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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_191/2020  
 
 
Urteil vom 17. November 2020  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt, 
Gerichtsschreiber Zingg. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Betreibungsamt Zug, 
Gubelstrasse 22, Postfach 1258, 6301 Zug. 
 
Gegenstand 
Pfändung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 5. Februar 2020 (BA 2019 56). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer (mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich), B.________ und C.________ sind Erben der 2011 verstorbenen D.________ sel. mit letztem Wohnsitz in Zug.  
Am 3., 10. und 14. März 2017 erliess das Kantonsgericht Zug auf Begehren der E.________ AG, des Kantons Zug und von B.________ je einen Arrestbefehl. Mit ihnen wurde jeweils der Liquidationsanteil des Beschwerdeführers an der unverteilten Erbschaft verarrestiert. In Prosequierung dieser drei Arreste stellte das Betreibungsamt Zug drei Zahlungsbefehle aus (Betreibungen Nrn. ccc, ddd und eee), die am 8. August 2017 zugestellt wurden. Mit Verfügungen vom 28. September 2017 wies das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag in diesen Betreibungen als verspätet zurück. 
Am 15./16. bzw. 17. November 2017 unterzeichneten B.________, C.________ und das Erbschaftsamt Zug als mitwirkende Behörde im Sinne von Art. 609 ZGB an Stelle des Beschwerdeführers, die Behörde dabei vertreten durch Rechtsanwalt F.________, einen Erbteilungsvertrag. Demgemäss sollte der Beschwerdeführer aus dem Nachlass von D.________ sel. einen Betrag von Fr. 252'389.24 erhalten. Dieser Betrag wurde - in Beachtung der Arrestvollzüge - am 28. November 2017 an das Betreibungsamt Zug überwiesen. 
Am 7. Mai 2018 vollzog das Betreibungsamt die Pfändung und pfändete mit Pfändungsurkunde vom 8. Juni 2018 das Barguthaben, herrührend aus dem Erbanteil gemäss Erbteilungsvertrag vom 15. November 2017 (Pfändung Nr. aaa). Das Betreibungsamt publizierte die Pfändung im SHAB und im Amtsblatt des Kantons Zug vom 31. August 2018. 
 
1.2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 8. September 2018 (Eingang bei der Schweizerischen Botschaft in London am 11. September 2018) Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zug. Das Kantonsgericht forderte den Beschwerdeführer zur Einreichung einer verbesserten Beschwerdeschrift auf. Am 23. Oktober 2018 übergab der Beschwerdeführer der Schweizerischen Botschaft in London eine verbesserte Beschwerde vom 19. Oktober 2018. Mit Präsidialverfügung vom 15. November 2018 schrieb das Kantonsgericht die Beschwerde androhungsgemäss als unbeachtlich bzw. nicht erfolgt ab.  
Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde beim Bundesgericht. Mit Urteil 5A_1016/2018 vom 9. Oktober 2019 hob das Bundesgericht die angefochtene Verfügung wegen Verstosses gegen Art. 112 BGG auf und wies die Sache zur Behandlung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurück. 
Mit Urteil vom 5. Februar 2020 wies das Obergericht die Beschwerde des Beschwerdeführers ab. 
 
1.3. Gegen dieses Urteil hat der Beschwerdeführer am 24. Februar 2020 (Übergabe an das Schweizerische Konsulat in Montpellier) Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Am 24. März 2020 (Eingang bei der Schweizerischen Botschaft in London) hat der Beschwerdeführer eine weitere Eingabe eingereicht. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen.  
Nach Einholung von Stellungnahmen zum Gesuch um aufschiebende Wirkung hat das Bundesgericht mit Verfügung vom 30. Juni 2020 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
Am 7. September 2020 hat der Beschwerdeführer am Sitz des Bundesgerichts in Lausanne Einsicht in die Akten genommen. 
Am 16. September 2020 (Eingang bei der Schweizerischen Botschaft in London) hat der Beschwerdeführer eine weitere Eingabe eingereicht und um Ansetzung einer Frist zur Wahrnehmung des Replikrechts ersucht. Das Bundesgericht hat ihm am 28. September 2020 eine zehntägige Frist angesetzt. Am 16. Oktober 2020 (Übergabe an das Schweizerische Konsulat in Toulouse) hat der Beschwerdeführer eine als Replik bezeichnete Eingabe eingereicht. 
In der Sache hat das Bundesgericht keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
2.  
 
2.1. Gegen den angefochtenen Entscheid steht die Beschwerde in Zivilsachen zur Verfügung (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75, Art. 90 BGG). Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist damit unzulässig (Art. 113 BGG).  
 
2.2. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f.; 140 III 115 E. 2 S. 116). Strengere Anforderungen gelten für Verfassungsrügen (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerdeschrift ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den kantonalen Entscheid verletzt sein sollen (BGE 134 I 83 E. 3.2 S. 88; 142 III 364 E. 2.4 S. 368).  
Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen sind für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt werden, wenn die Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig - d.h. willkürlich (Art. 9 BV; BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweis) - ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann. Will die beschwerdeführende Partei die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten, muss sie substantiiert darlegen, inwiefern die genannten Voraussetzungen erfüllt sein sollen. Bei der Rüge der offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18; 140 III 264 E. 2.3 S. 266). 
 
2.3. Die Begründung muss in der Beschwerde selber enthalten sein und es genügt nicht, auf andere Rechtsschriften oder die Akten zu verweisen (BGE 143 II 283 E. 1.2.3 S. 286; 138 III 252 E. 3.2 S. 258; 133 II 396 E. 3.1 S. 400). Der Beschwerdeführer erklärt sämtliche seiner Eingaben in den Verfahren 5A_12/2016 (recte: 5A_12/2018) und 5A_1016/2018 als Teil seiner Beschwerde. Darauf ist nach dem Gesagten nicht einzugehen.  
Die Beschwerde muss sodann innerhalb der Beschwerdefrist begründet werden. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer erst nach Ablauf der Beschwerdefrist am 24. Februar 2020 (Zustellung des angefochtenen Entscheids am 14. Februar 2020) Einsicht in die Akten genommen hat. Soweit er die Beschwerde mit seinen späteren Eingaben ergänzt, ist darauf nicht einzugehen. Dies betrifft namentlich die als Replik bezeichnete Eingabe vom 16. Oktober 2020. Verspätet sind damit insbesondere die darin gestellten Ausstandsgesuche gegen die Mehrzahl der am angefochtenen Urteil beteiligten Gerichtspersonen, nämlich Oberrichter Scherer und Ulrich sowie Obergerichtsschreiberin Huber Stüdli. In der als Replik bezeichneten Eingabe kritisiert der Beschwerdeführer ausserdem die Handhabung der Akteneinsicht am Obergericht und vor allem beim Betreibungsamt im September 2020. Dies ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, welches auf die Überprüfung der Rechtmässigkeit des angefochtenen obergerichtlichen Urteils vom 5. Februar 2020 beschränkt ist. Es steht dem Beschwerdeführer frei, bei der zuständigen Stelle Beschwerde zu führen, wenn er der Auffassung ist, ihm sei die Akteneinsicht verweigert worden. Im Übrigen hat das Bundesgericht die Akten des dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden kantonalen Verfahrens beigezogen. Der Beschwerdeführer hat in diese Akten beim Bundesgericht Einsicht genommen. Zum Beizug weiterer Akten oder von Vollständigkeitsbescheinigungen, wie von ihm verlangt, bestand und besteht kein Anlass. 
 
3.   
Vor Obergericht hat der Beschwerdeführer sinngemäss geltend gemacht, alle gegen ihn gerichteten Betreibungshandlungen im Anschluss an die Arrestentscheide vom März 2017 seien nichtig. 
Das Obergericht hat erwogen, gemäss dem am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen neuen Abs. 2 von Art. 2 VVAG (Verordnung vom 17. Januar 1923 über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen; SR 281.41) sei das Betreibungsamt am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig zur Pfändung des Anteilsrechts an einer unverteilten Erbschaft und des Ertrages daraus, wenn sich der Wohnort des Schuldners im Ausland befinde. Die VVAG sei auch auf den Arrest anwendbar (Art. 275 SchKG). Das Betreibungsamt Zug sei somit für die Verarrestierung des Liquidationsanteils des Beschwerdeführers an der unverteilten Erbschaft von D.________ sel. zuständig gewesen. Aufgrund dieser neuen Rechtslage sei das vom Beschwerdeführer angeführte (und ihn betreffende) Urteil 5A_435/2014 vom 21. Oktober 2014 nicht mehr einschlägig. 
Die G.________ AG habe als Gläubigerin von Verlustscheinen gegen den Beschwerdeführer bereits am 13. Juni 2013 beim Erbschaftsamt der Stadt Zug die Mitwirkung der Behörde im Sinne von Art. 609 Abs. 1 ZGB bei der Teilung des Nachlasses von D.________ sel. verlangt. Mit Verfügung vom 27. Juni 2013 habe das Erbschaftsamt Rechtsanwalt F.________ als Vertreter der Behörde eingesetzt. Mit Verfügung vom 12. August 2013 sei die Einsetzung aus formellen Gründen ein zweites Mal erfolgt. Der Erbteilungsvertrag vom 15./16./17. November 2017 sei von Rechtsanwalt F.________ als Vertreter des Erbschaftsamtes bzw. als mitwirkende Behörde im Sinne von Art. 609 ZGB an Stelle des Beschwerdeführers unterzeichnet worden. Die gemäss Art. 609 ZGB zuständige Behörde sei zum Abschluss eines Erbteilungsvertrages anstelle und ohne Mitwirkung des betroffenen Erben berechtigt. Wäre es zulässig, dass die Erben trotz Verarrestierung des Erbanteils selbständig und auch für die Gläubiger des betriebenen Miterben verbindlich den Nachlass teilen könnten, wären sie in der Lage, den Schutzzweck, den die Mitwirkung der Behörde für die Gläubiger haben soll, zu vereiteln. Art. 6 und 12 VVAG wollten dies verhindern. Die Behörde im Sinne von Art. 609 ZGB trete bei der Erbteilung an die Stelle des betroffenen Erben. Der vertretene Erbe könne an den Teilungshandlungen nicht mitwirken. Vorliegend habe somit ein zum Schutze der Gläubigerinteressen ernannter Vertreter im Sinne von Art. 609 ZGB bei der Erbteilung mitgewirkt. Eine nach der Verarrestierung eines Erbanteils unter Mitwirkung der Behörde vorgenommene Erbteilung sei für die Beteiligten ohne Weiteres bindend. 
Liege eine verbindliche Teilung vor, so die Vorinstanz weiter, entfalle das Anteilsrecht als Pfändungsobjekt. An seine Stelle träten die dem Schuldner zugewiesenen Vermögensstücke. Eine neue Pfändung sei nicht erforderlich. Analog verhalte es sich auch vorliegend: An die Stelle des verarrestierten Anspruchs des Beschwerdeführers auf den Liquidationsanteil am Nachlass von D.________ sel. sei nach der Teilung der entsprechende Liquidationserlös getreten. Die Pfändung des "Barguthabens" des Beschwerdeführers aus der Teilung des Nachlasses bzw. die entsprechende Pfändungsurkunde sei daher nicht zu beanstanden. Als Betreibungsamt am Arrestort sei das Betreibungsamt Zug dazu örtlich zuständig gewesen (Art. 52 SchKG). 
 
4.   
Vor Bundesgericht schildert der Beschwerdeführer den Sachverhalt aus eigener Sicht, insbesondere den angeblichen Versuch seiner Miterben, Schwarzvermögen seiner Eltern zu legalisieren. Er erhebt nicht nur Vorwürfe gegen seine Miterben, sondern auch gegen Behörden, Banken und Rechtsanwälte. All diese Behauptungen finden im angefochtenen Entscheid keine Grundlage und gehen an der Sache vorbei. Darauf ist nicht einzugehen. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, bis jetzt habe keine rechtsgenügende Verfügung beigebracht werden können, die ein Stellvertretungsrecht begründe. Er bringt vor, eine Mitarbeiterin des Erbschaftsamts habe ihm am 26. Juni 2018 bestätigt, dass keine Verfügung zur Vertretung des Beschwerdeführers existiere. Er belegt dies nicht. Eine Auseinandersetzung mit den Sachverhaltsfeststellungen des Obergerichts zur Vertretung durch das Erbschaftsamt bzw. Rechtsanwalt F.________ fehlt. 
Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, in Missachtung des Urteils 5A_1016/2018 und von Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG keine genügenden Sachverhaltsabklärungen getroffen zu haben. Welche zusätzlichen, für das vorliegende Verfahren relevanten Sachverhaltselemente das Obergericht hätte feststellen müssen, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Sein pauschaler Hinweis auf "Zuständigkeiten", "Schriftstück Erbteilungsvertrag" etc. genügt dazu nicht. Der Beschwerdeführer behauptet schliesslich, dass der Erbteilungsvertrag der letztwilligen Verfügung von D.________ sel. widerspreche. Er belegt auch dies nicht und legt auch nicht dar, inwiefern dadurch die Verbindlichkeit des Erbteilungsvertrags in Frage gestellt sein könnte. 
Der Beschwerdeführer setzt sich damit nicht in genügender Weise mit den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen auseinander. Auf die eingehenden obergerichtlichen Erwägungen rechtlicher Natur geht er überhaupt nicht ein. Zwar macht er die Verletzung einer "internationalen Gerichtsstandgarantie" geltend, doch setzt er sich nicht ansatzweise mit den obergerichtlichen Erwägungen zur Zuständigkeit auseinander. Auf die Beschwerde kann demnach nicht eingetreten werden. 
 
5.   
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung an ihn fällt ausser Betracht (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. November 2020 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg