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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_785/2018  
 
 
Urteil vom 15. Oktober 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Jametti, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Einsprache gegen Strafbefehl 
(einfache Verletzung der Verkehrsregeln), 
Rückzugsfiktion wegen Nichterscheinen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 4. Juni 2018 (BES.2018.79). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt büsste den Beschwerdeführer mit Strafbefehl vom 15. Dezember 2017 wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln mit Fr. 40.--. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Strafbefehl Einsprache. Das Strafgericht Basel-Stadt lud den Beschwerdeführer daraufhin zur Gerichtsverhandlung vom 17. April 2018 vor. Der Beschwerdeführer erschien am 17. April 2018 am Strafgericht Basel-Stadt. Als ihm anlässlich der Eingangskontrolle vom Weibel, nach Rücksprache mit dem Gerichtspräsidenten, mitgeteilt wurde, dass er seine Tasche am Eingang deponieren und lediglich mit den sich darin befindenden Unterlagen in den Gerichtssaal gehen müsse, verliess er das Gerichtsgebäude wieder. Das Strafgericht Basel-Stadt stellte daraufhin die Abwesenheit des Beschwerdeführers an der Gerichtsverhandlung vom 17. April 2018 fest und schrieb dessen Einsprache gegen den Strafbefehl in Anwendung von Art. 356 Abs. 4 StPO ab. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 4. Juni 2018 ab. Die Gerichtskosten von Fr. 400.-- auferlegte es dem Beschwerdeführer. 
Der Beschwerdeführer gelangt gegen den Entscheid vom 4. Juni 2018 mit Beschwerde an das Bundesgericht. 
 
2.  
In der Beschwerde an das Bundesgericht ist unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid anzugeben, inwieweit dieser gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen soll (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503 mit Hinweisen) und die Anwendung kantonalen Rechts (abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen, vgl. Art. 95 BGG; BGE 143 I 321 E. 6.1 S. 324; 141 IV 305 E. 1.2 S. 308 mit Hinweisen) überprüft das Bundesgericht nur auf Willkür. Für die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung und der Anwendung kantonalen Rechts) gelten erhöhte Begründungsanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer rügt, der Strafgerichtspräsident und die Einzelrichterin des Appellationsgerichts seien nicht seine gesetzlichen Richter. Die Appellationsrichterin und der am vorinstanzlichen Entscheid beteiligte Gerichtsschreiber seien nicht unabhängig, inkompetent und ihren Aufgaben nicht gewachsen. Das Vorgehen des Appellationsgerichts bei der Richterzuteilung sei zudem verfassungswidrig. 
Ausstandsgesuche müssen ohne Verzug gestellt werden (Art. 58 Abs. 1 StPO). Gegen einen den Ausstandsgrund ablehnenden letztinstanzlichen kantonalen Entscheid ist die Beschwerde an das Bundes-gericht sofort zulässig (Art. 92 Abs. 1 BGG) und der Entscheid kann später vor Bundesgericht nicht mehr angefochten werden (Art. 92 Abs. 2 BGG). 
Der Beschwerdeführer begründet nicht rechtsgenügend, weshalb die von ihm erwähnten Gerichtspersonen befangen sein könnten. Er behauptet auch nicht, er habe Ausstandsgründe bereits im kantonalen Verfahren geltend gemacht. Ebenso wenig legt er dar, er habe von den angeblichen Ausstandsgründen erst nach Eröffnung des vorinstanzlichen Entscheids Kenntnis erhalten. Auf die Ausstandsbegehren kann mangels Begründung und zufolge Verspätung daher nicht eingetreten werden. 
 
4.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid sei nichtig, da er Symbole/Codes enthalte, die auf einer Urkunde unzulässig seien, aus einer Loseblattsammlung bestehe und die Schreiben gefaltet worden seien. Der Entscheid sei nicht persönlich (mindestens drei lesbare Buchstaben) in blauer Tinte unterzeichnet worden. 
Die Rüge ist unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer legt nicht substanziiert dar, weshalb der angefochtene Entscheid den gesetzlichen Formerfordernissen nicht genügen könnte. Die von diesem vorgetragenen Gründe haben offensichtlich weder die Nichtigkeit noch einen sonstigen Mangel des angefochtenen Entscheids zur Folge. Der Beschwerdeführer verkennt insbesondere, dass das schweizerische Recht keine Anforderungen an die Lesbarkeit und die Farbe der Unterschrift stellt. 
 
5.  
Der Beschwerdeführer beanstandet, es gebe kein Gesetz, das ihm den Einlass zum "Kontroll- und Prüfungstermin vom 11. April 2018" habe verbieten können. Weder der Weibel noch der Strafgerichtspräsident oder die Appellationsrichterin hätten ihm ein solches Gesetz, eine Verordnung oder eine schriftliche Anordnung vorlegen können. Die angeblichen Bediensteten hätten sich auch nicht ausgewiesen. Der Strafgerichtspräsident und die Appellationsrichterin seien ihren Pflichten als "Treuhänder" nicht nachgekommen und hätten seine Anordnungen als "Souverän" und "Begünstigten des Trusts" nicht befolgt. Art. 356 Abs. 4 StPO sei auf ihn nicht anwendbar. Er habe zu Beginn der angeblichen Verhandlung und sogar zwei Minuten darüber hinaus an der Eingangstüre gewartet. Die Unsinnigkeit, ihm das Mitführen einer einfachen Tasche zu verweigern, sei für jeden - auch nicht juristisch geschulten Menschen - offensichtlich. 
 
6.  
Die Vorinstanz legt im angefochtenen Entscheid dar, gestützt auf welche Bestimmungen der Weibel und der verfahrensleitende Richter des Strafgerichts berechtigt waren, dem Beschwerdeführer die Weisung zu erteilen, aus Sicherheitsgründen seine Tasche am Eingang zu deponieren. Sie erwägt u.a., der Vorsitz des Strafgerichts habe als Aufsichtsstelle des Weibeldienstes bereits im Jahr 2016 entschieden, dass Taschen und Mappen (ausser durch Anwälte) nicht in den Gerichtssaal mitgenommen werden dürfen. Ausserdem sei angesichts des Tonfalls und des Inhalts der Schreiben des Beschwerdeführers die Befürchtung einer Störung der Gerichtsverhandlung konkret begründet gewesen. Mit der Anordnung, die Mappe am Eingang zu deponieren und die darin befindlichen Unterlagen ohne entsprechendes Behältnis in den Gerichtssaal mitzunehmen, könne verhindert werden, dass beispielsweise gefährliche oder ungebührliche Gegenstände oder Abhörgeräte in den Gerichtssaal befördert würden. Der Weibel habe sich gegenüber dem Beschwerdeführer in keiner Weise schikanös oder willkürlich verhalten, sondern sich strikt an seinen Auftrag gehalten. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei als Nichterscheinen zur Hauptverhandlung im Sinne von Art. 356 Abs. 4 StPO zu werten. 
 
7.  
Der Beschwerdeführer setzt sich mit der Begründung der Vorinstanz und den von dieser zitierten Bestimmungen zu Unrecht nicht auseinander und zeigt nicht auf, weshalb die Weisung, die Tasche am Eingang zu deponieren, gegen Bundesrecht verstossen könnte. Er macht insbesondere nicht geltend, die gestützt auf kantonales Recht erlassene Weisung sei mit übergeordnetem Recht nicht vereinbar oder ihm sei ohne die Tasche, lediglich mit den sich darin befindlichen Unterlagen und Schreibutensilien, eine gehörige Verteidigung nicht möglich gewesen. Für den Beschwerdeführer war ohne Weiteres erkennbar, dass ihm das Mitnehmen der Tasche in den Gerichtssaal aus Sicherheitsgründen verweigert wurde. Er begründet auch nicht, woraus er eine Pflicht des Weibels ableitet, zusammen mit der Weisung vor Ort zu belegen, auf welche Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmungen sich diese stützt. Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer behauptete Pflicht der Gerichtspersonen, sich auszuweisen. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, ihm sei das Mitnehmen seiner Tasche zu Unrecht untersagt worden, vermag seine Kritik den gesetzlichen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG nicht zu genügen. 
 
8.  
Eine Verletzung von Art. 356 Abs. 4 StPO ist nicht ersichtlich. Die Vorinstanz wertete die Weigerung des Beschwerdeführers, sich ohne seine Tasche in den Gerichtssaal zu begeben und an der Hauptverhandlung teilzunehmen, zu Recht als unentschuldigtes Fernbleiben von der Hauptverhandlung im Sinne von Art. 356 Abs. 4 StPO und als Desinteresse am weiteren Gang des Verfahrens. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, er sei sich der Konsequenzen seines Verhaltens nicht bewusst gewesen oder er sei in der Vorladung nicht hinreichend über die Folgen des unentschuldigten Fernbleibens von der Hauptverhandlung belehrt worden (vgl. dazu BGE 140 IV 86 E. 2.6 S. 91; 140 IV 82 E. 2.3 S. 84; je mit Hinweis; Urteil 6B_1143/2017 vom 1. Juni 2018 E. 1.2). 
 
9.  
Der Beschwerdeführer wendet sich zumindest sinngemäss auch gegen den vorinstanzlichen Kostenentscheid, indem er erwähnt, er weise die Geldforderung der Vorinstanz in der Höhe von Fr. 400.-- zurück. Darauf kann nicht eingetreten werden, da der Beschwerdeführer keine nachvollziehbare Begründung liefert, weshalb die Kostenauflage gegen Art. 428 Abs. 1 StPO verstossen könnte. 
 
10.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Oktober 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld