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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 253/03 
 
Urteil vom 2. September 2004 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Schön; Gerichtsschreiber Scartazzini 
 
Parteien 
F.________, 1974, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Peter Hollinger, Marktgasse 16, 3800 Interlaken, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 29. August 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1974 geborene F.________ arbeitete ab 1. Juli 1997 als Chauffeur für die Firma G.________ AG in X.________ und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 4. Juli 1997 erlitt er während der Arbeit bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen (Schädel-Hirn-Trauma mit intraventrikulären Blutungen okzipital temporal rechts, hämorrhagischen Hirnkontusionen [shearing injuries] frontal beidseits, Gesichtsschädelverletzungen [Nasenbeinfraktur, Orbitafraktur rechts, Rissquetschwunde supraorbital rechts mit arterieller Blutung], Claviculafraktur rechts, Fraktur des Os hamatum rechts, Thoraxkontusion beidseits mit Pneumothorax rechts, Herz- und Leberkontusion, Femurfraktur rechts und Unterschenkeltrümmerfraktur links). Nachdem der Versicherte längere Zeit hospitalisiert blieb, nahm er ab 26. Oktober 1998 an einer beruflichen Abklärung in der Genossenschaft Y.________, Eingliederungsstätte für Behinderte, teil. Ab 1. Februar 1999 konnte er in der gleichen Institution eine Arbeit in geschütztem Rahmen aufnehmen, für welche er mit Fr. 4.50 pro Stunde (bei 42 Wochenstunden und einem 13. Monatslohn) entlöhnt wurde. Diese Arbeit gab er am 26. August 1999 auf; daraufhin wurde ihm wieder ein volles Taggeld ausgerichtet. Mit Verfügung vom 16. Februar 2000 sprach ihm die Invalidenversicherung gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 81 % eine ganze Invalidenrente ab 1. Februar 1999 zu. Am 22. August 2000 trat F.________ in der geschützten Werkstatt der Stiftung N.________, mit Arbeitsort in O.________, eine unbefristete Arbeit an; dabei erzielte er bei 20 Wochenstunden (50 %) und Fr. 4.- pro Stunde einen Monatslohn zwischen Fr. 280.- und Fr. 320.-. In der Klinik E.________ wurde am 1. November 2000 ambulant eine neurologische und neuropsychologische Untersuchung durchgeführt. Am 31. März 2001 trat der Versicherte aus der geschützten Werkstatt der Stiftung N.________ aus und fand danach keine passende Erwerbstätigkeit mehr. 
 
Mit Verfügung vom 22. Januar 2002 berechnete die SUVA gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 81 % und einen versicherten Jahresverdienst von Fr. 4973.- eine Komplementärrente zur bestehenden Rente der Invalidenversicherung von Fr. 0.- und setzte die Integritätsentschädigung nach Massgabe einer angenommenen Integritätseinbusse von 50 % auf Fr. 48'600.- fest. Die dagegen erhobene Einsprache wies die SUVA mit Entscheide vom 7. Juni 2002 ab. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde, womit beantragt wurde, dem Versicherten sei eine Komplementärrente und eine auf einer 50 % übersteigenden Integritätseinbusse basierende Integritätsentschädigung auszurichten, wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 29. August 2003 ab. 
C. 
F.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Kranken- und Unfallversicherung (seit 1. Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit), auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Im kantonalen Entscheid werden die gesetzlichen Voraussetzungen über die Gewährung von Versicherungsleistungen bei Unfällen, namentlich den Anspruch auf Invalidenrenten- (Art. 18 UVG) und Integritätsentschädigungen (Art. 24 Abs. 1 UVG) zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben sind ferner die Bestimmungen über den für die Rentenfestsetzung massgebenden versicherten Verdienst (Art. 15 UVG, Art. 22 Abs. 4 UVV), über die Gewährung einer Komplementärrente (Art. 20 Abs. 2 UVG) sowie über den Beweiswert und die Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 122 V 160 Erw. 1c; RKUV 1991 Nr. U 133 S. 312 f. Erw. 1b; vgl. auch BGE 125 V 352 ff. Erw. 3a und b). Richtig sind auch die Ausführungen darüber, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 nach den von der Rechtsprechung entwickelten intertemporalrechtlichen Regeln (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) in materiellrechtlicher Hinsicht auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist. Darauf wird verwiesen. 
2. 
Streitig und zu prüfen ist die vorinstanzliche Bestätigung des von der Beschwerdegegnerin ermittelten Invaliditätsgrades von 81 % auf Grund eines jährlich erzielbaren Invalideneinkommens von Fr. 10'663.- und eines angenommenen Valideneinkommens von Fr. 55'799.- sowie die gestützt auf einen versicherten Jahresverdienst von Fr. 4973.- berechnete Komplementärrente von Fr. 0.-. Zum Streitgegenstand gehören damit grundsätzlich alle für deren Bemessung wesentlichen Elemente, mithin insbesondere auch der der Rentenberechnung nach Art. 15 UVG zugrunde zu legende versicherte Verdienst. Ferner wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneut geltend gemacht, die Integritätseinbusse sei derart gravierend, dass sie eine gesundheitliche Beeinträchtigung von 50 % übersteige und die diesbezügliche Berechnung der Integritätsentschädigung neu überprüft werden müsse. 
2.1 Die Vorinstanz hat gestützt auf die in den Akten liegenden medizinischen Berichte und beruflich-erwerblichen Abklärungen (insbesondere Schlussbericht der Klinik T.________ vom 27. August 1998, Bericht der Genossenschaft Y.________ vom 24. Februar 1999, Untersuchungsberichte der SUVA-Kreisärzte Dr. med. K.________ vom 24. Juni 1999 und Dr. med. W.________ vom 22. August 2000, neurologischer und neuropsychologischer Bericht der Klinik E.________ vom 3. und 6. November 2000, Abschlussuntersuchung von Dr. med. W.________ vom 25. Januar 2001) festgestellt, dass dem Beschwerdeführer eine Arbeit im geschützten Rahmen, die seinen unfallbedingten neurologischen und neuropsychologischen Beeinträchtigungen Rechnung trägt, ohne zeitliche Einschränkung zumutbar sei. Eine andere Auffassung habe lediglich der Gruppenleiter der Stiftung N.________ in seiner Stellungnahme vom 5. Dezember 2000 vertreten, indem er angab, eine Arbeit im geschützten Rahmen sei nur während zweieinhalb Tagen pro Woche möglich. Dieser Ansicht widerspreche jedoch die Tatsache, dass der Versicherte vom 1. Februar bis 26. August 1999 in der Genossenschaft Y.________ einer Vollzeitarbeit nachgegangen war und sich nach den übrigen Gutachten aus dem beruflichen und medizinischen Bereich bezüglich des 100 %igen Pensums keine Schwierigkeiten ergeben hatten. In erwerblicher Hinsicht befand das kantonale Gericht, als Invalideneinkommen habe die SUVA zu Recht das mit der Tätigkeit im geschützten Rahmen bei der Genossenschaft Y.________ erzielte Jahreseinkommen von Fr. 10'663.- berücksichtigt. Da ferner keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Versicherte ohne Unfall einen beruflichen Aufstieg und ein entsprechend höheres Einkommen realisiert hätte, war von einem Valideneinkommen von Fr. 54'047.75 bzw. Fr. 55'799.- auszugehen, was zu einem - mit dem von der Invalidenversicherung übereinstimmenden - ermittelten Invaliditätsgrad von 81 % führte. 
2.2 Der Beschwerdeführer beanstandet dieses Ergebnis und macht geltend, das Einkommen aus einer Tätigkeit im geschützten Rahmen dürfe nicht als Invalideneinkommen in Betracht genommen werden, da er auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sei und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Zumutbarkeit auch kein Einkommen erzielen könne. 
 
Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Für die Invaliditätsbemessung ist nicht darauf abzustellen, ob eine invalide Person unter den konkreten Arbeitsmarktverhältnissen vermittelt werden kann, sondern einzig darauf, ob sie die ihr verbliebene Arbeitskraft noch wirtschaftlich nutzen könnte, wenn die verfügbaren Arbeitsplätze dem Angebot an Arbeitskräften entsprechen würden (AHI 1998 S. 290 f. Erw. 3b). Vorliegendenfalls ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer eine ganztägige Arbeitsleistung in einer geschützten Werkstatt zumutbar ist. Somit bildet diese Tätigkeit Gegenstand von Angebot und Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wobei für solche Arbeiten gesundheitlich Beeinträchtigte eingestellt werden, die wie der Versicherte nur unter verschiedenen Einschränkungen und mithin sehr bedingt leistungsfähig sind. Demzufolge ist auch der Einwand des Beschwerdeführers, das Erwerbseinkommen aus einer für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmöglichkeit könne nicht mit demjenigen eines bei der Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler bezogenen Einkommens (BGE 109 V 28 f. Erw. 3d) verglichen werden, nicht stichhaltig. 
2.3 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird zudem eingewendet, eher zu tief sei auch das Valideneinkommen bewertet worden, zumal sich dieses sowohl bei der Firma G.________ AG als auch durch die Aufnahme einer anderen, gleichwertigen Tätigkeit in Anbetracht seiner erst beginnenden beruflichen Karriere erheblich erhöht hätte. 
 
Was das Einkommen ohne Gesundheitsschaden betrifft, ist - zusammen mit der Vorinstanz - auf Grund des angestammten Berufes vom zuletzt verdienten Lohn auszugehen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers fehlen konkrete Anhaltspunkte für die von ihm aufgezeigte mögliche Karrierenentwicklung und für einen beruflichen Aufstieg, weshalb ein solcher nicht als überwiegend wahrscheinlich angenommen werden kann. Dabei ist schliesslich zu beachten, dass auch die Invalidenversicherung anhand des mutmasslich entgangenen Verdienstes einen Invaliditätsgrad von 81 % ermittelt hat. 
2.4 Streitig und zu prüfen ist sodann, welcher Jahresverdienst der Berechnung der von der SUVA grundsätzlich auszurichtenden Komplementärrente zugrunde zu legen ist. Dauert das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Jahr, so wird der in dieser Zeit bezogene Lohn auf ein volles Jahr umgerechnet (Art. 22 Abs. 4 Satz 2 UVV); bei einer zum Voraus befristeten Beschäftigung bleibt die Umrechnung indessen auf die vorgesehene Dauer beschränkt (Satz 3). 
 
Nachdem der Arbeitgeber des Beschwerdeführers wiederholt angegeben hatte, dass das Arbeitsverhältnis auf drei bis fünf Wochen befristet gewesen sei, führte er in einer Stellungnahme vom 23. August 2002 aus, die Parteien seien von einem unbefristeten Arbeitsvertrag mit einer Probezeit ausgegangen. In Anbetracht des Vorrangs der Aussagen der ersten Stunde (BGE 121 V 47 Erw. 2a mit Hinweisen), erachtete es die Vorinstanz als erwiesen, dass das Arbeitsverhältnis des Versicherten zum Voraus befristet war und ab dem 1. Juli 1997 maximal fünf Wochen dauern sollte. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird erneut der bereits geltend gemachte Sachverhalt dargelegt. Nachdem allerdings feststeht, dass der Arbeitgeber ursprünglich und wiederholt angegeben hatte, dass das Arbeitsverhältnis auf drei bis fünf Wochen befristet gewesen sei, vermag der Einwand des Beschwerdeführers nicht zu überzeugen, zumal er sich im Wesentlichen auf eine Wiederholung der bereits im kantonalen Verfahren vorgetragenen Einwände beschränkt. Die Berechnung des Jahresverdienstes durch die SUVA, wonach die Umrechnung auf die vorgesehene Dauer zu beschränken sei, ist somit nicht zu beanstanden. 
2.5 Bezüglich der auf der Grundlage einer Integritätseinbusse von insgesamt 50 % festgelegten Integritätsentschädigung entsprechen die Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid sowie die Ausführungen im Einspracheentscheid der SUVA vom 7. Juni 2002, die insbesondere auf die Berichte der Dres. med. Z.________ vom 3. November 2000 und W.________ vom 25. Januar 2001 Bezug nehmen, dem Gesetz, der Verordnung und den anwendbaren Richtlinien. Der Beschwerdeführer macht keine triftigen Gründe geltend, die eine abweichende Ermessensausübung als nahe liegender erscheinen liessen (Art. 132 lit. a OG; vgl. zur Ermessenskontrolle BGE 114 V 316 Erw. 5a mit Hinweisen), sodass der kantonale Entscheid auch in dieser Hinsicht zu bestätigen ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt. 
Luzern, 2. September 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: