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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.347/2002 /pai 
 
Urteil vom 17. Februar 2003 
Kassationshof 
 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, 
Gerichtsschreiber Monn. 
 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Werner Meier, Stauffacherstrasse 35, 8004 Zürich, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 
8023 Zürich. 
 
Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB), 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 24. Mai 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ lernte Frau A.________ im April 1999 zufällig beim Ausführen ihrer Hunde kennen. In der Folge trafen sie sich mehrmals. Später wurde er auch mit ihrer Tante, B.________, bekannt. Die beiden Frauen standen im Sommer 1999 vor erbrechtlichen Problemen, auf die sie keine Antwort wussten und von denen A.________ X.________ erzählte. Diesem wird vorgeworfen, er habe beide Frauen durch tatsachenwidrige Angaben dazu bewogen, ihm Fr. 1'000.-- bzw. Fr. 400.-- zu bezahlen. Einerseits behauptete er wahrheitswidrig, er sei Anwalt/Jurist, und anderseits machte er geltend, er benötige das Geld für Gebühren, die im Zusammenhang mit Eingaben stünden, die er für die beiden Frauen bei Behörden in Zürich mache. In Wahrheit verwendete er das Geld für eigene Bedürfnisse. 
B. 
Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, bestrafte X.________ am 24. Mai 2002 im Berufungsverfahren wegen mehrfachen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB mit einem Monat Gefängnis, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von vier Jahren. 
 
Eine dagegen gerichtete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wurde durch das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 25. Dezember 2002 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. 
C. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Obergerichts vom 6. Juni 2002 (recte 24. Mai 2002) sei aufzuheben. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Beschwerdeführer hat zur allfälligen Stellung eines Begehrens um unentgeltliche Rechtspflege und Verteidigung und zur Einreichung entsprechender Belege eine Frist von 20 Tagen verlangt (Beschwerde S. 2 Zusatzantrag 2). Dem Antrag wurde stattgegeben (act. 5) und die Frist später erstreckt (act. 6). In der Folge verzichtete er auf die unentgeltliche Rechtspflege und ersuchte um die Ansetzung einer Frist zur Sicherheitsleistung (act. 9). Einem Begehren um Zahlungsaufschub bis 10. Dezember 2002 wurde stattgegeben (act. 11). Innert dieser Frist ging der verlangte Kostenvorschuss von Fr. 2'000.-- ein. Folglich ist die Frage der unentgeltlichen Rechtspflege gegenstandslos geworden und auf die Beschwerde einzutreten. 
2. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe Art. 146 Abs. 1 StGB unrichtig angewendet und zu Unrecht Arglist angenommen (Beschwerde S. 3 Ziff. 4). 
 
Einen Betrug im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB begeht, wer in der Absicht, sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen anderen am Vermögen schädigt. Nach der Rechtsprechung ist die Irreführung arglistig, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe bedient, aber auch, wenn er nur einfache falsche Angaben macht, deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, sowie dann, wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass der Getäuschte die Überprüfung der Angaben aufgrund eines zwischen ihnen bestehenden besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen wird. Arglist liegt jedoch nicht vor, wenn sich der Getäuschte mit einem Minimum an Aufmerksamkeit selber hätte schützen oder den Irrtum durch ein zumutbares Minimum an Vorsicht hätte vermeiden können. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass der Getäuschte die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft; Arglist scheidet lediglich aus, wenn der Geschädigte für den bei ihm eingetretenen Schaden mitverantwortlich ist, weil er die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen, die sich aufgedrängt hätten, nicht beachtet hat. Bei der Prüfung dieser Frage ist nicht darauf abzustellen, wie eine durchschnittlich vorsichtige und erfahrene Person auf die Täuschung reagiert hätte; vielmehr ist die jeweilige besondere Lage des Betroffenen zu berücksichtigen, soweit der Täter diese kennt und ausnützt; das gilt insbesondere bei geistesschwachen, unerfahrenen oder auf Grund des Alters oder einer (körperlichen oder geistigen) Krankheit beeinträchtigten Opfern, ferner bei solchen, die sich in einem Abhängigkeits- oder Unterordnungsverhältnis oder in einer Notlage befinden und deshalb kaum imstande sind, dem Täter zu misstrauen; das Ausnützen einer derartigen Lage ist gerade eine der Erscheinungsformen der Arglist (BGE 128 IV 18 E. 3a mit Hinweisen). 
 
Im vorliegenden Fall geht es nur um einfache falsche Angaben (angefochtener Entscheid S. 20 E. III/4). Die Vorinstanz stellt unter anderem fest, vor allem zwischen A.________ und dem Beschwerdeführer habe sich durch die Begegnungen beim Ausführen ihrer Hunde ein Vertrauensverhältnis gebildet. Zudem sei es um relativ geringe Beträge gegangen. Und schliesslich hätten die Geschädigten jedenfalls in Erbschaftsangelegenheiten keine Geschäftserfahrung gehabt, was dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein müsse, ansonsten er ja nicht seine Hilfe angeboten hätte. Gestützt auf diese Umstände könne es nicht als leichtfertig bezeichnet werden, dass die Geschädigten den beruflichen Hintergrund des Beschwerdeführers nicht abgeklärt hätten, zumal dieser behauptet habe, seine Tätigkeit als Anwalt "liege in der Vergangenheit". Es sei offensichtlich, dass die Geschädigten vom Verkehr mit Behörden noch weniger als der Beschwerdeführer verstanden hätten. Wegen ihrer Unbedarftheit hätten sie den redseligen und einem Bluff nicht abgeneigten Beschwerdeführer als Ratgeber akzeptiert und sich "seinen Verlautbarungen" angeschlossen (vgl. angefochtener Entscheid S. 21/22). 
 
Jedenfalls im Ergebnis ist das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfüllt. Dabei ist davon auszugehen, dass es sich bei den Geschädigten um Personen handelt, die bei ihrer Befragung durch das Gericht einen ausserordentlich unbedarften Eindruck in geschäftlichen und juristischen Dingen hinterliessen. Sie wurden nicht stutzig, als einmal von einem Notariat, einmal von einer Eingabe im Stadthaus und einmal von einem Treffen mit einem Gerichtspräsidenten sowie davon die Rede war, das Geld müsse "hintenherum" bezahlt werden; B.________ kann zudem das Grundbuchamt vom Erbschaftsamt nicht unterscheiden (angefochtener Entscheid S. 11). Zwar ist A.________ Lehrerin, was auch die Vorinstanz nicht übersehen hat (angefochtener Entscheid S. 4). Es kann aber nicht die Rede davon sein, dass der Beruf einer Lehrerin "sehr gute Kenntnisse der Verwaltungsstrukturen und des Verwaltungsrechts" erfordere (Beschwerde S. 6). Wie der Beschwerdeführer zu dieser Annahme kommt, bleibt unerfindlich. 
 
Der Beschwerdeführer hat die Unbedarftheit der Geschädigten offensichtlich erkannt. Nachdem sich A.________ und er als Hundefreunde kennen gelernt hatten, gab er sich in der Art eines Hochstaplers wahrheitswidrig als Person aus, die über juristische Kenntnisse verfügt. Zunächst half er A.________ beim Inkasso eines von ihr gewährten Darlehens, indem er den Schuldner schriftlich mahnte und eine Ratenzahlungsvereinbarung aufsetzte (angefochtener Entscheid S. 5). Er schrieb die Mahnung auf dem auf den ersten Blick recht echt wirkenden Briefpapier einer fingierten "C.________ Zürich" und unterzeichnete das Schreiben in der Eigenschaft als angeblicher Sachbearbeiter des Rechtsdienstes (KA act. ND 1/3/8, auf welches Aktenstück im angefochtenen Entscheid hingewiesen wird). Auf die unbedarften Geschädigten müssen das zielstrebige Vorgehen des Beschwerdeführers und insbesondere die Mahnung recht eindrucksvoll gewirkt haben. 
 
Als der Beschwerdeführer schliesslich von den erbrechtlichen Problemen der Geschädigten erfuhr, nutzte er deren Unbedarftheit sowie den Umstand, dass sie ihm als angeblich erfahrenem Sachbearbeiter eines Rechtsdienstes mittlerweile vertrauten, aus, indem er ihnen insgesamt Fr. 1'400.-- abknöpfte, die er angeblich für irgendwelche Gebühren im Zusammenhang mit der Erbschaftsangelegenheit der Geschädigten benötigte. Insbesondere in Anbetracht seines zielstrebigen und für einen unbedarften Laien recht professionell wirkenden Vorgehens im Zusammenhang mit der Rückzahlung des Darlehens sah der Beschwerdeführer zu Recht voraus, dass die Geschädigten ihm vertrauen, seinen Bluff nicht durchschauen und bereitwillig zahlen würden. Er handelte arglistig, und es ist für den Ausgang der Sache nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass die vertrauensseligen Geschädigten es in ihrer Unbedarftheit unterliessen, sich über den Beschwerdeführer zu informieren. 
 
Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen. 
3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 17. Februar 2003 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: