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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
4A_646/2020  
 
 
Urteil vom 12. April 2021  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille, 
Gerichtsschreiber Brugger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Guido Urbach und Daniel Rosenfeld, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Handelsregister Appenzell Ausserrhoden, Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Organisationsmangel einer Aktiengesellschaft, 
Zustellung mittels öffentlicher Bekanntmachung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, 
vom 2. November 2020 (ERZ 20 40). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ AG hat ihren Sitz in U.________, Kanton Appenzell Ausserrhoden. Im März 2020 liess sich die B.________ AG als Revisionsstelle der A.________ AG aus dem Handelsregister austragen, woraufhin der Handelsregisterführer letztere mit eingeschriebenem Brief aufforderte, innert 30 Tagen eine Revisionsstelle zu bezeichnen. Das Schreiben wurde an das im Handelsregister eingetragene Rechtsdomizil der A.________ AG adressiert und zusätzlich dem einzigen Verwaltungsrat der Gesellschaft als Kopie zugestellt. In der Folge führte die A.________ AG am 15. April 2020 eine ausserordentliche Generalversammlung durch und wählte die B.________ AG für ein Jahr als Revisionsstelle. Die B.________ AG versuchte danach erfolglos, der A.________ AG die Annahmeerklärung zuzustellen. Im Handelsregister erfolgte kein Neueintrag.  
 
A.b. Am 25. Mai 2020 wandte sich das Handelsregisteramt an das Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden und ersuchte um Ergreifung der erforderlichen Massnahmen. Mit Verfügung vom 29. Mai 2020 forderte der Einzelrichter des Kantonsgerichts die A.________ AG auf, den Organisationsmangel innert 20 Tagen zu beheben, und drohte im Unterlassungsfall die Auflösung der Gesellschaft an. Die Verfügung wurde eingeschrieben an das Rechtsdomizil der A.________ AG versandt. Die Post retournierte das Schreiben mit dem Vermerk "Weggezogen, Nachsendefrist abgelaufen". Daraufhin liess der Einzelrichter die Aufforderung zur Behebung des Organisationsmangels unter Ansetzung einer Frist von 20 Tagen am 12. Juni 2020 im Amtsblatt des Kantons Appenzell Ausserrhoden publizieren. Die angesetzte Frist verstrich ungenutzt. Mit Urteil vom 6. Juli 2020 ordnete der Einzelrichter die Auflösung der A.________ AG an. Das Dispositiv des Urteils wurde am 10. Juli 2020 im kantonalen Amtsblatt publiziert. Eine Begründung des Urteils wurde nicht verlangt.  
Am 29. Juli 2020 erliess das kantonale Konkursamt die vorläufige Konkursanzeige über die A.________ AG und veröffentlichte diese im Schweizerischen Handelsamtsblatt. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 10. August 2020 gelangte die A.________ AG an das Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden und ersuchte in der Hauptsache darum, die Frist zur Anmeldung der Eintragung der Revisionsstelle wiederherzustellen. Sie erklärte, dass sie erstmals aufgrund der Publikation der vorläufigen Konkursanzeige im Schweizerischen Handelsamtsblatt durch das Konkursamt bemerkt habe, "das etwas nicht stimmen konnte". 
Der Einzelrichter des Kantonsgerichts wies das Gesuch mit Verfügung vom 20. August 2020 ab. 
Dagegen erhob die A.________ AG Berufung an das Obergericht Appenzell Ausserrhoden. Der Einzelrichter des Obergerichts wies die Berufung mit Verfügung vom 2. November 2020 ab und bestätigte die Verfügung des Einzelrichters des Kantonsgerichts. 
 
C.  
Gegen die Verfügung des Obergerichts erhob die A.________ AG (Beschwerdeführerin) Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. Sie beantragte, die Verfügung des Obergerichts sei aufzuheben und es sei ihr die Frist zur Eintragung der Revisionsstelle beim Handelsregister wiederherzustellen. Eventualiter sei ihr die mit Urteil vom 6. Juli 2020 angesetzte Frist zur Verlangung einer Begründung wiederherzustellen. Subeventualiter sei die Auflösung der Gesellschaft bzw. deren Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs zu widerrufen und das Handelsregister Appenzell Ausserrhoden anzuweisen, beim Firmeneintrag der Beschwerdeführerin und beim Registereintrag "Konkursamt von Appenzell Ausserrhoden (...) " die angefügten Zusätze "in Liquidation" resp. "Liquidatorin" zu löschen. Gleichzeitig ersuchte die Beschwerdeführerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. 
Das Handelsregisteramt Appenzell Ausserrhoden (Beschwerdegegner) liess sich nicht vernehmen. Die Vorinstanz beantragte mit Eingabe vom 17. Dezember 2020 die Abweisung der Beschwerde unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid. Bezüglich dem Gesuch um aufschiebende Wirkung beantragte die Vorinstanz, auf das Gesuch sei nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin replizierte dazu mit Eingabe vom 8. Februar 2021. Am 10. Februar 2021 fragte die Vorinstanz beim Bundesgericht an, ob bereits ein Zeitrahmen für den Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung erkennbar sei. 
Mit Präsidialverfügung vom 12. Februar 2021 wurde das kantonale Konkursamt Appenzell Ausserrhoden vorsorglich angewiesen, das Konkursverfahren über die Beschwerdeführerin bis zum Entscheid des Bundesgerichts über die vorliegende Beschwerde sistiert zu halten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Unter Vorbehalt einer rechtsgenüglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) ist daher auf die Beschwerde einzutreten. 
 
2.  
Die Beschwerdeführerin wendet sich vor Bundesgericht vorab gegen die von den Vorinstanzen verweigerte Fristwiederherstellung für die Anmeldung der Revisionsstelle. Sie macht geltend, es könne nicht angehen, dass von ihr verlangt werde, regelmässig das kantonale Amtsblatt des Kantons Appenzell Ausserrhoden zu konsultieren. Sie treffe höchstens ein leichtes Verschulden, denn ein sehr sorgfältiger Mensch hätte in der gleichen Situation nur das Schweizerische Handelsamtsblatt regelmässig konsultiert. Indem die Vorinstanz vom Gegenteil ausgegangen sei, habe sie Art. 148 ZPO verletzt. Die Vorinstanz habe in der Sache sodann Art. 317 ZPO, Art. 154 aHRegV und Art. 731b OR verletzt, weil sie verkannt habe, dass die Auflösung der Gesellschaft das letztmögliche Mittel sei und nicht beachtet habe, dass die Revisionsstelle im Handelsregister zwischenzeitlich wieder eingetragen sei. Das Kantonsgericht habe schliesslich vor der öffentlichen Bekanntmachung im Organisationsmängelverfahren jegliche sachdienlichen Adressnachforschungen unterlassen und damit Art. 141 ZPO verletzt. Das Gericht hätte mit minimalem Aufwand etwa eine Kopie der Verfügung vom 29. Mai 2020 und/oder des Urteils vom 6. Juli 2020 dem einzigen Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin an seinem Wohnsitz zustellen können. Hätten die Vorinstanzen die Bestimmung von Art. 141 ZPO korrekt angewendet, hätte die Beschwerdeführerin rechtzeitig auf den Organisationsmangel reagieren können. 
 
3.  
Mit letzterem Vorbringen stellt sich die Beschwerdeführerin, wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren (vorinstanzliche Berufungsschrift vom 7. September 2020 Rz. 53 f.), auf den Standpunkt, dass die Voraussetzungen für die Zustellung mittels öffentlicher Bekanntmachung nach Art. 141 ZPO im erstinstanzlichen Organisationsmängelverfahren nicht erfüllt gewesen seien. Die Vorinstanz ging nicht auf diesen Vorwurf ein. Vor Bundesgericht stellt sich damit die Frage, ob die Voraussetzungen nach Art. 141 ZPO im Organisationsmängelverfahren erfüllt waren und ob sich die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fristwiederherstellungsverfahren überhaupt darauf berufen kann. 
 
3.1. Im Zivilprozess bestimmt Art. 141 ZPO, unter welchen Voraussetzungen die förmliche Zustellung durch eine öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann (sog. Ediktalzustellung). Die Zustellung auf dem Ediktalweg erfolgt nur dann, wenn die anderen Zustellungsformen nicht möglich sind (Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission, 2003, S. 71 zu Art. 133 VE-ZPO). Die öffentliche Bekanntmachung ist mithin das letzte Mittel (vgl. im SchKG: BGE 136 III 571 E. 5; 119 III 60 E. 2a S. 62; 112 III 6 E. 4 S. 8), zu dem das Gericht einzig dann Zuflucht nehmen darf, wenn einer von drei "pathologischen Fällen" erfüllt ist (vgl. Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO] vom 28. Juni 2006, BBl 2006, S. 7221 ff., S. 7308 zu Art. 139 E-ZPO).  
Art. 141 Abs. 1 ZPO zählt diese drei Konstellationen abschliessend auf (Nina J. Frei, Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 1 Art. 141 ZPO; Lukas Huber, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, 2. Aufl. 2016, N. 8 zu Art. 141 ZPO). Die öffentliche Bekanntmachung ist demnach zulässig, 
- wenn der Aufenthaltsort des Adressaten unbekannt ist und trotz zumutbarer Nachforschungen nicht ermittelt werden kann (lit. a), 
- wenn eine Zustellung unmöglich ist oder mit ausserordentlichen Umtrieben verbunden wäre (lit. b) oder 
- wenn eine Partei mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland entgegen der Anweisung des Gerichts kein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnet hat (lit. c). 
 
3.2. Da die Ediktalzustellung das letzte Mittel für die Zustellung bleiben muss, kann ein unbekannter Aufenthaltsort oder die Unmöglichkeit der Zustellung im Sinne von Art. 141 Abs. 1 lit. a und lit. b ZPO erst dann angenommen werden, wenn sämtliche zumutbaren und sachdienlichen Nachforschungen vorgenommen wurden, jedoch erfolglos geblieben sind (Urteil 4A_578/2014 vom 23. Februar 2015 E. 3.2.1; vgl. zum SchKG: BGE 136 III 571 E. 5; 119 III 60 E. 2a S. 62; 112 III 6 E. 4 S. 8 f.; Urteile 5A_537/2019 vom 12. Februar 2021 E. 2.1.1; 5A_41/2019 vom 22. Januar 2020 E. 4.3.1; 5A_580/2016 vom 30. November 2016 E. 3; 5A_522/2015 vom 12. Oktober 2015 E. 3.3.3). Wann diesem Rechercheauftrag rechtsgenüglich nachgekommen wurde, bestimmt sich nach der jeweiligen Sachlage (BGE 112 III 6 E. 4 S. 8 f.; 64 III 40 E. 2 S. 43; Urteil 5A_522/2015 vom 12. Oktober 2015 E. 3.3.3).  
 
3.3. Nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz darf der betroffenen Partei aus der mangelhaften Eröffnung eines Entscheides kein Nachteil entstehen (BGE 145 IV 259 E. 1.4.4; 144 II 401 E. 3.1 S. 404 f.). Grundsätzlich führt mangelhafte Eröffnung zur Anfechtbarkeit und nur in Ausnahmefällen zu Nichtigkeit. Eröffnet das Gericht einen Entscheid mittels öffentlicher Bekanntmachung, obschon die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind, stellt sich die Frage, ob ein besonders schwerer Verfahrensmangel vorliegt, der zur Nichtigkeit des Entscheids führt.  
 
3.3.1. In der Rechtsprechung im Zivilrecht wird Nichtigkeit einer Entscheidung angenommen, wenn die betroffene Person von der Verfahrenseröffnung gar keine Kenntnis und damit keine Gelegenheit erhalten hat, an einem gegen sie laufenden Verfahren teilzunehmen (BGE 136 III 571 E. 6.2 und E. 6.3; 129 I 361 E. 2.1 und E. 2.2 S. 364; Urteil 4A_141/2015 vom 25. Juni 2015 E. 3). Entscheide, die der betroffenen Person nicht eröffnet worden sind, entfalten grundsätzlich keine Rechtswirkungen und können nicht vollstreckt werden (BGE 141 I 97 E. 7.1 S. 102; 122 I 97 E. 3a/bb S. 99; Urteil 4A_141/2015 vom 25. Juni 2015 E. 3).  
 
3.3.2. Die Nichtigkeit eines staatlichen Aktes ist allerdings nicht leichthin anzunehmen. Nichtigkeit, d.h. die absolute Unwirksamkeit einer Entscheidung, wird nur angenommen, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer wiegt, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (BGE 138 III 49 E. 4.4.3; 138 II 501 E. 3.1; 132 II 21 E. 3.1; 130 III 430 E. 3.3 S. 434). Ausser in Fällen, in denen das Gesetz ausdrücklich die Nichtigkeitsfolge vorsieht, ist daher nur von der Nichtigkeit auszugehen, wenn angesichts der Umstände die Möglichkeit der Anfechtung des Aktes nach Treu und Glauben offensichtlich nicht den notwendigen Schutz bietet, was namentlich bei besonders schweren Verfahrensmängeln der Fall sein kann (BGE 129 I 361 E. 2.1; 122 I 97 E. 3a/aa S. 99; Urteile 5A_667/2018 vom 2. April 2019 E. 4.2; 4A_224/2017 vom 27. Juni 2017 E. 2.3.2; 4A_141/2015 vom 25. Juni 2015 E. 3).  
Greift das Gericht zur öffentlichen Bekanntmachung, obschon die Voraussetzungen dafür offensichtlich nicht gegeben sind, ist der Entscheid mit einem derart schwerwiegenden Verfahrensmangel behaftet, dass er in der Regel als nichtig erscheint (BGE 136 III 571 E. 6.3; 129 I 361 E. 2.2; Urteile 5A_699/2019 vom 30. März 2020 E. 5.1, nicht publ. in BGE 146 III 247; 5A_667/2018 vom 2. April 2019 E. 4.2; 4A_224/2017 vom 27. Juni 2017 E. 2.3.2; François Bohnet, in: François Bohnet et al, Commentaire Romand, Code de procédure civile, 2. Aufl. 2018, N. 16 zu Art. 141 ZPO; Julia Gschwend, Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 10 zu Art. 141 ZPO; Frei, a.a.O., N. 18 zu Art. 141 ZPO; Differenzierend: Roger Weber, in: Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 133 ZPO). Das gilt zumindest in jenen Fällen, in denen der Adressat keine Kenntnis vom Verfahren hatte (vgl. BGE 129 I 361 E. 2.2; Urteil 5A_699/2019 vom 30. März 2020 E. 5.1, nicht publ. in BGE 146 III 247). 
 
3.3.3. Die Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten. Sie kann auch im Rechtsmittelweg festgestellt werden, namentlich auch im Verfahren vor Bundesgericht (BGE 145 IV 197 E. 1.3.2; 138 II 501 E. 3.1; 137 III 217 E. 2.4.3 S. 226; Urteil 4A_20/2020 vom 26. Februar 2020 E. 5.1 f mit weiteren Hinweisen). Der Adressat kann sich somit auch noch im bundesgerichtlichen Verfahren darauf berufen, dass ein gerichtlicher Entscheid nichtig ist, weil die Voraussetzungen der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 141 Abs. 1 ZPO offensichtlich nicht gegeben waren.  
 
4.  
Im Organisationsmängelverfahren wandte sich der Beschwerdegegner mit Eingabe vom 25. Mai 2020 an das Kantonsgericht, weil im Handelsregister bei der Beschwerdeführerin keine Revisionsstelle eingetragen war. Mit Verfügung vom 29. Mai 2020 forderte das Kantonsgericht die Beschwerdeführerin auf, diesen Organisationsmangel zu beseitigen und sandte dafür die Verfügung als eingeschriebene Sendung an das Rechtsdomizil der Beschwerdeführerin. Die Post retournierte diese Sendung mit dem Vermerk "Weggezogen, Nachsendefrist abgelaufen". Daraufhin liess das Kantonsgericht die Aufforderung zur Behebung des Organisationsmangels und das anschliessende Urteil vom 6. Juli 2020, mit der die Beschwerdeführerin aufgelöst wurde, ohne Weiteres im Amtsblatt des Kantons Appenzell Ausserrhoden publizieren. 
Dass das Kantonsgericht vor der öffentlichen Bekanntmachung weitere Zustellungen versucht oder nur schon Abklärungen getroffen hätte, um eine Zustellungsadresse für die Verfügungen zu eruieren, ergibt sich nicht aus dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt. Das hätte sich vorliegend aber aufgedrängt, weil die Post vermerkte, dass der Adressat weggezogen und der Nachsendeauftrag abgelaufen war. Im Nachsendeauftrag musste eine neue Zustelladresse der Beschwerdeführerin eruierbar sein. Das Kantonsgericht bemühte sich aber in keiner Weise, eine mögliche Zustellungsadresse der Beschwerdeführerin ausfindig zu machen. 
Hinzu kommt, dass dem Kantonsgericht die Adresse des einzigen Verwaltungsrats der Beschwerdeführerin bekannt war (vgl. erstinstanzliche Verfügung, Sachverhalt A S. 2), weil der Handelsregisterführer vor der Einleitung des gerichtlichen Organisationsmängelverfahrens diesem eine Kopie zur Aufforderung der Bezeichnung einer Revisionsstelle zugestellt hatte. Das Kantonsgericht ignorierte aber diese bekannte Adresse des einzigen Verwaltungsrats und griff ohne weiteren Zustellversuch sofort zur öffentlichen Bekanntmachung, obschon es seine Verfügungen ohne Weiteres an die Adresse des Verwaltungsrates hätte zustellen können (zur Zustellung an den Verwaltungsrat im Allgemeinen vgl. Urteil 5A_268/2012 vom 12. Juni 2012 E. 3.4). 
Unter diesen besonderen Umständen sind vorliegend die Voraussetzungen der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 141 Abs. 1 ZPO, zu welchen nur als letztes Mittel gegriffen werden darf, offensichtlich nicht erfüllt. Dass die Beschwerdeführerin sonstwie vom Organisationsmängelverfahren am Kantonsgericht Kenntnis gehabt hätte, ist aus dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich. Vielmehr beruft sich die Beschwerdeführerin unwidersprochen darauf, dass sie erstmals aufgrund der Publikation der vorläufigen Konkursanzeige im Schweizerischen Handelsamtsblatt durch das Konkursamt vom gerichtlichen Organisationsmängelverfahren erfahren habe. Die Beschwerdeführerin wurde damit daran gehindert, im Organisationsmängelverfahren, von dem sie gar keine Kenntnis hatte, ihre Rechte wahrzunehmen, und das Urteil des Kantonsgerichts vom 6. Juli 2020, mit welchem die Beschwerdeführerin aufgrund des Organisationsmangels aufgelöst wurde, wurde ihr nicht rechtsgültig zugestellt. Das Urteil vom 6. Juli 2020 des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden leidet unter diesen Umständen an einem schweren formellen Mangel und ist nichtig. 
Ist dieses Urteil nichtig, fehlt es an einem Säumnis, für das die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren um Fristwiederherstellung hätte ersuchen können. Die diesbezüglichen Verfügungen der Vorinstanzen sind damit gegenstandslos. Bei der gegebenen Lage hat im Übrigen bereits für die Vorinstanz Anlass bestanden, die Frage der Nichtigkeit des Urteils des Kantonsgerichts vom 6. Juli 2020 von Amtes wegen zu prüfen (oben Erwägung 3.3.3), zumal sich die Beschwerdeführerin vor der Vorinstanz ausdrücklich auf den Standpunkt stellte, dass die Voraussetzungen der öffentlichen Bekanntmachung nicht erfüllt waren (oben Erwägung 3). 
 
5.  
Nach dem Ausgeführten ist vor Bundesgericht nicht von Belang, ob die Beschwerdeführerin mit Erfolg die Wiederherstellung der Frist zur Eintragung der Revisionsstelle oder Verlangung einer Begründung des Urteils vom 6. Juli 2020 hätte verlangen können. Ebenso braucht auf das Rechtsbegehren Ziff. 4 (Widerruf des Auflösungsentscheids) nicht weiter eingegangen zu werden, das ohnehin unzulässig ist (BGE 141 III 43 E. 2). 
 
6.  
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Die Verfügung des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, vom 2. November 2020, ERZ 20 40, betreffend Fristwiederherstellung wird aufgehoben. Bezüglich der Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Fristwiederherstellungsverfahrens ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG). 
Im Weiteren wird die Nichtigkeit des Urteils des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, vom 6. Juli 2020, SV3 20 111, festgestellt. Ist das Urteil des Kantonsgerichts nichtig, erweist sich das Gesuch des Beschwerdegegners vom 25. Mai 2020 um Ergreifung der erforderlichen Massnahmen (Organisationsmängel) als nach wie vor hängig. Das Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden wird das diesbezügliche Verfahren nach Anhörung der Beschwerdeführerin wieder aufzunehmen haben, sofern das Gesuch nicht zurückgezogen werden sollte. 
 
7.  
Die Beschwerdeführerin obsiegt damit im bundesgerichtlichen Verfahren. Ihr sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner darf nicht mit Gerichtskosten belastet werden (Art. 66 Abs. 4 BGG). Es wird daher auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner wird hingegen verpflichtet, der obsiegenden Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Die Verfügung des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, vom 2. November 2020, ERZ 20 40, wird aufgehoben. 
Bezüglich der Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Fristwiederherstellungsverfahrens wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es wird die Nichtigkeit des Urteils des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter vom 6. Juli 2020, SV3 20 111, festgestellt. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, dem Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, und dem Konkursamt Appenzell Ausserrhoden schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. April 2021 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Brugger