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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.49/2005 /ast 
 
Urteil vom 2. Mai 2005 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Arroyo. 
 
Parteien 
X.________ AG, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Hess-Odoni, 
 
gegen 
 
A.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Hürlimann, 
Handelsgericht des Kantons Aargau, Obere Vorstadt 37, 5000 Aarau. 
 
Gegenstand 
Art. 9 und 29 Abs. 2 BV (Zivilprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 16. Dezember 2004. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die X.________ AG, Stansstad (Beschwerdeführerin), ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Stansstad. Sie hat die Beratung und den Handel sowie den Verkauf von Maschinen, Lizenzen, Applikationen und Finanzierungen, insbesondere im Bereich von Kunstbauten zum Zweck. Die A.________ AG, Zweigniederlassung Zürich (Beschwerdegegnerin), ist eine im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragene Zweigniederlassung der A.________ AG mit Sitz in Aarau. Sie verfolgt den Zweck des Studiums, der Leitung und der Ausführung von Bauten in den Bereichen Untertagbau, Ingenieurtiefbau und Spezialtiefbau. 
Mit Klage vom 30. Juni 2003 stellte die Beschwerdeführerin beim Handelsgericht des Kantons Aarau folgendes Rechtsbegehren: "Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin in solidarischer Haftbarkeit mit der B.________ AG, Fr. 600'000.-- nebst 5 % Zins seit 15. Februar 2001 zu bezahlen." 
Zur Begründung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, die X.________ AG habe im Sommer 2000 mit der Arbeitsgemeinschaft D.________, die als einfache Gesellschaft zwischen der Beschwerdegegnerin und der B.________ AG konstituiert war, einen Vertrag über die Lieferung von spezifisch herzustellenden Arbeitsgeräten abgeschlossen. Die X.________ AG habe in der Folge ihre vertraglichen Pflichten im Wesentlichen erfüllt. Nur einige wenige Teile seien wegen der Zahlungsverweigerung der Beschwerdegegnerin und ihrer Partnerin nicht geliefert worden. Sämtliche erbrachten Leistungen seien mängelfrei gewesen. Die von der Beschwerdegegnerin behaupteten Verzögerungen der Lieferung durch die X.________ AG seien nicht von Bedeutung, da sich die Beschwerdegegnerin selbst im Schuldnerverzug befunden habe. In der Auftragsbestätigung sei ein Werklohn von Fr. 1'268'000.-- vereinbart worden; in Rechnung gestellt habe die X.________ AG schliesslich Fr. 736'297.95. Die betreffende Forderung sei von der X.________ AG am 12. Juni 2001 an die C.________ AG abgetreten worden. Diese habe die Forderung am 22. Dezember 2001 an die Beschwerdeführerin abgetreten. Die Beschwerdeführerin mache im vorliegenden Prozess indessen lediglich eine reduzierte Forderung von Fr. 600'000.-- geltend, um allfällige von der Beschwerdegegnerin vorgebrachte Reduktionsfaktoren zu berücksichtigen. 
Die Beschwerdegegnerin entgegnete im Wesentlichen, es fehle der Beschwerdeführerin bereits an der Aktivlegitimation, da die für den behaupteten Übergang der geltend gemachten Forderung notwendigen Abtretungen ungültig seien. Die Klage sei daher abzuweisen. 
B. 
Das Handelsgericht des Kantons Aargau wies die Klage mit Urteil vom 16. Dezember 2004 ab. Es erwog, die eingeklagte Forderung sei nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht bei ihr, sondern bei der X.________ AG entstanden. Daher trage die Beschwerdeführerin die Behauptungs- und Beweislast für den Übergang der Forderung von der X.________ AG auf die C.________ AG und von dieser auf die Beschwerdeführerin. Das Handelsgericht schloss, es sei nicht nachgewiesen, dass die Beschwerdeführerin Gläubigerin der geltend gemachten Forderung geworden sei. Die strittige Forderung stehe, sofern sie überhaupt Bestand habe, nach wie vor der C.________ AG zu. Die Klage sei daher mangels Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin abzuweisen. 
C. 
Gegen das Urteil des Handelsgerichts erhebt die Beschwerdeführerin sowohl eidgenössische Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde. In der Beschwerde beantragt sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache an das Handelsgericht zwecks Neubeurteilung und Fortsetzung des Verfahrens. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, des Anspruchs auf ein faires Verfahren und des Willkürverbotes. 
D. 
Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Handelsgericht des Kantons Aargau verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG hat eine staatsrechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber zu enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 130 I 258 E. 1.3; 129 II 297 E. 2.2.2). Denn es ist nicht seine Aufgabe, von sich aus die Verfassungsmässigkeit des angefochtenen Entscheides unter allen denkbaren Gesichtspunkten zu untersuchen (BGE 115 Ia 183 E. 3 mit Hinweis). Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3; 129 I 113 E. 2.1, je mit Hinweisen). Es genügt namentlich nicht, in der Beschwerde mit pauschalen Vorbringen zu behaupten, der angefochtene Entscheid verstosse gegen die Verfassung. Vielmehr ist substanziiert darzulegen, weshalb und inwiefern das kantonale Gericht eine Verfassungsbestimmung wie etwa Art. 9 BV verletzt haben soll (BGE 127 I 38 E. 3c; 129 I 185 E. 1.6). Wird insbesondere eine willkürliche Beweiswürdigung gerügt, ist aufzuzeigen, inwiefern die angefochtene Beweiswürdigung im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist (BGE 125 I 492 E. 1b). 
1.2 Soweit die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht genügt und sich in appellatorischer Kritik erschöpft, hat sie unbeachtet zu bleiben. Auf die Beschwerde ist nur soweit einzutreten, als eine bestimmte Verfassungsverletzung rechtsgenügsam gerügt wird. 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt, das Handelsgericht habe einen von ihr gestellten Beweisantrag (Einvernahme der Zeugin Frau S.________) nicht abgenommen und damit willkürlich im Sinne von Art. 9 BV gehandelt. Das Handelsgericht habe sich in willkürlicher Weise nicht auf eine "konkrete Beweiserhebung" gestützt. Dadurch habe es auch gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren verstossen (Art. 29 BV). 
2.2 Das Handelsgericht hat erwogen, eine Zession bedürfe nach Art. 165 Abs. 1 OR der Schriftform. Im vorliegenden Fall fehle es aber an der für den Übergang der Forderung erforderlichen Unterschrift der Zedentin (C.________ AG). Daher sei die strittige Forderung nicht an die Beschwerdeführerin abgetreten worden. Die Forderung stehe daher, sofern sie überhaupt bestehe, weiterhin der C.________ AG zu. Das Handelsgericht hat diesen Schluss auf die Abtretungsurkunde vom 22. Dezember 2001 gestützt, die für die Zedentin (C.________ AG) von deren Verwaltungsratspräsidentin, Frau S.________, unterzeichnet worden war. Das Gericht erwog, gemäss dem einschlägigen Handelsregistereintrag stehe Frau S.________ für die C.________ AG lediglich eine Kollektivzeichnungsberechtigung zu zweien zu. Die Beschwerdeführerin habe weder eine interne Einzelermächtigung an Frau S.________ zur Abtretung der Forderung noch eine nachträgliche Genehmigung der von Frau S.________ alleine vorgenommenen Abtretung durch die vertretungsberechtigten Organe der C.________ AG behauptet und nachgewiesen. Da die Höhe der abgetretenen Forderung in der Abtretungsurkunde auf über Fr. 1,1 Mio. beziffert wurde und nicht ersichtlich sei, welche Art von Gegenleistung die C.________ AG für die Abtretung erhalten habe, dürfe - ohne entsprechende Hinweise - eine stillschweigende Ermächtigung bzw. Genehmigung auch nicht vermutet werden. 
2.3 Das Handelsgericht hat den Übergang der Forderung auf die Beschwerdeführerin gestützt auf die betreffende Abtretungsurkunde und den Handelsregistereintrag der C.________ AG verneint. Es kann der Beschwerdeführerin daher nicht gefolgt werden, wenn sie vorbringt, das Handelsgericht habe sich dabei nicht auf Beweise gestützt. Von einer willkürlichen antizipierten Beweiswürdigung kann ebenfalls nicht die Rede sein, nachdem das Handelsgericht aufgrund des Handelsregistereintrags die Einzelzeichnungsbefugnis der Verwaltungsratspräsidentin - und damit die Gültigkeit der Zession - verneint hat. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass im Bereich der Beweiswürdigung dem Sachgericht ein weiter Spielraum des Ermessens zusteht, in den das Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde hin nur eingreift, sofern diese sich als willkürlich erweist. Das ist etwa der Fall, wenn die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt worden ist, das Gericht ohne Begründung unterlassen hat, ein wesentliches Beweismittel zu berücksichtigen oder auf der Grundlage der vorhandenen Beweise völlig unvertretbare, einseitige Schlüsse gezogen hat (BGE 127 I 38 E. 2a; 118 Ia 28 E. 1b S. 30 mit Hinweis). Dass dies hier der Fall sein soll, ist nicht erkennbar. Die Rüge ist unbegründet. 
2.4 Weiter rügt die Beschwerdeführerin, der Verzicht auf die erwähnte Zeugeneinvernahme stelle eine Verletzung des verfassungsmässigen Anspruchs auf ein faires Verfahren dar. Sie verkennt dabei die Tragweite dieses Anspruchs. Denn das aus Art. 29 Abs. 1 BV fliessende Fairnessgebot ändert nichts daran, dass der Richter nur solche Beweisbegehren berücksichtigen und Zeugenladungen vornehmen muss, die nach seiner Würdigung rechts- und entscheidungserheblich sind (Urteil 1P.694/2001 vom 6. März 2002 E. 3.1 in fine; vgl. auch BGE 125 I 127 E. 6c/cc S. 135 mit Hinweisen). Angesichts der erwähnten (schriftlichen) Beweise konnte sich das Handelsgericht auch ohne die Aussage der Verwaltungsratspräsidentin ein Bild vom rechtserheblichen Sachverhalt machen. Es hat, wie erwähnt, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Beweise gewürdigt und ohne Verletzung des verfahrensmässigen Fairnessgebots auf diese Zeugenbefragung verzichtet. Die Rüge ist unbegründet. 
3. 
3.1 Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend (Art. 29 Abs. 2 BV). Sie rügt, das Handelsgericht hätte ihr Gelegenheit geben müssen, sich zur Frage zu äussern, ob die Verwaltungsratspräsidentin rechtsgültig zur Unterzeichnung der Abtretungserklärung bevollmächtigt gewesen sei. Da ihr diese Gelegenheit nicht gegeben worden sei, habe sie weder behaupten noch beweisen können, dass die Präsidentin rechtsgültig bevollmächtigt gewesen sei. 
3.2 Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung und stellt anderseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, der in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere der Anspruch auf Begründung eines Entscheides. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich das entscheidende Gericht ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinander setzen muss. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken, wobei es diejenigen Argumente aufzuführen hat, die tatsächlich seinem Entscheid zugrunde liegen (BGE 126 I 97 E. 2b mit Verweisen). 
3.3 Das Handelsgericht hat gestützt auf die Zessionsurkunde und den Handelsregistereintrag dargelegt, weshalb die Beschwerdeführerin nicht als Gläubigerin der fraglichen Forderung betrachtet werden kann. Ausserdem hat es festgehalten, die Beschwerdeführerin habe weder eine interne Einzelermächtigung an die Verwaltungsratspräsidentin noch eine nachträgliche Genehmigung durch die Organe der Zedentin behauptet bzw. nachgewiesen. Daher ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar, sie hätte "ohne weiteres behaupten und beweisen können", dass die unterzeichnende Verwaltungsratspräsidentin rechtsgültig (einzelzeichnungs-) bevollmächtigt war. Aufgrund der Bestreitung der Gültigkeit der Abtretungen seitens der Beklagten hätte die Klägerin davon ausgehen müssen, dass ihr als behauptungs- und beweispflichtige Partei der lückenlose Nachweis der gesamten Zessionskette oblag, d.h. auch bezüglich der zweiten Abtretung von der C.________ AG an die Klägerin. Das Handelsgericht war verfassungsrechtlich nicht gehalten, der Beschwerdeführerin eine nochmalige Stellungnahme zu ermöglichen. Die Rüge der Gehörsverweigerung ist unbegründet. 
4. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Diesem Verfahrensausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr der Beschwerdeführerin zu auferlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie hat überdies der anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu leisten (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 8'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 9'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 2. Mai 2005 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: