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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_353/2011 
 
Urteil vom 21. Oktober 2011 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Zähndler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Görg, 
 
gegen 
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 30. März 2011. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der am 4. Januar 1988 geborene kosovarische Staatsangehörige X.________ reiste am 5. August 1994 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt hier zuerst eine Aufenthaltsbewilligung und im September 2000 die Niederlassungsbewilligung. 
X.________ wurde in der Schweiz in erheblichem Ausmass straffällig: Am 3. Mai 2007 wurde er vom Bezirksgericht B.________ wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz und mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz u.a. zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Mit Urteil vom 30. Oktober 2008 reduzierte das Obergericht des Kantons Aargau die Freiheitsstrafe auf zweieinhalb Jahre und es gewährte dem Beurteilten den teilbedingten Strafvollzug. Diesen Strafurteilen lag zugrunde, dass X.________ gemeinsam mit Kollegen am 28. Januar 2006 vor dem Jugendhaus A.________ in B.________ einen dort anwesenden jungen Erwachsenen angegriffen hatte. Letzterer setzte sich jedoch erfolgreich zur Wehr, worauf X.________ zu Boden ging. Da er sich in seiner Ehre bzw. in seinem Stolz verletzt sah, zog X.________ ein Schmetterlingsmesser und stach damit mehrfach in die Brust- und Bauchregion des Oberkörpers seines Opfers ein, welches lebensgefährliche Verletzungen davontrug. Das Obergericht stellte fest, dass X.________ den Tod des Opfers in Kauf nahm und damit eventualvorsätzlich handelte. 
Als Folge dieser Straftat widerrief das Migrationsamt des Kantons Aargau am 27. August 2009 die Niederlassungsbewilligung von X.________ und wies diesen aus der Schweiz weg. Die hiergegen ergriffenen Rechtsmittel wurden vom Rechtsdienst des Migrationsamtes (Einspracheentscheid vom 4. Mai 2010) und vom Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau (Urteil vom 30. März 2011) abgewiesen. 
 
2. 
Gegen Entscheide betreffend den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist die von X.________ am 4. Mai 2011 erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht zulässig (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Auf die von X.________ ebenfalls erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist daher nicht einzutreten (Art. 113 BGG). 
 
3. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung erledigt werden kann: 
Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG (in Verbindung mit Art. 62 lit. b AuG) kann die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als längerfristig gilt eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379 ff.). Diese Voraussetzung ist vorliegend unbestrittenermassen erfüllt. 
Im Wesentlichen beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass die angeordnete Massnahme unverhältnismässig sei. Die erhobene Rüge geht jedoch fehl: Richtig ist wohl, dass ein Widerruf der Bewilligung aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls verhältnismässig sein muss. Dies hat das Rekursgericht aber nicht verkannt. Vielmehr hat es sich mit den diesbezüglichen Einwendungen des Beschwerdeführers vertieft und sorgfältig auseinandergesetzt. In sachgerechter Weise hat es sodann die hier massgeblichen öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Beschwerdeführers und dessen private Interessen an einem Verbleib in der Schweiz gewürdigt und es für zumutbar erachtet, dass der Beschwerdeführer in den Kosovo zurückkehrt. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden: Das vom Beschwerdeführer begangene Gewaltverbrechen schliesst einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz in aller Regel aus: Bedenklich und vielsagend ist bereits, dass er zum abendlichen Besuch eines Jugendhauses eine verbotene Stichwaffe mitnimmt. Dass er diese ohne zwingenden Grund einsetzt, nachdem er bzw. seine Kollegen die Konfrontation mit dem Opfer bewusst gesucht haben, lässt auf eine ganz erhebliche soziale Gefährlichkeit und auf eine inakzeptable Geringschätzung der schweizerischen Rechtsordnung schliessen. 
Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, überzeugt nicht: Soweit er erneut ins Feld führt, dass er zum Zeitpunkt des von ihm verübten Gewaltdelikts vom 28. Januar 2006 erst seit drei Wochen volljährig gewesen sei, ist er auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts hinzuweisen, wonach die vom Strafrichter verhängte Strafe der Ausgangspunkt und der Massstab für die fremdenpolizeiliche Interessenabwägung ist (BGE 129 II 215 E. 3.1 S. 216; 120 Ib 6 E. 4b S. 14). Wenn der Beschwerdeführer zudem einwendet, dass er milder bestraft und auch in fremdenpolizeilicher Hinsicht nachsichtiger behandelt worden wäre, wenn er die Tat wenige Wochen früher - d.h. vor seinem 18. Geburtstag - begangen hätte, so argumentiert er in unbehelflicher Weise mit hypothetischen Sachverhalten und Spekulationen. 
Ins Leere gehen die Ausführungen des Beschwerdeführers auch insoweit, als er der Vorinstanz vorwirft, sie habe eine positive Persönlichkeitsentwicklung seit dem Strafvollzug zu Unrecht als nicht belegt bezeichnet: Das Rekursgericht hat die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers, namentlich dessen konstante Aus- und Weiterbildung, sehr wohl berücksichtigt, soweit die entsprechenden Unterlagen im vorinstanzlichen Verfahren bereits vorhanden waren. Im Übrigen ist der behaupteten positiven Persönlichkeitsentwicklung entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer noch während der Rechtshängigkeit des Berufungsverfahrens vor dem Obergericht des Kantons Aargau erneut gegen das Gesetz verstossen hat, indem er am 1. Mai 2008 in fahrunfähigem Zustand (Mindestblutalkoholgehalt 1.58 o/oo) sowie ohne die erforderlichen Sehhilfen ein Motorfahrzeug lenkte und damit anlässlich einer Polizeikontrolle ein anderes Fahrzeug rammte: Die Einstellung des diesbezüglichen Verfahrens aus prozessökonomischen Gründen (vgl. den Einstellungsentscheid der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 14. Juli 2008) ändert nichts am Umstand, dass der Beschwerdeführer offensichtlich trotz der erstinstanzlichen Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe und trotz hängigem Rechtsmittelverfahren nicht in der Lage war, sich rechtskonform zu verhalten. 
Bei dieser Sachlage verstösst der angefochtene Entscheid des Rekursgerichts im Ausländerrecht weder gegen das Willkürverbot noch gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip, das Rechtsgleichheitsgebot oder sonstwie gegen Bundesrecht. Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht zu erkennen. 
 
4. 
Aus den genannten Gründen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten abzuweisen und es kann ergänzend auf die vorinstanzlichen Ausführungen verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen. 
 
2. 
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau, dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 21. Oktober 2011 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Zähndler