung der Akteneinsicht nachvollziehbar darzulegen und nötigenfalls eine anfechtbare Verfügung zu erlassen. Indem sie auf die zahlreichen Aufforderungen hin nicht reagierte, blieb dem Vertreter der Versicherten nichts Anderes als die Beschwerdeführung bei der Vorinstanz übrig. 
4.2 Das Verhalten der Versicherten steht einem Entschädigungsanspruch nicht entgegen, zumal sie ihren Mitwirkungspflichten stets hinreichend nachgekommen ist. Dem damaligen Vertreter der Beschwerdegegnerin kann nicht vorgeworfen werden, das Beschwerdeverfahren unnötig provoziert zu haben. Vielmehr verhält es sich eher umgekehrt. Die Winterthur trägt mit ihren widersprüchlichen Darstellungen massgeblich Anteil am Verfahren. Auf der einen Seite wiederholte sie immer wieder, dass die Detektivberichte für die Fallerledigung ohne Belang gewesen seien. Andererseits weist sie aber mehrmals darauf hin, dass diese nicht herausgegeben werden könnten, da sie noch benötigt würden. Die Rede war sogar, eine Einsichtnahme sei aus berechtigt sachlichen Gründen nicht möglich. Es wird eingestanden, dass die Berichte zur Überprüfung der Selbstangaben der Versicherten herangezogen worden sind. Schliesslich hat sie in der Stellungnahme gegenüber dem Bundesamt für Sozialversicherung klar zu erkennen gegeben, dass sie einer Akteneinsicht sich widersetzen werde. 
4.3 Beizufügen bleibt, dass der Vorwurf, das kantonale Gericht habe den Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt, haltlos ist. Es ist offenkundig, dass die in Aussicht gestellte Beschwerde Anlass dafür war, dass die Winterthur, rund sieben Jahre nach dem Unfall, einen Sachentscheid fällte. Das Gegenstandsloswerden in diesem Punkt kann nicht anders als ein Obsiegen verstanden werden. Auch bezüglich des verweigerten Akteneinsichtsrechts liegt trotz des Nichteintretens kein Unterliegen vor. Dazu erwog das kantonale Gericht zutreffend, dass sich eine derartige Zwischenverfügung aufgrund des mit einer anfechtbaren Verfügung ergangenen Sachentscheids erübrige und die aufgeworfenen Fragen in einem allfälligen Rechtsmittelverfahren zu prüfen seien. Grund für das Nichteintreten ist damit klarerweise die ergangene Verfügung, weshalb auch in diesem Beschwerdepunkt von einem Obsiegen ausgegangen werden darf. 
4.4 Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz zu Recht entschieden, dass die Winterthur für die der Versicherten entstandenen Parteikosten aufzukommen hat. Die Höhe der vorinstanzlich auferlegten Parteientschädigung wird nicht beanstandet. Da nichts für eine Verletzung der bundesrechtlichen Vorgaben (Art. 61 lit. g Satz 2 ATSG) oder eine willkürliche Anwendung (vgl. SVR 2001 AHV Nr. 4 S. 11 Erw. 2 mit Hinweisen) der in § 34 Abs. 1 GSVGer in Verbindung mit § 8 und 9 der zürcherischen Verordnung über die sozialversicherungsgerichtlichen Gebühren, Kosten und Entschädigungen vom 6. Oktober 1994 (GS 212.812) statuierten kantonalen Grundsätze über die Bemessung der Parteientschädigung spricht, hat es beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden. 
5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem Prozessausgang entsprechend gehen die Gerichts- und Parteikosten zu Lasten der Beschwerdeführerin (Art. 156 und 159 Abs. 1 und 2 OG in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Winterthur Versicherungs-Gesellschaft auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Die Winterthur Versicherungs-Gesellschaft hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 200.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt. 
Luzern, 25. April 2005 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: