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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_233/2008/bnm  
   
   
 
 
 
Urteil vom 14. August 2008  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, 
nebenamtlicher Bundesrichter von Werdt, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Parteien 
X.________ (Ehemann), 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Christine Burger-Stutz, 
 
gegen  
 
Y.________ (Ehefrau), 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller, 
 
Gegenstand 
Eheschutz (Obhut über unmündiges Kind), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, vom 10. März 2008. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit je einem Begehren ersuchten X.________ (Ehemann) und Y.________ (Ehefrau) das jeweils zuständige Gericht am 10. September 2007 um Erlass von Eheschutzmassnahmen. Im Einverständnis beider Parteien wurden dieVerfahren vereinigt und an das Gerichtspräsidium Laufenburg überwiesen, welches mit Verfügung vom 17. September 2007 die Obhut über das gemeinsame, minderjährige Kind der Parteien vorläufig der Mutter, Y.________, und später mit Urteil vom 26. September 2007 vorsorglich dem Vater, X.________, zusprach. Mit Eheschutzurteil vom 14. November 2007 wurde das Kind schliesslich bis zum 31. Dezember 2007 unter die Obhut des Vaters und ab 1. Januar 2008 unter diejenige der Mutter gestellt; ferner regelte das Gerichtspräsidium die finanziellen Folgen der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts. 
 
B.   
Das Obergericht des Kantons Aargau (Zivilgericht, 5. Kammer) wies am 10. März 2008 die vom Vater hiergegen erhobene Beschwerde teilweise gut; in Bezug auf die hier streitige Obhutszuteilung wies es die Beschwerde indessen ab. 
 
C.   
Gegen dieses Urteil hat der Vater am 14. April 2008 beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Er beantragt, die Obhut über das gemeinsame Kind ihm zuzusprechen bzw. zu belassen und der Mutter ein angemessenes Besuchsrecht zu gewähren; eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz bzw. an die erste Instanz zurück zu weisen, mit dem Auftrag, ein Gutachten zur Abklärung der Obhutszuteilung zu erstellen. In prozessualer Hinsicht beantragt er, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
 
Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung; das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung dazu verzichtet. Zur Sache sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
D.   
Durch Präsidialverfügung vom 13. Mai 2008 ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen worden. 
 
E.   
Mit Schreiben vom 23. Juni 2008 hat die Beschwerdegegnerin ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht gestellt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Anordnung von Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (Art. 172 ff. ZGB) ist eine Zivilsache im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG.Erst als Folge der Kinderzuteilung geht es auch um die Unterhaltsbeiträge. Wie schon unter der Herrschaft des Bundesrechtspflegegesetzes gelten familienrechtliche Klagen mit finanziellen Nebenfolgen als nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten, wenn die Regelung dieser Folgen notwendiger Bestandteil des Entscheids über die nicht vermögensrechtliche Streitigkeit ist. Strittig ist hier zur Hauptsache die Zuteilung der Obhut über das gemeinsame Kind, mithin eine Frage nicht vermögensrechtlicher Natur.Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen können mit keinem weiteren kantonalen Rechtsmittel erhoben werden (vgl. §§ 335 ff. ZPO/AG), sodass die Beschwerde in Zivilsachen auch aus der Sicht von Art. 75 Abs. 1 BGG offen steht (BGE 133 III 393 E. 2 S. 395). Sodann gelten Eheschutzentscheide als Endentscheide im Sinn von Art. 90 BGG (BGE 133 III 393 E. 4 S. 395 f.). 
 
2.   
Eheschutzentscheide sind Entscheide über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5). 
 
2.1. Nach Art. 98 BGG kann mit Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass - entsprechend den altrechtlichen Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG - klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397 mit Hinweisen). Bei der Willkürrüge ist in der erwähnten Form aufzuzeigen, inwiefern der kantonale Entscheid offensichtlich unhaltbar sein, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen bzw. eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzen oder sonst wie in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen soll (BGE 133 I 149 E. 3.1 S. 153 mit Hinweisen). Auf rein appellatorische Kritik wird nicht eingetreten (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen).  
 
2.2. Nach Art. 105 Abs. 1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252), ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Wird eine willkürliche Feststellung von Tatsachen geltend gemacht, ist neben der Erheblichkeit der gerügten Tatsachenfeststellung für den Ausgang des Verfahrens klar und detailliert darzutun, inwiefern diese offensichtlich unhaltbar sein soll, d.h. mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehe, auf einem offenkundigen Versehen beruhe oder sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen lasse (BGE 133 III 393 E. 7.1 S. 398 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer kann sich mit anderen Worten nicht darauf beschränken, den bestrittenen Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanz, die den dargelegten Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie habe es unterlassen, ein kinderpsychiatrisches Gutachten einzuholen, obwohl er mehrfach darauf hingewiesen habe, es bestünden Anzeichen auf sexuelle Übergriffe sowie körperliche und psychische Gewalt seitens der Beschwerdegegnerin. Aufgrund dieser Anzeichen sowie der für Eheschutzmassnahmen geltenden Offizialmaxime seien sowohl das Bezirksgericht Laufenburg als auch die Vorinstanz dazu verpflichtet gewesen.  
 
Es triff wohl zu, dass der Beschwerdeführer seiner Klage vom 10. September 2007 eine Gefährdungsmeldung beigefügt hat, in welcher im weitesten Sinne von sexuellen Übergriffen die Rede ist ("Des Weiteren erzählte mir [der Sohn], dass er mit Mami und einem Mann zu Dritt in einer Badewanne war. Er wolle auch nicht, dass dieser Mann ihn mit einem Tuch abtrockne.... Z.________ berichtete mir auch, dass bei Mami alle miteinander [auch der Mann] nackt schlafen gingen."). Ähnliche Ausführungen sind auch in einem an das Bezirksgericht Laufenburg bzw. an einen Herrn V.________ im Rahmen eines Strafverfahrens gerichteten Schreiben enthalten. Dieses datiert indessen vom 30. November 2007, während das erstinstanzliche Urteil bereits am 14. November 2007 ergangen ist. Mithin konnte jenes nicht Grundlage des erstinstanzlichen Urteils sein. Der Beschwerdeführer hat den Vorwurf von angeblichen sexuellen Übergriffen sowie körperlicher und psychischer Gewalt in den vorinstanzlichen Verfahren weder in seiner Klage vom 10. September 2007 noch in späteren Rechtsschriften in rechtsgenüglicher Art zum Verfahrensthema gemacht. Namentlich ist festzustellen, dass er keine schriftlichen Berichte der gemässSchreiben vom 30. November 2007 angegangenen Personen (Dr. med. D. W.________ vom Kinderschutzbund sowie der nicht namentlich genannte Kinderarzt und der Kinderpsychiater) eingereicht und auch nicht begründet hat, weshalb dies nicht möglich gewesen sein sollte. Mithin ist die Behauptung neu. 
 
 
3.2. Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (im gleichen Sinne schon die Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde: BGE 128 I 354 E. 6c S. 357 mit Hinweisen). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern die erwähnte Voraussetzung erfüllt sein soll (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395). Die Beschwerdeschrift enthält keine derartigen Ausführungen. Das Bundesgericht hat - wie früher nach Art. 63 Abs. 2 OG - seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde zu legen, den die kantonale Instanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deshalb findet auch auf diese Gesetzesbestimmung die bisherige Rechtsprechung Anwendung, wonach vor Bundesgericht neue tatsächliche Behauptungen und Beweismittel auch im Zusammenhang mit Fragen der Kinderzuteilung trotz der dort geltenden Untersuchungs- und Offizialmaxime grundsätzlich unzulässig sind (BGE 120 II 229 E. 1 S. 231 f.). Die vom Beschwerdeführer neu vorgebrachten tatsächlichen Behauptungen sind nach dem Gesagten unbeachtlich.  
 
3.3. In seinen restlichen Ausführungen beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, den vorinstanzlichen Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen und darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Inwiefern die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich falsch sein sollten, legt er nicht dar. Soweit der Beschwerdeführer behauptet, die Vorinstanz habe das Recht willkürlich angewendet, belässt er es bei einer appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid, ohne sich mit dessen Erwägungen auseinander zu setzen, was namentlich auch für die Behauptung gilt, die Beschwerdegegnerin leide an einem Borderline-Syndrom. Diesbezüglich hat die Vorinstanz erwogen, es liege weder eine ärztliche Diagnose vor, noch könnten entsprechende Hinweise den Akten entnommen werden. Damit setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander.  
 
4.   
Nach dem Gesagten kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. Die Gerichtskosten sind mithin dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dieser hat ausserdem die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG), wobei zu berücksichtigen ist, dass die Beschwerdegegnerin einzig eingeladen wurde, sich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu äussern. Damit wird das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos, zumal sie nicht behauptet und auch nicht ersichtlich ist, dass die Entschädigung als uneinbringlich gilt (vgl. BGE 122 I 322 E. 2 und 3). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 500.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. August 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Raselli 
 
Der Gerichtsschreiber: Zbinden