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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 132/04 
 
Urteil vom 11. Oktober 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Schmutz 
 
Parteien 
Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Baselland, Bahnhofstrasse 32, 4133 Pratteln, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
T.________, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Liestal 
 
(Entscheid vom 21. April 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1964 geborene, seit 1. Oktober 2002 stellenlose T.________ besuchte während der Zeit vom 14. Januar 2003 bis 16. Mai 2003 den Kurs "Pre-MBA Preparation" (Vorbereitungskurs MBA) am American Language Institute der San Diego State University in den USA. Mit Verfügung vom 21. Oktober 2003 sprach ihm das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit des Kantons Basel-Landschaft (nachfolgend: KIGA) für die Zeit vom 13. Januar 2003 bis 16. Mai 2003 die Vermittlungsfähigkeit - und daher den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung - ab. Die vom Versicherten dagegen erhobene Einsprache wies das KIGA mit Entscheid vom 19. November 2003 ab. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 21. April 2004 gut. Es wies die Sache zur erneuten Abklärung der Vermittlungsfähigkeit in objektiver Hinsicht an das KIGA zurück, damit es insbesondere auch untersuche, welche finanziellen Konsequenzen ein Kursabbruch wegen einer kurzfristigen Rückreise gehabt hätte. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das KIGA die Aufhebung des kantonalen Entscheides. 
 
Während T.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichten das Kantonsgericht und das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das kantonale Gericht hat die massgebenden (mit In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG] am 1. Januar 2003 unverändert gebliebenen) Bestimmungen und Grundsätze über die Vermittlungsfähigkeit als eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG), den Begriff der Vermittlungsfähigkeit (Art. 15 Abs. 1 AVIG) und die für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung festgesetzten materiellen Pflichten der Schadenminderung und formellen Pflichten der Erfüllung der Kontrollvorschriften (Art. 8 Abs. 1 lit. g und Art. 17 AVIG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
1.2 Nach dem in ARV 2001 Nr. 29 S. 231 publizierten Urteil D. vom 7. Februar 2001 (C 149/00) Erw. 2a hat ein Versicherter, der während seiner Arbeitslosigkeit einen Kurs besucht, ohne dass die Bedingungen der Art. 59 ff. AVIG gegeben sind (was vorliegend der Fall ist: vgl. Urteil T. vom 8. Juni 2004 [C 44/04] Erw. 5), dennoch Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, sofern die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG erfüllt sind. Um vermittlungsfähig zu sein, muss er jederzeit bereit und in der Lage sein, den Kurs abzubrechen, um eine Arbeit aufzunehmen. Zudem muss er seiner Pflicht persönlicher Arbeitsbemühungen voll nachkommen (ARV 1990 Nr. 22 S. 139). Hiebei sind der objektive und der subjektive Bereich der Vermittlungsfähigkeit zu unterscheiden. Klarzustellen ist, dass die hier zu prüfende Vermittlungsfähigkeit gemäss Art. 15 AVIG nicht mit der Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt gleichgestellt werden darf (BGE 122 V 266 Erw. 4, 120 V 390 Erw. 4c/aa; vgl. auch Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, N. 43 ff. zu Art. 59 AVIG). Zwar darf angenommen werden, diese sei durch den Kursbesuch gesteigert worden; davon unabhängig beurteilt sich indessen im vorliegenden Zusammenhang, ob während der Arbeitslosigkeit die Vermittlungsfähigkeit im Sinne von Art. 15 Abs. 1 AVIG gegeben war (BGE 122 V 266 Erw. 4). 
 
Hinsichtlich des objektiven Bereichs der Vermittlungsfähigkeit hält das bereits erwähnte Urteil C 149/00 in Erw. 2a fest, dass der Besuch eines ganztägigen Kurses die Annahme einer erwerblichen Tätigkeit ausschliesst. Die Vermittlungsfähigkeit kann nur bejaht werden, wenn eindeutig feststeht, dass der Versicherte bereit und in der Lage ist, den Kurs jederzeit abzubrechen, um eine Stelle anzutreten. Dies ist auf Grund objektiver Kriterien zu prüfen. Die Willensäusserung des Versicherten allein genügt hiezu nicht. Vielmehr ist eine entsprechende überprüfbare Bestätigung der Schulleitung zu verlangen, worin auch die allfälligen finanziellen Konsequenzen eines Kursabbruchs enthalten sein müssen. In subjektiver Hinsicht muss feststehen, dass der Versicherte auch während des Kursbesuches seiner Pflicht zu persönlichen Arbeitsbemühungen nachgekommen ist. Daher müssen an die Disponibilität und Flexibilität der Versicherten, die freiwillig und auf eigene Kosten einen nicht bewilligten Kurs besuchen, erhöhte Anforderungen gestellt werden. Sie müssen ihre Arbeitsbemühungen qualitativ und quantitativ fortsetzen und bereit sein, den Kurs unverzüglich abzubrechen, um eine angebotene Stelle anzutreten. Eine entsprechende Willenshaltung oder die bloss verbal erklärte Vermittlungsbereitschaft genügt nicht. Bei fehlender Aktivität und Dispositionen, die der Annahme der Vermittlungsbereitschaft entgegenstehen, kann sich der Versicherte nicht darauf berufen, er habe die Vermittlung und Suche einer Arbeit gewollt (BGE 122 V 266 f. Erw. 4). 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob das KIGA dem Beschwerdegegner die Vermittlungsfähigkeit in Folge des vom 14. Januar 2003 bis 16. Mai 2003 an der San Diego State University absolvierten Kursbesuches zu Recht abgesprochen hat. 
2.1 Diese Frage ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz ohne zusätzliche Abklärungen zu bejahen, und zwar im Wesentlichen aus den folgenden Gründen: 
2.1.1 Gemäss Art. 21 AVIV muss sich der Versicherte nach der Anmeldung entsprechend den Anordnungen des Kantons zu Beratungs- und Kontrollgesprächen persönlich bei der zuständigen Amtsstelle melden. Er muss sicherstellen, dass er in der Regel innert Tagesfrist von der zuständigen Amtsstelle erreicht werden kann. Durch einen mehrmonatigen Kursbesuch im fernen Ausland ist die Durchführung von Beratungen und Kontrollgesprächen von vornherein ausgeschlossen. Dem Versicherten fehlt daher dieses objektive Element der Vermittlungsfähigkeit. 
2.1.2 Der Versicherte muss sich gemäss Art. 17 AVIG in Verbindung mit Art. 26 AVIV überdies gezielt persönlich um Arbeit bemühen. Die Stellenbemühung verspricht nur ungenügenden Erfolg, wenn die Bewerbung um eine Anstellung aus dem fernen Ausland erfolgt, da die Arbeitgeber gerade bei einer Mehrzahl von Bewerbungen diejenigen Kandidaten bevorzugen werden, die rasch und unkompliziert erreichbar und zu einem Vorstellungsgespräch bereit sind. In diesem Sinne fehlt es an der Vermittlungsbereitschaft des Beschwerdegegners: Der erhebliche Zeitbedarf für eine Rückkehr in die Schweiz und die damit verbundenen hohen Kosten lassen es als ausgeschlossen erscheinen, dass der Versicherte - wie dies Gesetz und Verordnung verlangen - jederzeit und so oft als nötig bereit und in der Lage ist, sich einem Arbeitgeber zur Durchführung eines Vorstellungsgespräches oder zum Stellenantritt zur Verfügung zu stellen. 
2.2 Aus dem in diesem Zusammenhang auch von der Vorinstanz zitierten Entscheid ARV 2001 Nr. 29 S. 231 f. Erw. 2a kann nichts anderes abgeleitet werden. Dort wird die Vermittlungsfähigkeit beim Besuch eines ganztägigen Kurses grundsätzlich verneint. Sie kann nur ausnahmsweise bejaht werden, wenn eindeutig feststeht, dass die versicherte Person bereit und in der Lage ist, den Kurs jederzeit abzubrechen, um eine Stelle anzutreten. Diese Voraussetzung wurde in jenem Fall verneint, obwohl der damalige Beschwerdeführer nicht einen Kurs im Ausland, sondern einen solchen in der Schweiz besuchte, der zudem weniger lang gedauert hat, als der Kurs des Beschwerdegegners. 
2.3 Bedeutsam ist sodann Art. 25 AVIV, welcher die Erleichterung der Beratung und Kontrolle sowie die vorübergehende Befreiung von der Vermittlungsfähigkeit regelt. Nach dessen Abs. 1 lit. a bis e befreien nur aussergewöhnliche Ereignisse, wie die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen von landesweiter Bedeutung im Ausland, die Teilnahme an Vorstellungsgesprächen im Ausland, das Absolvieren einer Schnupperlehre, Abklärungen an einem Arbeitsplatz, eine Stellenbewerbung sowie persönliche Gründe (Heirat, Geburt, Todesfall; schwere Behinderung), vorübergehend von den grundsätzlichen Anforderungen gemäss Art. 17 AVIG, wobei alle diese Erleichterungen nur auf Gesuch hin bewilligt werden. Diese qualifizierten Voraussetzungen zeigen, dass es mit der Vermittlungsfähigkeit bei Auslandaufenthalten zu nicht bewilligten Ausbildungszwecken eher streng zu nehmen ist. 
2.4 Nach der Rechtsprechung muss auf der Erfüllung von Kontrollvorschriften nicht beharrt werden, um die Überprüfbarkeit der Vermittlungsfähigkeit eines Versicherten zu gewährleisten, wenn dieser kurz vor Antritt einer neuen Dauerstelle steht (vgl. Urteile G. vom 30. Mai 2003 [C 23/03] Erw. 2 und 3 sowie F. vom 9. März 2004 [C 23/03] Erw. 4). Diese Praxis zeigt, dass an die Vermittlungsfähigkeit, insbesondere die Vermittlungsbereitschaft, weniger hohe Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn absehbar ist, dass der Versicherte innert Kürze keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr zu beziehen hat. Diese Voraussetzung war indessen beim Beschwerdegegner bisher nicht erfüllt. 
3. 
Bei dieser Rechts- und Sachlage kann offen bleiben, ob und inwieweit der Beschwerdegegner seinen Kurs in San Diego jederzeit hätte unterbrechen können. Durch seinen mehrmonatigen Aufenthalt in den USA hat er die an die Vermittlungsfähigkeit gestellten hohen Anforderungen von vornherein nicht erfüllt. Zu Recht weist das KIGA in diesem Zusammenhang auf das Kreisschreiben des seco über die Arbeitslosenentschädigung vom Januar 2003 (B289-B292) hin. Danach hat eine Person, welche sich vorübergehend ins Ausland begibt, auch für die Zeit des Auslandaufenthaltes Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie im Ausland innert Tagesfrist erreichbar ist, innert nützlicher Frist vermittelbar ist und die übrigen Kontrollvorschriften erfüllt. Für die Erfüllung dieser Voraussetzungen bestand beim Beschwerdegegner in keinem Zeitpunkt Gewähr. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 21. April 2004 aufgehoben. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, der Öffentlichen Arbeitslosenkasse Baselland und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 11. Oktober 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: