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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 96/05 
 
Urteil vom 1. Juni 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Bundesrichter Meyer, Ursprung und Kernen; Gerichtsschreiber Fessler 
 
Parteien 
E._________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen, Davidstrasse 21, 9001 St. Gallen, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
(Entscheid vom 3. Februar 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 9. August 2004 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons St. Gallen den Anspruch des 1942 geborenen E._________ auf Arbeitslosenentschädigung ab 25. Februar 2004 mangels erfüllter Beitragszeit und Fehlens eines Befreiungsgrundes. Mit Einspracheentscheid vom 16. September 2004 bestätigte die Kasse die Leistungsverweigerung. 
B. 
Die Beschwerde des E._________ wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 3. Februar 2005 ab. 
C. 
E._________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechts-begehren, es sei ihm ab 25. Februar 2004 Arbeitslosengeld auszu-zahlen. 
 
Die Arbeitslosenkasse stellt keinen Antrag zur Verwaltungsgerichts-beschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer ab 25. Februar 2004 Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat. Dabei stellt sich einzig die vom kantonalen Gericht und von der Arbeitslosenkasse verneinte Frage, ob er von der Erfüllung der Beitragszeit nach Art. 14 Abs. 2 AVIG befreit ist. 
2. 
Nach Art. 14 Abs. 2 AVIG sind ebenfalls von der Erfüllung der Beitragszeit befreit Personen, die wegen Trennung oder Scheidung der Ehe, wegen Invalidität (Art. 8 ATSG) oder Todes des Ehegatten oder aus ähnlichen Gründen oder wegen Wegfalls einer Invalidenrente gezwungen sind, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder zu erweitern (Satz 1). Diese Regel gilt nur dann, wenn das betreffende Ereignis nicht mehr als ein Jahr zurückliegt und die betroffene Person beim Eintritt dieses Ereignisses ihren Wohnsitz in der Schweiz hatte (Satz 2). 
 
Die Formel «aus ähnlichen Gründen» stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, welcher vom Gesetzgeber bewusst nicht näher umschrieben wurde, um die Vorschrift entsprechend der Vielfalt des Lebens flexibel handhaben zu können (Botschaft des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung vom 2. Juli 1980 [BBl 1980 III 489 ff.] S. 565). Entscheidend ist, dass der unmittelbar Betroffene oder dessen Ehepartner durch ein bestimmtes Ereignis in eine wirtschaftliche Zwangslage gerät (BGE 121 V 343 Erw. 5c/aa, 119 V 54 Erw. 3a mit Hinweisen; ARV 1987 Nr. 5 S. 69 Erw. 2c). Zu denken ist namentlich an den Fall der ledigen Tochter, die ihre betagten Eltern betreut hat, von diesen unterhalten wurde und nach deren Ableben infolge ihrer wirtschaftlichen Lage zur Aufnahme eines Verdienstes gezwungen ist (BBl 1980 III 565; Gerhard Gerhards, AVIG-Kommentar, N 8 zu Art. 14). 
3. 
Nach zutreffender Feststellung des kantonalen Gerichts ist eine Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit nach Art. 14 Abs. 2 AVIG nur möglich, wenn zwischen dem geltend gemachten Grund und der Notwendigkeit der Aufnahme oder Erweiterung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit ein Kausalzusammenhang gegeben ist (BGE 125 V 125 Erw. 2a mit Hinweisen). Hiezu genügt entgegen dem Beschwerdeführer nicht, dass er und seine Ehefrau in eine wirtschaftliche Zwangslage gerieten, nachdem sie jahrelang von ihrem Vermögen gelebt hatten. Vielmehr muss glaubwürdig und nachvollziehbar der Entschluss, spätestens am 25. Februar 2004 eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, in einem vom Gesetz als Befreiungsgrund anerkannten Ereignis mitbegründet liegen (BGE 121 V 344 Erw. 5c/bb mit Hinweis). Dies trifft hier nicht zu. Die geltend gemachte Pflege und Betreuung der offenbar seit Jahren kranken Ehefrau könnte lediglich dann zur Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit führen, wenn und soweit es dem Beschwerdeführer deswegen nicht möglich und zumutbar war, innerhalb der zweijährigen Beitragsrahmenfrist vom 25. Februar 2002 bis 24. Februar 2004 (Art. 9 Abs. 3 AVIG) eine beitragspflichtige Beschäftigung von mindestens zwölf Monaten Dauer (Art. 13 Abs. 1 AVIG und Art. 11 AVIV) auszuüben (in BGE 124 V 400 nicht publizierte Erw. 6d; vgl. auch ARV 1995 Nr. 29 S. 170 Erw. 4c, 1986 Nr. 3 S. 14 Erw. 2). Aufgrund der Akten ist dies indessen nicht anzunehmen und der Beschwerdeführer macht auch nicht geltend, er sei wegen der Betreuung seiner Ehefrau daran gehindert gewesen, im fraglichen Zeitraum vor der Anmeldung zum Leistungsbezug zumindest einem Teilerwerb nachzugehen, was genügt hätte (BGE 121 V 343 Erw. 5b und ARV 1995 Nr. 29 S. 167 Erw. 3b/aa mit Hinweisen). Er erachtet sich denn auch im Umfang eines 80 %-Arbeitspensums als vermittlungsfähig, obschon seine Ehefrau nach wie vor zu Hause wohnt und von ihm intensiv betreut wird. 
 
Dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau nach der Einstellung des Betriebs der Firma X.________ AG Ende Juli 1998 versuchten, bis zur Pensionierung von ihren Ersparnissen zu leben und «ohne die Sozialwerke zurecht zu kommen», ist zwar anerkennenswert. Indessen verbietet die klare gesetzliche Ordnung der Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG, dass das Sozialversicherungsgericht im Einzelfall davon abweicht (Art. 191 BV; vgl. BGE 125 V 492 Erw. 4c/dd am Ende). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 1. Juni 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Vorsitzende der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: