Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_699/2017  
 
 
Urteil vom 26. April 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Betschart. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Lind, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin, 
 
1. Meta Sammelstiftung, Dornacherstrasse 230, 4053 Basel, 
2. PK Rück AG, Zollikerstrasse 4, 8008 Zürich. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 30. August 2017 (VBE.2017.311). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geb. 1959, meldete sich am 21. März 2011 unter Hinweis auf eine psychische Krankheit und Gelenkschmerzen bei der IV-Stelle des Kantons Aargau zum Leistungsbezug an. Diese sprach ihm mit Verfügung vom 20. April 2012 bei einem Invaliditätsgrad von 50 % eine halbe Rente ab 1. September 2011 zu. Im Juni 2014 leitete die IV-Stelle eine Revision ein und liess A.________ durch das Medizinische Zentrum Römerhof, Zürich (nachfolgend MZR) polydisziplinär begutachten. Gestützt auf das Gutachten vom 23. Oktober 2015 und nach Rückfrage beim Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) hob sie - wie im Vorbescheid angekündigt - die Rente mit Verfügung vom 1. März 2017 auf das Ende des der Zustellung der Verfügung folgenden Monats auf. 
 
B.   
Mit Entscheid vom 30. August 2017 wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die dagegen erhobene Beschwerde ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihm eine Viertelsrente zuzusprechen. Zudem stellt er Antrag auf Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens und ersucht um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht. 
Das Bundesgericht holte die vorinstanzlichen Akten ein. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es - unter Beachtung der Begründungspflicht nach Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG - grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 247 E. 1.6 S. 280 mit Hinweisen). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
 
2.1. Die Vorinstanz ging davon aus, dass dem Beschwerdeführer die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kranführer/Bauarbeiter nicht mehr zumutbar sei, in einer leidensangepassten Tätigkeit jedoch eine 70%ige Arbeitsfähigkeit bestehe. Damit folgte sie der unbestrittenen Einschätzung der Gutachter des MZR vom 23. Oktober 2015. Weil sie die Frage, ob aus psychiatrischer Hinsicht auch eine Arbeitsfähigkeit von 100 % angenommen werden könnte, offen liess, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Kritik des Beschwerdeführers an den entsprechenden vorinstanzlichen Überlegungen und an der - inzwischen ohnehin überholten (vgl. BGE 143 V 409, 418) - Rechtsprechung zur rentenausschliessenden, regelmässig guten Therapierbarkeit von leichten und mittelschweren Störungen aus dem depressiven Formenkreis (so z.B. noch Urteil 9C_30/2017 vom 10. Juli 2017 E. 4.2).  
 
2.2. Streitig und zu prüfen bleibt, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es keinen leidensbedingten Abzug vom (im Grundsatz und in der Höhe nicht angefochtenen) Tabellenlohn vornahm. Die für die Beurteilung dieser Frage relevanten Rechtsgrundlagen wurden im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass die Frage, ob ein Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen sei oder nicht, eine vom Bundesgericht frei zu prüfende Rechtsfrage darstellt (Urteil 8C_652/2008 vom 8. Mai 2009 E. 4, nicht publ. in: BGE 135 V 297).  
 
3.   
 
3.1. Zur Frage, ob ein Abzug zu gewähren sei, wenn dem Betroffenen nur noch eine Teilzeitbeschäftigung (hier 70 %) möglich ist, ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass gemäss der gestützt auf die LSE 2012 erstellten Tabelle zu den nach Beschäftigungsgrad, Geschlecht und beruflicher Stellung differenzierten monatlichen Durchschnittsbruttolöhnen bei Männern ohne Kaderfunktion zwischen dem Durchschnittslohn bei einem Teilzeitpensum von 50-74 % proportional bezogen auf ein 100%-Pensum (Fr. 6'080.-) und dem Durchschnittslohn bei einem Vollzeitpensum (Fr. Fr. 6'085.-) eine vernachlässigbare Differenz (von Fr. 5.-) besteht (s. Anhang des IV-Rundschreibens Nr. 328 des Bundesamts für Sozialversicherungen vom 22. Oktober 2014 [vgl. dazu BGE 142 V 178 E. 2.5.1 S. 184 mit Hinweis]). Gemäss der für das Jahr 2014 aktualisierten Tabelle besteht zwar bei den angegebenen Werten (Fr. 5'714.- [Teilzeitpensum] und Fr. 6'069.- [Vollzeitpensum]) eine Differenz von Fr. 355.- oder 5,85 %. Allerdings ergibt sich daraus keine überproportionale Lohneinbusse (Urteile 8C_805/2017 vom 22. März 2017 E. 3.2; 8C_12/2017 vom 28. Februar 2017 E. 5.2.2) und - entgegen dem Beschwerdeführer - auch kein Anspruch auf einen zwingend zu berücksichtigenden Abzug von 6 %. Dagegen spricht, dass praxisgemäss keine separat quantifizierten Abzüge je für die massgeblichen Kriterien vorzunehmen und diese zu addieren sind, sondern der Abzug gesamthaft unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen ist (BGE 126 V 75 E. 5b/bb S. 80; vgl. ULRICH MEYER/MARCO REICHMUTH, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 3. Aufl. 2014 N. 103 zu Art. 28a IVG).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer erachtet eine Reduktion des Tabellenlohns sodann aufgrund seines fortgeschrittenen Alters (58 Jahre im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung) angebracht. Abgesehen von den Schwierigkeiten, mit denen über 50-jährige Stellensuchende im Allgemeinen konfrontiert seien, gelte es zu beachten, dass er durch den Verlust der Erwerbsfähigkeit im angestammten Beruf als Kranführer/Bauarbeiter auch 14 Jahre Berufserfahrung verloren habe, die ihm zuvor abgegolten worden sei. Zudem sei dieses Erfahrungswissen spezifisch auf die Tätigkeit beim früheren Arbeitgeber beschränkt gewesen, so dass er es in einer neuen Tätigkeit nicht lohnwirksam nutzen könne; diesbezüglich weise er vielmehr ein (zusätzliches) Wissensdefizit auf, das er aufgrund seines Alters nur noch schwer ausgleichen könne.  
Mit der Vorinstanz ist dem zu entgegnen, dass der Faktor Alter sich nicht (zwingend) lohnsenkend auswirken muss, da Hilfsarbeiten auf dem (massgebenden) hypothetisch ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 16 ATSG) altersunabhängig nachgefragt werden (vgl. Urteile 8C_403/2017 vom 25. August 2017 E. 4.4.1; 8C_805/2016 vom 22. März 2017 E. 3.4.3; je mit Hinweisen). Weiter gilt es zu beachten, dass die Bedeutung der Dienstjahre im privaten Sektor abnimmt, je niedriger das Anforderungsprofil ist (BGE 126 V 75 E. 5a/cc S. 79; Urteile 9C_386/2012 vom 18. September 2012 E. 5.2; 8C_939/2011 vom 13. Februar 2012 E. 5.2.3; je mit Hinweisen). Mit Blick auf das Kompetenzniveau 1 kommt dem Umstand, dass der Versicherte nicht mehr in seiner angestammten Tätigkeit arbeiten kann und im Rahmen einer Verweistätigkeit keine Dienstjahre und kein Erfahrungswissen aufweist, daher keine relevante Bedeutung zu. Weil ein neuer Arbeitsplatz zudem stets mit einer Eingewöhnungsphase einhergeht, vermag auch ein allfälliger Anpassungsaufwand keinen Tabellenlohnabzug zu rechtfertigen (Urteile 9C_200/2017 vom 14. November 2017 E. 4.5; vgl. 8C_72/2007 vom 28. Januar 2008 E. 2.3 in fine). Dass die Stellensuche altersbedingt erschwert sein mag, fällt als invaliditätsfremder Faktor regelmässig ausser Betracht (Urteile 8C_552/2017 vom 18. Januar 2018 E. 5.4.1; 9C_535/2017 vom 14. Dezember 2017 E. 4.6; 8C_477/2016 vom 23. November 2016 E. 4.2). 
 
3.3. Schliesslich verweist der Beschwerdeführer erneut auf seine körperlichen Limitierungen. Diese wurden allerdings, wie die Vorinstanz bereits ausführte, bereits beim Anforderungs- und Belastungsprofil berücksichtigt, weshalb sie nicht nochmals - als abzugsrelevant - herangezogen werden dürfen (Urteil 9C_264/2016 vom 7. Juli 2016 E. 5.2.2 mit Hinweisen). Zwar sind im Totalwert des Kompetenzniveaus 1 bei den Männern auch Tätigkeiten enthalten, die versicherte Personen wegen ihres medizinischen Zumutbarkeitsprofils nicht mehr ausüben können, doch führt dies nicht dazu, dass grundsätzlich ein Tabellenlohnabzug vorzunehmen ist, weil dieses Kompetenzniveau nicht nur (körperlich schwere) Hilfsarbeiten in den Bereichen Bergbau, Bau, Herstellung von Waren und Transportwesen, sondern auch eine Vielzahl von leichten bis mittelschweren Tätigkeiten erfasst (vgl. 9C_200/2017 vom 14. November 2017 E. 4.3.2 m.H. auf BGE 142 V 178; vgl. auch Urteile 8C_61/2018 vom 23. März 2018 E. 6.5.2; 8C_439/2017 vom 6. Oktober 2017 E. 5.4).  
 
3.4. Im Ergebnis erweist sich die Verweigerung eines Abzugs vom Tabellenlohn nicht als bundesrechtswidrig. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.  
 
4.   
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren mit summarischer Begründung (Art. 109 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 BGG) zu erledigen. 
 
5.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Meta Sammelstiftung, der PK Rück AG, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. April 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Betschart