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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_271/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 20. Februar 2015  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Chaix, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Verkehrsamt des Kantons Schwyz, Schlagstrasse 82, Postfach 3214, 6431 Schwyz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
A.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwältin Sonja Zosso. 
 
Gegenstand 
Strassenverkehrsrecht (Führerausweisentzug), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 24. April 2014 des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der in Alpthal/SZ wohnhafte Schweizer A.________ geriet am 26. Januar 2014 in Kitzbühel (A) am Steuer eines Personenwagens in eine Verkehrskontrolle; die Untersuchung der Atemluft auf Alkohol ergab einen Wert von 0,45 mg/l. A.________ wurde der Führerausweis umgehend abgenommen. Der Bezirkshauptmann von Kitzbühel sprach mit Bescheid vom 28. Januar 2014 ein Lenkverbot für Österreich von einem Monat gegen ihn aus, gerechnet ab dem 26. Januar 2014. Er stellte den Bescheid zusammen mit dem Führerausweis dem Verkehrsamt Schwyz zu. 
Am 26. Februar 2014 entzog das Verkehrsamt Schwyz A.________ den Führerausweis für drei Monate. Einer allfälligen Beschwerde entzog es die aufschiebende Wirkung. Zur Begründung führte es an, er habe am 26. Januar 2014 in Österreich einen Personenwagen mit einem Atemalkoholgehalt von 0,45 mg/l gelenkt, was einem Blutalkoholgehalt von 0,9 Promille entspreche. Dies stelle eine schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinn von Art. 16c Abs. 1 lit. b SVG dar, was nach Art. 16c Abs. 2 lit. a SVG mit einem Ausweisentzug von minimal drei Monaten geahndet werden müsse. 
Mit Beschwerde vom 12. März 2014 focht A.________ diese Entzugsverfügung beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz an mit dem Antrag, sie aufzuheben und eine Verwarnung gegen ihn auszusprechen. Ausserdem ersuchte er um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. 
Mit Zwischenentscheid vom 13. März 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde wieder her und wies das Verkehrsamt an, A.________ den Führerausweis vorläufig wieder auszuhändigen. 
Am 14. März 2014 stellte das Verkehrsamt A.________ den Führerausweis zu. 
Am 24. April 2014 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde gut und änderte die Verfügung des Verkehrsamtes ab, indem es den Ausweisentzug aufhob und eine Verwarnung aussprach. 
 
B.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt das Verkehrsamt, dieses Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und A.________ den Ausweis für drei Monate zu entziehen. Eventuell sei auf eine Sanktion ganz zu verzichten. 
 
C.   
Das Verwaltungsgericht beantragt in seiner Vernehmlassung, die Beschwerde abzuweisen. A.________ beantragt, den Hauptantrag der Beschwerde abzuweisen und den Eventualantrag gutzuheissen. 
Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragt, die Beschwerde gutzuheissen. 
In seiner Replik hält A.________ an der Beschwerde fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Das kantonale Strassenverkehrsamt ist zur Beschwerde befugt (Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 lit. a SVG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Nach einer Widerhandlung gegen die Vorschriften des Strassenverkehrs im Ausland wird der Führerausweis entzogen, wenn im Ausland ein Fahrverbot verfügt wurde und die Widerhandlung nach den Artikeln 16b und 16c SVG als mittelschwer oder schwer zu qualifizieren ist (Art. 16c bis Abs. 1 SVG). Bei der Festlegung der Entzugsdauer sind die Auswirkungen des ausländischen Fahrverbotes auf die betroffene Person angemessen zu berücksichtigen. Die Mindestentzugsdauer darf unterschritten werden. Die Entzugsdauer darf bei Personen, die im Administrativmassnahmenregister (Art. 104b ) nicht verzeichnet sind, die am Begehungsort im Ausland verfügte Dauer des Fahrverbots nicht überschreiten (Art. 16c bis Abs. 1 SVG).  
 
2.2. Eine schwere Widerhandlung begeht, wer mit einer 0,8 Promille übersteigenden Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt (Art. 16c Abs. 1 lit. b SVG i.V. m. Art. 55 Abs. 6 SVG und Art. 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesversammlung über Blutalkoholwerte im Strassenverkehr vom 21. März 2003, SR 741.13).  
Unbestritten ist, dass der Beschwerdegegner seine Verurteilung in Österreich wegen Führens eines Motorfahrzeugs in fahrunfähigem Zustand, mit einer Atemluftalkoholkonzentration von 0,45 mg/l akzeptiert hat. Für das Verkehrsamt und das ASTRA ist dadurch erstellt, dass der Beschwerdegegner diese Fahrt vom 26. Januar 2014 mit einer Blutalkoholkonzentration von 0.9 Promille unternommen hat, während für das Verwaltungsgericht und den Beschwerdegegner dieser Beweis nicht erbracht ist. 
 
2.3. Das ASTRA hat in seiner Vernehmlassung das Vorgehen der österreichischen Behörden zur Feststellung des Alkoholisierungsgrads von Fahrzeuglenkern eingehend und unter Beilage der entsprechenden Materialien aufgezeigt. Danach sind die zum Einsatz kommenden Testgeräte - sogenannte Alkomaten - technisch viel weiter entwickelt als die in der Schweiz verwendeten Geräte und liefern beweissichere Resultate; ein Sicherheitsabzug für Messunsicherheiten wird nicht vorgenommen und eine Anerkennung des Resultats durch den Probanden ist nicht erforderlich. Es gilt ein Umrechnungsfaktor von 2100 l/kg; der Gesetzgeber geht davon aus, dass (gerundet) ein Atemalkoholgehalt von 0,4 mg/l einem Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille entspricht. Bei der Überschreitung dieser Schwelle gilt in Österreich eine Person als vom Alkohol beeinträchtigt. Es wird von keiner Seite bestritten, dass diese Darstellung des ASTRA die Sach- und Rechtslage zutreffend wiedergibt.  
 
2.4. Wer in Österreich ein Motorfahrzeug lenkt, ist selbstredend dem österreichischen Strassenverkehrsrecht unterworfen. Die Strassen- und Verkehrsverhältnisse in den Nachbarstaaten der Schweiz entsprechen ebenso wie deren Verkehrsordnungen weitgehend den einheimischen (Urteil 1C_47/2012 vom 17. April 2012 E. 3.3). Es besteht daher kein Anlass, für das in der Schweiz durchzuführende Verwaltungsverfahren nicht auf einen in Rechtskraft erwachsenen österreichischen Massnahmenentscheid und die diesem zu Grunde liegende Alkoholkontrolle abzustellen. Ein Vergleich mit der Sach- und Rechtslage in der Schweiz, wo für die Bestimmung des Atemalkohol-Gehaltes andere, weniger genaue Geräte verwendet werden, deren Ergebnisse sich der Betroffene aber nur entgegenhalten lassen muss, wenn er sie ausdrücklich anerkennt (vgl. Art. 11 und 12 der Verordnung über die Kontrolle des Strassenverkehrs vom 28. März 2007, SKV, SR 741.013), erübrigt sich daher von vorn herein. Die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (E. 2.3, 2.6. 3 S. 4 ff.) gehen insoweit an der Sache vorbei.  
 
2.5. Der Beschwerdegegner bringt vor, es stehe nicht fest, dass anlässlich seiner Kontrolle vom 26. Januar 2014 effektiv ein geeichter und damit beweissicherer Alkomat verwendet und nicht bloss ein (ungenauer) Vortest durchgeführt worden sei; "bemerkenswerterweise" spreche denn das Verwaltungsgericht in seiner Vernehmlassung von einem "Alkometer", nicht von einem "Alkomaten".  
Der Beschwerdegegner hat in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 12. März 2014 nicht behauptet, sein Alkoholisierungsgrad sei am 26. Januar 2014 bloss mit einem Vortestgerät und nicht mit einem geeichten Alkomaten bestimmt worden. Der Einwand ist damit neu und unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG). Abgesehen davon war er beim Vorfall nicht derart stark alkoholisiert, dass er seine Rechte nicht vor Ort hätte wahrnehmen bzw. gegebenenfalls den Entzugsbescheid bei deren Missachtung hätte anfechten können, falls er das polizeiliche Vorgehen als unkorrekt empfunden hätte. Unerfindlich schliesslich ist, inwiefern ein offensichtlicher Verschrieb des Verwaltungsgerichts in der Vernehmlassung - "Alkometer" statt "Alkomat" - darauf hindeuten könnte, die österreichische Polizei hätte die Alkoholkontrolle nicht vorschriftsgemäss durchgeführt. 
 
2.6. Zusammenfassend ist somit davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner mit rechtskräftigem Bescheid vom 28. Januar 2014 überführt ist, einen Personenwagen mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,9 Promille gelenkt zu haben. Das entspricht nach schweizerischem Recht einer schweren Widerhandlung, die im Falle des Beschwerdegegners, dem der Ausweis bereits 2008 für einen Monat entzogen worden war, mit einem Führerausweisentzug von mindestens drei Monaten zu ahnden ist. Es ist damit nicht zu beanstanden, dass das Verkehrsamt dem Beschwerdegegner den Ausweis nach der in E. 2.1 dargelegten gesetzlichen Regelung für drei Monate entzogen hat, und es erscheint ebenso angemessen und sachgerecht, dass es ihm die in Österreich verhängte und sofort vollzogene Massnahme faktisch angerechnet hat, sodass es bei einem Entzug von insgesamt drei Monaten sein Bewenden hat. Der Beschwerdegegner wird damit im Ergebnis genau gleich sanktioniert, wie wenn er seine Trunkenheitsfahrt in der Schweiz unternommen hätte.  
 
3.   
Damit ist die Beschwerde gutzuheissen, der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben, die Verfügung des Verkehrsamtes vom 26. Februar 2014 zu bestätigen und die Sache ans Verkehrsamt zurückzuweisen zum Vollzug des noch offenen Entzugs von ca. 1 ½ Monaten. Da es sich um einen Warnungsentzug handelt, wird es dabei die Wünsche des Beschwerdegegners, der beruflich auf den Führerausweis angewiesen ist, bezüglich der Ansetzung des Vollzugsbeginns angemessen Rechnung tragen können. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdegegner die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Die Kosten des kantonalen Verfahrens stehen fest und können vom Bundesgericht daher ohne Rückweisung selber neu verlegt werden. An der Verlegung der Kosten des Verkehrsamts, dessen Verfügung bestätigt wird, ändert sich nichts. Das Verwaltungsgericht hätte die Beschwerde abweisen müssen; die Kosten von Fr. 800.-- gehen daher ebenso zu Lasten des Beschwerdegegners wie seine Anwaltskosten. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 24. April 2014 aufgehoben, die Verfügung des Verkehrsamts vom 26. Februar 2014 bestätigt und die Sache ans Verkehrsamt zurückgewiesen zum weiteren Vollzug der Massnahme.  
 
1.2. Die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.  
 
1.3. Dem Beschwerdegegner wird für das verwaltungsgerichtliche Verfahren keine Parteientschädigung zugesprochen.  
 
2.   
Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Bundesamt für Strassen, Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. Februar 2015 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Störi