Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_375/2023  
 
 
Urteil vom 2. Oktober 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Brugger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andrea Taormina, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
2. B.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Versuchte Nötigung; mehrfache Beschimpfung; Genugtuung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 17. November 2022 (SB220232-O/U/jv). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ erstattete am 18. August 2020 wegen diverser Delikte Strafanzeige gegen ihren Ex-Mann B.________. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat stellte das Verfahren betreffend den Vorwurf des Entziehens von Minderjährigen am 29. April 2021 ein, erhob aber am 31. Mai 2021 beim Bezirksgericht Winterthur Anklage wegen mehrfacher Vergewaltigung, mehrfacher sexueller Nötigung, Drohung, versuchter Nötigung und mehrfacher Beschimpfung. 
 
B.  
Das Bezirksgericht stellte am 1. Dezember 2021 das Verfahren wegen sexueller Nötigung ein. Hingegen verurteilte es B.________ wegen versuchter Nötigung und mehrfacher Beschimpfung zu einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu Fr. 60.--. Es sprach ihn frei von den Vorwürfen der mehrfachen Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung, der Drohung und der Beschimpfung, soweit der Vorfall vom 9. August 2020 betroffen war. Es verpflichtete ihn, eine Genugtuung von Fr. 300.-- nebst Zins an A.________ zu bezahlen. 
 
C.  
Die dagegen gerichtete Berufung von B.________ hiess das Obergericht des Kantons Zürich am 17. November 2022 teilweise gut. Es sprach ihn vom Vorwurf der versuchten Nötigung frei. Die Verurteilung wegen mehrfacher Beschimpfung bestätigte es, sah aber von einer Bestrafung ab. Die Genugtuung von A.________ wies es ab. 
 
D.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben. B.________ sei wegen versuchter Nötigung und mehrfacher Beschimpfung schuldig zu sprechen. Er sei zu verpflichten, ihr eine Genugtuung von Fr. 5'000.-- nebst Zins zu bezahlen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG). Darunter fällt namentlich die Privatklägerschaft, sofern sie im kantonalen Verfahren adhäsionsweise Zivilansprüche geltend gemacht hat und der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung dieser Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts hat die Privatklägerschaft auch dann am vorinstanzlichen Verfahren im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG teilgenommen, wenn sie als Berufungsbeklagte im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt hat. Der Verzicht auf Anträge oder auf die nach Art. 405 Abs. 2 StPO freiwillige persönliche Teilnahme an der mündlichen Berufungsverhandlung ist nicht als Gleichgültigkeit am Ausgang des Berufungsverfahrens zu verstehen, sondern als Festhalten an den erstinstanzlichen Anträgen. Wer im Berufungsverfahren mit seinen erstinstanzlichen Anträgen unterliegt, erfüllt deshalb die Legitimationsvoraussetzungen von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG (BGE 143 IV 434 E. 1.2.3; bestätigt im Urteil 6B_257/2020, 6B_298/2020 vom 24. Juni 2021 E. 3.1, nicht publ. in BGE 147 IV 409).  
Die Beschwerdeführerin war im vorinstanzlichen Verfahren Berufungsbeklagte. Sie hatte in erster Instanz eine Genugtuung von Fr. 15'000.-- nebst Zins zu 5 % beantragt. Die Erstinstanz hatte ihr eine Genugtuung von Fr. 300.-- zugesprochen. Die Vorinstanz wies ihren Antrag auf Genugtuung gänzlich ab. Die Beschwerdeführerin focht das erstinstanzliche Urteil nicht an und war daher nicht verpflichtet, persönlich zur Berufungsverhandlung zu erscheinen oder sich vertreten zu lassen (Art. 405 Abs. 2 StPO). Ihr Verzicht auf Anträge im Berufungsverfahren stellt nach dem Gesagten keine stillschweigende Anerkennung der Berufungsanträge dar. Vielmehr bleiben die erstinstanzlich gestellten Anträge beachtlich. Das angefochtene Urteil wirkt sich mithin auf die Beurteilung der Zivilansprüche der Beschwerdeführerin aus. Die Eintretensvoraussetzungen von Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG sind erfüllt. Ob die Beschwerdeführerin hingegen im bundesgerichtlichen Verfahren berechtigt wäre, eine Genugtuungsforderung von Fr. 5'000.-- zu stellen, nachdem die Erstinstanz ihr nur Fr. 300.-- zugesprochen hat und sie dies vor der Vorinstanz nicht beanstandete, braucht nicht vertieft zu werden, da auf die Genugtuung nicht eingetreten zu werden braucht (siehe nachfolgend E. 3.3). 
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das bedeutet jedoch nicht, dass überhaupt nicht zu erörtern wäre, inwiefern der angefochtene Entscheid bundesrechtliche Normen verletzen könnte. Vielmehr muss sich die beschwerdeführende Partei, um der Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG zu genügen, mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen und klar aufzeigen, inwiefern die Vorinstanz Recht verletzt (BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen). Es sollen nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die im kantonalen Verfahren eingenommen wurden, erneut bekräftigt, sondern es soll mit der Kritik an den vorinstanzlichen Erwägungen angesetzt werden (BGE 140 III 115 E. 2; 134 II 244 E. 2.1-2.3; Urteile 6B_1114/2022 vom 11. Januar 2023 E. 1.1; 6B_603/2021, 6B_701/2021 vom 18. Mai 2022 E. 2).  
Qualifizierte Begründungsanforderungen gelten im Rahmen der Rüge willkürlicher Sachverhaltsfeststellung. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser ist offensichtlich unrichtig oder beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1). Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 141 IV 305 E. 1.2; 140 III 167 E. 2.1; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Partei hat genau darzulegen, inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich sein soll. Dazu genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 137 II 353 E. 5.1). Dass die von den Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmen, belegt keine Willkür. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). 
 
2.  
 
2.1. Gegenstand des Berufungsverfahrens waren nur noch die Vorwürfe aus den Vorfällen vom 29. Juni 2020, 1. August 2020 und 3. August 2020. Die Erstinstanz hatte den Beschwerdegegner in diesem Zusammenhang wegen versuchter Nötigung und mehrfacher Beschimpfung schuldig gesprochen.  
 
2.2. Die Vorinstanz verweist zunächst auf die erstinstanzlichen Erwägungen, wonach die Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner seit rund 20 Jahren eine turbulente Beziehung führen und durch drei gemeinsame Kinder miteinander verbunden sind. Bereits früher hätten heftige Streitigkeiten zu diversen Strafverfahren und Zivilprozessen geführt. Auch das vorliegende Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner gehe auf einen eskalierten Konflikt über die gemeinsamen Kinder zurück. Die Beschwerdeführerin habe den Beschwerdegegner erst angezeigt, nachdem dieser gemeinsam mit den Kindern gegen die Beschwerdeführerin Strafanzeige erstattet habe wegen Tätlichkeiten. Diese Strafanzeige habe zur Folge gehabt, dass die Kinder nach den Sommerferien 2020 beim Beschwerdegegner geblieben seien. Die Polizei habe Anhaltspunkte festgestellt, dass die Wohnung der Beschwerdeführerin verwahrlost sei, worauf die Beschwerdeführerin den Polizeibeamten den Zutritt zur Wohnung verweigert habe. Die Verfahrenseinstellung wegen Entziehens von Minderjährigen sei denn auch mit der Begründung eingestellt worden, der Beschwerdegegner habe im Interesse der Kinder gehandelt, als er sie nach den Sommerferien bei sich behalten habe. Die KESB habe eine Überführung der Kinder vom Beschwerdegegner zur Beschwerdeführerin abgelehnt, worauf sich die Beschwerdeführerin ohne ersichtlichen Anlass in das Frauenhaus begeben und die Kinder eigenmächtig zu sich geholt habe. Unmittelbar danach habe die Beschwerdeführerin die vorliegende Strafanzeige gegen den Beschwerdegegner eingereicht.  
Gemäss Vorinstanz schliesst diese Vorgeschichte nicht aus, dass die Vorwürfe der Beschwerdeführerin zutreffen. Allerdings sei möglich, dass die Beschwerdeführerin zur Wiedererlangung der Obhut über die gemeinsamen Kinder geneigt gewesen sei, auch stark übertriebene Vorwürfe gegen den Beschwerdegegner zu erheben. Sie sei nämlich der Ansicht gewesen, er habe ihr die Kinder wegnehmen wollen. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vorinstanz die allgemeine Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin eingeschränkt. Allerdings hält die Vorinstanz fest, dass auch die allgemeine Glaubwürdigkeit des Beschwerdegegners herabgesetzt sei. Dabei übersieht sie nicht, dass ohnehin die Glaubhaftigkeit der einzelnen Aussagen entscheidend ist. 
 
2.3. Zum Vorwurf der versuchten Nötigung hält die Vorinstanz fest, am 29. Juni 2020 hätten die Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner am Telefon über die Finanzierung der Zahnspange für eines ihrer Kinder gestritten. Die Beschwerdeführerin behaupte, der Beschwerdegegner habe ihr gesagt, dass er sie umbringen werde, wenn sie ihn nochmals nach Geld frage, und dass er nur "über die Leichen seiner Kinder" mehr bezahle, als im Scheidungsurteil festgelegt sei. Der Beschwerdegegner bestreite diese Aussagen, weshalb die Anschuldigungen der Beschwerdeführerin das einzige Beweismittel seien. Die Vorinstanz erwägt mit der Erstinstanz, dass die Aussagen des Beschwerdegegners beschönigend und nur bedingt glaubhaft wirken. Dies allein genüge indessen nicht zur Erstellung des Anklagesachverhalts. Denn auch die Aussagen der Beschwerdeführerin seien zweifelhaft. Die angeblichen Drohungen des Beschwerdegegners habe sie nur in der ersten polizeilichen Einvernahme behauptet. Bei der Befragung durch die Staatsanwaltschaft habe sie mit keinem Wort erwähnt, dass der Beschwerdegegner ihr am Telefon mit dem Tod gedroht habe. Erst auf konkrete Nachfrage der Staatsanwältin habe sie eine solche Drohung bejaht.  
Die Vorinstanz betont, dass die Beschwerdeführerin diese schwere Drohung, die sie in Angst versetzt haben solle, nicht von Anfang an und von sich aus erwähnt habe. Dies spreche gegen die Glaubhaftigkeit der Anschuldigung. Zudem habe die Beschwerdeführerin ihre Aussagen angepasst. Sie habe nämlich zuerst behauptet, die Äusserung "über die Leichen meiner Kinder" sei auf Albanisch erfolgt, später nur auf Deutsch und schliesslich auf Albanisch und Deutsch. Auch bei ihrer Einvernahme an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung habe die Beschwerdeführerin nicht erwähnt, dass der Beschwerdegegner ihr mit dem Tod gedroht habe, wenn sie ihn nochmals nach Geld frage. Auf die Nachfragen der Verfahrensleitung, in welcher Sprache der Beschwerdegegner ihr mit "über die Leichen der Kinder" gedroht habe, habe die Beschwerdeführerin ausweichend, unsicher und widersprüchlich geantwortet. Die Vorinstanz verweist darauf, dass die Beschwerdeführerin als Albanisch-Dolmetscherin tätig sei. Vor diesem Hintergrund hält sie es für erstaunlich, dass die Beschwerdeführerin den albanischen Wortlaut der angeblich "so oft" ausgestossenen und sie in Angst versetzenden Drohung nicht mehr habe wiedergeben können. Dies nähre zudem den Einwand des Beschwerdegegners, wonach die Beschwerdeführerin sein Albanisch sinnwidrig ins Deutsche übersetzt habe. Da sich die Beschwerdeführerin nicht mehr an den albanischen Wortlaut erinnern könne, lasse sich die Bedeutung des angeblich Gesagten nicht objektiv überprüfen. 
Nach alledem gelangt die Vorinstanz zum Schluss, dass die Aussagen der Beschwerdeführerin nicht zuverlässig genug sind, um den Anklagesachverhalt zu erstellen. Sie spricht den Beschwerdegegner daher vom Vorwurf der versuchten Nötigung frei. 
 
2.4. Was die mehrfachen Beschimpfungen vom 29. Juni 2020, 1. August 2020 und 3. August 2020 betrifft, verweist die Vorinstanz vollumfänglich auf die erstinstanzlichen Erwägungen. Demnach ist erstellt, dass der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin mit diversen unflätigen Formalinjurien beschimpfte, die hier nicht wiederholt zu werden brauchen. Entsprechend bestätigt die Vorinstanz die erstinstanzliche Verurteilung wegen mehrfacher Beschimpfung gemäss Art. 177 Abs. 1 StGB.  
 
2.5. Im Rahmen der Strafzumessung prüft die Vorinstanz, ob der Beschwerdegegner von Strafe zu befreien ist, weil die Beschwerdeführerin durch ungebührliches Verhalten zu den Beschimpfungen unmittelbar Anlass gab (Art. 177 Abs. 2 StGB).  
Die Erstinstanz nahm an, dass die Beschwerdeführerin die Beschimpfungen des Beschwerdegegners zumindest am 1. und 3. August 2020 durch eigenes ungebührliches Verhalten im Sinne von Art. 177 Abs. 2 StGB provoziert hatte. Von einer Strafbefreiung sah die Erstinstanz jedoch ab und nahm bloss eine Strafminderung vor. 
Die Vorinstanz erwägt, nur schon der umfangreiche E-Mail-Verkehr dokumentiere, dass die Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner jahrelang einen Umgang pflegten, der von Respektlosigkeit, gegenseitigen Beleidigungen und Drohungen geprägt sei, nota bene auch von Seiten der Beschwerdeführerin. Die Erstinstanz habe daher zu Recht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner beleidigt habe, bevor dieser sie am 1. und 3. August 2020 beschimpft habe. Die Schwelle der Provokationen gemäss Art. 177 Abs. 2 StGB sei ohne Weiteres überschritten gewesen. Sie habe dem Beschwerdegegner nämlich mit unflätigen Worten mitgeteilt, er solle sich an den Kosten der Zahnspange des Kinds beteiligen, weil es die unvorteilhafte Zahnstellung von ihm geerbt habe. Die Vorinstanz betont, dass das Gesetz keine verhältnismässige Reaktion des Beschwerdegegners in dem Sinne verlangt, dass diese verbale Provokation nur mit einer gleichwertigen Beschimpfung beantwortet werden durfte. Es erschiene angesichts des rüden und primitiven Umgangstons als unbillig, den Beschwerdegegner für einzelne, von der Beschwerdeführerin provozierte Beschimpfungen zu bestrafen, die Beschwerdeführerin hingegen nicht. Mit dieser Begründung sieht die Vorinstanz von einer Bestrafung des Beschwerdegegners ab. 
 
3.  
Was die Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzlichen Erwägungen vorbringt, verfängt nicht. 
 
3.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Freispruch des Beschwerdegegners vom Vorwurf der versuchten Nötigung.  
Sie wirft der Vorinstanz vor, dass sie ihre Aussagen "sehr einseitig wiedergibt und teilweise bei den Zitaten absichtlich Textstellen wegzulassen scheint, welche für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen sprechen". Die Beschwerdeführerin ergänzt gewisse Sätze aus den Einvernahmeprotokollen und nimmt eine eigene Beweiswürdigung vor. Zudem kritisiert sie die vorinstanzlichen Erwägungen zur fehlenden Erinnerung an den genauen Wortlaut und die verwendete Sprache. Damit legt die Beschwerdeführerin keine Willkür in der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung dar (vgl. E. 1.2 hiervor). Insbesondere scheint die Beschwerdeführerin zu übersehen, dass es für die Annahme von Willkür nicht genügt, dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint (BGE 141 IV 305 E. 1.2; Urteil 6B_79/2023 vom 5. April 2023 E. 1.1). 
 
3.2. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass die Vorinstanz gestützt auf Art. 177 Abs. 2 StGB von einer Bestrafung Abstand nimmt.  
Ob die Beschwerdeführerin zu dieser Rüge berechtigt ist, braucht nicht vertieft zu werden, denn ihr Vorbringen ist ohnehin unbegründet. 
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie sich herablassend äusserte, bevor der Beschwerdegegner sie beschimpfte. Sie macht aber geltend, ihre Schmähungen nicht unmittelbar vor den beschwerdegegnerischen Beleidigungen geäussert zu haben. 
Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht gemäss Art. 177 Abs. 2 StGB den Täter von Strafe befreien. Voraussetzung der Strafbefreiung ist, dass die Beschimpfung durch ein verwerfliches Verhalten des Beschimpften hervorgerufen wurde und, dass sie unmittelbar auf die Provokation erfolgt ist. Das Merkmal der Unmittelbarkeit ist zeitlich zu verstehen, und zwar in dem Sinne, dass der Täter in der durch das ungebührliche Verhalten erregten Gemütslage handelt, ohne dass er Zeit zu ruhiger Überlegung hat (BGE 117 IV 270 E. 2c; 83 IV 151; Urteile 6B_355/2022 vom 27. März 2023 E. 4.3; 6B_918/2016 vom 28. März 2017 E. 10.1). Die Kundgabe der Verachtung kann gegenüber dem Betroffenen wie auch gegenüber Drittpersonen erfolgen (BGE 117 IV 270 E. 2c; Urteile 6B_355/2022 vom 27. März 2023 E. 4.3; 6B_531/2018 vom 2. November 2018 E. 3.1). 
Der Beschwerdegegner beschimpfte die Beschwerdeführerin am 29. Juni 2020 und 1. August 2020 am Telefon. Sie behauptet, diese Beschimpfungen seien durch eine E-Mail und eine SMS mit herablassendem Inhalt ausgelöst worden. Der Beschwerdegegner gebe zwar an, die Beschwerdeführerin habe ihn auch am Telefon beschimpft, doch dies sei nicht erstellt. Am 3. August 2020 schliesslich habe der Beschwerdegegner sie per E-Mail beschimpft, weshalb eine unmittelbare Provokation ausgeschlossen sei. 
Die Vorinstanz stellt fest, dass die Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner über lange Zeit einen rüden und primitiven Umgangston pflegten, der von beidseitiger Respektlosigkeit, Beleidigungen und Drohungen geprägt war. Aus diesem Grund hält es die Vorinstanz für unbillig, den Beschwerdegegner für einzelne, von der Beschwerdeführerin provozierte Beschimpfungen zu bestrafen, während die Beschwerdeführerin straflos bleibt. 
Die Berücksichtigung der Provokation als fakultativer Strafbefreiungsgrund setzt nach BGE 83 IV 151 voraus, dass der Täter sie unmittelbar beantwortet, das heisst in der durch das ungebührliche Verhalten erregten Gemütsbewegung und ohne Zeit zu ruhiger Überlegung zu haben. Es kann offenbleiben, ob diese Auslegung zu eng ist, wie die Lehre schreibt (vgl. ANDREAS DONATSCH, in: Donatsch [Hrsg.], StGB/JStG Kommentar, 21. Auflage 2022, N. 10 zu Art. 177 StGB). Angesichts der jahrelangen wechselseitigen Beleidigungen durfte die Vorinstanz annehmen, dass der Beschwerdegegner die Schmähungen in einer erregten Gemütsbewegung und ohne ruhige Überlegung äusserte. Es ist nämlich unbestritten, dass die fraglichen Telefongespräche und elektronischen Zeilen in einen jahrelangen primitiven Konflikt eingebettet sind, der deutlich über latente Spannungen hinausgeht. In diesem Sinne handelte der Beschwerdegegner durchaus in einem gewissen Affekt und es fehlte ihm die Möglichkeit zu ruhiger Überlegung (vgl. FRANZ RIKLIN, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Strafrecht, 4. Auflage 2019, N. 24 zu Art. 177 StGB). 
Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, die Vorinstanz befreie den Beschwerdegegner von Strafe, weil er die Beschwerdeführerin so oft beleidigt habe. Dies trifft nicht zu. Die Vorinstanz begründet die Strafbefreiung unter anderem damit, dass die Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner über Jahre die Gewohnheit hatten, sich wechselseitig zu beleidigen. 
 
3.3. Nach dem Gesagten ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den Beschwerdegegner vom Vorwurf der versuchten Nötigung freispricht und von einer Bestrafung wegen mehrfacher Beschimpfung absieht.  
Ihre Genugtuungsforderung begründet die Beschwerdeführerin nicht selbständig. Nachdem es beim Freispruch und der Strafbefreiung bleibt, hat es auch mit der vorinstanzlichen Verweigerung einer Genugtuung sein Bewenden. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind der Beschwerdeführerin die Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Oktober 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Brugger