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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_174/2011 
 
Urteil vom 8. November 2011 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Reinhold Nussmüller, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 7, 8510 Frauenfeld 
Departement für Justiz und Sicherheit des 
Kantons Thurgau, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 19. Januar 2011. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 X.________ (geb. 1955) ist italienische Staatsbürgerin. Sie wurde in der Schweiz geboren und übersiedelte 1963 mit ihren Eltern nach Italien. Am 25. Oktober 1995 heiratete sie einen Schweizer Bürger, worauf ihr eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei diesem erteilt wurde. Am 15. Januar 1999 verlängerte die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich ihre Bewilligung nicht mehr, da sich die Gatten am 5. September 1996 getrennt hatten und die Ehe am 8. April 1998 geschieden worden war. X.________ verliess hierauf vorübergehend die Schweiz, hielt sich ab Juli 1999 aber offenbar wiederum im Land auf, wo sie nach Abklärungen der Stadtpolizei Zürich einer unbewilligten "selbständigen Erwerbstätigkeit" als Sängerin, Schauspielerin und Geschäftsführerin eines Secondhandgeschäfts nachgegangen sein soll. Am 9. September 1999 erliess das Bundesamt für Ausländerfragen gegen sie eine zweijährige Einreisesperre. 
 
1.2 Am 5. April 2002 erhielt X.________ eine Kurzaufenthaltsbewilligung L zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit als Geschäftsführerin einer Boutique; die Bewilligung wurde am 3. Oktober 2002 in eine fünfjährige Aufenthaltsbewilligung B EG/EFTA umgewandelt. Am 15. November 2005 gab X.________ ihre berufliche Tätigkeit auf. Am 1. Februar 2007 verlegte sie ihren Wohnsitz in den Kanton Thurgau, wo das Migrationsamt am 13. September 2007 ihre am 3. Oktober 2007 abgelaufene Bewilligung zwecks Stellensuche bis 3. Oktober 2008 und am 3. Februar 2009 bis zum 3. Oktober 2009 verlängerte. 
 
1.3 Am 12. März 2010 lehnte das Migrationsamt des Kantons Thurgau es ab, die Aufenthaltsbewilligung B EG/EFTA von X.________ ein weiteres Mal zu erneuern, und wies sie weg. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau bestätigte diesen Entscheid kantonal letztinstanzlich am 19. Januar 2011. Es ging davon aus, dass X.________ keinen Rechtsanspruch mehr nach dem Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) geltend machen könne. Das entsprechende Recht sei erloschen, da sie auch nach der zweiten befristeten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unfreiwillig arbeitslos und von der Sozialhilfe abhängig geblieben sei. Da weder die freizügigkeitsrechtlichen Voraussetzungen für einen Aufenthalt als Arbeitnehmerin noch als Selbständigerwebende oder Person, die keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, erfüllt seien, habe die Beurteilung der Zulässigkeit der Wegweisung aufgrund des innerstaatlichen Rechts zu erfolgen. X.________ habe per 11. Juni 2010 mit insgesamt Fr. 75'396.55 unterstützt werden müssen, wobei keine Besserung absehbar und mit einer weiteren Belastung der öffentlichen Hand zu rechnen sei. Unter Würdigung der gesamten Umstände - insbesondere der Dauer des Aufenthalts, der nur beschränkten Integration und der beruflichen und finanziellen Lage von X.________ - sei die Nichtverlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung "verhältnismässig und zumutbar". 
 
1.4 X.________ beantragt vor Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 19. Januar 2011 aufzuheben und "ihr [...] die bereits zuvor eingeräumte Aufenthaltsbewilligung wieder zuzuerkennen und entsprechend zu verlängern" bzw. die kantonalen Behörden anzuweisen, dies zu tun. Sie macht geltend, die Nichtverlängerung ihrer Bewilligung sei mit Blick auf die spezifischen Umstände unverhältnismässig; es lägen bei ihr "ganz offensichtlich [...] unglückliche Umstandsverkettungen vor, die sie unverschuldet und vorübergehend" hätten "Schiffbruch erleiden lassen". Am 17. Mai 2011 ergänzte X.________ ihre Begründung dahin gehend, dass sie sich seit über 5 Jahren ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalte und deshalb die Niederlassungsvereinbarung Italien/Schweiz vom 22. Juli 1868 (SR 0.142.114.541) sowie die Erklärung vom 5. Mai 1934 über die Anwendung des Niederlassungs- und Konsularvertrages vom 22. Juli 1968 zwischen der Schweiz und Italien (SR 0.142.114. 541.3) zu berücksichtigen seien. 
 
2. 
Die Beschwerde erweist sich in der vorliegenden Form als offensichtlich unzulässig; sie kann durch den Präsidenten als Einzelrichter im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG erledigt werden: 
 
2.1 Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, die Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Das Bundesgericht tritt zwar vorbehaltslos auf Beschwerden gegen Entscheide betreffend den Widerruf von Bewilligungen ein, da damit in ein bestehendes Rechtsverhältnis eingegriffen wird und die Bewilligung - wäre sie nicht widerrufen worden - nach wie vor Rechtswirkungen entfalten würde. Anders verhält es sich indessen, wenn die Bewilligung bei Einreichen der Beschwerde vor Bundesgericht ihre Wirkung bereits verloren hat und nurmehr deren Verlängerung zur Diskussion steht. Auf eine Eingabe, die sich - wie hier - gegen einen negativen Verlängerungsentscheid richtet, tritt das Bundesgericht bloss ein, wenn ein Anspruch auf die Bewilligungserteilung oder -verlängerung besteht (vgl. das Urteil 2C_760/2011 vom 22. September 2011 E. 2.1). 
2.2 
2.2.1 Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass vorliegend kein Rechtsanspruch (mehr) gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen geltend gemacht werden könne. Die Beschwerdeführerin legt in ihrer Eingabe nicht dar, dass und inwiefern ein solcher gegeben wäre und das angefochtene Urteil diesbezüglich Bundesrecht verletzen würde. Sie setzt sich mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid zum FZA mit keinem Wort auseinander und begnügt sich damit, lediglich auf die bundesgerichtliche Praxis zu den Widerrufsgründen nach Art. 62 lit. e und Art. 63 Abs. 1 lit. c AuG (SR 142.20) zu verweisen, welche die kantonalen Behörden im Ermessensbereich sinngemäss beigezogen haben; zudem rügt sie, die Nichtverlängerung ihrer Bewilligung sei unverhältnismässig. 
2.2.2 Die Beschwerdeführerin kommt damit ihren verfahrensrechtlichen Begründungspflichten gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG nicht nach: Zwar prüft das Bundesgericht die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 133 II 249 E. 1.1); das befreit die beschwerdeführende Person bei nicht evidenten Sachurteilsvoraussetzungen indessen nicht davon, diese in ihrer Eingabe darzutun (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251, 353 E. 1 S. 356; LAURENT MERZ, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger (Hrsg.), BSK Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 70 zu Art. 42 BGG). Bei Beschwerden im Bereich des Ausländerrechts muss in Auseinandersetzung mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid zumindest kurz dargelegt werden, dass und inwiefern ein Rechtsanspruch im Sinne von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG bestehen soll und damit die Eintretensvoraussetzungen gegeben sind. Für das Eintreten genügt zwar grundsätzlich, dass im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens potenziell ein Anspruch auf die Bewilligung besteht bzw. die Kriterien einer der im FZA vorgesehenen Situationen der Freizügigkeit bzw. des Verbleiberechts erfüllt erscheinen (vgl. BGE 136 II 177 E. 1.1 mit Hinweisen), indessen müssen die Darlegungen in der Beschwerdeschrift immerhin doch das Vorliegen einer Freizügigkeitssituation nahelegen, was hier nicht der Fall ist, nachdem die Beschwerdeführerin einen entsprechenden Rechtsanspruch nicht einmal behauptet. Soweit die Anspruchssituation nicht ohne Weiteres ersichtlich erscheint, ist es nicht Aufgabe des Gerichts, im Rahmen der Eintretenserwägungen anhand der Akten oder weiterer noch beizuziehender Unterlagen nach einer möglichen Anspruchssituation zu suchen (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251, 353 E. 1 S. 356, 400 E. 2 S. 404 [zur Beschwerdelegitimation]; Urteil 2C_760/2011 vom 22. September 2011, E. 2.2 [zum Bewilligungsanspruch]). Dies gilt insbesondere, wenn die betroffene Person - wie hier - anwaltlich vertreten ist. 
 
2.3 Die Beschwerdeführerin weist erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren auf die Niederlassungsvereinbarung Italien/Schweiz vom 22. Juli 1868 (SR 0.142.114.541) sowie die Erklärung vom 5. Mai 1934 über die Anwendung des Niederlassungs- und Konsularvertrages vom 22. Juli 1868 zwischen der Schweiz und Italien (SR 0.142.114. 541.3) hin. Sie hat dies nach Ablauf der Beschwerdefrist und damit verspätet getan; zudem legt sie auch in diesem Zusammenhang nicht dar, inwiefern sich in ihrem Fall (Fürsorgeabhängigkeit und fortdauernde Arbeitslosigkeit) hieraus ein Rechtsanspruch auf die ersuchte Bewilligung ergeben soll (vgl. auch BGE 119 IV 65 f.). Dass ein Bewilligungsanspruch gestützt auf den Schutz ihres Privatlebens nach Art. 8 EMRK bestehen würde, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend (vgl. BGE 126 II 425 E. 4c/aa, 377 E. 2c/aa; 120 Ib 16 E. 3b S. 22); sie bleibt auch diesbezüglich jegliche Begründung schuldig. 
 
2.4 Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten; mit dem entsprechenden Entscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
3. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die unterliegende Beschwerdeführerin die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann wegen Aussichtslosigkeit der Eingabe in der vorliegenden Form nicht entsprochen werden (vgl. Art. 64 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 300.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 8. November 2011 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar