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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_1016/2017  
 
 
Urteil 6. Februar 2019  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Quinto. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Migrationsamt des Kantons Zürich, 
2. Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 24. Oktober 2017 (VB.2017.00403). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
C.C.________ (geb. 1970), Staatsangehörige Brasiliens, reiste am 21. Oktober 2011 in die Schweiz ein und heiratete gleichentags den Schweizer B.A.________. In der Folge wurde ihr unter dem Namen A.A.________ zunächst für den Kanton St. Gallen und anschliessend für den Kanton Zürich eine Aufenthaltsbewilligung erteilt, welche trotz Verdachts auf eine Scheinehe und entsprechenden Abklärungen mehrmals verlängert wurde, zuletzt bis zum 20. Oktober 2016. 
Nachdem B.A.________ am 23. März 2015 beim Bezirksgericht Horgen eine Klage auf Feststellung der Ungültigkeit seiner Ehe, eventualiter auf Scheidung derselben eingereicht sowie kurz darauf am 25. Juni 2015 beim Migrationsamt des Kantons Zürich (Migrationsamt) eine Selbstanzeige wegen Eingehens einer Scheinehe erstattet hatte, widerrief dieses mit Verfügung vom 8. Juli 2016 die Aufenthaltsbewilligung von A.A.________ und wies sie per 16. September 2016 aus der Schweiz weg. Die Ehe von A.A.________ und B.A.________ wurde schliesslich mit rechtskräftigem Teilurteil des Bezirksgerichts Horgen vom 16. August 2016 geschieden. 
 
B.  
Der gegen die Widerrufsverfügung eingereichte Rekurs blieb gemäss Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 24. Mai 2017 erfolglos. Die dagegen erhobene Beschwerde vom 26. Juni 2017 an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wurde mit Urteil desselben vom 24. Oktober 2017 abgewiesen. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 27. November 2017 beantragt A.A.________ (Beschwerdeführerin) die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und Verlängerung bzw. Erteilung der Aufenthaltsbewilligung. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz oder das Migrationsamt zurückzuweisen. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
Mit Präsidialverfügung vom 8. Dezember 2017 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin beruft sich in vertretbarer Weise auf Art. 42 Abs. 1 i. V. m. Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG (Art. 126 Abs. 1 AIG; seit 1. Januar 2019 in revidierter Fassung Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG), wonach die ausländische Ehegattin eines Schweizers nach Auflösung der Ehe Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung hat, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht. Ob die Bewilligungsvoraussetzungen gegeben sind, ist eine Frage der materiellen Beurteilung und keine Eintretensfrage (BGE 139 I 330 E. 1.1 S. 332). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) allerdings nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 136 II 304 E. 2.5 S. 314).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6 S. 144 f.).  
 
2.3. Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung. Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich als offensichtlich unrichtig, d. h. willkürlich gemäss Art. 9 BV, wenn sie offensichtlich unhaltbar oder aktenwidrig ist, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 f.; Urteile 2C_1072/2014 vom 9. Juli 2015 E. 1.4; 2C_310/2014 vom 25. November 2014 E. 1.2). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung geht das Gericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 139 II 404 E. 10.1 S. 444 f.).  
 
2.4. Die Beschwerdeführerin hat am 23. Januar 2019 ein (neues) Gesuch um Aufenthaltsbewilligung beim Migrationsamt eingereicht, welches auf neuen Tatsachen beruht, welche erst nach dem vorinstanzlichen Urteil entstanden sind. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im bundesgerichtlichen Verfahren nur so weit vorgebracht werden, als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Tatsachen oder Beweismittel, die auf das vorinstanzliche Prozessthema Bezug nehmen, sich aber erst nach dem angefochtenen Urteil ereignet haben oder entstanden sind, können nicht durch das angefochtene Urteil veranlasst worden sein. Diese sog. "echten Noven" sind im bundesgerichtlichen Verfahren von vornherein unzulässig (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.; Urteil 2C_98/2018 vom 7. November 2018 E. 2.3.1). Das genannte Gesuch bzw. die neuen Tatsachen, auf welchen es beruht, können deshalb im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden. Es ist Sache der kantonalen Behörden, dieses Gesuch zu prüfen.  
 
3.  
 
3.1. Eine gemäss Art. 42 Abs. 1 i. V. m. Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG relevante, dreijährige Ehegemeinschaft setzt eine tatsächlich gelebte eheliche Beziehung und einen gegenseitigen Ehewillen voraus, wobei das AuG respektive (seit 1. Januar 2019) AIG vom Grundsatz des Zusammenwohnens ausgeht (BGE 138 II 229 E. 2 S. 231; 137 II 345 E. 3.1.2 S. 347; Urteil 2C_544/2010 vom 23. Dezember 2010 E. 2.1). Der diesbezügliche Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung steht unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs. Letzterer ist insbesondere bei Vorliegen einer Scheinehe gegeben (Art. 51 Abs. 1 lit. a AIG; Urteile 2C_118/2017 vom 18. August 2017 E. 4.1 mit Hinweisen; 2C_804/2013 vom 3. April 2014 E. 2.1). Die Vorinstanz hat die Frage, ob es sich von Anbeginn um eine Scheinehe handelte, allerdings offen gelassen und den Schluss gezogen, dass die Ehegemeinschaft aufgrund der Indizien vor Erreichen der dreijährigen Dauer aufgegeben wurde.  
 
3.2. In Bezug auf die genannte dreijährige Dauer ist auf die in der Schweiz gelebte Ehegemeinschaft abzustellen (BGE 136 II 113 E. 3.3 117 ff.). Diese hat vorliegend mit der Einreise der Beschwerdeführerin am 21. Oktober 2011 begonnen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die eheliche Gemeinschaft sei erst mit ihrem Auszug aus der ehelichen Wohnung im Februar 2015 aufgelöst worden, womit die dreijährige Dauer erreicht wäre. Ob die Ehegemeinschaft drei Jahre angedauert hat, ist eine Sachverhaltsfrage (Urteile 2C_54/2019 vom 22. Januar 2019 E. 5.3; 2C_976/2012 vom 11. Februar 2013 E. 3.2).  
Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung, wonach die Ehegemeinschaft bereits im Dezember 2012 aufgehoben wurde, offensichtlich unhaltbar bzw. willkürlich ist, sondern sich hauptsächlich damit begnügt, die vorinstanzlichen Argumente zurückzuweisen und sich auf den Standpunkt zu stellen, das Migrationsamt müsse den Nachweis erbringen, dass die Ehegemeinschaft weniger als drei Jahre gedauert hat. Damit wurde dem Rügeprinzip nicht genüge getan bzw. es fehlt an einer substanziierten Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung. Es trifft zwar zu, dass die Behörden Tatsachen, die einer belastenden Verfügung zugrunde liegen, grundsätzlich zu beweisen haben (BGE 130 II 482 E. 3.2 S. 485; Urteil 2C_1046/2011 vom 14. August 2012 E. 4.3). Die Vorinstanz ist jedoch in Würdigung einer Vielzahl von Indizien zur Überzeugung gelangt, dass die Ehegemeinschaft bereits im Dezember 2012 beendet wurde. Die Indizien beruhen auf zahlreichen Abklärungen des Migrationsamtes und Erkenntnissen aus dem genannten Scheidungsverfahren. Der Untersuchungsgrundsatz, wonach die Behörden den Sachverhalt möglichst zuverlässig abklären müssen, wird durch die Mitwirkungspflicht der Parteien relativiert (Art. 90 AIG). Diese kommt naturgemäss bei Tatsachen zum Tragen, die eine Partei besser kennt als die Behörden und die ohne ihre Mitwirkung gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erhoben werden können (BGE 138 II 456 E. 8.6.4 S. 496 f.; Urteil 2C_118/2017 vom 18. August 2017 E 4.2). Das gilt insbesondere, wenn bereits wie vorliegend gewichtige Hinweise für eine Scheinehe sprechen. Dann wird, umso mehr wenn der andere Ehegatte wie vorliegend eine Scheinehe behauptet, von der widersprechenden Ehegattin bzw. Beschwerdeführerin erwartet, dass sie von sich aus Umstände vorbringt und belegt, um die eheliche Gemeinschaft glaubhaft zu machen (vgl. Urteile 2C_118/2017 vom 18. August 2017 E. 4.2; 2C_936/2016 vom 17. März 2017 E. 2.3). Die Beschwerdeführerin hat jedoch vor den unteren Instanzen keine Belege für gemeinsame Ferien oder Freizeitaktivitäten für die Zeit nach dem Dezember 2012 vorgelegt noch die Einvernahme von Zeugen beantragt, welche zur ehelichen Gemeinschaft nach diesem Zeitpunkt hätten aussagen können. Die Vorinstanz hatte denn auch praktisch nur Indizien zu würdigen, welche für eine Beendigung der ehelichen Gemeinschaft entweder im Dezember 2012 oder - ausgehend vom Scheidungsurteil - im März 2013 sprachen. Vor diesem Hintergrund ist von der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung auszugehen, wonach die eheliche Gemeinschaft der Beschwerdeführerin ab dem Dezember 2012 aufgegeben wurde. 
 
3.3. Aufgrund dieses Resultats ist die Voraussetzung der dreijährigen Dauer der ehelichen Gemeinschaft gemäss Art. 42 Abs. 1 i.V.m. Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG nicht erfüllt. Eine fehlerhafte Anwendung dieser Bestimmungen macht die Beschwerdeführerin nicht geltend.  
 
4.  
Im Weiteren bringt die Beschwerdeführerin vor, entgegen der Vorinstanz liege ein schwerwiegender, persönlicher Härtefall im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG vor. Die entsprechenden Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Bei Bewilligungen gestützt auf Art. 30 AIG handelt es sich um Ermessensbewilligungen, auf welche kein Rechtsanspruch besteht. Die Verletzung von Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG kann deshalb vor Bundesgericht nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, sondern höchstens mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde gerügt werden, sofern gleichzeitig die Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts gerügt wird (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und 5 BGG; Art. 113 und Art. 116 BGG; Urteile 2C_873/2013 vom 25. März 2014 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 140 II 289; 2C_400/2011 vom 2. Dezember 2011 E. 1.2.2). Vorliegend hat die Beschwerdeführerin weder subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben noch eine Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts gerügt, weshalb auf die sinngemässe Rüge der Verletzung von Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG nicht einzutreten ist. 
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Februar 2019 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Quinto