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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_582/2009 
 
Urteil vom 5. September 2009 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys, 
Gerichtsschreiber Keller. 
 
Parteien 
X.________, 
vertreten durch Fürsprecher Sven Marguth, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Generalprokurator des Kantons Bern, 3001 Bern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Grobe Verkehrsregelverletzung; Führen eines Personenwagens in nicht fahrfähigem Zustand, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 19. Februar 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises XII Frutigen-Niedersimmental erklärte X.________ am 13. August 2008 des Führens eines Personenwagens in nicht fahrfähigem Zustand, des ungenügenden Rechtsfahrens und dadurch Nichtwahrens eines genügenden Abstandes beim Kreuzen, des ungenügenden Rechtsfahrens und des ungenügenden Abstandes zum rechten Strassenrand und dadurch Verursachens eines Selbstunfalls schuldig und verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 100.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 1'100.--. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhaftem Nichtbezahlen der Busse setzte er auf 11 Tage fest. 
Eine hiegegen von der Beurteilten erhobene Appellation wies das Obergericht des Kantons Bern mit Urteil vom 19. Februar 2009 ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil, soweit es nicht bereits in Rechtskraft erwachsen war. 
 
B. 
X.________ führt Beschwerde beim Bundesgericht, in welcher sie beantragt, sie sei wegen einfacher Verkehrsregelverletzung zu einer angemessenen Busse sowie zu den anteilsmässigen Verfahrenskosten erster Instanz zu verurteilen. Im Übrigen sei der angefochtene Entscheid aufzuheben. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. 
 
C. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus: 
 
1.1 Die Beschwerdeführerin fuhr am 20. August 2007 von Schönried durch das Simmental in Richtung Bern. Um ca. 10.05 Uhr kollidierte sie in Erlenbach am rechten Strassenrand mit einem Eisengeländer. Durch die Kollision wurde ihr Personenwagen rückwärts auf die Gegenfahrbahn katapultiert, wobei niemand verletzt wurde und keine anderen Fahrzeuge involviert waren. Am Fahrzeug der Beschwerdeführerin entstand bei diesem Selbstunfall Totalschaden. 
 
1.2 Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, die Beschwerdeführerin habe beim Selbstunfall einen ungenügenden Abstand zum rechten Strassenrand eingehalten. Darüber hinaus habe sie sich bei ihrer Fahrt in einem fahrunfähigen Zustand befunden. Weiter nimmt die Vorinstanz an, sie sei bei ihrer Fahrt von Zweisimmen bis Garstatt, Gemeinde Boltigen, nicht genügend rechts gefahren und habe keinen ausreichenden Abstand beim Kreuzen mit dem Gegenverkehr innegehalten. Sie stützt sich hiefür auf die Aussagen des der Beschwerdeführerin unmittelbar nachfolgenden Zeugen, nach welchem das Fahrzeug der Beschwerdeführerin beim "Fall" (nach Zweisimmen/Boltigen) in einer Rechtskurve stark auf die Gegenfahrbahn geraten sei, wobei kein Gegenverkehr geherrscht habe. Dies sei auch in der nächsten Rechtskurve passiert. Sie sei mit allen vier Rädern auf die Gegenfahrbahn gelangt, wobei der Gegenverkehr brüsk habe abbremsen und ganz an den rechten Strassenrand habe fahren müssen, um eine Kollision zu verhindern. 
 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts. Sie bestreitet, mit allen vier Rädern ihres Fahrzeugs auf die linke Fahrspur gekommen zu sein, räumt aber ein, dass sie möglicherweise die Sicherheitslinie etwas überfahren bzw. "geschnitten" habe. Die Vorinstanz verkenne im Übrigen, dass auf besagter Strecke die Fahrbahn nicht so breit sei, dass zwei Fahrzeuge auf einem Fahrstreifen nebeneinander fahren könnten. Zudem wäre sie, hätte sie sich tatsächlich so verhalten, vom Gegenverkehr höchstwahrscheinlich per Hupe und Lichthupe auf ihre fehlbare Fahrweise aufmerksam gemacht worden (Beschwerdeschrift, S. 6). Die Vorinstanz stelle auf den einzigen Zeugen A.________ ab, der seine am Unfallort gemachte Aussage, wonach die Beschwerdeführerin die Sicherheitslinie zweimal vollständig überquert habe, später dahingehend habe präzisieren müssen, dass dies nur einmal vorgekommen sei. 
 
2.2 Mit der Beschwerde in Strafsachen kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (BGE 133 II 249 E. 1.2.2) oder wenn sie auf einer Verletzung von schweizerischem Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die Rüge der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts prüft das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insoweit, als in der Beschwerde explizit vorgebracht und substantiiert dargelegt wird, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 135 III 232 E. 1.2; 133 II 249 E. 1.4.3; 130 I 258 E. 1.3 mit Hinweisen). 
 
2.3 Was die Beschwerdeführerin gegen die Feststellungen der Vorinstanz einwendet, erschöpft sich in einer blossen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil, die für die Begründung einer willkürlichen Feststellung des Sachverhalts nicht genügt. Sie beschränkt sich darauf, die eigene Sichtweise der Verhältnisse hinsichtlich ihrer Fahrweise vor dem Unfall darzulegen (Beschwerdeschrift, S. 4 ff. und S. 9 f.). Diese Ausführungen sind nicht geeignet, offensichtlich erhebliche und schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel daran darzutun, dass sich der Anklagesachverhalt, wie von der Vorinstanz dargestellt, verwirklicht hat. Denn für die Begründung von Willkür, genügt praxisgemäss nicht, dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung der Beschwerdeführerin nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre (BGE 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen (BGE 134 I 140 E. 5.4). Auf die Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten. 
 
3. 
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt weiter, das erstinstanzlich eingeholte Fahrfähigkeitsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin, Bern (nachfolgend IRM), sei willkürlich und nicht nachvollziehbar. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass das Abdriften von der Fahrbahn und der anschliessende Unfall auf eine medizinisch indizierte momentane Unaufmerksamkeit und nicht auf eine Fahrunfähigkeit zurückzuführen sei. Von einem unkontrollierten Fahrverhalten vor dem Unfall könne keine Rede sein. 
 
3.2 Die Vorinstanz erachtet das IRM-Gutachten vom 25. April 2008 sowie das Ergänzungsgutachten vom 9. Juni 2003 (pag. 69 ff. und pag. 103 ff. der Vorakten) als schlüssig, nachvollziehbar, widerspruchsfrei und in der Aussage klar, so dass darauf abgestützt werden könne und keine triftigen Gründe bestünden, davon abzuweichen. Das Gutachten nehme einerseits Bezug auf die Beobachtungen der Zeugen A.________, B.________ sowie der Polizisten C.________ und D.________, welche unabhängig voneinander zum Schluss gelangten, dass der Beschwerdeführerin die Fahreigenschaft abgegangen sei. Andererseits analysiere das Gutachten auch deren eigene Aussagen, namentlich hinsichtlich der vorgebrachten medizinischen Aspekte, welche aufgrund der Befunde ihres Hausarztes als nicht stichhaltig interpretiert worden seien. 
 
3.3 Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen (Art. 31 Abs. 2 SVG, vgl. auch Art. 91 Abs. 2 SVG). Fahrfähigkeit ist die momentane körperliche und geistige Befähigung, ein Fahrzeug während der gesamten Fahrt sicher zu führen. Erhalten sein muss die Gesamtleistungsfähigkeit, welche neben der Grundleistung auch eine für das Bewältigen plötzlich auftretender schwieriger Verkehrs-, Strassen- und Umweltsituationen notwendige Leistungsreserve umfasst. Der Fahrzeuglenker muss m.a.W. in der Lage sein, ein Fahrzeug auch in einer nicht voraussehbaren, schwierigen Verkehrslage sicher zu führen (BGE 130 IV 32 E. 3.1 mit Hinweisen). 
 
3.4 Die Ausführungen der Vorinstanz zur Fahrfähigkeit der Beschwerdeführerin sind nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin wendet sich mit unbehelflichen Argumenten gegen die sorgfältig begründeten IRM-Gutachten. Dass sie vor dem Unfall ein "unkontrolliertes Fahrverhalten" an den Tag gelegt hat, ergibt sich aus der glaubhaften Zeugenaussage von A.________. Die Begründung der Beschwerdeführerin, wegen des (einmaligen) Einstellens der Heizung ausgeschwenkt zu sein, erklärt hingegen nicht, weshalb sie insgesamt dreimal von der eigenen Fahrbahnhälfte abgekommen ist. Ebensowenig überzeugt das medizinische Argument, situativ unerträgliche Rückenschmerzen hätten zu einer momentanen Unaufmerksamkeit geführt. In den IRM-Gutachten werden die vom Hausarzt der Beschwerdeführerin angeführten Krankheitsbilder als Ursache für momentane Unaufmerksamkeiten ausgeschlossen und dessen Diagnose als zweifelhaft bezeichnet. Es sind keine triftigen Gründe ersichtlich, weshalb den gutachterlichen Ausführungen nicht zu folgen wäre. Die Beschwerde ist daher in diesem Punkt unbegründet. 
3.5 
3.5.1 Die Beschwerdeführerin wendet sich schliesslich dagegen, dass die Vorinstanz den Grund ihrer Fahrunfähigkeit offengelassen habe. Die Fahrunfähigkeit müsse vielmehr nachgewiesen sein. 
3.5.2 Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet. Die Bestimmung einer eigentlichen Ursache der Fahrunfähigkeit "aus anderen Gründen" (Art. 31 Abs. 2 SVG) ist im Einzelfall entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist allein, dass die Fahrunfähigkeit tatsächlich gegeben ist, was bei der Beschwerdeführerin offensichtlich der Fall war. Aus welchen Gründen sich diese Fahrunfähigkeit ergibt, ist von untergeordneter Bedeutung. Die Vorinstanz stützt sich insofern zu Recht auf das Gutachten des IRM vom 9. Juni 2008, in welchem ausgeführt wird, dass die Feststellung der Fahrunfähigkeit keine medizinische Diagnose oder ein chemisch-toxikologisches Analysenresultat im Blut voraussetze, sondern auf einer Beurteilung beruhe, die ad hoc durch die Polizei aufgrund von Beobachtungen einer konkreten Fahrt oder durch einen Arzt gestützt auf bestimmte Symptome des Lenkers erfolge. Die von der Beschwerdeführerin angerufene Lehrmeinung (HANS GIGER, Kommentar zum Strassenverkehrsgesetz, 7. Aufl 2008, Art. 31 SVG N 5) verlangt denn auch richtigerweise nur, dass die Fahrunfähigkeit an sich zu beweisen ist, nicht jedoch ihre Ursache. 
 
4. 
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 5. September 2009 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
Schneider Keller