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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_1007/2020  
 
 
Urteil vom 14. Januar 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des 
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 
2. Abteilung, vom 30. September 2020 
(VB.2020.00455). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der brasilianische Staatsangehörige A.________, geb. 1989, hielt sich erstmals vom Januar bis Juni 2015 im Rahmen des Familiennachzugs aufgrund einer eingetragenen Partnerschaft mit einem spanischen Staatsangehörigen in der Schweiz auf. Nachdem diese Beziehung gescheitert war, erfolgte am 28. September 2016 die Eintragung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit dem spanischen Staatsangehörigen B.________, der über eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA verfügt. Am 10. Januar 2017 reiste A.________ zusammen mit seinem Partner in die Schweiz ein und erhielt im Familiennachzug eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA mit Gültigkeit bis am 9. Januar 2022. 
Am 10. April 2019 kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Partnern. Am Folgetag meldete sich B.________ nach Spanien ab. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 26. November 2019 widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich die Aufenthaltsbewilligung von A.________. Die kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Entscheid der Rekursabteilung der Sicherheitsdirektion vom 14. Mai 2020; Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. September 2020). 
 
C.  
A.________ erhebt Beschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und ihm der weitere Verbleib in der Schweiz zu bewilligen. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber auf einen Schriftenwechsel verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid ist grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG). Gegen Entscheide betreffend den Widerruf von Aufenthaltsbewilligungen ist die Beschwerde zulässig unabhängig davon, ob auf die Erteilung der Bewilligung ein Anspruch bestünde (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG), weil sie noch Rechtswirkungen entfalten würde (Urteil 2C_1004/2018 vom 11. Juni 2019 E. 1.1). Das gilt praxisgemäss auch für Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA (Urteil 2C_338/2019 vom 28. November 2019 E. 1.1; 2C_613/2019 vom 14. November 2019 E. 1.1). Ob der Widerruf zu Recht erfolgte, ist Sache der materiellen Beurteilung. 
 
2.  
 
2.1. Die Aufenthaltsbewilligungen nach FZA sind rein deklaratorisch und bestätigen bloss ein von Rechts wegen bestehendes Aufenthaltsrecht. Wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, welche den Aufenthaltsanspruch begründen, kann die zuständige Behörde eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA widerrufen (Art. 23 VEP [SR 142.203]; BGE 144 II 1 E. 3.1). Es geht dabei bloss darum, die (deklaratorische) bewilligungsrechtliche Rechtslage an die (rechtsbegründende) anspruchsrechtliche anzupassen (BGE 141 II 1 E. 2.2.1). Ein zusätzlicher Widerrufsgrund nach Art. 62 AIG ist nicht erforderlich.  
 
2.2. Als brasilianischer Staatsangehöriger kann der Beschwerdeführer aus dem FZA nicht einen eigenen Aufenthaltsanspruch ableiten, sondern nur einen abgeleiteten Anspruch aufgrund seiner Partnerschaft zu einem in der Schweiz wohnenden EU-Angehörigen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat sich der Partner des Beschwerdeführers am 11. April 2019 nach Spanien abgemeldet. Die Vorinstanz zitiert sodann die vom Partner gegenüber der Polizei gemachten Aussagen, wonach er dauerhaft in Spanien wohne, im Jahre 2018 lediglich zwei Mal in die Schweiz gekommen sei und am 10. April 2019 zum ersten Mal in jenem Jahr. Der Beschwerdeführer bringt zwar appellatorisch vor, sie hätten gemeinsam in der Schweiz gewohnt; er rügt aber nicht die Feststellung der Vorinstanz, wonach sich der Partner am 11. April 2019 per 31. Januar 2017 nach Spanien abgemeldet habe. Davon ist folglich auszugehen (Art. 105 Abs. 1 BGG). Ergänzend ergibt sich aus den Akten (Art. 105 Abs. 2 BGG), dass der Beschwerdeführer bei seiner Befragung durch die Polizei vom 12. April 2019 selber angegeben hat, sein Mann wohne in Spanien und komme nur nach Zürich, wenn er etwas brauche. Lebt somit der Partner nicht (mehr) in der Schweiz, entfällt von vornherein ein Anspruch aufgrund des Familiennachzugs, und zwar unabhängig davon, ob die Partnerschaft noch besteht oder nicht. Damit sind die Voraussetzungen für einen Widerruf der Aufenthaltsbewilligung nach Art. 23 VEP erfüllt (Urteil 2C_381/2018 vom 29. November 2018 E. 6.1).  
 
2.3. Der Widerruf erscheint auch nicht als unverhältnismässig: Der Beschwerdeführer macht zwar geltend, er habe seine Heimat verlassen, um zunächst in Spanien und dann in der Schweiz seinen Lebensmittelpunkt mit seinem Partner aufzubauen, mit dem er eine über fünfjährige Beziehung gehabt habe. Damit könne von einer massgeblichen Entwurzelung aus seiner Heimat gesprochen werden. Er ist aber erst im Jahre 2017 in die Schweiz gekommen, nachdem er im Jahre 2015 während einiger Monate mit einem anderen Partner hier gelebt hat. Spezifische Gründe, weshalb ihm eine Rückkehr nicht zumutbar sein soll, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Dass er hier erwerbstätig ist und keine Schulden hat, macht den Widerruf nicht unverhältnismässig. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Corona-Situation in Brasilien bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass aktuell die Zahl der Neuinfektionen und der Todesfälle im Verhältnis zur Bevölkerungszahl in Brasilien nicht höher ist als in der Schweiz (www.srf.ch/new/internation/grafiken-zu-corona-weltweit, besucht am 14. Januar 2021).  
 
2.4. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er sei Opfer häuslicher Gewalt seitens seines Partners geworden. Er scheint daraus einen Anspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. b bzw. Abs. 2 AIG abzuleiten. Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hatte sein Partner jedoch nur eine Aufenthalts- und nicht eine Niederlassungsbewilligung. Selbst wenn die Darstellung des Beschwerdeführers betreffend häusliche Gewalt zutreffend wäre, hätte er somit keinen direkten Anspruch aus Art. 50 AIG, da dieser voraussetzt, dass der Partner das Schweizer Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung besass; eine Aufenthaltsbewilligung reicht dazu nicht aus (BGE 144 II 1 E. 4.3). Die Rechtsprechung hat allerdings aus Art. 2 FZA abgeleitet, dass EU-Angehörige in Bezug auf den Nachzug ihres Ehegatten nicht schlechter gestellt werden dürfen als Schweizer Bürger; die ehemaligen Ehegatten von EU-Angehörigen seien daher gleich zu behandeln wie die ehemaligen Ehegatten von Schweizer Bürgern, weshalb Art. 50 AIG auch dann anzuwenden sei, wenn der EU-angehörige Ex-Gatte nur eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und nicht eine Niederlassungsbewilligung besass. Weil es aber auch dann um Nachwirkungen des Familiennachzugsanspruchs des EU-Angehörigen geht, gilt dies bloss, solange dieser selber noch freizügigkeitsrechtlich aufenthaltsberechtigt ist (BGE 144 II 1 E. 4.7 und 4.8). Da dies nicht oder jedenfalls nicht mehr der Fall ist (vorne E. 2.2), entfällt somit auch ein allfälliger aus Art. 50 AIG i.V.m. Art. 2 FZA abgeleiteter Anspruch des Beschwerdeführers.  
 
3.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Januar 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein