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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_555/2022  
 
 
Urteil vom 8. Februar 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
WAS Wirtschaft Arbeit Soziales, 
wira Luzern, Kantonale Amtsstelle (KAST) und Recht, Bürgenstrasse 12, 6005 Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Janine Götte-Maeder, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Einstellung in der Anspruchsberechtigung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 12. August 2022 (5V 22 152). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1985 geborene A.________ meldete sich am 22. Juli 2021 beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) im Umfang von 40 % zur Vermittlung an und beantragte ab diesem Zeitpunkt Arbeitslosenentschädigung. Mit Verfügung vom 15. Dezember 2021 stellte die Kantonale Amtsstelle (KAST) und Recht, WAS wira Luzern (nachfolgend wira), A.________ ab dem 6. Oktober 2021 für 45 Tage in der Anspruchsberechtigung ein, da sie sich nicht innert Frist bei einer ihr vermittelten Stelle gemeldet und damit eine zumutbare Arbeit abgelehnt habe. Mit Einspracheentscheid vom 9. März 2022 hielt die wira an ihrer Verfügung fest. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 12. August 2022 teilweise gut und reduzierte die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf 31 Tage. 
 
C.  
Die wira Luzern führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 9. März 2022 zu bestätigen. 
Das Kantonsgericht Luzern und A.________ beantragen in ihren Stellungnahmen die Abweisung der Beschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 mit Hinweisen). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der Verwaltung verfügte Einstellungsdauer von 45 Tagen auf 31 reduzierte. Unangefochten ist vor Bundesgericht die Einstellung der Beschwerdegegnerin in der Anspruchsberechtigung wegen Nichtannahme einer zumutbaren Arbeit. 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht kam nach Würdigung der konkreten Umstände zum Schluss, es liege ein schweres Verschulden vor. In Art. 45 Abs. 3 lit. c AVIV seien für diesen Fall zwischen 31 - 60 Einstelltage vorgesehen. Die für die Beschwerdeführerin verbindliche AVIG-Praxis ALE konkretisiere die Verordnungsbestimmung dahingehend, dass bei der erstmaligen Ablehnung einer zugewiesenen zumutbaren und unbefristeten Stelle bzw. eines Zwischenverdienstes zwischen 31 - 45 Einstelltage zu verfügen seien (Rz. D79 2.B1). Wenn ein Rahmen an Einstelltagen vorgegeben sei, wie ihn die AVIG-Praxis ALE vorsehe, dann sei auch innerhalb des grundsätzlich feststehenden schweren Verschuldens weiter zu differenzieren, welche Anzahl an Einstelltagen im Einzelfall angemessen sei. Die Beschwerdegegnerin habe es vorliegend - wenn auch ohne entschuldbaren Grund - versäumt, sich rechtzeitig bei einer vermittelten Stelle zu melden. Es gebe jedoch keine Hinweise darauf, dass sie diese aktiv bzw. ausdrücklich abgelehnt oder sich bewusst nicht darum gekümmert und diese ignoriert hätte. Vielmehr sei die Rückmeldung schlicht vergessen gegangen. Anhaltspunkte für erschwerende Umstände seien nicht ersichtlich. Einem blossen, unbewussten Versäumnis könne jedoch nicht derselbe Vorwurf gemacht werden wie etwa einer aktiven Ablehnung einer Stelle. Es rechtfertige sich im vorliegenden Fall daher nicht, die höchstmöglichen Einstelltage für eine erstmalige Ablehnung einer zumutbaren Stelle zu verhängen. Damit liege ein triftiger Grund vor, um von der Ermessensausübung der Beschwerdeführerin abzuweichen. Mit Blick auf das konkret Vorgefallene erscheine eine Sanktionierung mit 31 Einstelltagen als angemessen.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, das kantonale Gericht reduziere die Anzahl Einstelltage aufgrund fehlender erschwerender Umstände auf 31 Einstelltage und stütze sich dabei einzig auf die AVIG-Praxis ALE (Rz. D79 2.B.1), welche bei einer erstmaligen Ablehnung einer zugewiesenen zumutbaren und unbefristeten Stelle bzw. eines Zwischenverdienstes zwischen 31 - 45 Einstelltage vorsehe. Wie das Bundesgericht mehrfach festgehalten habe, sei im Bereich des schweren Verschuldens bei der Einstelldauer von einem Mittelwert von 45 Tagen auszugehen (SVR 2022 ALV Nr. 20 S. 67, 8C_24/2021 E. 6; Urteil 8C_342/2017 vom 28. August 2017 E. 4.5.2). Entgegen der Annahme der Vorinstanz sei daher bei erstmaliger Ablehnung einer zumutbaren unbefristeten Stelle von einem Ausgangswert, d.h. unabhängig allfälliger erschwerender Umstände, von 45 Einstelltagen auszugehen. Basierend auf diesem Ausgangswert erfordere eine Sanktionierung im Umfang von 45 Einstelltagen keine erschwerenden Umstände. Hingegen würde eine Reduktion auf 31 Einstelltage mildernde Umstände voraussetzen, die vorliegend nicht gegeben seien. Das kantonale Gericht werte das Verhalten der Beschwerdegegnerin als erhebliches Versäumnis. Die Ausführungen der Vorinstanz, wonach es keine Hinweise gebe, dass die Beschwerdegegnerin die Stelle aktiv bzw. ausdrücklich abgelehnt oder sich bewusst nicht darum gekümmert und diese ignoriert hätte und die Rückmeldung schlicht vergessen gegangen sein solle, würden ganz klar den eigenen Erwägungen betreffend Begründung zum Einstellungstatbestand widersprechen. Die Begründung für die Reduktion der Anzahl Einstelltage auf das Mindestmass von 31 Tagen sei ungenügend, nicht nachvollziehbar und nicht plausibel. Es hätten für die Vorinstanz keine triftigen Gründe bestanden, ihr Ermessen an die Stelle desjenigen der Beschwerdeführerin zu setzen, weil diese das ihr zustehende Ermessen rechtsfehlerfei und sachgerecht ausgeübt habe.  
 
4.  
 
4.1. Die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung bemisst sich nach dem Grad des Verschuldens und beträgt je Einstellungsgrund höchstens 60 Tage (Art. 30 Abs. 3 AVIG). Der Bundesrat kann eine Mindestdauer der Einstellung vorschreiben (Art. 30 Abs. 3 bis AVIG). Die Einstellung dauert nach Art. 45 Abs. 3 AVIV bei leichtem Verschulden ein bis 15 Tage (lit. a), bei mittelschwerem Verschulden 16 bis 30 Tage (lit. b) und bei schwerem Verschulden 31 bis 60 Tage (lit. c). Nach Art. 45 Abs. 4 AVIV liegt ein schweres Verschulden vor, wenn die versicherte Person ohne entschuldbaren Grund eine zumutbare Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen Arbeitsstelle aufgegeben hat (lit. a) oder eine zumutbare Arbeit abgelehnt hat (lit. b). Wird die versicherte Person wiederholt in der Anspruchsberechtigung eingestellt, so wird die Einstellungsdauer gemäss Art. 45 Abs. 5 AVIV angemessen verlängert. Für die Verlängerung werden die Einstellungen der letzten zwei Jahre berücksichtigt.  
 
4.2. Die Festlegung der Einstellungsdauer beschlägt eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also bei Ermessensüberschreitung oder -unterschreitung sowie bei Ermessensmissbrauch. Ermessensmissbrauch ist gegeben, wenn die Behörde zwar im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt, oder allgemeine Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür und von rechtsungleicher Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben sowie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 137 V 71 E. 5.1 mit Hinweis auf BGE 132 V 393 E. 3.3). Dagegen liegt Ermessensüberschreitung vor, wenn die Behörde Ermessen walten lässt, wo ihr das Gesetz keines einräumt, oder wo sie statt zweier zulässiger Lösungen eine dritte wählt. In diesem Zusammenhang ist auch die Ermessensunterschreitung bedeutsam, die darin besteht, dass die entscheidende Behörde sich als gebunden betrachtet, obschon sie nach Gesetz berechtigt wäre, nach Ermessen zu handeln, oder dass sie auf Ermessensausübung ganz oder teilweise von vornherein verzichtet (BGE 137 V 71 E. 5.2; 116 V 307 E. 2; ARV 2016 S. 308, 8C_556/2016 E. 4.1; vgl. auch Urteil 8C_528/2018 vom 18. Januar 2019 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
4.3. Im Gegensatz zur Kognition des Bundesgerichts ist diejenige der Vorinstanz in diesem Zusammenhang nicht auf Rechtsverletzung beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Beurteilung der Angemessenheit der Verwaltungsverfügung. Bei der Angemessenheit geht es um die Frage, ob der zu überprüfende Entscheid, den die Behörde nach dem ihr zustehenden Ermessen im Einklang mit den allgemeinen Rechtsprinzipien in einem konkreten Fall getroffen hat, nicht zweckmässigerweise anders hätte ausfallen sollen. Allerdings darf das kantonale Gericht sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es muss sich somit auf Gegebenheiten abstützen können, die seine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen (BGE 137 V 71 E. 5.2; 126 V 75 E. 6; Urteile 8C_331/2019 vom 18. September 2019 E. 3.3; 8C_747/2018 vom 20. März 2019 E. 4.3, 8C_528/2018 vom 18. Januar 2019 E. 4.3; 8C_777/2017 vom 2. August 2018 E. 4.3).  
 
 
5.  
 
5.1. Es steht fest und ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin den Einstellungstatbestand nach Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG, der grundsätzlich jedes Verhalten erfasst, welches das Zustandekommen eines Arbeitsvertrags scheitern lässt, erfüllt hat (THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Auflage 2016, S. 2519 f., Rz. 850; Urteile 8C_342/2017 vom 28. August 2017 E. 4.3; 8C_339/2016 vom 29. Juni 2016 E. 2 mit weiteren Hinweisen). Gemäss Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 4 lit. b AVIV ist die Ablehnung einer zumutbaren Arbeitsstelle ohne entschuldbaren Grund in der Regel als schweres Verschulden zu qualifizieren und demnach mit einer Einstellungsdauer von 31 bis 60 Tagen zu sanktionieren (Art. 45 Abs. 3 lit. c AVIV).  
 
5.2. Nach der Rechtsprechung ist im Bereich des schweren Verschuldens als sachgemässer Ausgangspunkt für die individuelle Verschuldensbeurteilung in der von 31 bis 60 Tagen reichenden Skala grundsätzlich ein Mittelwert von 45 Einstellungstagen zu wählen (SVR 2022 ALV Nr. 20 S. 67, 8C_24/2021 E. 6; Urteile 8C_313/2021 vom 3. August 2021 E. 5.3; 8C_342/2017 vom 28. August 2017 E. 4.5.2; vgl. auch BGE 123 V 150 E. 3c, wo bei einer damals von 26 bis 60 Tagen reichenden Skala ein Mittelwert von 43 Einstellungstagen festgelegt wurde; THOMAS NUSSMBAUER, a.a.O., S. 2523, Rz. 861).  
 
5.3. Der in den Verwaltungsweisungen des SECO als Richtlinie enthaltene Einstellraster (AIVG-Praxis ALE Rz. D79 2.B.1) sieht bei erstmaliger Ablehnung einer zugewiesenen zumutbaren und unbefristeten Stelle bzw. eines Zwischenverdienstes 31 bis 45 Einstelltage vor. Die Verwaltungsweisungen sind für das Gericht grundsätzlich nicht verbindlich. Dieses soll sie bei seiner Entscheidung aber berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen (BGE 141 V 365 E. 2.4; 140 V 543 E. 3.2.2.1; Urteil 8C_331/2019 vom 18. September 2019 E. 4.3). Ein solches Raster entbindet die verfügende Stelle aber nicht von der Pflicht, das Verhalten der versicherten Person unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles, d.h. der objektiven und subjektiven Gegebenheiten, zu würdigen und eine dem Verschulden angemessene Sanktion festzusetzen (Urteile 8C_283/2021 vom 25. August 2021 E. 3.3; 8C_756/2020 vom 3. August 2021 E. 3.2.3; 8C_406/2020 vom 28. April 2021 E. 4.3; 8C_601/2012 vom 26. Februar 2013 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 139 V 164, aber in: SVR 2013 ALV Nr. 7 S. 21; THOMAS NUSSBAUER, a.a.O., S. 2523, Rz. 862). Denn für die Festsetzung der Einstellungsdauer kommt es rechtsprechungsgemäss einzig auf die nach dem Gesamtverhalten der versicherten Person zu beurteilenden Schwere ihres Verschuldens an (SVR ALV Nr. 11 S. 34, 8C_257/2014 E. 4.3; Urteile 8C_40/2019 vom 30. Juli 2019 E. 5.6; 8C_522/2018 vom 25. Juni 2019 E. 4.4).  
 
5.4.  
 
5.4.1. Die Vorinstanz stellte fest, die Beschwerdegegnerin habe bereits am Freitag, 1. Oktober 2021, einen Anruf der B.________ AG verpasst und nicht zurückgerufen, weil sie den Anruf zu spät gesehen haben wolle. Zu diesem Zeitpunkt habe sie sich weder in den Ferien befunden noch sei sie krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen. Bereits dies sei als erhebliches Versäumnis zu werten, habe sie doch ausserhalb von kontrollfreien Tagen jederzeit das Ende der Arbeitslosigkeit anzustreben. Dazu gehöre es ebenfalls, erreichbar zu sein. Ein Rückruf am selben Freitag wäre zu erwarten gewesen. Zumindest hätte sie dies am darauf folgenden Montag nachholen müssen. Die Beschwerdegegnerin habe gewusst, dass sie über keine kontrollfreien Tage verfügt habe, weshalb sie während dieser Zeit nicht davon habe absehen dürfen, sich um die vermittelte Stelle zu bemühen. Hätte sie sich ernsthaft um die zugewiesene Stelle gekümmert, hätte sie nach dem verpassten Anruf vom Freitag spätestens am folgenden Montag Kontakt aufnehmen müssen. Sie habe allerdings erst reagiert, als die B.________ AG ihr am Nachmittag des Montags, 4. Oktober 2021, eine E-Mail gesandt habe. Hierauf habe sie geantwortet, sie weile gerade im Urlaub. Man könne versuchen, sie jetzt nochmals anzurufen. Nachdem sie offenbar keinen weiteren Anruf der B.________ AG erhalten habe (womit ihr Hinweis auf ihren Urlaub zumindest mitverantwortlich gewesen sei dürfte), hätte die Beschwerdegegnerin sich jedoch von sich aus um eine weitere Kontaktaufnahme bemühen müssen, anstatt die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. Naheliegend wäre es gewesen, selber einen Rückruf zu tätigen, per E-Mail einen konkreten Termin zu vereinbaren oder zumindest sich danach zu erkundigen. Die Beschwerdegegnerin habe nichts dergleichen getan und sich so nicht ernsthaft um die Aufnahme von Vertragsverhandlungen gekümmert. Mit ihrem Vorgehen habe sie jedenfalls nicht alles vorgekehrt, um ihre Teilarbeitslosigkeit so schnell wie möglich zu beenden. Die Anstellung bei der B.________ AG wäre per sofort möglich gewesen. Selbst wenn die Versicherte während ihrer selbstgewählten Ferien ihren Pflichten nachgekommen oder sie davon befreit gewesen wäre, was beides nicht zutreffe, hätte sie sich spätestens nach ihrer Rückkehr bei der B.________ AG melden müssen. Sie sei nämlich gemäss ihren eigenen Angaben am Sonntag, 10. Oktober 2021, aus den Ferien zurückgekehrt und hätte ab diesem Zeitpunkt ohne Weiteres die B.________ AG kontaktieren können und müssen. Im Weiteren legte das kantonale Gericht dar, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jedenfalls bis zum 21. Oktober 2021 keine Arbeitsunfähigkeit zu 100 % bestanden habe, welche das Versäumnis der Beschwerdegegnerin entschuldbar erscheinen liesse. An diesem Tag habe die B.________ AG die Bewerbung der Beschwerdegegnerin abgewiesen, da diese sich nie zurückgemeldet habe. Diese vorinstanzlichen Feststellungen sind nicht offensichtlich unrichtig oder anderweitig bundesrechtswidrig und daher für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich.  
 
5.4.2. Wenn die Vorinstanz trotz der festgestellten mehrfachen Versäumnisse der Beschwerdegegnerin zum Schluss gelangte, es lägen keine Hinweise dafür vor, dass sich die Beschwerdegegnerin bewusst nicht um die vermittelte Stelle gekümmert resp. diese ignoriert hätte, so erscheint dies offensichtlich unrichtig. Dass es die Beschwerdegegnerin nicht einfach vergessen hat, sich bei der B.________ AG zu melden und sich um die Anstellung zu bemühen, belegt bereits der Umstand, dass sie auf deren E-Mail vom 4. Oktober 2021 zwar reagierte, dabei aber ein ernsthaftes Interesse an der vermittelten Stelle vermissen liess. Von einem bloss unbewussten Versäumnis kann damit keine Rede sein. Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass die Begründung des kantonalen Gerichts für die Herabsetzung der Einstelldauer im Widerspruch zu den eigenen Ausführungen betreffend das Erfüllen des Einstellungstatbestands gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG steht. Folglich sind im Verhalten der Beschwerdegegnerin - entgegen der vorinstanzlichen Sichtweise - keine verschuldensmildernden Umstände zu sehen, aufgrund derer ein Abweichen vom Mittelwert von 45 Einstelltagen (vgl. Art. 45 Abs. 3 lit. c AVIV) angezeigt gewesen wäre. Dabei handelt es sich zwar im Falle einer erstmaligen Ablehnung einer zugewiesenen Stelle um das Höchstmass gemäss Einstellraster des SECO. Mit Blick auf die vom kantonalen Gericht aufgezeigten mehrfachen Versäumnisse der Beschwerdegegnerin (keine Erreichbarkeit am Freitag, 1. Oktober 2021; kein Rückruf am Montag 4. Oktober 2021; Antwort auf das E-Mail vom Nachmittag des 4. Oktober 2021, ohne ernsthaftes Interesse an der Stelle zu bekunden und auch in der Folge keine Bemühungen um eine Zusage) lässt sich diese Einordnung aber rechtfertigen. Jedenfalls erscheint die vorinstanzliche Ermessensausübung (31 Einstelltage) nicht naheliegender als diejenige der Beschwerdeführerin (45 Einstelltage). Mithin lagen für die Vorinstanz keine triftigen Gründe vor, um in das Verwaltungsermessen einzugreifen, weshalb sich die Herabsetzung der Einstelltage als bundesrechtswidrig erweist (vgl. E. 4.3 hiervor). Die Beschwerde ist begründet.  
 
6.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 12. August 2022 wird aufgehoben und der Einspracheentscheid der WAS Wirtschaft Arbeit Soziales vom 9. März 2022 bestätigt. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 8. Februar 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest