Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_236/2022, 9C_237/2022  
 
 
Urteil vom 22. November 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Tomaschett, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
9C_236/2022 
1. CSS Kranken-Versicherung AG, Recht & 
Compliance, Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern, 
2. Supra-1846 SA, 
Avenue de la Rasude 8, 1006 Lausanne, 
3. CONCORDIA Schweizerische Kranken- und 
Unfallversicherung AG 
, Rechtsdienst,  
Bundesplatz 15, 6002 Luzern, 
4. Atupri Gesundheitsversicherung, 
Zieglerstrasse 29, 3007 Bern, 
5. Avenir Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
6. KPT Krankenkasse AG, Wankdorfallee 3, 3014 Bern, 
7. Vivao Sympany AG, Rechtsdienst, 
Peter Merian-Weg 4, 4052 Basel, 
8. Mutuel Assurance Maladie SA, Rechtsdienst, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
9. Sanitas Grundversicherungen AG, Rechtsdienst, 
Jägergasse 3, 8004 Zürich, 
 
10. Philos Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
11. Assura-Basis SA, 
Avenue Charles-Ferdinand-Ramuz 70, 1009 Pully, 
12. Visana AG, Weltpoststrasse 19, 3015 Bern, 
13. Helsana Versicherungen AG, Recht & Compliance, 
Zürichstrasse 130, 8600 Dübendorf, 
alle handelnd durch santésuisse, 
Römerstrasse 20, 4500 Solothurn, 
und dieser vertreten durch Advokat Dr. Vincent Augustin, Quaderstrasse 8, 7000 Chur, 
Beschwerdegegner, 
 
und 
 
9C_237/2022 
1. CSS Kranken-Versicherung AG, Recht & 
Compliance, Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern, 
2. Supra-1846 SA, 
Avenue de la Rasude 8, 1006 Lausanne, 
3. CONCORDIA Schweizerische Kranken- und 
Unfallversicherung AG 
, Rechtsdienst,  
Bundesplatz 15, 6002 Luzern, 
4. Atupri Gesundheitsversicherung, 
Zieglerstrasse 29, 3007 Bern, 
5. Avenir Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
6. KPT Krankenkasse AG, Wankdorfallee 3, 3014 Bern, 
7. Vivao Sympany AG, Rechtsdienst, 
Peter Merian-Weg 4, 4052 Basel, 
8. Easy Sana Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
9. Mutuel Assurance Maladie SA, Rechtsdienst, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
10. Sanitas Grundversicherungen AG, Rechtsdienst, 
Jägergasse 3, 8004 Zürich, 
11. Philos Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
12. Assura-Basis SA, 
Avenue Charles-Ferdinand-Ramuz 70, 1009 Pully, 
13. Visana AG, Weltpoststrasse 19, 3015 Bern, 
14. Helsana Versicherungen AG, Recht & Compliance, 
Zürichstrasse 130, 8600 Dübendorf, 
 
alle handelnd durch santésuisse, 
Römerstrasse 20, 4500 Solothurn, 
und dieser vertreten durch Advokat Dr. Vincent Augustin, Quaderstrasse 8, 7000 Chur, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerden gegen die Urteile des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern vom 25. März 2022 (200 21 744 SCHG; 200 21 743 SCHG). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 13. Juli 2017 reichten verschiedene Krankenversicherer beim Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern Klage gegen Dr. med. A.________ ein. Sie beantragten, dieser sei zu verpflichten, ihnen jene Beträge zurückzuerstatten, die er für das Rechnungssteller-Statistikjahr 2015 wegen unwirtschaftlicher oder allenfalls nicht gesetzlicher Behandlungsweise zu Unrecht vereinnahmt habe; gegebenenfalls seien weitere Sanktionen zu treffen. Im Rahmen der Begründung wurde der mögliche Rückforderungsbetrag mit Fr. 106'346.- beziffert.  
Am 11. Juli 2018 wurde eine weitere Klage eingereicht. Die beteiligten Krankenversicherer forderten für das Jahr 2016 die Rückerstattung von Fr. 52'347.- sowie den definitiven Ausschluss des Beklagten von der Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. 
Das kantonale Schiedsgericht hiess die Klagen teilweise gut; es verpflichtete den Beklagten, den jeweiligen Klägerinnen den Betrag von Fr. 75'703.10 für das Jahr 2015 resp. Fr. 70'956.05 für das Jahr 2016 zurückzubezahlen. Im Übrigen wies es die Klagen ab, soweit darauf einzutreten war (Urteile SCHG/2017/661 und 2018/531 vom 19. Februar 2019). 
 
A.b. Dr. med. A.________ erhob gegen beide Urteile Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Das Bundesgericht hiess die Rechtsmittel teilweise gut. Es hob die Urteile des kantonalen Schiedsgerichts vom 19. Februar 2019 auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung im Sinn der Erwägungen an dieses zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerden ab (Urteil 9C_259/2019 und 9C_260/2019 vom 29. August 2019).  
Das kantonale Schiedsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 13. Oktober 2020 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren SCHG/2019/722 und 2019/723). 
 
A.c. Die Krankenversicherer führten gegen beide Urteile Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragten, der Beschwerdegegner sei zu verpflichten, ihnen für das Jahr 2015 einen Betrag von Fr. 75'703.10 und für das Jahr 2016 einen solchen von Fr. 70'956.05, eventuell einen Betrag nach richterlichem Ermessen, zurückzuzahlen. Zusätzlich oder alternativ sei der Beschwerdegegner von der Tätigkeit zu Lasten der sozialen Krankenversicherung auszuschliessen. Eventuell seien die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Rechtssachen zu weiterer Instruktion und neuer Entscheidung an das kantonale Schiedsgericht zurückzuweisen.  
Das Bundesgericht hiess die Beschwerden teilweise gut und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerden ab (Urteil 9C_721/2020 und 9C_722/2020 vom 19. Oktober 2021). 
 
B.  
Mit Urteilen vom 25. März 2022 heisst das kantonale Schiedsgericht die Klagen teilweise gut. Es verurteilt den Beklagten, den Klägerinnen für das Jahr 2015 Fr. 74'615.40 und für das Jahr 2016 Fr. 66'391.- zurückzubezahlen. Im Übrigen weist es die Klagen ab, soweit es darauf eintritt. 
 
C.  
Dr. med. A.________ führt gegen beide Urteile Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, die angefochtenen Urteile seien aufzuheben und die Klagen abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen unter der Vorgabe, "zur Überprüfung der Zahlen des Beklagten die analytische Methode, systematische Einzelfallprüfung oder repräsentative Einzelfallprüfung mit Hochrechnung anzuwenden". 
Die Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung der Beschwerden. Der Beschwerdeführer repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Es rechtfertigt sich, die Verfahren 9C_236/2022 und 9C_237/2022 zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 71 BGG). 
 
 
2.  
 
2.1.  
 
2.1.1. Im Rückweisungsentscheid 9C_259/2019 und 9C_260/2019 vom 29. August 2019 E. 8.3 erkannte das Bundesgericht, der Beschwerdeführer sei so zu behandeln, wie wenn er über die "Bewilligung zur Führung einer Praxisapotheke" verfügte. Der Vergleichsgruppe, an deren Kostenindex derjenige des Beschwerdeführers zu messen sei, könnten daher keine Fachärzte angehören, deren Praxis diese Besonderheit nicht aufweise. Das kantonale Schiedsgericht werde die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Beschwerdeführers in den Jahren 2015 und 2016 auf entsprechend angepassten Grundlagen, "wobei auch ein (reiner) Durchschnittskostenvergleich, allenfalls kombiniert mit der analytischen Methode in Betracht fällt", prüfen und gegebenenfalls neu über die streitige Rückerstattungspflicht entscheiden.  
 
2.1.2. Das kantonale Schiedsgericht erwog daraufhin am 13. Oktober 2020, die beschwerdeführenden Krankenversicherer hätten sich bis anhin nicht in der Lage gesehen, eine entsprechend angepasste ANOVA-Auswertung für die Jahre 2015 und 2016 beizubringen. Es sei nicht ersichtlich, wie das Gericht den Sachverhalt selbständig noch weiter abklären respektive wie es die notwendigen Daten erheben und auswerten könnte. Mit Blick auf die vom Bundesgericht als massgeblich erachtete Vergleichsgruppe gelinge es daher nicht, eine Überarztung nachzuweisen, wiewohl die Beschwerdeführer zunächst durchaus plausible Anzeichen für eine solche vorgetragen hätten. Die Beschwerdeführer hätten die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen, weshalb den Klagen die Grundlage entzogen sei. Eine Prüfung der geltend gemachten Überarztung aufgrund der analytischen Methode scheide schon deshalb aus, weil nicht ersichtlich sei, wie dem Umstand Rechnung zu tragen wäre, dass der Beschwerdegegner so zu beurteilen sei, wie wenn er über eine Bewilligung zur Führung einer Praxisapotheke verfügt habe, obwohl dies nicht der Fall sei. Dass zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungen des Beschwerdegegners eine systematische Einzelfallprüfung oder eine repräsentative Einzelfallprüfung mit Hochrechnung durchgeführt werden könnte, sei auch sonst ausgeschlossen: Die Beschwerdeführer hätten sich stets nur auf die statistische Methode gestützt, obwohl der Beschwerdegegner die anderweitigen Abklärungen eventualiter ausdrücklich zur Diskussion gestellt habe. Sie hätten denn auch zu keinem Zeitpunkt etwa unter Verweis auf konkrete Patienten des Beschwerdegegners Anhaltspunkte dafür geliefert, dass eine Überarztung nicht allein statistisch, sondern anhand von Einzelfällen plausibilisiert werden könnte. Eine Überarztung sei auch nicht über eine Begutachtung ermittelbar.  
 
2.1.3. Dagegen erhoben die Krankenversicherer Beschwerde. Das Bundesgericht stellte mit Urteil 9C_721/2020 und 9C_722/2020 vom 19. Oktober 2021 E. 4.3 fest, die anwendbare Methode sei in Abhängigkeit der erhältlichen Daten zu wählen. Das kantonale Schiedsgericht habe sich in den angefochtenen Urteilen vom 13. Oktober 2020 auf die Überprüfung der ANOVA-Methode beschränkt und die Anwendbarkeit der analytischen Methode verneint. Indem die Vorinstanz die Anwendbarkeit des reinen Durchschnittskostenvergleichs nicht geprüft habe, habe sie einerseits ihr Ermessen betreffend die Methodenwahl (vgl. Urteil 9C_535/2014 vom 15. Januar 2015 E. 6.2.3) unterschritten und andererseits ihre Untersuchungs- und Begründungspflicht verletzt. Letzteres, indem sie nicht dazu Stellung genommen habe, weshalb kein reiner Durchschnittskostenvergleich infrage kommen solle. Aus diesen Gründen hob das Bundesgericht auch die schiedsgerichtlichen Urteile vom 13. Oktober 2020 auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.  
 
2.2. In den nunmehr angefochtenen Urteilen vom 25. März 2022 stellte die Vorinstanz in E. 5.3 fest, die Zahlen der Vergleichsgruppe "Ärzte Allgemeine Innere Medizin mit Bewilligung zur Führung einer Praxisapotheke" lägen in den Akten der Verfahren SCHG/2019/722 und 2019/723. (Dabei handelte es sich um die schiedsgerichtlichen Verfahren, auf die sich der bundesgerichtliche Rückweisungsentscheid 9C_721/2020 und 9C_722/2020 vom 19. Oktober 2021 bezog.) Aus diesem Grund, so weiter die Vorinstanz, sei das Mass der Überarztung resp. der Rückforderungsbetrag im Rahmen des Durchschnittskostenvergleichs festzulegen. Nachdem die ANOVA-Methode (welche die Altersstruktur des Patientenkollektivs im Index selbst abbilde) nicht Anwendung finde, sei die Praxisbesonderheit, dass das Durchschnittsalter der Patienten des Beklagten mit 69,7 resp. 72 Jahren um mehr als 20 Jahre höher sei als dasjenige des Durchschnitts der Vergleichsgruppe (51,13 Jahre), zu berücksichtigen, indem der Toleranzwert von 130 Punkten (vgl. BGE 137 V 43) um 20 Punkte auf 150 Punkte erhöht werde. Der Morbiditätsstruktur werde mit dem erhöhten Toleranzbereich von 150 Punkten genügend Rechnung getragen. Bei einem Gesamtkostenindex von 218 und einem Index direkte Kosten von 247 sei die Überarztung ohne Weiteres erstellt.  
 
3.  
 
3.1. Nach einem bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheid legt die mit der neuen Entscheidung befasste Instanz ihrem Urteil die rechtliche Beurteilung zugrunde, mit der die Rückweisung begründet wird. Diese Vorgabe bindet auch das Bundesgericht, falls ihm die Sache erneut unterbreitet wird. Die neue Entscheidung der kantonalen Instanz ist auf die Rückweisungsgründe, d.h. auf die Themen beschränkt, die als Gegenstand der neuen Beurteilung benannt wurden. Das Verfahren wird nur insoweit neu in Gang gesetzt, als es notwendig ist, um den verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts Rechnung zu tragen (BGE 143 IV 214 E. 5.2.1 und E. 5.3.3; 135 III 334; Urteil 9C_481/2020 vom 19. Oktober 2020 E. 3.1). Rügen, die die Parteien zumutbarerweise schon gegen das erste Urteil der kantonalen Instanz hätten erheben können, sind bei einem Weiterzug des zweiten Urteils nicht mehr möglich (vgl. Urteil 6B_595/2021 vom 24. Juni 2022 E. 1.1 mit Hinweisen).  
 
3.2. Das Bundesgericht wies die Sache im ersten Umgang, mit Urteil 9C_259/2019 und 9C_260/2019 vom 29. August 2019, an die Vorinstanz zurück mit der Vorgabe, mit Blick auf die als notwendig erkannte Zusammensetzung der Vergleichsgruppe (nur Fachärzte Allgemeine Innere Medizin mit "Bewilligung zur Führung einer Praxisapotheke") sei "auf entsprechend angepassten Grundlagen, wobei auch ein (reiner) Durchschnittskostenvergleich, allenfalls kombiniert mit der analytischen Methode in Betracht fällt", neu über die streitige Rückerstattungspflicht zu entscheiden. Ein reiner Durchschnittskostenvergleich schliesst als solcher zunächst keine individuellen Merkmale ein. Die Formulierung, wonach die alternative Beurteilung mittels Durchschnittskostenvergleich "allenfalls" mit Elementen einer Einzelfallprüfung kombiniert werden soll, kann daher nicht so verstanden werden, dass eine solche Ergänzung fakultativ sei. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass bestimmte Eigenschaften des Patientenkollektivs oder andere Praxisbesonderheiten nach einer Korrektur des Indexpunktwerts rufen, wie er sich aus einem "reinen" Durchschnittskostenvergleich ergibt. Hinzu kommt, dass es mangels eines geeigneten ANOVA-Indexes auch an einer Standardisierung u.a. nach dem Praxisstandort fehlt (vgl. Urteil 9C_656/2020 vom 22. September 2021 E. 4.5.2).  
Nachdem sie festgestellt hat, eine im Sinn des bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheids angepasste ANOVA-Auswertung liege nicht vor, hat sich die Vorinstanz in ihren neuen Urteilen vom 13. Oktober 2020 denn auch zu Recht nicht auf einen reinen Durchschnittskostenvergleich beschränkt. Ein solcher wäre zwar möglich gewesen, weil die Zahlen der einschlägig spezifizierten Vergleichsgruppe schon damals in den Akten lagen, wie die Vorinstanz in den jetzt angefochtenen Urteilen vom 25. März 2022 festhält (oben E. 2.2). Eine ergänzende, individualisierende Prüfung im Rahmen einer systematischen Einzelfallprüfung oder einer repräsentativen Einzelfallprüfung mit Hochrechnung hat die Vorinstanz indessen als ausgeschlossen angesehen, weil sich die Klägerschaft stets nur auf die statistische Methode gestützt habe, obwohl der Beklagte anderweitige Abklärungen ausdrücklich zur Diskussion gestellt habe. Mangels entsprechender Hinweise der Klägerschaft bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Überarztung nicht allein statistisch, sondern anhand von Einzelfällen plausibilisiert werden könnte. 
Das Bundesgericht hat auf Beschwerde der Krankenversicherer hin die Sache erneut an das kantonale Schiedsgericht zurückgewiesen, u.a. weil dieses nicht dazu Stellung genommen habe, weshalb ein reiner Durchschnittskostenvergleich nicht infrage kommen sollte (Urteil 9C_721/2020 und 9C_722/2020 vom 19. Oktober 2021 E. 4.3.2). Aufgrund der kombinierten Vorgaben der beiden Rückweisungsurteile vom 29. August 2019 und 19. Oktober 2021 war den Parteien Gelegenheit zu geben, die massgebenden Besonderheiten anhand konkreter Praxis- und Rechnungsdaten wenigstens annähernd zu quantifizieren. Aus der vorinstanzlichen Sachverhaltsdarstellung ergibt sich, dass die Parteien keine Stellungnahme abgegeben haben. Die erforderlichen Beurteilungsgrundlagen können nötigenfalls auch über eine Begutachtung mit Auswertung einer repräsentativen Fallauswahl beschafft werden (vgl. etwa den Sachverhalt im Urteil 9C_171/2022 vom 1. Februar 2023). 
In den nunmehr angefochtenen Urteilen vom 25. März 2022 hat die Vorinstanz den Durchschnittskostenvergleich vorgenommen (und dabei die bereits beim Urteil vom 13. Oktober 2020 zur Verfügung stehenden "Zahlen der Vergleichsgruppe 'Ärzte Allgemeine Innere Medizin mit Bewilligung zur Führung einer Praxisapotheke'" verwendet), indes wiederum keine Ergänzungen analytischer Art umgesetzt, obwohl die vom Beschwerdeführer thematisierten Praxismerkmale eine Einzelfallbetrachtung erforderten. Stattdessen hat sie das deutlich überdurchschnittliche Alter der Patienten mit einer - nicht begründeten - Erhöhung des üblichen Toleranzwerts (130 Indexpunkte) auf 150 Punkte veranschlagt und erklärt, die erweiterte Toleranzmarge trage auch der Morbidität des Patientenkollektivs genügend Rechnung. 
 
3.3. Die diesbezüglichen Rügen des Beschwerdeführers sind im Wesentlichen begründet. Ein pauschaler, nicht aus den konkreten Verhältnissen abgeleiteter Zuschlag auf die Toleranzmarge genügt schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht, um einer ausserordentlichen Altersstruktur angemessen Rechnung zu tragen. Noch weniger kann ohne weitere Feststellungen davon ausgegangen werden, dass der - wegen der Altersstruktur erweiterte - Toleranzbereich auch die (nicht näher umschriebene) Morbidität des Patientenkollektivs in jedem Fall auffange. Die Toleranzmarge deckt den Bereich normaler Streuung ab, die jeden statistischen Mittelwert umgibt; objektiv nicht oder nur schwer mess- oder nachweisbare individuelle Umstände, die unter der ärztlichen Behandlungsfreiheit zu verbuchen sind, sollen pauschal veranschlagt werden können (GEBHARD EUGSTER, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden, 2003, S. 272 ff.). Nicht unter einen individuellen "Praxisstil" fallende Praxisbesonderheiten, namentlich eine ungewöhnliche Morbiditätsstruktur, fallen hingegen nicht in die Toleranzmarge.  
 
3.4. Die im Rückweisungsentscheid 9C_721/2020 und 9C_722/2020 vom 19. Oktober 2021 angesprochene alternative Prüfung mittels Durchschnittskostenvergleich ist, wie erwähnt, vor dem Hintergrund des vorangehenden Rückweisungsentscheids 9C_259/2019 und 9C_260/2019 vom 29. August 2019 zu betrachten. Diesem zufolge war der Durchschnittskostenvergleich soweit erforderlich mit analytisch ermittelten Korrektiven zu ergänzen, um anerkannten Praxisbesonderheiten Rechnung zu tragen (oben E. 3.2). Nach dem Gesagten ist es indessen nicht gelungen, die Beurteilungsgrundlage entsprechend zu erweitern. Es bleibt daher bei der Beweislosigkeit, wie sie die Vorinstanz sinngemäss schon in ihren Urteilen vom 13. Oktober 2020 festgestellt hat (oben E. 2.1.2). Die streitgegenständlichen Klagen hinsichtlich der Statistikjahre 2015 und 2016 sind abzuweisen.  
 
4.  
Die Beschwerdegegner tragen die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG) und bezahlen dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
Über die Kosten und eine Parteientschädigung für das kantonale Schiedsverfahren hat entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses die Vorinstanz neu zu befinden (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 9C_236/2022 und 9C_237/2022 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden gutgeheissen und die Urteile des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern vom 25. März 2022 aufgehoben. Die Klagen vom 13. Juli 2017 und 11. Juli 2018 betreffend die Rechnungssteller-Statistikjahre 2015 und 2016 werden abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden den Beschwerdegegnern auferlegt. 
 
4.  
Die Beschwerdegegner haben den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'500.- zu entschädigen. 
 
5.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreigkeiten des Kantons Bern zurückgewiesen. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 22. November 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub