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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_495/2009 
 
Urteil vom 6. Mai 2010 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Raselli, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Beat Keller, 
 
gegen 
 
Baudirektion des Kantons Zürich, Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich, vertreten durch das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Rechtsdienst, Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Gewässerschutz, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 26. August 2009 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 
1. Abteilung, 1. Kammer. 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ realisierte ab 2001 auf den Parzellen Kat.-Nr. 573, 574 und 575 an der Kreuzung Püntstrasse/Schleinikonerstrasse in Oberweningen in drei Etappen eine Arealüberbauung mit insgesamt neun Mehrfamilienhäusern und Unterflursammelgaragen. Die Bauparzellen liegen über dem zur Trinkwassergewinnung genutzten Wehntalergrundwasserstrom im Gewässerschutzbereich A. Der Gemeinderat von Oberweningen bewilligte die erste Etappe am 12. Dezember 2000 und die zweite am 12. November 2002. Mit Verfügungen vom 22. Mai 2002 und vom 18. November 2002 erlaubte die Baudirektion des Kantons Zürich X.________, Bauteile im Grundwasser bis auf die Kote 456.9 m ü. M., Liftschächte, Kanalisationen, Pumpenstümpfe und dergleichen etwas tiefer, zu erstellen, sowie den Grundwasserspiegel für die Dauer der Bauarbeiten abzusenken. Weiter wurden die von der Baudirektion des Kantons Zürich erlassenen "Bedingungen für Grundwasserabsenkungen vom April 1999" massgeblich erklärt mit Ausnahme der Hinterfüllungen unterhalb des Grundwasserspiegels betreffenden Ziff. 4, für die eine spezielle Regelung getroffen wurde. Die Verlegung von Sickerleitungen und die Verwendung von Sickerbeton unterhalb des Hochwasserspiegels (Verfügung vom 22. Mai 2002) bzw. die Verwendung von Sickerbeton im Bereich von wasserführenden Schichten (Verfügung vom 18. November 2002) wurden untersagt. 
 
B. 
Am 14. Dezember 2004 erteilte die Baudirektion X.________ für die Realisierung der dritten Bauetappe die Bewilligung, Bauteile im Grundwasser bis zu einer bestimmten Kote zu erstellen und den Grundwasserspiegel für die Dauer der Bauzeit abzusenken. In Dispositiv-Ziff. III. ordnete es an: "Die heutige, widerrechtliche, permanente Begrenzung des Grundwasserspiegels mittels der bestehenden Sickerleitungen der Bauetappen 1 und 2 auf den Grundstücken Kat.-Nrn. 574 und 575, Püntstrasse, Oberweningen, ist umgehend zu beheben. Bis spätestens 28. Februar 2005 ist dem AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich im Sinne der Erwägungen ein Sanierungskonzept zur Genehmigung einzureichen". Diese Verfügung wurde X.________ von der Gemeinde Oberweningen am 25. Januar 2005 zusammen mit der Baubewilligung eröffnet und zu deren integrierendem Bestandteil erklärt. 
X.________ focht diese Verfügung der Baudirektion bei der Baurekurskommission IV des Kantons Zürich an und beantragte, Dispositiv-Ziff. III. aufzuheben. Diese trat am 10. Juni 2005 auf den Rekurs mangels Zuständigkeit nicht ein und überwies die Sache dem Regierungsrat zur Beurteilung. Dieser wies den Rekurs am 11. Februar 2009 ab, soweit er nicht (in Bezug auf die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses auf Dispositiv-Ziff. III. der angefochtenen Verfügung) gegenstandslos geworden war. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde von X.________ gegen diesen regierungsrätlichen Entscheid am 26. August 2009 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________, diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und festzustellen, dass er nicht verpflichtet sei, der Baudirektion ein Sanierungskonzept gemäss ihrer Verfügung vom 14. Dezember 2004 einzureichen. Eventualiter sei der Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er, seiner Beschwerde aufschie-bende Wirkung zuzuerkennen. 
 
D. 
Am 23. November 2009 erkannte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu. 
 
E. 
Das AWEL beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Nach der Vernehmlassung des Bundesamts für Umwelt (BAFU) ist der angefochtene Entscheid bundesrechtskonform. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. 
Das AWEL hält die Eingabe des BAFU für schlüssig und verzichtet auf weitere Ausführungen. X.________ hält an der Beschwerde fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Mit der Verfügung vom 14. Dezember 2004, welche vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid geschützt wurde, verpflichtete die Baudirektion den Beschwerdeführer, ein Konzept vorzulegen, um die in den ersten beiden Bauetappen ihrer Auffassung nach vorschriftswidrig im Grundwasser erstellten, den Grundwasserspiegel begrenzenden Bauten (Sickerleitungen) zu sanieren. Es handelt sich insofern um eine Vollstreckungsverfügung, mit der die dem Beschwerdeführer in den baurechtlichen Bewilligungsverfahren der ersten beiden Etappen erteilten gewässerschutzrechtlichen Auflagen durchgesetzt werden sollen. Angefochten ist damit ein Endentscheid in einer Verwaltungssache, gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 lit. a, Art. 83, Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist als Adressat der belastenden Verfügung und Partei des kantonalen Verfahrens befugt, sie zu erheben (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht, sind zulässig (Art. 95 lit. a BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, die beanstandeten Sickerleitungen der ersten und zweiten Bauetappe seien von der Gemeinde Oberweningen bewilligt worden, weshalb die angefochtene Verfügung der Baudirektion einen in concreto unzulässigen Widerruf einer rechtskräftigen Bewilligung darstelle. 
Die Baubewilligung der Gemeinde Oberweningen für die erste Bauetappe vom 12. Dezember 2000 hält ausdrücklich fest, dass vor der Baufreigabe eine Abwasserbewilligung vorliegen müsse (Dispositiv-Ziff. 2, 3.1 S. 7 f.). In der Abwasserbewilligung der Gemeinde vom 22. Januar 2002 wird ausgeführt, auf Sickerleitungen auf dem Niveau der Baugrubensohle sei zu verzichten. Eine temporäre oder permanente Absenkung des Grundwasserspiegels bedürfe einer Bewilligung des AWEL (Dispositiv-Ziff. III. 1.2.4 S. 3). Über das vorgesehene Sickerleitungskonzept sei "ein Schnittplan mit Darstellung der Grundwasserspiegellagen der Gemeinde zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen. Eine Prüfung durch das AWEL bleibe ausdrücklich vorbehalten (Dispositiv-Ziff. III. 1.2.6 S. 4). Im Nachtrag Nr. 1 der Gemeinde zur Abwasserbewilligung vom 14. Mai 2002 wird festgehalten, die eingeforderten Pläne seien weder der Gemeinde noch dem AWEL eingereicht worden. Letzteres habe zudem mit Schreiben vom 24. April 2002 festgestellt, auf dem Baugrundstück würden unbewilligterweise Grundwasserabsenkungen vorgenommen. Der Gemeinderat verfügte, dem AWEL seien umgehend die im Schreiben vom 24. April 2002 verlangten Unterlagen zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen (Dispositiv-Ziff. 3). 
Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hat somit der Gemeinderat von Oberweningen die umstrittene Sickerleitung im Grundwasserleiter der ersten Bauetappe nicht bewilligt, ganz abgesehen davon, dass er dies mangels Zuständigkeit auch nicht hätte tun können (§ 70 Wasserwirtschaftsgesetz vom 2. Juni 1991 e contrario). Die Verfügung der Baudirektion vom 22. Mai 2002, mit welcher sie die Eingriffe ins Grundwasser regelte, stellt somit keineswegs den Widerruf einer rechtskräftigen Bewilligung dar. 
Das Gleiche gilt für die zweite Bauetappe, für die der Gemeinderat Oberweningen bereits in der Baubewilligung vom 12. November 2002 festhielt, dass für das Erstellen von Bauteilen im Grundwasser und das temporäre Absenken des Grundwasserspiegels während der Bauzeit eine Bewilligung der Baudirektion erforderlich sei. In der Abwasserbewilligung vom 28. Januar 2003 hat er festgestellt, dass die Baudirektion am 18. November 2002 die entsprechende Bewilligung erteilte und dass diese in Rechtskraft erwachsen sei. Der Gemeinderat Oberweningen hat somit auch für die zweite Etappe keine Bauten im Grundwasser bewilligt. Die Rüge, die Baudirektion habe in Dispositiv-Ziff. III. ihrer Verfügung vom 14. Dezember 2004, mit welcher sie die Sanierung der "widerrechtlichen Begrenzung" des Grundwasserspiegels mittels der bestehenden Sickerleitungen der ersten beiden Bauetappen anordnete, rechtskräftige Bewilligungen unzulässig widerrufen, entbehrt jeder Grundlage. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer bestreitet, dass es aufgrund der umstrittenen Sicker- bzw. Reinwasserableitungen überhaupt zu einer Begrenzung des Grundwasserspiegels kommt und macht geltend, die Verfügung des AWEL vom 14. Dezember 2004 entbehre der inneren Rechtfertigung. 
Wird Sickerwasser durch eine im Grundwasser verlegte Sickerleitung abdrainiert, kommt es zu einer Begrenzung des Grundwasserspiegels, weil dem Grundwasserstrom ab dem Niveau der Sickerleitung Wasser entzogen wird. Ob dieser Effekt in jedem Fall messbar ist bzw. mit den routinemässig vorgenommenen Messungen erfassbare Auswirkungen hat, ist eine andere Frage. Das AWEL legt in seiner Vernehmlassung jedenfalls dar, dass mit den für die Grundwasserkarte verwendeten Messstellen Surbwies und Gaenter wegen ihrer Entfernung zur Überbauung des Beschwerdeführers und den geologischen Gegebenheiten auch grössere Abflüsse über die Sickerleitungen nicht erfasst werden könnten. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand, die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Grundwasserspiegel habe sich zwischen 1993 und 2008 nicht wesentlich verändert, beweise, dass die umstrittenen, seit mehreren Jahren in Betrieb stehenden Sickerleitungen unschädlich seien. Nach der übereinstimmenden Darstellung des AWEL und des BAFU handelt es sich bei dieser Kote um den höchsten je gemessenen Grundwasserspiegel. Dieser Wert werde nur verändert, wenn ein noch höherer Wert gemessen werde; gesenkt werde er dementsprechend nie. Aus dem Umstand, dass er zwischen 1993 und 2008 unverändert geblieben sei, ergibt sich daher nicht, dass dem Grundwasserstrom durch die Sickerleitungen kein Wasser entzogen wurde. Entscheidend ist, dass jede Sickerleitung unterhalb des höchsten Grundwasserspiegels dem Grundwasserstrom Wasser entziehen kann, und es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Anzeichen und schon gar keine Beweise dafür gibt, dass dies bei den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Leitungen anders sein könnte. Die Vorschrift, dass Sickerleitungen nicht im Grundwasser verlegt werden dürfen, dient somit dessen Schutz und liegt offensichtlich im öffentlichen Interesse. Der Einwand des Beschwerdeführers, die Sanierungsverfügung entbehre jeder Rechtfertigung, ist unbegründet. 
Nicht mehr bestritten ist, dass der höchste Grundwasserspiegel bei 459.1 m ü. M. und der mittlere bei 456.8 m ü. M. liegt. Die umstrittenen Sickerleitungen sinken von 457.95 m ü. M auf 457.28 m ü. M. ab und liegen damit unterhalb des höchsten Grundwasserspiegels, was nach Ziff. 3 der massgeblichen "Bedingungen für Grundwasserabsenkungen vom April 1999" der Baudirektion unzulässig ist. Der Einwand des Beschwerdeführers, diese bezögen sich ausschliesslich auf die Durchführung der Bauarbeiten, nicht aber auf die Ableitung des Dachwassers nach deren Beendigung, trifft nicht zu. Das ergibt sich sowohl aus dem Sinn und Zweck der Regelung und dem Sachzusammenhang, in welchem Sickerleitungen im Grundwasser untersagt werden, als auch bereits aus dem insoweit klaren Wortlaut von Ziff. 3 der zitierten "Bedingungen". Diese besagen zunächst, dass Grundwasserentnahmen zur Absenkung des Grundwasserspiegels auf das Notwendigste zu beschränken sind, was sich offensichtlich auf die Bauzeit bezieht. Anschliessend wird indessen statuiert, dass "nach Abschluss der Bauarbeiten" der Grundwasserspiegel nicht dauernd abgesenkt werden darf und allfällige Sickerleitungen über dem höchsten Grundwasserspiegel zu verlegen sind. Es konnte damit für den Beschwerdeführer objektiv nie ein Zweifel daran bestehen, dass er nicht berechtigt war, (permanente) Sickerleitungen im Grundwasser zu erstellen. 
 
4. 
Die Beschwerde ist somit als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Baudirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, sowie dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 6. Mai 2010 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Störi