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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_1122/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 15. August 2016  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Moses. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Luca Tenchio, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323, 8510 Frauenfeld, 
2. Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Holzikofenweg 36, 3003 Bern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das UWG; rechtliches Gehör, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 24. August 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
X.________ wurde am 1. September 2014 mittels Strafbefehl des Vergehens gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schuldig erklärt. Gemäss diesem Strafbefehl sollen mittels einem gemeinschaftlichen aber nach aussen arbeitsteilig scheinenden Vorgehen der A.________ SRL in Bukarest (Rumänien) und der B.________ GmbH & Co. KG in Neustadt/Aisch (Deutschland) zwischen Mai und November 2012 zahlreichen Geschädigten in der Schweiz unangefordert per Fax Formulare zur Korrektur angeblich bereits bestehender Einträge in sogenannten "Branchenbüchern" im Internet zugestellt worden sein. Die bei einer Korrektur des Eintrages und Rücksendung des Formulares anfallenden Kosten seien nicht unmittelbar erkennbar gewesen. 
Als Absender auf den mittels Fax versendeten Formularen sei die A.________ SRL aufgeführt gewesen. Die B.________ GmbH & Co. KG sei nach Rücksendung der Formulare vorerst nach aussen erkennbar für die Rechnungsstellung und das Mahnwesen besorgt gewesen. Tatsächlich habe sie sich auch mit Reklamationen befasst, ein strafbares Verhalten ihrer "Auftraggeberin" bestritten sowie bei Bedarf den Geschädigten Kulanzvorschläge unterbreitet und entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen. X.________ sei ab dem 17. Februar 2012 eingetragener Geschäftsführer der B.________ GmbH & Co. KG gewesen. 
 
B.  
Gegen den Strafbefehl erhob X.________ Einsprache. Das Bezirksgericht Kreuzlingen erklärte ihn am 3. Februar 2015 der mehrfachen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 60.-- und einer Busse von Fr. 600.--. Die dagegen von X.________ erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Thurgau am 24. August 2015 ab. 
 
C.  
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. 
 
D.  
Das Obergericht und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beantragen Abweisung der Beschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau reichte keine Vernehmlassung ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Vorinstanz hält fest, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der B.________ GmbH & Co. KG am 10. April 2012 mit der A.________ SRL einen Dienstleistungsvertrag abgeschlossen habe. Damit habe die A.________ SRL die B.________ GmbH & Co. KG mit der "Reklamationsabwicklung", der "Sachbearbeitung", dem "Fakturaservice" sowie der "Forderungsabwicklung" beauftragt. 
Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit der Erstellung und dem Versand mittels Fax der "Eintragungsvorschläge" direkt an sich nichts zu tun gehabt habe. Es stehe allerdings fest, dass er die Formulare kannte. Der Beschwerdeführer habe bereits bei Abschluss des Dienstleistungsvertrags mit der A.________ SRL Einblick in die standardisierten "Eintragungsvorschläge" erhalten und spätestens im Zeitpunkt der jeweiligen Rechnungsstellung das konkrete Kundendossier bekommen. Damit sei der Beschwerdeführer von Anfang an über die Vorgehensweise der A.________ SRL im Bild gewesen. Indem er den Dienstleistungsvertrag abschloss und in der Folge entsprechend dieser Vereinbarung nicht nur das Inkasso erledigte, sondern auch Beanstandungen von Betroffenen abwehrte, habe er sich den Tatentschluss der A.________ SRL nachträglich zu eigen gemacht. Auf diese Weise habe der Beschwerdeführer die A.________ SRL unterstützt. Diese sei auf die Mitwirkung des Beschwerdeführers angewiesen gewesen, um aus den "Kunden" in der Schweiz Kapital zu schlagen. Die B.________ GmbH & Co. KG habe nicht nur über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt, um mit den Adressaten der Telefaxe schriftlich zu kommunizieren, sondern auch über die für das Inkasso notwendigen Bankverbindungen in der Schweiz. Der Tatbeitrag des Beschwerdeführers sei von entscheidender Bedeutung gewesen. Dabei sei nicht massgebend, dass die A.________ SRL bereits zu einem früheren Zeitpunkt an andere Adressaten entsprechende Faxe versandt habe oder nach Auflösung der Geschäftsbeziehung zur B.________ GmbH & Co. KG ihre Tätigkeit fortgeführt habe. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass der Beschwerdeführer von den "Eintragungsvorschlägen" und mithin von den unlauteren Machenschaften der A.________ SRL Kenntnis gehabt habe. Er sei in den vier in der Anklageschrift erwähnten Fällen seinen Pflichten gemäss Dienstleistungsvertrag vom 10. April 2012 nachgekommen und habe somit den Willen bekundet, hinter den unlauteren Handlungen der A.________ SRL zu stehen. Der Beschwerdeführer habe deshalb in Mittäterschaft gehandelt. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt, dass die blosse Eintreibung von Forderungen als solche die Tatbestände von Art. 3 Abs. 1 lit. b und p UWG nicht erfülle. Seine Verurteilung verletze mithin den Grundsatz nulla poena sine lege. Auch habe die Vorinstanz seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie sich mit diesem Argument nicht auseinandergesetzt habe.  
 
2.2. Der Schuldspruch erging vorliegend, weil der Beschwerdeführer als Mittäter an den strafbaren Handlungen der A.________ SRL mitgewirkt haben soll. Die Vorinstanz durfte daher offenlassen, ob die Forderungseintreibung als solche tatbestandsmässig im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b und p UWG war. Auf die Rüge ist nicht weiter einzugehen.  
 
3.  
 
3.1. In Bezug auf die Frage der Mittäterschaft bringt der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass eine Schädigung der Empfänger der "Eintragungsvorschläge" nicht zu den Tatbestandsmerkmalen von Art. 3 Abs. 1 lit. b und p UWG gehöre. Dass die A.________ SRL auf seine Mitwirkung angewiesen gewesen sei, um aus den "Kunden" in der Schweiz Kapital zu schlagen, sei daher irrelevant. Die A.________ SRL habe alleine die verpönten Faxe versendet. Auch fehle ein gemeinsamer Tatentschluss. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die A.________ SRL sowohl vor als auch nach der Geschäftsbeziehung zur B.________ GmbH & Co. KG Eintragungsvorschläge versendet habe.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist Mittäter, wer bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung eines Deliktes vorsätzlich und in massgebender Weise mit anderen Tätern zusammenwirkt, so dass er als Hauptbeteiligter dasteht. Dabei kommt es darauf an, ob der Tatbeitrag nach den Umständen des konkreten Falles und dem Tatplan für die Ausführung des Deliktes so wesentlich ist, dass diese mit ihm steht oder fällt (BGE 135 IV 152 E. 2.3.1; 130 IV 58 E. 9.2.1; 125 IV 134 E. 3a). Gehilfe ist demgegenüber, wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet (Art. 25 StGB), die Tat jedoch nur durch einen untergeordneten Tatbeitrag unterstützt (BGE 129 IV 124 E. 3.2).  
Als Gehilfe ist nach Art. 25 StGB demgegenüber strafbar, wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet. Nach der Rechtsprechung gilt als Hilfeleistung jeder kausale Beitrag, der die Tat fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen anders abgespielt hätte. Der Gehilfe fördert eine Tat, wenn er sie durch einen untergeordneten Tatbeitrag unterstützt bzw. wenn er die Ausführung der Haupttat durch irgendwelche Vorkehren oder durch psychische Hilfe erleichtert. Die Hilfeleistung muss tatsächlich zur Tat beitragen und die Erfolgschancen der tatbestandserfüllenden Handlung erhöhen. Nicht erforderlich ist, dass es ohne die Beihilfe nicht zur Tat gekommen wäre (BGE 129 IV 124 E. 3.2 mit Hinweisen). 
 
3.2.2. Gemäss Art. 23 Abs. 1 UWG macht sich strafbar, wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Art. 3, 4, 4a, 5 oder 5 UWG begeht. Nach Art. 3 Abs. 1 lit. p UWG handelt unlauter, wer mittels Offertformularen, Korrekturangeboten oder Ähnlichem für Eintragungen in Verzeichnisse jeglicher Art oder für Anzeigenaufträge wirbt oder solche Eintragungen oder Anzeigenaufträge unmittelbar anbietet, ohne in grosser Schrift, an gut sichtbarer Stelle auf die Entgeltlichkeit und den privaten Charakter des Angebots, die Laufzeit des Vertrages, den Gesamtpreis entsprechend der Laufzeit sowie auf die geographische Verbreitung, die Form, die Mindestauflage und den spätesten Zeitpunkt der Publikation hinzuweisen. Unlauter handelt nach Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG auch, wer über sich, seine Firma, seine Geschäftsbezeichnung, seine Waren, Werke oder Leistungen, deren Preise, die vorrätige Menge, die Art der Verkaufsveranstaltung oder über seine Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht. Vorliegend sind sämtliche Tatbestandsmerkmale bereits mit dem Versand der zur Diskussion stehenden Faxe verwirklicht. Damit ist die Straftat nicht nur vollendet, sondern auch beendet. Nach der Beendigung ist die Mitwirkung eines Dritten nicht mehr möglich (BGE 106 IV 295; BGE 121 IV 109 E. 3a; MARC FORSTER, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 14 zu Art. 25 StGB). Als die B.________ GmbH & Co. KG den Adressaten der Eintragungsvorschläge Rechnung stellte, diese mahnte oder Vergleiche abschloss, waren die in Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. b und p UWG umschriebenen Straftaten bereits beendet. Mittäterschaft oder Gehilfenschaft waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich; der Beschwerdeführer hat sich durch die  nach dem Versand der Eintragungsvorschläge erfolgten Rechnungen, Mahnungen und Vergleiche nicht strafbar gemacht.  
 
3.2.3. Es stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer bereits zu einem früherem Zeitpunkt in strafbarer Weise an den Handlungen der A.________ SRL mitwirkte. Dies ist zu bejahen. Die B.________ GmbH & Co. KG schloss den Dienstleistungsvertrag mit der A.________ SRL ab,  bevor diese in den vier zur Anklage gebrachten Fällen die Korrekturangebote versandte. Die A.________ SRL konnte somit auf die Unterstützung der B.________ GmbH & Co. KG bzw. des Beschwerdeführers zählen, um nach dem Versand der Formulare ihre angeblichen Forderungen einzutreiben. Der Beschwerdeführer förderte auf diese Weise die Straftat der A.________ SRL, was als Gehilfenschaft im Sinne von Art. 25 StGB zu qualifizieren ist. Mittäterschaft ist indes zu verneinen, zumal der Beschwerdeführer - nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) - mit der Erstellung und dem Versand der Formulare nichts zu tun hatte (Urteil, S. 14). Es kann somit weder von einer gemeinsamen Tatplanung noch von einer gemeinsamen Tatausführung die Rede sein. Auch war die A.________ SRL für den - bereits tatbestandserfüllenden - Versand der Eintragungsvorschläge nicht auf die Unterstützung des Beschwerdeführers oder der B.________ GmbH & Co. KG angewiesen.  
 
4.  
Der Beschwerdeführer hat sich nicht als Mittäter des unlauteren Wettbewerbs in Mittäterschaft schuldig gemacht, sondern nur als Gehilfe. Die Beschwerde ist daher teilweise gutzuheissen und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer im Umfang seines Obsiegens angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die Staatsanwaltschaft und das SECO haben keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). Dem Beschwerdeführer sind reduzierte Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 24. August 2015 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- auferlegt. 
 
3.  
Der Kanton Thurgau hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. August 2016 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Moses