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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
B 150/06 
 
Urteil vom 6. Juli 2007 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Lustenberger, Ersatzrichter Bühler, 
Gerichtsschreiber Wey. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch 
Frau Dr. Karin Goy, Kleindorf 13, 8702 Zollikon, 
 
gegen 
 
Kanton Zürich, Beschwerdegegner, vertreten durch die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich, Stampfenbachstrasse 63, 8006 Zürich, und diese vertreten durch Fürsprecherin Cordula E. Niklaus, Tödistrasse 17, 8000 Zürich, 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 28. September 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ war ab 1. Juni 1995 bei der Politischen Gemeinde Y.________ als Rettungschef der Wehrabteilung angestellt und bei der Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich (im Folgenden: BVK) berufsvorsorgeversichert. Infolge einer Reorganisation kündigte der Gemeinderat Y.________ das Dienstverhältnis mit X.________ durch Beschluss vom 24. September 2002 auf den 31. Dezember 2002, erklärte aber mit Schreiben vom 2. Oktober 2002 diese Kündigung als nichtig und stellte X.________ die erneute Auflösung des Dienstverhältnisses nach Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit in Aussicht. Nach Abschluss einer Vereinbarung über die Nebenfolgen der Auflösung des Dienstverhältnisses vom 2./4. Oktober 2002 kündigte der Gemeinderat Y.________ das Arbeitsverhältnis mit Beschluss vom 25. Februar 2003 erneut auf den 31. Mai 2003. Den dagegen erhobenen Rekurs hiess der Bezirksrat Y.________ mit Beschluss vom 13. Mai 2004 teilweise gut und sprach X.________ eine Entschädigung von zehn Monatslöhnen zu. 
 
Mit Formular "Persönliche Erklärung" ersuchte die BVK X.________ am 3. Juni 2003, ihr innert 30 Tagen mitzuteilen, an wen die Freizügigkeitsleistung zu überweisen sei. Da ihr innert Frist keine diesbezügliche Erklärung zuging, teilte sie X.________ am 7. Juli 2003 mit, sein Freizügigkeitsguthaben in der Höhe von Fr. 314'472.65 werde an die Freizügigkeitsstiftung der Zürcher Kantonalbank überwiesen, welche ihm am 15. Juli 2003 den Eingang dieses Betrages (Valuta 10. Juli 2003) anzeigte. Im Verlaufe des Jahres 2004 nahm X.________ eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf und liess sich sein Freizügigkeitsguthaben auszahlen. Am 30. September 2004 ersuchte X.________ die BVK, die Auszahlung des Freizügigkeitsguthabens rückgängig zu machen und ihm die Leistungen bei unverschuldeter Entlassung gemäss den §§ 36-39 der Statuten auszurichten, was diese ablehnte. 
B. 
Am 3. August 2005 liess X.________ Klage erheben mit dem Rechtsbegehren, die BVK sei zu verpflichten, die ausgerichtete Freizügigkeitsleistung zurückzunehmen und ihm ab 1. Juni 2003 eine Entlassungsrente sowie einen Überbrückungszuschuss nach Massgabe der Bestimmungen der §§ 36-39 und des § 57 der Statuten BVK auszurichten. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich führte einen doppelten Schriftenwechsel durch und lud die Politische Gemeinde Y.________ zum Verfahren bei. Mit Entscheid vom 28. September 2006 wies es die Klage ab. 
C. 
X.________ erneuert mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde seine vorinstanzlichen Rechtsbegehren. 
 
Die BVK und das Bundesamt für Sozialversicherungen schliessen in ihren Vernehmlassungen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Politische Gemeinde Y.________ hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Da der kantonale Entscheid vor dem 1. Januar 2007 erging, ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG) vom 17. Juni 2005 noch nicht anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG). Die Kognition des Bundesgerichts richtet sich noch nach dem Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943. Beim Prozess um Entlassungsleistungen der beruflichen Vorsorgeversicherung handelt es sich um einen Streit um Versicherungsleistungen, weshalb sich die Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts nach Art. 132 OG richtet. Danach ist die Kognition nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung. Das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen. Ferner ist das Verfahren regelmässig kostenlos (Art. 134 OG; BGE 129 V 251 E. 1.2 S. 253, 126 V 163 E. 1 S. 165). 
2. 
2.1 Streitig und zu prüfen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Entlassungsrente gemäss § 36 und auf einen Überbrückungszuschuss gemäss § 39 der Statuten BVK. 
2.2 Das kantonale Gericht ist vom Wortlaut von § 36 und § 39 der Statuten BVK ausgegangen und hat zutreffend festgehalten, dass es sich sowohl bei der Entlassungsrente als auch beim Überbrückungszuschuss um Versicherungsleistungen bei unverschuldeter Nichtwiederwahl oder Entlassung und nicht um Möglichkeiten zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes im Sinne von Art. 4 FZG in Verbindung mit Art. 10 FZV handelt. Demgemäss war die BVK nicht verpflichtet, die der Vorsorgeeinrichtung im Freizügigkeitsfall obliegenden Informationspflichten gemäss Art. 8 Abs. 2 FZG wahrzunehmen, weshalb der Beschwerdeführer aus deren angeblichen Verletzung nichts zu seinen Gunsten ableiten kann. Ferner hat die Vorinstanz richtig erkannt, dass der Beschwerdeführer das ihm gemäss § 36 Abs. 1 der Statuten BVK zustehende Wahlrecht zwischen Freizügigkeitsleistung und Entlassungsrente spätestens mit dem Begehren um Auszahlung seines Vorsorgeguthabens auf dem Freizügigkeitskonto der Zürcher Kantonalbank im Laufe des Jahres 2004 unwiderruflich ausgeübt hat. Auf die in beiden Punkten zutreffende vorinstanzliche Darstellung der Rechtslage kann verwiesen werden. 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer macht vor Bundesgericht erneut geltend, erst mit dem Entscheid des Bezirksrates Y.________ vom 13. Mai 2004 sei "anerkannt worden", dass sein "Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Staates aufgelöst worden [...] und die Entlassung zudem unverschuldet war". Da die Voraussetzungen des Anspruchs auf eine Abfindung gemäss § 26 Personalgesetz des Kantons Zürich (PG) mit denjenigen auf Entlassungsleistungen gemäss §§ 36-39 der Statuten BVK identisch seien, sei der Anspruch auf letztere ebenfalls erst mit der Rechtskraft des Entscheides des Bezirksrates Y.________ vom 13. Mai 2004 entstanden. 
3.2 Der Anspruch ist das Recht, die Leistung zu verlangen. Er entsteht in dem Zeitpunkt, in dem alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind und nicht, wie der Beschwerdeführer irrtümlich meint, erst dann, wenn die richterliche Anspruchsprüfung positiv ausfällt und in Rechtskraft erwächst. Denn die Entstehung eines Anspruches ist nicht dasselbe wie dessen gerichtliche Durchsetzung und ist davon unabhängig. Der Beschwerdeführer verkennt diese der Rechtsordnung sowohl für öffentlich- wie zivilrechtliche Ansprüche zugrunde liegende Unterscheidung. In seinem Fall ist der Anspruch auf berufsvorsorgerechtliche Entlassungsleistungen mit der unverschuldeten Auflösung seines Dienstverhältnisses durch die vom Gemeinderat Y.________ auf den 31. Mai 2003 ausgesprochene Kündigung vom 25. Februar 2003 entstanden. Ab diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer berechtigt, gegenüber der BVK Entlassungsleistungen geltend zu machen. Da die diesbezüglichen Anspruchsvoraussetzungen in § 36 und § 39 der Statuten BVK unabhängig von der Regelung der personalrechtlichen Ansprüche im Falle einer unverschuldeten Entlassung selbstständig normiert sind, war der Ausgang des personalrechtlichen Verfahrens vor dem Bezirksrat Y.________ auch nicht eine für den Entlassungsleistungsanspruch massgebende Vorfrage, deren materielle Beurteilung durch den Bezirksrat von der Beschwerdegegnerin allenfalls hätte abgewartet werden müssen (vgl. dazu Haefelin/Müller/ Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich 2006, Rz. 58 ff.). Die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsauffassung ist daher nicht haltbar. 
3.3 Gleich verhält es sich mit seiner Rechtsbehauptung, er habe "gegenüber der BVK erstmals ein gültiges Gestaltungsrecht ausgeübt", als er nach Eintritt der Rechtskraft des Entscheides des Bezirksrates Y.________ vom 13. Mai 2004 mit Schreiben vom 30. September 2004 seinen Anspruch auf Entlassungsleistungen geltend machen liess. Es springt in die Augen, dass er bereits vorher mit dem Begehren um Auszahlung seines Vorsorgeguthabens zufolge Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit sich konkludent für die Freizügigkeitsleistung entschieden und sein Wahlrecht zwischen dieser und einer Entlassungsrente gemäss § 36 Abs. 1 der Statuten BVK konsumiert hatte. Dass er bereits damit ein Gestaltungsrecht ausübte, kann nicht zweifelhaft sein. Vielmehr könnte man sich fragen, ob das relativ kurze Zeit nach dem erfolgreichen Begehren um Auszahlung der Freizügigkeitsleistung (und einem Anwaltswechsel) gestellte Gesuch um Ausrichtung von Entlassungsleistungen nicht einen Rechtsmissbrauch im Sinne des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) darstellte. 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Politischen Gemeinde Y.________ und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 6. Juli 2007 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: