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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
9C_604/2011 {T 0/2} 
 
Urteil vom 30. September 2011 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiber Nussbaumer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
M.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Horschik, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 6. Juni 2011. 
 
Sachverhalt: 
Mit Verfügung vom 3. September 2009 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich das Gesuch des M.________ um Ausrichtung einer Invalidenrente nach Ermittlung eines Invaliditätsgrades von 32 % ab. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich bei einem Invaliditätsgrad von 37 % mit Entscheid vom 6. Juni 2011 ab. 
M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihm die gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Rente, zu erbringen. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese über den Rentenanspruch neu entscheide. Ferner sei ein zweiter Schriftenwechsel durchzuführen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). Die entsprechende Rüge prüft das Bundesgericht nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. 
 
2. 
2.1 Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung des medizinischen Dossiers, insbesondere gestützt auf die Beurteilung des Dr. med. O.________, FHM für Rheumatologie, Oberarzt Rheumatologie und Dr. S.________, Oberarzt Orthopädie/Handchirurgie an der Klinik X.________, erwogen, dass der Beschwerdeführer im ursprünglichen Beruf als Schlosser nicht mehr arbeitsfähig ist, ihm hingegen eine leidensangepasste Tätigkeit mit voller Arbeitsfähigkeit zumutbar ist. Die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts sind nicht mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG. Die Schlussfolgerung, wonach in einer leidensangepassten Tätigkeit eine volle Arbeitsfähigkeit besteht, ist nach der Aktenlage nicht offensichtlich unrichtig, noch ist darin eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung oder eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach Art. 43 ATSG zu erblicken. In diesem Punkt beanstandet der Beschwerdeführer einzig, seit November 2008 nehme er täglich zweimal ein Antidepressiva ein. Es könne daher nicht von einer 100 %igen Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit ausgegangen werden, da die IV-Stelle nur die Diagnose im Zusammenhang mit den Handgelenken gewürdigt habe. Eine psychiatrische bzw. eine psychologische Abklärung sei durch die IV nie durchgeführt worden. 
 
2.2 Aus dem Umstand allein, dass der Beschwerdeführer seit November 2008 Antidepressiva einnimmt, kann nicht auf eine zusätzliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit geschlossen werden. Weder macht er geltend, dass er je eine psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen hat noch ergeben sich aus dem gesamten medizinischen Dossier Anhaltspunkte für das Vorliegen einer schwerwiegenderen Depression mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit. Der Beschwerdeführer hat gegenüber den SUVA-Ärzten und weiteren Ärzten nie über psychische Beschwerden geklagt, sondern erstmals im Vorbescheidverfahren erwähnt, dass er Antidepressiva einnehme. Dass das kantonale Gericht und die IV-Stelle in psychischer Hinsicht keine weiteren Abklärungen getroffen haben, bedeutet daher weder eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes noch ist die Feststellung des kantonalen Gerichts hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit offensichtlich unrichtig. 
 
3. 
3.1 Das Valideneinkommen hat das kantonale Gericht im Unterschied zur IV-Stelle unter Einbezug der Mittagszulagen von Fr. 300.- pro Monat für das Jahr 2008 auf rund Fr. 75'933.- festgesetzt. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Überstunden erwog das kantonale Gericht, massgebend sei nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, ob der Versicherte aufgrund seiner konkreten erwerblichen Situation und seines tatsächlichen Arbeitseinsatzes vor dem Unfall wahrscheinlich weiterhin ein Zusatzeinkommen zufolge Überstundenarbeit hätte erzielen können, die blosse Möglichkeit dazu genüge nicht. Es stellte fest, dass der Beschwerdeführer vor dem Unfallereignis Überstunden geleistet hat. Gemäss den Einträgen im individuellen Konto betrugen die Einkünfte in den acht Monaten des Jahres 2004 Fr. 45'067.- und in den Jahren 2005 und 2006 Fr. 70'654.- und Fr. 70'198.-. Im Jahr 2006 seien Überstundenentschädigungen in Höhe von Fr. 810.90 und im Jahr 2007 in Höhe von Fr. 1'236.- zur Auszahlung gekommen. Daraus zog das kantonale Gericht den Schluss, dass der Beschwerdeführer im Jahr vor dem Unfall aussergewöhnlich viele Überstunden geleistet habe, die dann im April 2007 teilweise zur Auszahlung gelangt seien. Nachdem im vorangegangenen Jahr 2006 keine erheblich über dem vertraglich vereinbarten Grundlohn erzielten Einkünfte eingetragen seien, sei nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht nachgewiesen, dass der Beschwerdeführer ohne Gesundheitsschaden auch später regelmässig Überstunden geleistet hätte, welche nicht mit Freizeit abgegolten worden, sondern zur Auszahlung gelangt wären. Kein anderer Schluss lasse sich aus dem Verfahren vor dem Friedensrichteramt R.________, in welchem unter anderem eine Überstundenentschädigung für die Zeit von Oktober 2007 bis November 2008 strittig gewesen sei, ziehen. 
 
3.2 Die tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts zum Aspekt der Überstunden sind für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die daraus gezogene Schlussfolgerung ist weder offensichtlich unrichtig, noch ist darin eine willkürliche Beweiswürdigung oder eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zu erblicken. Auch in rechtlicher Hinsicht hält die Auffassung des kantonalen Gerichts vor Bundesrecht stand. Nach der Rechtsprechung ist der Lohn für regelmässig geleistete Überstunden ebenfalls zum Valideneinkommen zu zählen (AHI-Praxis 2002 S. 155, I 357/01 E. 3b; Urteile 9C_699/2010 vom 22. Dezember 2010 und 9C_298/2011 vom 29. Juni 2011), wobei dies mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt sein muss (BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325; SVR 2009 IV Nr. 28 S. 79, 8C_576/2008 E. 6.2). Aus den Auszügen aus dem individuellen Konto, dem Verfahren vor dem Friedensrichteramt und den übrigen Akten durfte das kantonale Gericht in willkürfreier Weise schliessen, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer ohne Gesundheitsschaden auch später regelmässig Überstunden geleistet hätte, welche nicht mit Freizeit abgegolten worden, sondern zur Auszahlung gelangt wären. Daran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer nach dem Unfall Überstunden geleistet hat. 
 
3.3 Soweit der Beschwerdeführer unter Einreichung einer Vereinbarung vorbringt, er hätte als Fachexperte "Schweissen" inskünftig bei einer Drittfirma zusätzlich zu seinem hauptberuflichen Einkommen noch regelmässig Nebeneinkünfte erzielt, ist darauf nicht näher einzugehen. Beim entsprechenden Vorbringen handelt es sich um eine neue Tatsache und bei der eingereichten Vereinbarung um ein neues Beweismittel im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG, welche unzulässig sind. Schliesslich ist auch der Einwand, er hätte hauptberuflich als Schweissfachmann ein höheres Einkommen erzielt, unbehelflich. Der Beschwerdeführer hat den Fachexpertenausweis im Jahre 2003 erworben und damit noch vor Antritt der zuletzt ausgeübten Tätigkeit. 
 
3.4 Schliesslich bemängelt der Beschwerdeführer beim Invalideneinkommen, dass die IV-Stelle und das kantonale Gericht auf die standardisierten Bruttolöhne der Tabellengruppe A der Lohnstrukturerhebungen (LSE) des Bundesamtes für Statistik abgestellt haben, da er nur noch leichteste manuelle Tätigkeit ohne grosse Ansprüche an Kraft und Beweglichkeit leisten könne. Auch sei der leidensbedingte Abzug von 20 % zu erhöhen, da er auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt praktisch arbeitsunfähig sei. Das kantonale Gericht hat auf das mittlere von Männern im Durchschnitt aller Wirtschaftszweige des privaten Sektors mit einfachen und repetitiven Tätigkeiten erzielte Einkommen abgestellt. Dieses habe im Jahre 2008 Fr. 4'806.- pro Monat (LSE 2008, Tabelle TA 1, Anforderungsniveau 4, Total, Männer) betragen. Unter Berücksichtigung einer wöchentlichen Arbeitszeit im Jahr 2008 von 41.6 Stunden ergebe dies ein Einkommen von Fr. 4'998.25 pro Monat, mithin rund Fr. 59'979.- pro Jahr. Hinsichtlich des Abzuges vom Tabellenlohn erwog das kantonale Gericht, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rentenverfügung 42 Jahre alt gewesen. Bei der letzten Arbeitgeberin sei er insgesamt über 4 Jahre tätig gewesen. Die im Zumutbarkeitsprofil formulierten positionellen Anforderungen und Gewichtslimiten schränkten das in Frage kommende (Lohn-) Spektrum erheblich ein, weshalb ein Abzug von 20 % angemessen sei. Daraus ergebe sich ein hypothetisches Invalideneinkommen im Jahr 2008 von rund Fr. 47'983.-, was bei einem Valideneinkommen von Fr. 75'933.- einen Invaliditätsgrad von rund 37 % ergebe. Dieser Einkommens-vergleich mit Abstellen auf die Lohntabelle Anforderungsniveau 4 ist in allen Teilen bundesrechtskonform. Den gesundheitlichen Einbussen in der Leistungsfähigkeit haben IV-Stelle und kantonales Gericht mit einem Abzug von 20 % vom Tabellenlohn gebührend Rechnung getragen, zumal der Abzug nach der Rechtsprechung auf maximal 25 % beschränkt ist (BGE 129 V 472 E. 4.3.2 S. 481; 126 V 75 E. 5 S. 78 ff.). 
 
4. 
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 30. September 2011 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Meyer 
 
Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer